TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/30 W116 2245178-1

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Veröffentlicht am 30.09.2021
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Entscheidungsdatum

30.09.2021

Norm

BDG 1979 §118 Abs1 Z2
BDG 1979 §123 Abs1
BDG 1979 §43 Abs2
BDG 1979 §91
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs2 Z2

Spruch


W116 2245178-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch RA Mag. Franz SCHARF, gegen den Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde vom 07.07.2021, GZ: 2021-0.450.984-3, Senat 23, betreffend Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 und 2 VwGVG teilweise insofern stattgegeben als der Spruch des Einleitungsbeschlusses zu lauten hat:

Gegen den Beschwerdeführer wird gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 ein Disziplinarverfahren durchgeführt, weil er im Verdacht steht, im Juli 2019 an seiner Dienststelle ( XXXX ) einen dienstlichen Suchtmittelvortest (Druglab der Fa. Dipromed) für private Zwecke, nämlich um ein bei der Tochter seiner damaligen Lebensgefährtin vorgefundenes weißes Pulver auf Suchtmittel zu testen, verwendet und damit schuldhaft gegen seine Dienstpflichten gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 verstoßen zu haben.

Dagegen wird gegen den Beschwerdeführer wegen des Vorwurfs, er habe im Juli 2019 ein bei XXXX (Tochter seiner damaligen Lebensgefährtin XXXX ), vorgefundenes Säckchen mit Suchtgift, anstatt sich der Ausübung des Amtes zu enthalten, trotz offensichtlicher Befangenheit und ohne, dass Gefahr im Verzug vorlag, dasselbe einem Suchtmittelvortest unterzogen und diesen in den Büroräumlichkeiten seiner Dienststelle ( XXXX ) belassen und nicht zur betreffenden Polizeiinspektion ( XXXX ) gebracht und damit schuldhaft gegen seine Dienstpflichten gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 verstoßen, gemäß § 123 Abs. 1 iVm. § 118 Abs. 1 Z 2 BDG 1979 kein Disziplinarverfahren durchgeführt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer steht als Kontrollinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und versieht seinen Dienst als Hauptsachbearbeiter XXXX , Bundesministerium für Inneres. Laut vorliegender Arbeitsplatzbeschreibung war er im tatrelevanten Zeitraum zusammengefasst für die Durchführung von Maßnahmen zur Bekämpfung der organisierten Suchtmittelkriminalität, insbesondere des Suchtmittelhandels via Postversand und Internet/Darknet zuständig.

2.       Mit Schreiben vom 25.05.2021, GZ 2020-0.275.277, übermittelte das BKA gegen den Beschwerdeführer wegen mehrerer Anschuldigungspunkte eine Disziplinaranzeige an die Dienstbehörde, welche diese mit Schreiben vom 21.06.2021, GZ 2021-0.437.184, an die Bundesdisziplinarbehörde weiterleitete.

3.       Mit dem im Spruch genannten Beschluss leitete die Bundesdisziplinarbehörde hinsichtlich zwei der Anschuldigungspunkte gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 ein Disziplinarverfahren gegen den Beschwerdeführer ein, wogegen hinsichtlich drei weiterer Anschuldigungspunkte gemäß § 118 Abs. 1 BDG 1979 kein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde. Der Spruch des beschwerdegegenständlichen Bescheides lautet (im Original, anonymisiert):

„… beschlossen, bezüglich (Beschwerdeführer), geb. XX.XX.XXXX

I.       wegen des Verdachts, er habe

1.) im Juli 2019 ein bei A (Tochter seiner damaligen Lebensgefährtin B), vorgefundenes Säckchen mit Suchtgift, anstatt sich der Ausübung des Amtes zu enthalten, trotz offensichtlicher Befangenheit und ohne, dass Gefahr im Verzug vorlag, dasselbe einem Suchtmittelvortest unterzogen und diesen in den Büroräumlichkeiten seiner Dienststelle (Y) belassen und nicht zur betreffenden Polizeiinspektion (PI V) gebracht,

er habe dadurch eine Dienstpflichtverletzung gemäß §§ 43 Abs. 2 BDG 1979 i.V.m. § 91 BDG 1979 begangen,

2.) im Juli 2019 während seiner Dienstzeit innerhalb seiner Dienststelle Y einen dienstlichen Suchtmittelvortest (Druglab der Fa. Dipromed) verwendet,

er habe dadurch eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 i.V.m. § 91 BDG begangen,

gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 ein Disziplinarverfahren einzuleiten, 

II. hingegen wegen des Verdachts, er habe

1.) im Juli 2019 nach Bekanntwerden des positiven Testergebnisses weder Ermittlungshandlungen gesetzt noch von Juli 2019 bis März 2020 (Auffindung des „Säckchens mit Suchtgift") diesen Vorfall dokumentiert (Verbringung des Suchtmittels zur Testung auf die Dienststelle, Durchführung der Testung, Durchführung von Befragungen am örtlichen Gemeindeamt und Liegenlassens des Suchtmittelvortests mitsamt dem Reagenzglas am Schreibtisch),

er habe dadurch eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 i.V.m. § 10 der Richtlinienverordnung begangen,

gemäß § 118 Abs. 1, Z. 2, 2. Halbsatz BDG 1979 kein Disziplinarverfahren einzuleiten,

2.) im Zeitraum Sommer bis Herbst 2019 trotz Befangenheit und ohne hierzu Dokumentationen vorzunehmen selbstständige private Ermittlungen in Form von Befragungen mit seiner damaligen Lebensgefährtin, Bürgermeisterin von V, im Gemeindeamt von V durchgeführt, wobei den Befragten bekannt war, dass (der Beschwerdeführer) Polizeibeamter ist,

er habe dadurch eine Dienstpflichtverletzung gemäß §§ 43 Abs. 2 und 47 BDG 1979 i.V.m. § 91 BDG begangen,

gemäß § 118 Abs. 1, Z. 1, i.V.m. § 118 Abs. 1, Z 2, 1. Halbsatz BDG 1979 kein Disziplinarverfahren einzuleiten,

3.) im Juli 2019 im Rahmen des von ihm durchgeführten Suchtmittelvortests gegen die Amtsverschwiegenheit verstoßen, da er seine damalige Lebensgefährtin, B, über das Ergebnis des Tests informiert hat,

er habe dadurch eine Dienstpflichtverletzung gemäß §§ 43 Abs. 2 und 46 BDG 1979 i. V. m.

§ 91 BDG 1979 begangen,

gemäß § 118 Abs. 1, Z. 1, 1. Halbsatz BDG 1979 kein Disziplinarverfahren einzuleiten.“

Begründend wurde nach Wiedergabe der Disziplinaranzeige Folgendes ausgeführt (auszugsweise im Original, anonymisiert):

„Ad Einleitung

Ausreichend für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens ist das Vorliegen eines begründeten Verdachts der Begehung von Dienstpflichtverletzungen, wovon vorliegenden Falls aufgrund der vorgelegten Beweismittel (Disziplinaranzeige samt Beilagen) auszugehen ist.

Punkt 1

Rechtsvorschriften

§ 43 Abs. 2 BDG zufolge hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Aufgrund der Angaben der Zeugin B steht fest, dass sie den Beamten gebeten hat, den Inhalt des aufgefundenen Säckchens einem Drogentest zu unterziehen.

