TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/2 W240 2243008-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.09.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

02.09.2021

Norm

BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs4
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3
FPG §55

Spruch


W240 2243008-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Feichter, über die Beschwerde von XXXX , StA.: Serbien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.04.2021, Zl. 632284706/190021719, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Vorverfahren:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Serbien, stellte am 31.05.2013 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“. Im Zuge der Antragstellung kam der Verdacht einer Aufenthaltsehe auf und wurde die Landespolizeidirektion XXXX von der Magistratsabteilung 35 (MA 35) der Wiener Landesregierung um Überprüfung gem. § 37 Abs. 4 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ersucht.

2. Mit Straferkenntnis vom XXXX 2017 wurde über den Beschwerdeführer wegen § 99 Abs. 1a iVm § 5 Abs. 1 StVO (Trunkenheit am Steuer) zu einer Geldstrafe in der Höhe von € 1.200, -- im Falle der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen verhängt und ihm aufgetragen € 120, -- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

3. Am 24.09.2018 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels. Mit Schreiben vom XXXX 2018 teilte die MA 35 dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit, dass ihre Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers nicht gesichert sei.

Mit Einreichbestätigung vom 24.09.2018 bestätigte die MA 35 die Antragstellung des Beschwerdeführers und wies darauf hin, dass folgende Unterlagen nachzureichen seien:

-        zuletzt einbezahlte Raten aller Kredite

-        aktuelle Miete

-        Lohnzettel für September

4. Mit Schreiben vom 14.11.2018 wurde der Beschwerdeführer von der MA 35 darüber informiert, dass er derzeit über kein laufendes Einkommen verfüge. Durch die Kündigung seitens seines Arbeitgebers werde auch derzeit keine Leistung des AMS bezogen.

4. Mit Schreiben vom 08.01.2019 wurde der Beschwerdeführer vom BFA vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt, ihm mitgeteilt, dass beabsichtigt werde eine Rückkehrentscheidung zu erlassen und ihm die Möglichkeit gegeben, binnen zwei Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugegeben. Ausgeführt wurde, dass von der MA 35 festgestellt worden sei, dass er über kein festes regelmäßiges Einkommen verfüge und sein Lebensunterhalt nicht gesichert sei. Daher würden die Erteilungsvoraussetzungen nicht vorliegen und es werde beabsichtigt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung zu erlassen.

5. Mit Schreiben vom 15.01.2019 und vom 29.01.2019 legte der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter folgende Unterlagen vor:

-        Reisepasskopie

-        Rot-Weiß-Rot Karte Plus

-        AMS Schreiben vom 14.11.2018 über den Erhalt von Arbeitslosengeld in der Höhe von € 1.686,60 von 12.11.2018 bis 12.05.2019

-        Abrechnungsbelege August bis Oktober 2018

-        Lohnzettel und Beitragsgrundlagennachweis von 11.07 bis 27.07.2018

6. Mit Ladung vom 12.02.2019 wurde der Beschwerdeführer ersucht, am 26.03.2019 persönlich beim BFA zur Einvernahme hinsichtlich Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu erscheinen.

7. Mit Schreiben vom 06.03.2019 wurde das BFA um Abberaumung der festgesetzten Einvernahme und Anordnung einer neuen Einvernahme mit der Begründung, dass der Beschwerdeführer am XXXX 2019 heiraten würde, ersucht. Ausgeführt wurde zudem, dass keine Gefahr in Verzug vorliege und der Beschwerdeführer Arbeitslosengeld beziehe. Vorgelegt wurden, neben den bisherigen Unterlagen, folgende Dokumente:

-        Informationsliste über die erforderlichen Dokumente für die Ermittlung der Ehefähigkeit

-        AMS Bezugsbestätigung vom 05.03.2019

-        Krankengeldauszahlungsbestätigungen vom 04.03.2019

-        Versicherungsdatenauszug, Stand 04.03.2019

-        Österreichischer Personalausweis und e-card der Verlobten des Beschwerdeführers

