Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Gewährung des Schutzes der internationalen Wortmarke Skin Caviar, IR 1 510 685, über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 8.1.2021, IR 661/2020-4, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 30.000.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Begründung
Text
Die Antragstellerin ist die Inhaberin der internationalen Wortmarke Skin Caviar, IR 1 510 685, mit der Priorität vom 29.11.201, eingetragen für die Ware der Klasse
3 Non-medicated cosmetics
Mit dem angefochtenen Beschluss stellte die Rechtsabteilung fest, dass die am 29.11.2019 beim Internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum in Genf hinterlegte Marke Nr 1 510 685 nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs 2 Markenschutzgesetz zum Schutz in Österreich zugelassen wird.
Rechtlich führte die Rechtsabteilung aus, dass dem Zeichen die Unterscheidungskraft fehle. Die beteiligten Verkehrskreise würden im Zeichen „Skin Caviar“ lediglich einen allgemeinen Hinweis über die Beschaffenheit der Ware erblicken. Eine Registrierung als Marke sei daher nur nach dem Erbringen des Verkehrsgeltungsnachweises möglich.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, festzustellen, dass die Marke auch ohne die Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MSchG registrierbar sei und die Rechtssache unter der Auflage an die erste Instanz zurückzuverweisen, die Schutzzulassung der Marke zu veranlassen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
1. Rechtsfolge der beim Internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) vorgenommenen Registrierung einer internationalen Marke ist grundsätzlich, dass sie in jedem Vertragsstaat (auf den sich der Schutz erstreckt, vgl Art 3bis Abs 1 MMA und Art 3ter PMMA) so geschützt ist, wie wenn sie in jedem der betroffenen Vertragsländer unmittelbar hinterlegt (eingetragen) worden wäre (Art 4 Abs 1 S 1 MMA, Art 4 Abs 1 lit a S 1 PMMA; Koppensteiner, Markenrecht4 243; 4 Ob 128/03g; Om 4/10).
Die Behörde eines Verbandslandes, der eine internationale Registrierung notifiziert wurde, kann diese wie eine nationale Anmeldung prüfen, sie ist bei der Prüfung allerdings gemäß Art 5 MMA/PMMA auf die in Art 6quinquies Teil B der PVÜ genannten Gründe beschränkt. Internationale Marken, die Schutz in Österreich beanspruchen, sind daher entsprechend MSchG auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen. (Ullrich in Kucsko/Schumacher, marken.schutz³ § 2 Rz 88 f).
2.1. Gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Fehlt nämlich die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (RS0132933; RS0118396 [T7]). Originär unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (C-108/97, Chiemsee; C-104/00 P, Companyline; RS0118396). Ob ein Zeichen unterscheidungskräftig ist, ist anhand seines Gesamteindrucks zu beurteilen (RS0066749; Koppensteiner, Markenrecht4 82) und zwar für die konkreten Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 § 4 Rz 53 ff). Maßgeblich ist die Auffassung der beteiligten Verkehrskreise im Inland (RS0079038), idR also der normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der jeweiligen Waren und Dienstleistungen (RS0114366 [T5]; Asperger, aaO Rz 64-65; Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 8 Rz 73; Koppensteiner, aaO 83).
2.2. Bei Wortmarken bejaht die Rechtsprechung die Unterscheidungskraft nur bei frei erfundenen, keiner Sprache angehörenden Phantasiewörtern (im engeren Sinn) oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die beteiligten Verkehrskreise die Wörter als Phantasiebezeichnungen auffassen (RS0066644). Sind die Bestandteile einer Wortkombination nicht unterscheidungskräftig, ist es die Wortkombination nur dann, wenn ihr Sinngehalt über die Summe ihrer Bestandteile hinausgeht (EuGH C-265/00, Biomild).
Unterscheidungskraft fehlt einer Wortmarke, wenn die maßgebenden Verkehrskreise sie als Information über die Art der mit ihr gekennzeichneten Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf die Herkunft dieser Dienstleistungen (C-304/06 P, Eurohypo, Rn 69).
2.3. Fremdsprachige Begriffe, die hier zu beurteilen sind, sind im Allgemeinen so zu behandeln wie deutschsprachige. Ob sie unterscheidungskräftig sind, hängt somit davon ab, ob sie im Prioritätszeitpunkt im Inland so weit bekannt waren, dass der inländische Verkehr einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte (4 Ob 7/05s, car care; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 17 Ob 21/07y, Anti-Aging-Küche; 4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS).