Dieses hätte er jedoch zur Polizeiinspektion verbringen müssen, anstelle dasselbe auf eigene Faust zu untersuchen. Wohl hat er damit nicht in Ausübung seines Amtes gehandelt, weshalb ihm auch nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, der Bestimmung des § 47 BDG zuwidergehandelt zu haben, doch hat er mit seinem Vorgehen nicht darauf Bedacht genommen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Die Allgemeinheit hat das Recht darauf, dass sich ein Beamter - auch wenn im privaten Umfeld ein Ereignis das Einschreiten der Polizei erforderlich macht - jene Gesetze einhält, zu deren Vollzug er dienstlich berufen ist und sohin wie jede Privatperson auch die Polizei einschaltet.

Punkt 2

Der Beamte hat für einen privaten Zweck ein dienstliches Betriebsmittel verwendet, welches Vorgehen auch geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner Aufgaben zu beeinträchtigen.

Das Vorgehen selbst wird von ihm nicht bestritten.

Ob sich der Beamte der Begehung der angelasteten Dienstpflichtverletzungen schuldig gemacht hat, bleibt aber der Klärung des ordentlichen Verfahrens Vorbehalten, zumal es sich beim Einleitungsbeschluss um eine Entscheidung im Verdachtsbereich handelt.

Es liegt auch kein Grund vor, unter analoger Anwendung des § 118 BDG kein Verfahren einzuleiten.

Ein Vorgehen nach § 118 Abs. 1 Ziffer 4 BDG (mangelnde Strafwürdigkeit) wäre auch nur dann möglich, wenn kumulativ sowohl die disziplinäre Schuld des Beschuldigten als gering einzuschätzen ist, eine Disziplinierung zur Wahrung des dienstlichen, durch das Disziplinarrecht geschützten Interesses nicht notwendig erscheint, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und eine Bestrafung auch unter dem Gesichtspunkt der Spezial- und Generalprävention nicht geboten ist (vgl. Berufungskommission 4.4.2003, 130/10-BK/03; 2.2.2006, 160/12-BK/05 u.a.). Diese Voraussetzungen sind aber nicht gegeben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Ad Nichteinleitung

Punkt 1

Die Vorhalte des Verfassers der Disziplinaranzeige sind in sich insofern widersprüchlich, als einerseits dem Beamten der Vorwurf gemacht wird, trotz Befangenheit tätig geworden zu sein, andererseits aber diesem vorgeworfen wird, keine Ermittlungshandlungen gesetzt zu haben, wozu dieser als Exekutivbediensteter verpflichtet gewesen wäre und überdies den Vorfall nicht dokumentiert zu haben, wie es auch § 10 der Richtlinienverordnung vorsieht.

§ 10 der Richtlinienverordnung sieht aber eine Dokumentationspflicht bei dienstlichem Vorgehen vor. Wenn der Beamte keine Ermittlungshandlungen gesetzt hat, wie ihm zur Last gelegt wird, ist nicht verständlich, warum er etwas dokumentieren soll.

Der von ihm durchgeführte Test wurde in den Büroräumlichkeiten des Beamten aufgefunden, was aber noch nichts darüber aussagt, ob er diesen tatsächlich während der Dienstzeit vorgenommen hat, aber selbst wenn, schließt das - entgegen der vom Verfasser der Disziplinaranzeige vertretenen Ansicht - nicht aus, dass er „privat" gehandelt hat.

Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass die grammatikalische Ausgestaltung der Anlastung in diesem Punkt unvollständige Sätze bewirkte, die einer Interpretation bedurften, welche nicht in der Kompetenz der Disziplinarbehörde liegt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Punkt 2

Für den Senat erschließt sich nicht, woraus sich für den Verfasser der Disziplinaranzeige ergibt, dass der Beamte private Ermittlungen in Form von Befragungen im Gemeindeamt von V durchgeführt hat.

Dass die Tätigkeit des Beamten bekannt war, trifft laut den der Disziplinaranzeige vorliegenden Unterlagen nur auf den Verdächtigen P (und offenbar auch dessen Schwiegervater) sowie auf das Ehepaar R zu, was allerdings nicht auf ein aktives Betreiben des Beamten zurückzuführen ist.

Selbst P gibt bei seiner Befragung an, dass ihm der Beruf des Beamten nur über seinen Schwiegervater bekannt ist. Dass der Beamte ihm bei den von ihm (P) initiierten Gespräch diesbezüglich etwas gesagt hat, ist dieser Befragung nicht zu entnehmen.

Wenn der Beamte bei diesem Gespräch, wie P angibt, wissen wollte, woher P das Gift hat, vermag der Senat darin noch keine private Ermittlungstätigkeit zu erkennen.

Der Zeuge R gibt an, dass er vom Beamten fernmündlich kontaktiert wurde, wobei seine Gattin ihm mitgeteilt hat, dass es sich beim Beamten um einen Exekutivbeamten handelt. Dieser habe ihm erklärt, dass er sich um die Aufarbeitung der Sache kümmern und alles offiziell machen werde. Daraus ergibt sich aber auch noch nicht, dass der Beamte Ermittlungen angestellt hätte. Dazu kommt, dass sich dies auch nicht aus den im Akt aufliegenden sonstigen Zeugenaussagen (die Suchtgift konsumierenden Jugendlichen sowie S, Vater einer dieser Jugendlichen) in dieser Form ergibt.

Wohl findet sich in dem von PI Kommandant B an die PI W abgesetzten E-Mail die Namen mutmaßlicher Drogen konsumierender Jugendlicher, welche offenbar von B genannt wurden. Woher diese die Namen hat (ob aus der Konfrontation ihrer Tochter mit dem Ergebnis des Tests oder aus den Gesprächen mit der Zeugin R, die zu Protokoll gab, B über ihre Gespräche mit ihrer Tochter, nachdem sie diese auf den Verdacht des Drogenkonsums ansprach, informiert zu haben), ist nicht nachvollziehbar, sodass der vom Verfasser der Anzeige gezogene Schluss eine Mutmaßung darstellt. Jedenfalls ist dieser Schluss nicht geeignet, von einem begründeten Verdacht der Begehung einer Dienstpflichtverletzung auszugehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Punkt 3

Rechtsvorschrift

§ 46 Abs. 1 BDG zufolge ist der Beamte über aller ihm ausschließlich aus seiner amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist, gegenüber jedermann, dem er über solche Tatsachen nicht eine amtliche Mitteilung zu machen hat, zur Verschwiegenheit verpflichtet (Amtsverschwiegenheit).

Nachdem das Vorgehen des Beamten nach Ansicht des Senates kein dienstliches war, kann das Ergebnis das Drogentests auch nicht als eine ausschließlich aus seiner amtlichen Tätigkeit bekannt gewordene Tatsache qualifiziert werden. Darüber hinaus bestand schon vor dem Test durchaus die Vermutung, dass es sich bei dem Vorgefundenen Pulver um Rauschgift handelt, welche Vermutung durch den Test nur eine Bestätigung erfuhr.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“
Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer über seinen rechtlichen Vertreter am 12.07.2021 nachweislich zugestellt.