8. Mit Schreiben des Rechtsvertreters vom 20.03.2019 wurde abermals um Terminverlegung gebeten und folgende Unterlagen vorgelegt:

-        Terminbestätigung/Eheschließung vom XXXX 2019

-        Überlassungsmitteilung nach § 12 AÜG und Arbeitsvertrag (Beginn des Arbeitsverhältnisses: 18.03.2019)

9. Am XXXX 2019 ehelichte der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsbürgerin.

10. Mit Schreiben vom 06.03.2019 teilte die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers mit, dass der beantragte Aufenthaltszweck in „NB/Familiengemeinschaft“ geändert werde. Dem Schreiben beigelegt waren bereits vorgelegte Unterlagen.

11. Am XXXX 2019 wurde abermals gegen den Beschwerdeführer wegen „Trunkenheit am Steuer“ gem. § 99 Abs. 1 lit a iVm § 5 Abs. 1 StVO ein Straferkenntnis erlassen und gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von € 2.700, -- im Falle der Uneinbringlichkeit eine einundzwanzigtägige Freiheitsstrafe, verhängt sowie verfügt, dass der Beschwerdeführer
€ 270, -- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen hat.

12. Am 26.06.2019 wurde dem Beschwerdeführer vom BFA mitgeteilt, dass das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung eingestellt werde.

Gegenständliches Verfahren:

13. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX 2019, XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen § 83 Abs. 1, § 107 Abs. 1 StGB (Körperverletzung, gefährliche Drohung) zu einer Freiheitsstrafe von vier Monat bedingt unter einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

14. Mit Bericht der LPD XXXX vom 18.03.2020 wurde dem BFA mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer wegen Körperverletzung und gefährlicher Drohung gegen seine Frau verurteilt wurde und auf den kriminalpolizeilichen Aktenindex hingewiesen, in dem neun Eintragungen, hauptsächlich wegen Körperverletzung, zudem beharrlicher Verfolgung, Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz und dauernde Sachentziehung aufscheinen würden. Die meisten Fälle seien wegen Geringfügigkeit eingestellt worden.

15. Dem Schreiben der MA 35 an das BFA vom XXXX 2020 ist zu entnehmen, dass die Erteilungsvoraussetzungen für die Verlängerung eines Aufenthaltstitels zur Aufenthaltsberechtigung gem. § 25 Abs. 1 NAG fehlen würden. Das Verfahren sei bereits durch das BFA begonnen worden, jedoch aufgrund der Eheschließung abgebrochen worden, da zunächst die Voraussetzungen erfüllt schienen. Nun sei der Beschwerdeführer geschieden, es liege auch mehrfach das Delikt der Körperverletzung vor. Es sei bereits am 16.12.2019 eine erneute Mitteilung über das „§ 25-Verfahren“ an den Beschwerdeführer gesandt worden, jedoch seien keine neuen verwertbaren Unterlagen geschickt worden. An der Sachlage habe sich nichts im Positiven geändert, es liege weiterhin kein ausreichendes Einkommen vor.

16. Mit Anklageerhebung vom XXXX 2021, Zl. XXXX , wurde Anklage gegen den Beschwerdeführer wegen § 223 Abs. 1 StGB; § 127 StGB erhoben.

17. Am 27.01.2021 wurde dem Beschwerdeführer vom BFA mitgeteilt, dass die Erlassung einer Rückkehrscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot beabsichtigt werde und ihm die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme binnen zwei Wochen gegeben. Ausgeführt wurde, dass er am XXXX 2019 vom Landesgericht für Strafsachen verurteilt worden sei und laut MA 35 die Voraussetzungen für die Verlängerung seines Aufenthaltstitels nicht vorliegen würden.

Eine Stellungnahme langte nicht ein.