2.4. Die Eintragung einer Marke, die aus mehreren Worten zusammengesetzt ist, ist nach den selben Kriterien zu prüfen wie herkömmliche Wortmarken (RS0122385 [T1]). Sie ist dann nicht schützbar, wenn der Satz oder Satzteil nur eine beschreibende Aussage über die Dienstleistung enthält (vgl 17 Ob 21/11d, echte Berge: als Synonym für prächtige, hohe Berge nicht unterscheidungskräftig). Anderes gilt, wenn die Wortfolge eine interpretationsbedürftige Aussage enthält (vgl Obm 1/12, Die grüne Linie mwN; 17 Ob 15/07s, we will rock you: unterscheidungskräftig für Ton- und Videoaufzeichnungen; VwGH 2009/03/0020, Doc around the clock: unterscheidungskräftig für ärztliche Dienstleistungen). Im Falle eines zusammengesetzten Zeichens ist zu prüfen, ob die Wortverbindung ein zusätzliches Merkmal – eine grafische oder inhaltliche Änderung – aufweist, das das Zeichen in seiner Gesamtheit geeignet erscheinen lässt, die betroffenen Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (C-104/00 P, Companyline, Rn 23).
3.1. Auf dieser Grundlage ist dem angemeldeten Zeichen die Unterscheidungskraft abzusprechen. Das Rekursgericht hält die bekämpfte Begründung der angefochtenen Entscheidung für zutreffend, sodass vorweg auf sie verwiesen werden kann (§ 139 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG).
3.2. Die Schutzfähigkeit von „Skin Caviar” ist davon abhängig, ob die beteiligten Verkehrskreise ihren Inhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerung erschließen können und als Hinweis auf die beanspruchten Waren und/oder Dienstleistungen verstehen (RS0109431). Adressierte Verkehrskreise sind hier alle Interessenten oder Abnehmer für die beantragten Waren und/oder Dienstleistungen, also nicht nur die Fachkreise (Drogisten, Wirtschaftstreibende), sondern auch die normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (RS0079038).
3.3. Soweit die Antragstellerin im Rekurs meint, die beteiligten Verkehrskreise würden das Zeichen mit „Hautkaviar“ oder „Kaviar von der Haut“ übersetzen, teilt das Rekursgericht diese Auffassung nicht, weil diese Übersetzung im deutschen Sprachgebrauch keinen erkennbaren Sinn ergibt. Nach Ansicht des Rekursgerichts werden die beteiligten Verkehrskreise im Zeichen „Skin Caviar“ den Begriff „skin“ mit „Haut“ und den Begriff „Caviar“ mit „Kaviar (Fischeier)“ übersetzen. Sie werden die Wortfolge in englischer Sprache erkennen und im Zusammenhang mit der beanspruchten Ware (Non-medicated cosmetics) diese zwanglos mit „Kaviar für die Haut“ übersetzen.
Die von der Antragstellerin ins Treffen geführte Entscheidung des erkennenden Senats zu 133 R 134/19g, REFURBED, ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar, weil das beanspruchte Zeichen „REFURBED“ ein Phantasiewort ist, das weder in der deutschen, noch in der englischen Sprache vorkommt. Es ist zwar angelehnt an das Vokabel „refurbish“, das für „erneuern, renovieren“ steht, was aber nichts daran ändert, dass dieses Wort dem englischen Wortschatz nicht angehört.
Zu den nicht medizinischen Kosmetikprodukten zählen auch Hautpflegemittel wie Reinigungsprodukte zum Waschen, Baden und Duschen (Seife, Duschgel und Badezusätze); oder Produkte zur Wiederherstellung des Hydro-Lipid-Films der Haut (Hautcreme, Lotion, Gel). Die Verbraucher werden daher im Zeichen im Zusammenhang mit der beanspruchten Ware davon ausgehen, dass die Kosmetika mit Kaviar - einem besonderen (exlusiven) Wirkstoff – angereichert sind. Den Fachkreisen die diese Ware üblicherweise vertreibt (zB Drogerien) wird darüber hinaus auch die besondere Wirkung der im Kaviar enthaltenen Phospolipide bekannt sein.
Von einer ungewöhnlichen Wortverbindung (vgl C-383/99, Baby Dry, ÖBl 2002, 43) geht das Rekursgericht entgegen dem Rechtsmittelvorbringen in Bezug auf die beanspruchten Ware daher nicht aus.
4. Dem Argument, dass bereits ähnliche Marken eingetragen worden seien, ist entgegenzuhalten, dass eine präjudizielle Bindung zu verneinen ist (4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS; RS0125405; C-37/03 P, BioID, Rn 47; C-39/08 und C-43/08, Schwabenpost und Volks.Handy, Rn 39; Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 § 4 Rz 75 mwN).
5. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwirft, die über einen Einzelfall hinaus bedeutsam sind (RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.
In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000 übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.
Schlagworte
Gewerblicher Rechtsschutz – Markenschutz; Skin Caviar,Textnummer
EW0001130European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OLG0009:2021:03300R00030.21F.0921.000Im RIS seit
13.12.2021Zuletzt aktualisiert am
13.12.2021