4.       Mit Benachrichtigung vom 16.07.2021 teilte die StA Krems an der Donau dem Bundesamt für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung mit, dass das gegen den Beschwerdeführer in der Sache wegen § 301 Abs. 1 StGB, § 127 StGB, § 27 Abs. 1, 2. Fall SMG geführte Ermittlungsverfahren betreffend den Vorwurf des Amtsmissbrauches im Zusammenhang mit der Strafsache gegen B gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt wird, weil der Tatbestand nicht erfüllt ist.
Mit weiterer Benachrichtigung vom 16.07.2021 teilte die StA Krems an der Donau dem Bundesamt für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung mit, dass das gegen den Beschwerdeführer wegen § 301 Abs. 1 StGB, § 127 StGB, § 27 Abs. 1, 2. Fall SMG geführte Ermittlungsverfahren betreffend den Vorwurf des Diebstahls und des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften durch die Auswertung von Suchtgift im privaten Interesse wegen Geringfügigkeit gemäß § 191 Z 1 StPO eingestellt wird.

5.       Mit Schriftsatz vom 06.08.2021 brachte der Beschwerdeführer über seinen rechtlichen Vertreter gegen den Einleitungsbeschluss rechtzeitig eine Beschwerde bei der Bundesdisziplinarbehörde ein. Zur Begründung wurde nach Wiedergabe der beschwerdebezogenen Spruchpunkte und der wesentlichen Punkte der Begründung Folgendes ausgeführt (auszugsweise im Original, anonymisiert):

„… Zu Punkt 1:

Dieser Spruchpunkt gliedert sich, obwohl er sich ausschließlich darauf stützt, dass der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung gemäß §§ 43 Abs. 2 BDG 1979 iVm. § 91 BDG 1979 vorliegt, in zumindest zwei zu trennende disziplinäre Vorwürfe nämlich

- des Vorwurfs der Befangenheit als Verstoß gegen § 47 BDG 1979

(„...anstatt sich der Ausübung des Amtes zu enthalten, trotz offensichtlicher Befangenheit und ohne, dass Gefahr im Verzug vorlag, dasselbe einem Suchtmittelvortest unterzogen...")

- des Vorwurfs der Nichtablieferung des Suchtmittelvortests als Verstoß gegen die allgemeine Dienstpflicht der Vertrauenswahrung gern § 43 Abs. 2 BDG 1979

(„...dasselbe einem Suchtmittelvortest unterzogen und diesen in den Büroräumlichkeiten seiner Dienststelle (Y) belassen und nicht zur betreffenden Polizeiinspektion (PI V) gebracht").

Zur Befangenheit:

Dass beim zu beurteilenden Sachverhalt von der Bundesdisziplinarbehörde selbst keine Befangenheit des Beschwerdeführers angenommen wird, erhellt aus der Begründung des Bescheids, in dem wie folgt ausgeführt wird:

„Wohl hat er damit nicht in Ausübung seines Amtes gehandelt, weshalb ihm auch nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, der Bestimmung des § 47 BDG zuwidergehandelt zu haben, ..."

Sohin steht jener Spruchteil des Punktes 1 in ausdrücklichem Widerspruch zu seiner Begründung.

Zur Nichtablieferung des Suchtmittelvortests:

Die Anlastung, der Beschwerdeführer hätte nach Durchführung des Suchtmittelvortests diesen in den Büroräumlichkeiten seiner Dienststelle ( XXXX ) belassen und nicht zur betreffenden Polizeiinspektion (PI V) gebracht, ist nicht disziplinär im Sinne des § 43 Abs 2 BDG 1979.

Der gegenständliche Sachverhalt ereignete sich innerhalb der Familie. § 72 Abs. 2 StGB hält dazu fest: „Personen, die miteinander in Lebensgemeinschaft leben, werden wie Angehörige behandelt, Kinder und Enkel einer von ihnen werden wie Angehörige auch der anderen behandelt." Zum damaligen Zeitpunkt bestand eine Lebensgemeinschaft zwischen B und mir, A ist ihre leibliche Tochter.

Gerade auch den Beamten des Exekutivdienstes kommt gem. Art 6 EMRK das Recht auf Privatleben zu, in dem keinesfalls eine Dienstpflicht für einen Exekutivbeamten außer Dienst bestehen kann, eine in § 72 Abs. 2 StGB genannte Person wegen des hierangenommenen Sachverhalts polizeilich anzuzeigen.

Zudem geht Bundesdisziplinarbehörde geht irrig davon aus, dass ein aufgefundenes Säckchen mit darin anhaftendem weißen Pulver im Zimmer eines Teenagers jedenfalls bedeutet, dass dies Suchtgift sei, sodass es sich dabei um ein Ereignis handelt, dass das Einschreiten der Polizei erforderlich macht. Diese Beweiswürdigung entspricht nicht der Lebenserfahrung. Es besteht kein amtsnotorisches Wissen darüber, dass jeder weiße Substanzrest Suchtgift sein könnte.

Zudem würde gerade das von der Bundesdisziplinarbehörde als gesollt angenommene Verhalten, nämlich ohne fundiertes Wissen über ein strafrechtliches Delikt die minderjährige Tochter der damaligen Lebensgefährtin durch eine polizeiliche Anzeige einer Verfolgung auszusetzen, ohne zumindest ein Indiz dafür zu haben, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben vollkommen zerstören.

Zu Punkt 2:

Wenn die Bundesdisziplinarbehörde zu diesem Punkt die Einleitung des Disziplinarverfahrens unter anderem damit begründet, dass das Vorgehen selbst vom Beschwerdeführer nicht bestritten wird, ist dieser Argumentation entgegenzuhalten, dass das „Vorgehen selbst" nie vom Beschwerdeführer eingeräumt wurde.

Dafür, dass der Beschwerdeführer im Juli 2019 während seiner Dienstzeit innerhalb seiner Dienststelle (Y) einen dienstlichen Suchtmittelvortest durchgeführt habe, finden sich im gesamten Akt ausschließlich Spekulationen des die Disziplinaranzeige erstattenden Sachbearbeiters.

Weder hat der Beschwerdeführer den Suchtmittelvortest in der Dienstzeit durchgeführt noch handelt es sich bei dem damit verwendeten Suchtgiftvortest um ein dienstliches Betriebsmittel.

Dem Beschwerdeführer war zum inkriminierten Zeitpunkt der Durchführung des Suchtmittelvortests gern § 36 BDG 1979 der Arbeitsplatz eines Hauptsachbearbeiters in der Abteilung II/BK/3, Büro 3.3, Referat 3.3.3 (Suchtmittelhandel via Postversand und Internet) des XXXX mit der Arbeitsplatz Nr.: 11034159 rechtswirksam zugewiesen.

Jenes Funktionsbündel an Tätigkeiten, die mit der Erfüllung der Aufgaben des Arbeitsplatzes des Beschwerdeführers verbunden war (§ 36 BDG 1979) beinhaltete nicht die Bekämpfung der „einfachen" Suchtmittelkriminalität, sohin nicht des Besitzes von Suchtgift nach § 27 SMG).