18. Mit gegenständlichen Bescheid des BFA vom 20.04.2021, Zl. 632284706/190021719, wurde gegen den Beschwerdeführer gem. § 52 Abs. 4 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt II.), gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde dem Beschwerdeführer eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung gewährt (Spruchpunkt III.) und gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gegen ihn ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

In seiner Begründung stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen fest, dass die Identität des Beschwerdeführers aufgrund der Vorverfahren als geklärt angesehen werde. Der Beschwerdeführer sei im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels nach dem NAG und gehe laut Auskunft beim Fachverband der österreichischen Sozialversicherung seit 30.03.2021 einer Erwerbstätigkeit nach, verfüge somit über einen aufrechten Versicherungsschutz im Bundesgebiet. Auffallend sei jedoch, dass er von 2012 bis 2015 keine Versicherungszeiten aufweise. Von 2015 bis 2017 sei er als Arbeiter versichert gewesen und seit 2017 habe er überwiegend Notstandhilfe und Überbrückungshilfe bezogen und weise lediglich vereinzelte kurze Anstellungen auf. Er sei bereits zwei Mal in Österreich geschieden worden und am XXXX 2019 vom Landesgericht für Strafsachen XXXX zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, bedingt auf drei Jahre, verurteilt worden. Aus dem Bericht der LPD XXXX gehe hervor, dass er lediglich einmal verurteilt wurde, er verfüge jedoch über neun Eintragungen in den kriminalpolizeilichen Aktenindex, hauptsächlich wegen Körperverletzung, aber auch wegen beharrlicher Verfolgung, zuletzt wegen eines Verstoßes gegen das Suchtmittelgesetz und wegen dauernder Sachentziehung. Die meisten Fälle seien wegen Geringfügigkeit eingestellt worden. Er sei offensichtlich nicht gewillt die österreichische Rechtsordnung zu respektieren und einzuhalten, sein Aufenthalt gefährde zweifelsfrei die öffentliche Ordnung und Sicherheit, weswegen das Einreiseverbot zu verhängen sei.

19. In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde vom 18.05.2021 führte der Beschwerdeführer aus, er sei seit dem Jahr 2012 durchgehend legal im österreichischen Bundesgebiet aufhältig. Er sei aktuell im Besitz eines Aufenthaltstitels nach dem NAG, aufrecht im Bundesgebiet gemeldet, erwerbstätig und selbsterhaltungsfähig. Der Beschwerdeführer habe seinen Lebensmittelpunkt in Österreich und keine Bindungen mehr zu seinem Heimatland. Die Entscheidung der Behörde sei ohne Durchführung einer Einvernahme und lediglich auf Basis der Aktenlage erlassen worden. Die Behörde habe zudem nicht näher ausgeführt, unter welche Norm sie den vorliegenden Sachverhalt subsumiere bzw. warum aus ihrer Sicht ein Versagungsgrund iSd § 11 Abs. 1 und 2 NAG vorliege. Gem. ständiger Judikatur des VwGH könne ein Begründungsmangel einen wesentlichen Verfahrensmangel iSd § 42 Abs. 2 Z 3 AVG darstellen. Darüber hinaus habe die belangte Behörde eine mangelhafte Interessensabwägung vorgenommen und verankert, dass eine Rückkehrentscheidung des Beschwerdeführers in seinen Rechten nach Art. 8 EMRK verletzt werde. Nur in einer Gesamtbetrachtung aller Elemente zeige sich, was in einem konkreten Fall besondere Bedeutung habe und zu wessen Gunsten die Interessensabwägung ausgehe. Der Beschwerdeführer sei seit fast zehn Jahren durchgehend und rechtmäßig in Österreich aufhältig. Er spreche fließend Deutsch, sei erwerbstätig und selbsterhaltungsfähig. Er sei in der österreichischen Gesellschaft sozial und wirtschaftlich integriert und sei einmal strafrechtlich verurteilt worden, dies jedoch lediglich zu einer viermonatig bedingten Freiheitsstrafe. Verstöße gegen das Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrecht könnten ihm keine vorgeworfen werden. Der fehlerhafte Spruch der belangten Behörde bezüglich des Einreiseverbots – das Einreiseverbot wurde gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z6 FPG verhängt, die Begründung stützte die Behörde allerdings auf § 53 Abs. 2 Z 1 FPG – beweise einmal mehr die Mangelhaftigkeit des geführten Verfahrens. Gem. § 53 Abs. 2 FPG habe das BFA bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährde oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderlaufe. Der belangten Behörde sei vorzuwerfen, dass sie in diesem Fall keine Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers vorgenommen und die vermeintlich vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährdung nicht im erforderlichen Ausmaß geprüft habe. Das Einreiseverbot sei rechtswidrig erlassen worden und sei zu beheben, in eventu maßgeblich zu reduzieren.