Beweis: Arbeitsplatzbeschreibung mit der Arbeitsplatz Nr.: XXXXXXX

Als Konsequenz daraus ergibt sich, dass dem Beschwerdeführer keine Suchtmittelvortests, insbesondere auch keine Suchtmittelvortests „Druglab" der Fa. Dipromed als dienstliches Betriebsmittel zugewiesen wurden, da er diese eben nicht für die Erfüllung seiner dienstlichen Tätigkeiten benötigte.

Daher hat richtigerweise nicht einmal der die Disziplinaranzeige erstattende Sachbearbeiter in der Disziplinaranzeige behauptet, dass dem Beschwerdeführer Suchtmittelvortests „Druglab" der Fa. Dipromed als dienstliches Betriebsmittel zugewiesen worden wären.

Allerdings stellt der die Disziplinaranzeige erstattende Sachbearbeiter den Sachverhalt in einem entscheidungsrelevanten Punkt evident falsch und aktenwidrig dar. So finden sich in der Disziplinaranzeige vom 21. Juni 2021 auf Seite 5, 1. Absatz folgende Ausführungen (mit grafischen Hervorhebungen durch den ausgewiesenen Rechtvertreter):

… Begründet wird eine dienstliche Vorgangsweise mit den Angaben des Angezeigten im Zuge des E-Mail an K vom 11.03.2020, wo er angab, den Inhalt des Säckchens mit dem Reagenzglas zur Untersuchung mittels dienstlichen Druglab Vortests vorgenommen zu haben. ...

… da es sich hierbei eindeutig um ein dienstliches Betriebsmittel (Suchtmittelvortest) handelt..."

Richtig ist, dass der Beschwerdeführer am 11.03.2020 eine EMail an K gesendet hat. Der entsprechende Passus, der vom Beschwerdeführer verfasst wurde, lautete wie folgt:

Das weiße Pulver war geruchlos. Ich habe den Inhalt des Säckchens in ein Reagenzglas (siehe Beilage) gelehrt und zu mir ins BK zu Untersuchung mitgenommen. Beim Test (DRUGLAB) stellte sich heraus, dass es sich bei diesem Pulver um Amphetamin/Methamphetamin handelt. Die gesamte Menge wurde für den Test verbraucht. ..."

Dass der hier vom Beschwerdeführer konkret verwendete Suchtmittelvortest „Druglab" ein dienstliches Betriebsmittel gewesen sei, wie der die Disziplinaranzeige erstattende Sachbearbeiter bloß mutmaßt, geht weder aus dieser EMail noch aus dem sonstigen Akteninhalt hervor.

Richtig ist, dass der Beschwerdeführer den Suchtmittelvortest in den Räumlichkeiten des XXXX durchgeführt hat. Nicht richtig ist, dass dies während der Erfüllung seiner dienstlichen Tätigkeiten in der Dienstzeit geschehen wäre und es finden sich auch hier in der Disziplinaranzeige keine über eine reine Spekulation hinausgehende Anhaltspukte für diese bloße Behauptung. … 

6.       Mit Schreiben vom 06.08.2021 legte die Bundesdisziplinarbehörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verfahrensakten zur Entscheidung vor.

II.     Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer steht als Kontrollinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und versieht seinen Dienst als Hauptsachbearbeiter im XXXX , Bundesministerium für Inneres. Laut vorliegender Arbeitsplatzbeschreibung war er im tatrelevanten Zeitraum zusammengefasst für die Durchführung von Maßnahmen zur Bekämpfung der organisierten Suchtmittelkriminalität, insbesondere des Suchtmittelhandels via Postversand und Internet/Darknet zuständig.

Zirka eine Woche vor dem 20.07.2019 fand die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers B, Bürgermeisterin von V, beim Aufräumen des Zimmers ihrer Tochter A ein kleines durchsichtiges Säckchen, welches bis auf kleinste Reste eines weißen Pulvers leer war. Sie machte sich Sorgen und zeigte dieses Säckchen ihrem Lebensgefährten, dem Beschwerdeführer, und bat ihn, das Pulver zu testen. Dieser sagte, dass er das Pulver mitnehmen müsste, weil er dazu einen Tester brauche. B füllte die Reste des Pulvers in ein kleines Reagenzglas und gab es dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer unterzog das Pulver an seiner Dienststelle einem Test mittels Suchtgiftvortest „Multi-Drug Screen Test Dipro Druglab“ und teilte seiner Lebensgefährtin zirka zwei Tage später mit, dass es sich bei dem Pulver um Amphetamin handelte. Der Drogenvortest verblieb mit dem Reagenzglas auf dem Schreibtisch des Beschwerdeführers, wo diese Gegenstände von seinem Vorgesetzten am 16.03.2020 vorgefunden wurden.

Am 20.07.2019 erschienen der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin an der PI V und teilten dem Inspektionskommandanten mit, dass sie bei der Tochter der Lebensgefährtin ein Sackerl mit weißer Substanz vorgefunden hätten. Der Beschwerdeführer habe diese untersucht und es handle sich dabei um Amphetamin. Die Tochter habe angegeben, dass sie das Suchtmittel von einem namentlich genannten Bekannten erhalten habe. Dieser sei vom Beschwerdeführer und seiner Lebensgefährtin bereits am Gemeindeamt mit den Vorwürfen konfrontiert worden. Außerdem sollen zwei namentlich genannte Freundinnen ebenfalls Suchtmittel konsumieren. Darüber hinaus gaben sie Hinweise zu weiteren namentlich genannten, mutmaßlichen Drogenkonsumenten.
Es liegt ein ausreichend begründeter Verdacht vor, dass der Beschwerdeführer im Juli 2019 an seiner Dienststelle Y einen dienstlichen Suchtmittelvortest (Druglab der Fa. Dipromed) für private Zwecke, nämlich um ein bei der Tochter seiner damaligen Lebensgefährtin vorgefundenes weißes Pulver auf Suchtmittel zu testen, verwendet und damit schuldhaft gegen seine Dienstpflichten verstoßen hat.

Dagegen besteht kein ausreichend begründeter Verdacht, dass der Beschwerdeführer diesen Test während seiner Dienstzeit durchgeführt hat.
Der Sachverhalt ist für das Verfahrensstadium des Einleitungsbeschlusses ausreichend geklärt. Es steht auch unverwechselbar fest, welche konkreten Vorgänge den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bilden. Ebenso haben sich keine offenkundigen Gründe für eine Einstellung ergeben (§ 118 Abs. 1 BDG 1979).
Dagegen besteht kein ausreichend begründeter Verdacht, dass der Beschwerdeführer seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt hätte, indem er im Juli 2019 ein bei A (Tochter seiner damaligen Lebensgefährtin B), vorgefundenes Säckchen mit Suchtgift, anstatt sich der Ausübung des Amtes zu enthalten, trotz offensichtlicher Befangenheit und ohne, dass Gefahr im Verzug vorlag, dasselbe einem Suchtmittelvortest unterzogen und diesen in den Büroräumlichkeiten seiner Dienststelle (Y) belassen und nicht zur betreffenden Polizeiinspektion (PI V) gebracht hat.

2.       Beweiswürdigung:

Der für die Entscheidung relevante Sachverhalt ergibt sich aus der vorgelegten ausreichend dokumentierten Aktenlage, insbesondere aus der vorliegenden Disziplinaranzeige und den dieser beiliegenden Niederschriften, Aktenvermerkten und Stellungnahmen.

Die Feststellungen betreffend den Arbeitsplatz und die damit verbundenen Aufgaben des Beschwerdeführers im tatrelevanten Zeitraum ergeben sich zum einen aus der Disziplinaranzeige und zum anderen aus der vom Beschwerdeführer mit der Beschwerde vorgelegten Arbeitsplatzbeschreibung.

Die Feststellungen betreffend den Fund eines kleinen durchsichtigen Säckchen mit Resten einer weißen Substanz im Zimmer der Tochter der damaligen Lebensgefährtin des Beschwerdeführers und das Ersuchen der Lebensgefährtin, das Pulver zu testen, ergeben sich aus den diesbezüglich übereinstimmenden schriftlichen Stellungnahmen des Beschwerdeführers vom 21.09.2020 (AS 113 – 121) und seiner damaligen Lebensgefährtin vom 03.03.2021 (AS 237 – 243) sowie aus der niederschriftlichen Zeugenvernehmung seiner damaligen Lebensgefährtin vom 05.08.2020 (AS 193 – 201).
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer das weiße Pulver an seine Dienststelle mitnahm und dort einem Test mittels Suchtgiftvortest „Multi-Drug Screen Test Dipro Druglab“ unterzog, ergibt sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in seinem Mail an das LKA NÖ vom 11.03.2020 („… Ich habe den Inhalt des Säckchens in ein Reagenzglas (siehe Beilage) geleert und zu mir ins BK zu(r) Untersuchung mitgenommen. Beim Test (DRUGLAB) stellte sich heraus, dass es sich bei diesem Pulver um Amphetamin/Metamphetamin handelt. …“, AS 309) und dem diesen beigehefteten Foto, das das Reagenzglas und den Suchtmittelvortest zeigt (AS 311).

Die Feststellung, dass er seiner Lebensgefährtin zirka zwei Tage später mitteilte, dass es sich bei dem Pulver um Amphetamin handelte, ergibt sich aus deren schriftlichen Stellungnahme vom 03.03.2021 (AS 237 – 243) sowie ihrer niederschriftlichen Zeugenvernehmung vom 05.08.2020 (AS 193 – 201).

Die Feststellung, dass der Drogenvortest und das Reagenzglas auf dem Schreibtisch des Beschwerdeführers verblieben, wo sie von seinem Vorgesetzten am 16.03.2020 vorgefunden wurden, ergibt sich aus dem Aktenvermerkt des anzeigenden Vorgesetzten vom 11.05.2020 (AS 39 -41)

Die Feststellungen betreffend die Vorsprache des Beschwerdeführers und seiner damaligen Lebensgefährtin am 20.07.2019 in der PI V und den dabei gegenüber dem Inspektionskommandanten gemachten Angaben ergeben sich aus der niederschriftlichen Einvernahme des Inspektionskommandanten PI V vom 21.10.2020 (AS 203 – 209) sowie aus dessen Mail an die PI W vom 02.08.2019 mit dem Ersuchen um Übernahme der Suchtmittel-Erhebungen (AS 255).

Die Feststellung, dass ein ausreichend begründeter Verdacht vorliegt, dass der Beschwerdeführer im Juli 2019 an seiner Dienststelle Y einen dienstlichen Suchtmittelvortest (Druglab der Fa. Dipromed) zu dem privaten Zweck verwendet hat, um ein bei der Tochter seiner damaligen Lebensgefährtin vorgefundenes weißes Pulver auf Suchtmittel zu testen, ergibt sich zum einen aus den oben zitierten Angaben des Beschwerdeführers in dessen Mail an das LKA NÖ vom 11.03.2020 (AS 309) sowie dem diesem beigehefteten Foto des Reagenzglases und des Suchtmittelvortests (AS 311).

Der Verdacht, dass es sich dabei um einen dienstlichen Suchtmittelvortest handelte, ergibt sich zudem aus den Ausführungen des anzeigenden Vorgesetzten des Beschwerdeführers in der Disziplinaranzeige, denn es ist zunächst davon auszugehen, dass dieser als Dienststellenleiter entsprechende Kenntnisse darüber hat, welche konkreten Suchtmittelvortests der Dienststelle als Betriebsmittel zugewiesen sind. Der in der Beschwerde diesbezüglich ins Treffen geführte Umstand, dass dem Beschwerdeführer aufgrund seiner konkreten Aufgaben selbst keine Suchtmittelvortests zugewiesen gewesen seien, ist insofern irrelevant, weil dies nicht ausschließt, dass der Beschwerdeführer dennoch Zugriff auf solche dienstlichen Suchtmittelvortests hatte. In der Beschwerde wird lediglich bestritten, dass es sich bei dem verwendeten Suchtmittelvortest um ein dienstliches Betriebsmittel gehandelt hat. Weitere Angaben, wo der Beschwerdeführer diesen allenfalls sonst bezogen haben will, wurden nicht gemacht. Sollte der Beschwerdeführer tatsächlich einen privat erworbenen Suchtmittelvortest verwendet haben, drängt sich zudem die Frage auf, aus welchen Gründen es der Beschwerdeführer dann für notwendig erachtet haben sollte, die Substanz zum Testen an seine Dienststelle mitzunehmen.

Dagegen ist dem Beschwerdeführer insofern Recht zu geben, dass es auf Grundlage der vorliegenden Beweismittel keinen einzigen konkreten Hinweis darauf gibt, dass der Beschwerdeführer diesen Test während seiner Dienstzeit durchgeführt hat.

Hinsichtlich der Feststellung, dass kein ausreichend begründeter Verdacht besteht, dass der Beschwerdeführer seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt hätte, indem er im Juli 2019 ein bei A (Tochter seiner damaligen Lebensgefährtin B), vorgefundenes Säckchen mit Suchtgift, anstatt sich der Ausübung des Amtes zu enthalten, trotz offensichtlicher Befangenheit und ohne, dass Gefahr im Verzug vorlag, dasselbe einem Suchtmittelvortest unterzogen und diesen in den Büroräumlichkeiten seiner Dienststelle (Y) belassen und nicht zur betreffenden Polizeiinspektion (PI V) gebracht hat, wird auf die folgende rechtliche Beurteilung verwiesen.

3.       Rechtliche Beurteilung:

3.1.    Zur Zulässigkeit der Beschwerde:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl 1930/1 (WV) idF. BGBl I 2012/51 (Verwaltungsgerichts-Novelle 2012) erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden, soweit sich aus Abs. 3 nicht anderes ergibt.

Gemäß § 7 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF. BGBl. I 2013/122, beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen.

Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen einen Bescheid einer Bundesbehörde in einer Angelegenheit der unmittelbaren Bundesverwaltung und wurde rechtzeitig innerhalb der Frist des § 7 Abs. 4 VwGVG eingebracht. Sie ist damit zulässig.

3.2.    Zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichts (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 2013/10, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 135a Abs. 3 Beamten- Dienstrechtsgesetz 1979- BDG 1979 BGBl. Nr. 333/1979, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 153/2020 hat das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat zu entscheiden, wenn gegen ein Erkenntnis, mit dem die Disziplinarstrafe der Entlassung oder der Verlust aller aus dem Dienstverhältnis fließenden Rechte und Ansprüche verhängt wurde, Beschwerde erhoben wurde oder wenn die Disziplinaranwältin oder der Disziplinaranwalt gegen ein Erkenntnis Beschwerde erhoben hat. Da hier keine dieser Voraussetzungen zutrifft, ist im vorliegenden Fall Einzelrichterzuständigkeit gegeben.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) wird durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 4 kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

Dies ist hier der Fall, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aufgrund der eindeutigen Aktenlage feststeht. Es sind auch keine Umstände hervorgetreten, zu deren weiteren Klärung eine mündliche Erörterung notwendig erscheinen würde. Darüber hinaus liegen im Hinblick auf den Spruchinhalt auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass im Gegenstand dem Entfall einer mündlichen Verhandlung allenfalls Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) oder Art. 47 der Charta der Grundrechte der europäischen Union entgegenstehen könnten. So hat der VwGH in seiner Entscheidung vom 21.04.2015, Zl. 2014/09/0042, im Zusammenhang mit Einleitungsbeschlüssen nach § 123 BDG 1979 folgendes ausgeführt:

„Mit einer Entscheidung über die disziplinarrechtliche Schuld und Strafe eines Beamten wird in der Regel eine Entscheidung über eine zivilrechtliche Streitigkeit iSd Art. 6 Abs. 1 MRK getroffen (vgl. E 9. September 2014, Ro 2014/09/0049; E 14. Oktober 2011, 2008/09/0125). Bei der Entscheidung über einen Einleitungsbeschluss im Disziplinarverfahren der Beamten nach § 123 BDG 1979 wird im Unterschied zu einem Disziplinarerkenntnis jedoch noch nicht über die Schuld und Strafe entschieden. Es handelt sich vielmehr um einen vorbereitenden verfahrensrechtlichen Bescheid, der den Eintritt der Verjährung verhindert, und eine Umgrenzung des Verfahrensgegenstandes und erst eine Voraussetzung für die Entscheidung in der Sache selbst aber keine abschließende Entscheidung darüber darstellt. Der Beschuldigte hat auch nach Erlassung eines Einleitungsbeschlusses die Möglichkeit, alle zu seiner Verteidigung sprechenden Umstände geltend zu machen.“

Es konnte daher von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Wie oben bereits ausgeführt steht der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aufgrund der Aktenlage fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher in der Sache selbst zu entscheiden.

3.3.    Zu Spruchteil A):

3.3.1.  Zu der in der Beschwerde geltend gemachten Rechtswidrigkeit des Bescheides:

Der Beschwerdeführer machte in seiner Beschwerde geltend, dass die Disziplinarkommission zu Unrecht festgestellt hätte, dass er mit dem ihm im Spruch des Einleitungsbeschlusses vorgeworfenen Verhalten im Verdacht stehe, schuldhaft gegen die Bestimmung des § 43 Abs. 2 BDG 1979 verstoßen und dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß §§ 91 BDG 1979 begangen zu haben.

3.3.2.  Zu den maßgeblichen Bestimmungen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Beamten- Dienstrechtsgesetzes 1979- BDG 1979 BGBl. Nr. 333/1979 idF. BGBl. I Nr. 153/2020 lauten:

„Allgemeine Dienstpflichten

§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

(3) Der Beamte hat die Parteien, soweit es mit den Interessen des Dienstes und dem Gebot der Unparteilichkeit der Amtsführung vereinbar ist, im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben zu unterstützen und zu informieren.

Dienstpflichtverletzungen

§ 91. Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist nach diesem Abschnitt zur Verantwortung zu ziehen.

Einstellung des Disziplinarverfahrens

§ 118. (1) Das Disziplinarverfahren ist mit Bescheid einzustellen, wenn

1.       der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen,

2.       die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Dienstpflichtverletzung darstellt,
3.         Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, oder

4.       die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von der Verletzung der Dienstpflichten abzuhalten oder der Verletzung von Dienstpflichten durch andere Beamte entgegenzuwirken.

(2) Das Disziplinarverfahren gilt als eingestellt, wenn das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschuldigten endet.

Einleitung

§ 123. (1) Der Senatsvorsitzende hat nach Einlangen der Disziplinaranzeige den Disziplinarsenat zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind von der Dienstbehörde im Auftrag des Senatsvorsitzenden durchzuführen.

(2) Hat die Bundesdisziplinarbehörde die Durchführung eines Disziplinarverfahrens beschlossen, so ist dieser Einleitungsbeschluss der oder dem Beschuldigten, der Disziplinaranwältin oder dem Disziplinaranwalt und der Dienstbehörde zuzustellen. Im Einleitungsbeschluss sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen und die Zusammensetzung des Senates einschließlich der Ersatzmitglieder bekanntzugeben.

(3) Sind in anderen Rechtsvorschriften an die Einleitung des Disziplinarverfahrens Rechtsfolgen geknüpft, so treten diese nur im Falle des Beschlusses der Bundesdisziplinarbehörde, ein Disziplinarverfahren durchzuführen, und im Falle der (vorläufigen) Suspendierung ein.“

3.3.3.  Zur Auslegung:

Wie der Verwaltungsgerichtshof zur Rechtslage des BDG 1979 und des LDG 1984 in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat (Hinweis E 9.9.1997, 95/09/0243, sowie E 16.9.1998, 96/09/0320), ist die dem Einleitungsbeschluss in einem Disziplinarverfahren zukommende rechtliche Bedeutung in erster Linie darin gelegen, dem wegen einer Dienstpflichtverletzung beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren innerhalb der Verjährungsfrist eingeleitet wurde. Der Bescheid, durch den das Disziplinarverfahren eingeleitet wird, und der für dessen weiteren Gang eine Prozessvoraussetzung bildet, dient zugleich dem Schutz des Beschuldigten, der ihm entnehmen kann, nach welcher Richtung er sich vergangen und inwiefern er pflichtwidrig gehandelt haben soll. Der Einleitungsbeschluss begrenzt regelmäßig den Umfang des vor der Disziplinarkommission stattfindenden Verfahrens: Es darf keine Disziplinarstrafe wegen eines Verhaltens ausgesprochen werden, das nicht Gegenstand des durch den Einleitungsbeschluss in seinem Umfang bestimmten Disziplinarverfahrens ist. Um dieser Umgrenzungsfunktion gerecht zu werden, muss das dem Disziplinarbeschuldigten als Dienstpflichtverletzung vorgeworfene Verhalten im Einleitungsbeschluss derart beschrieben werden, dass unverwechselbar feststeht, welcher konkrete Vorgang den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet. Die angelastete Tat muss daher nach Ort, Zeit und Tatumständen so gekennzeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welches dem Disziplinarbeschuldigten zur Last gelegte Verhalten auf der Grundlage des Einleitungsbeschlusses als Prozessgegenstand im anschließenden Disziplinarverfahren behandelt werden darf. Solcherart muss sich daher der Tatvorwurf von anderen gleichartigen Handlungen oder Unterlassungen, die dem Disziplinarbeschuldigten angelastet werden können, genügend unterscheiden lassen (VwGH vom 18.12.2012, Zl. 2011/09/0124).

In seiner Entscheidung vom 17.02.2015, Zl. 2014/09/0007, hat der VwGH zum Einleitungsbeschluss weiter Folgendes ausgeführt: Für die Einleitung des Disziplinarverfahrens reicht es aus, wenn im Umfang der Disziplinaranzeige und auf deren Grundlage genügende Verdachtsgründe gegen den Beamten vorliegen, welche die Annahme einer konkreten Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Es muss die Disziplinarbehörde bei Fällung eines Einleitungsbeschlusses noch nicht völlige Klarheit darüber haben, ob der Beamte eine Dienstpflichtverletzung begangen hat; dies ist erst in dem der Einleitung des Verfahrens nachfolgenden Ermittlungsverfahren aufzuklären. In dieser Phase des Verfahrens ist aber jedenfalls zu klären, ob die Voraussetzungen für die Einleitung gegeben sind oder ob keine genügenden Verdachtsgründe vorliegen und hingegen allenfalls offenkundige Gründe für eine Einstellung des Disziplinarverfahrens gegeben sind (§ 118 Abs. 1 BDG 1979). Stellt sich nämlich nach Erlassung eines Einleitungsbeschlusses nach § 123 Abs. 2 BDG 1979 idF der Dienstrechts-Novelle 2011 heraus, dass die Voraussetzungen für die Einstellung des Disziplinarverfahren nach § 118 Abs. 1 BDG 1979 vorliegen, so darf das Disziplinarverfahren nicht mehr gemäß § 118 Abs. 1 BDG 1979 eingestellt werden, in einem solchen Fall ist der Beschuldigte hingegen von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen freizusprechen (vor der Dienstrechts-Novelle 2011 trat diese Wirkung erst nach dem Verhandlungsbeschluss ein: vgl. E 18. Februar 1998, 95/09/0112; E 18. Dezember 2012, 2010/09/0180, dessen Funktion nunmehr vom Einleitungsbeschluss übernommen wird).

Da es sich beim Einleitungsbeschluss um eine Entscheidung im Verdachtsbereich handelt, muss die darin enthaltene rechtliche Beurteilung des zur Last gelegten Verhaltens noch keine abschließende sein (VwGH vom 31.01.2001, Zl. 2000/09/0144).

Die Begründung des Einleitungsbeschlusses ist auf die Zusammenfassung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und die Darlegung der für die getroffene Entscheidung im jeweiligen Gegenstand maßgeblichen Gründe beschränkt; beim Einleitungsbeschluss geht es um die Frage, ob in Bezug auf einen konkret umschriebenen Sachverhalt ein hinreichender Verdacht für das Vorliegen einer schuldhaften Dienstpflichtverletzung gegeben ist, oder ob allenfalls (offenkundige) Gründe für die sofortige Verfügung der Einstellung des Disziplinarverfahrens vorliegen (VwGH vom 01.07.1998, Zl. 97/09/0095 mit Hinweis auf E 25.6.1992, 91/09/0190).

Nur offenkundige Gründe für eine sofortige Verfügung der Einstellung des Disziplinarverfahrens gem. § 118 Abs. 1 BDG 1979 stehen der Einleitung des Disziplinarverfahrens entgegen (VwGH vom 25.06.1992, Zl. 92/09/0056).

3.3.3.  Zur Anwendung auf den vorliegenden Sachverhalt:

Zur Nichteinleitung eines Disziplinarverfahrens:

Mit Spruchpunkt 1) des beschwerdegegenständlichen Einleitungsbeschlusses wurde dem Beschwerdeführer zum Vorwurf gemacht, dass er ein bei der Tochter seiner damaligen Lebensgefährtin vorgefundenes Säckchen mit Suchtgift trotz offensichtlicher Befangenheit selbst einem Suchtmittelvortest unterzogen hat, anstatt sich der Ausübung des Amtes zu enthalten, und dasselbe in den Büroräumlichkeiten seiner Dienststelle belassen hat, anstatt es zur betreffenden Polizeiinspektion zu bringen, und damit schuldhaft gegen seine Dienstpflichten gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 verstoßen zu haben.
Wie sich jedoch aus den oben getroffenen Feststellungen zweifelsfrei ergibt, hat der Beschwerdeführer dabei eben nicht in Ausübung seines Amtes als Kriminalbeamter, sondern ausschließlich im privaten Interesse gehandelt. Konkret wurde ihm von seiner damaligen Lebensgefährtin Reste einer bei deren Tochter vorgefundenen Substanz übergeben, wobei der Verdacht nahelag, dass es sich dabei um ein illegales Suchtmittel handeln könnte. Zwar war der Beschwerdeführer im tatrelevanten Zeitraum für die Bekämpfung von Suchtmittelkriminalität zuständig, weshalb er spätestens nach der positiven Testung der Substanz davon auszugehen musste, dass der begründete Verdacht einer von Amts wegen zu verfolgenden, gerichtlich strafbaren Handlung vorlag, die den Wirkungsbereich seiner Dienststelle betraf, jedoch hatte er eben nicht in Ausübung seines Dienstes, sondern in seiner Freizeit, noch dazu im Kreise seiner Angehörigen gemäß § 72 Abs. 2 StGB davon Kenntnis erlangt, weshalb er auch nicht zur Meldung an den Leiter der Dienststelle nach § 53 Abs. 1 BDG 1979 verpflichtet war. Wenn der Beschwerdeführer den Suchtmittelvortest jedoch nicht in Ausübung seines Amtes, sondern ausschließlich im privaten Interesse durchgeführt hat, kann dieses Handeln auch keinen Verstoß gegen die Pflicht des Beamten, sich bei Vorliegen eines Befangenheitsgrundes der Ausübung seines Amtes zu enthalten, darstellen, wie selbst die Bundesdisziplinarbehörde in ihrer Begründung treffend ausgeführt hat. Weshalb sie dies dem Beschwerdeführer im Spruch des Bescheides dann dennoch, nun als Verstoß gegen § 43 Abs. 2 BDG 1979, zum Vorwurf gemacht hat, ist tatsächlich nicht nachvollziehbar.
Auch der weitere Vorwurf, dass der Beschwerdeführer das Vertrauen der Öffentlichkeit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben dadurch verletzt haben soll, dass er „dasselbe“ in den Büroräumlichkeiten seiner Dienststelle belassen hat, anstatt es zur betreffenden Polizeiinspektion zu bringen, ist vor dem Hintergrund des festgestellten Sachverhalts nicht nachvollziehbar.

Die Bundesdisziplinarbehörde führt in der Begründung dazu lediglich aus, dass er das Säckchen mit den Resten des weißen Pulvers zur Polizeiinspektion verbringen hätte müssen, anstelle es auf eigene Faust zu untersuchen. Diesbezüglich ist jedoch den Beschwerdeausführungen insofern recht zu geben, als vor dem Test noch gar nicht feststand, ob es sich bei der Substanz tatsächlich um ein verbotenes Suchtmittel handelte. Auf Basis eines derartigen Wissensstandes kann wohl selbst von einem Kriminalbeamten nicht verlangt werden, eine Angehörige (gemäß § 72 Abs. 2 StGB) rein auf Verdacht bei der Polizei anzuzeigen. Und wie sich aus den Angaben des Inspektionskommandanten der PI V zweifelsfrei ergibt, haben der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin den Sachverhalt ohnehin wenige Tage nach Durchführung des Suchtmittelvortests der zuständigen Polizeidienststelle gemeldet und dabei umfassende Angaben gemacht. Dabei wäre es nun an dem in der Sache zuständigen Polizeibeamten gelegen, den Beschwerdeführer aufzufordern, allenfalls für die weiteren Ermittlungen notwendige Beweismittel – wie zB. das Säckchen mit der Substanz und den Suchtmittelvortest – entsprechend vorzulegen, was laut den vorliegenden Angaben jedoch nicht passiert ist. Es kann dem Beschwerdeführer daher nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er die Gegenstände weiter auf seinem Arbeitsplatz aufbewahrte.
Gemäß § 118 Abs. 1 Z 2 BDG 1979 liegt ein Einstellungsgrund vor, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Dienstpflichtverletzung darstellt. Das ist hier hinsichtlich des Anschuldigungspunktes 1) der Fall, weshalb diesbezüglich kein Disziplinarverfahren einzuleiten war.

Zur Einleitung des Disziplinarverfahrens:

Mit Spruchpunkt 2) wurde dem Beschwerdeführer zum Vorwurf gemacht, im Juli 2019 während seiner Dienstzeit innerhalb seiner Dienststelle Y einen dienstlichen Suchtmittelvortest (Druglab der Fa. Dipromed) verwendet und damit eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 begangen zu haben. In der Begründung wurde dazu ausgeführt, dass der Beschwerdeführer damit ein dienstliches Betriebsmittel für einen privaten Zweck verwendet habe. Ein solches Vorgehen sei geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner Aufgaben zu beeinträchtigen. Der Beschwerdeführer bestritt in der Beschwerde, den Suchtmittelvortest in der Dienstzeit durchgeführt und dabei ein dienstliches Betriebsmittel verwendet zu haben.

Wie oben festgestellt und im Zuge der Beweiswürdigung entsprechend begründet, besteht auf Grundlage der vorliegenden Beweismittel ein ausreichend begründeter Verdacht, dass der Beschwerdeführer im Juli 2019 an seiner Dienststelle Y einen dienstlichen Suchtmittelvortest (Druglab der Fa. Dipromed) für private Zwecke verwendet hat, konkret um ein bei der Tochter seiner damaligen Lebensgefährtin vorgefundenes weißes Pulver auf Suchtmittel zu testen.

Auf Grundlage des in der Disziplinaranzeige der Dienstbehörde dargestellten und durch entsprechende Beweismittel gestützten Sachverhalts kann keine Rechtswidrigkeit darin erblickt werden, dass die belangte Behörde deswegen ein Disziplinarverfahren gegen den Beschwerdeführer eingeleitet hat. Wie sich aus der entsprechenden Gesetzesstelle, der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Dienstpflichtverletzung nämlich unmissverständlich ergibt (vgl. § 43 Abs. 2 BDG 1979), sind Beamte verpflichtet, in ihrem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung ihrer dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. Demnach kann auch außerdienstliches Verhalten eine Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 darstellen.

Der VwGH hat dazu insbesondere ausgeführt (VwGH 26.01.2012, 2011/09/0181): „Bei Rechtsverletzungen, die außer Dienst oder ohne Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit erfolgen, ist grundsätzlich darauf abzustellen, ob der Schutz des betreffenden Rechtsgutes zu den Berufspflichten des Beamten gehört. Damit wird der Forderung Rechnung getragen, § 43 Abs. 2 BDG 1979 wolle in das außerdienstliche Verhalten des Beamten nur "in besonders krassen Fällen" eingreifen. Der damit gewählte Bezugspunkt führt dazu, dass etwa an das Verhalten von Kriminalbeamten insoweit besonders qualifizierte Anforderungen gestellt werden, als diese im Rahmen ihrer dienstlichen Aufgaben in der Regel zum Schutz von Verletzungen des gesamten StGB (also auch der §§ 81 und 88 StGB, deren Tatbestände in beträchtlichem Maß durch Vorfälle beim (alkoholbeeinträchtigten) Lenken von Kraftfahrzeugen erfüllt werden) berufen sind und von ihnen zu erwarten ist, dass sie die darin geschützten Rechtsgüter nicht verletzen. Aber auch Ermittlungstätigkeiten im Dienste der StVO 1960 zählen zu den Aufgaben eines Kriminalbeamten. Ein Kriminalbeamter, der dennoch schuldhaft in alkoholbeeinträchtigtem Zustand ein Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr lenkt und in diesem Zustand einen Verkehrsunfall verursacht, vereitelt schon im Hinblick auf diesen Teilaspekt des Schuldspruches die vom Gesetzgeber zur Herabminderung der Verkehrsunfälle verfolgten Ziele. Hinzu kommt, dass ein Verhalten außer Dienst aufgrund der besonderen Aufgaben des Beamten die Bedingungen für die Annahme einer Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 erfüllen kann, wenn diese Umstände in ihrer Art, Ausgestaltung und Gewichtung einem besonderen Funktionsbezug vergleichbar sind. Eine solche Konstellation, die einem besonderen Funktionsbezug gleichkommt, wird vor allem dann gegeben sein, wenn aufgrund von Auswirkungen des außerdienstlichen Verhaltens der Beamte in der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit beeinträchtigt ist.“

Vor diesem Hintergrund ist der Ansicht der Bundesdisziplinarbehörde zu folgen, wenn sie davon ausgeht, dass die Verwendung von dienstlichen Betriebsmitteln und damit Bundesvermögen für private Zwecke bei Kriminalbeamten, welche im Rahmen ihrer dienstlichen Aufgaben in der Regel auch zum Schutz vor rechtswidrigen Eingriffen in fremdes Vermögen berufen sind, aufgrund des besonderen Funktionsbezuges generell auch geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung ihrer dienstlichen Aufgaben zu beeinträchtigen.

Ob der Beschwerdeführer die ihm hier vorgeworfene Tat tatsächlich begangen und damit auch die Grenze der disziplinären Erheblichkeit überschritten hat, wird von der Disziplinarbehörde im Rahmen des nun weiter zu führenden Disziplinarverfahrens in einer mündlichen Verhandlung zu erheben und entsprechend zu würdigen sein (vgl. VwGH vom 05.07.1993, 91/10/0130 und vom 21.06.2000, 97/09/0143). Der Sachverhalt ist für das Verfahrensstadium des Einleitungsbeschlusses ausreichend geklärt. Es steht unverwechselbar fest, welche konkreten Vorgänge den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bilden. Ebenso haben sich keine offenkundigen Gründe für eine Einstellung ergeben (§ 118 Abs. 1 BDG 1979).

Dagegen ergibt sich aus den vorliegenden Beweismitteln kein ausreichend begründeter Verdacht, dass der Beschwerdeführer den gegenständlichen Suchtmittelvortest während seiner Dienstzeit durchgeführt hat.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.4.    Zu Spruchteil B):
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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