20. Dem BVwG wurde mit Schreiben vom 06.08.2021 mitgeteilt, dass der BF am 30.07.2021 freiwillig mit Unterstützung aus Österreich ausgereist ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer trägt den Namen XXXX geboren und ist ein serbischer Staatsangehöriger. Seine Muttersprache ist Serbisch.

Der Beschwerdeführer ist zweifach geschieden, ledig und ohne Sorgepflichten. Er verfügt in Österreich über keine familiären Bindungen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich als Arbeiter und seit 29.10.2020 als obdachlos gemeldet. Er ist gesund und arbeitsfähig. Integrationsbemühungen seitens des Beschwerdeführers wurden keine vorgebracht.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 2012 im österreichischen Bundesgebiet, und war Inhaber eines Aufenthaltstitels Rot-Weiß-Rot-Karte plus. Am 21.12.2018 stellte er einen Verlängerungsantrag. Das BFA erließ am 20.04.2021 gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und ein zweijähriges Einreiseverbot.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich folgende Verurteilung auf:

01) LG F. XXXX vom XXXX

§ 83 (1) StGB

§ 107 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 09.08.2019

Freiheitsstrafe 4 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Zudem wurde gegen den Beschwerdeführer am XXXX 2017 sowie am XXXX 2019 ein Straferkenntnis wegen Trunkenheit am Steuer erlassen.

Der kriminalpolizeiliche Aktenindex des Beschwerdeführers weist neun Eintragungen – u.a. Körperverletzung, beharrliche Verfolgung und Verstoß gegen das Suchtmittelgesetz – auf.

Eine besondere Gefährdung des Beschwerdeführers für den Fall der Rückkehr nach Serbien liegt nicht vor.

Zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ist notorisch: COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.

Dass der Beschwerdeführer derzeit an einer COVID-19-Infektion leide oder im Hinblick auf eine etwaige Vorerkrankung zu einer vulnerablen Personengruppe gehören würde, wurde nicht vorgebracht. Zudem besteht aktuell in Österreich (auch für nicht sozialversicherte Personen) die Möglichkeit einer Impfung gegen SARS-CoV-2.

Der BF ist am 30.07.2021 freiwillig mit Unterstützung aus Österreich ausgereist.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakte und des Gerichtsakts des BVwG.

Die Feststellungen beruhen vorwiegend auf den Angaben des Beschwerdeführers in der Beschwerde sowie auf den Informationen aufgrund von Abfragen im Zentralen Melderegister (ZMR), Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) sowie Strafregister und den Sozialversicherungsdaten.

Name, Geburtsdatum und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers sowie sein Familienstand und das Fehlen von Sorgepflichten ergeben sich aus den entsprechenden Feststellungen im angefochtenen Bescheid, denen die Beschwerde nicht entgegentritt. Kenntnisse der serbischen Sprache sind aufgrund seiner Herkunft naheliegend. Deutschkenntnisse werden vom Beschwerdeführer (angesichts seines Aufenthalts in Österreich seit 2012 und der wiederholten Verlängerung seines Aufenthaltstitels glaubhaft) behauptet, wobei mangels Vorlage von Kursbestätigungen oder Prüfungszeugnissen kein konkretes Sprachniveau festgestellt werden kann.

Die Feststellungen zur Arbeitsfähigkeit und zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers beruhen auf seiner Beschwerde, wo Gegenteiliges nicht vorgebracht wurde sowie darauf, dass er in einem erwerbsfähigen Alter ist, erwerbsfähig ist und keine Hinweise auf schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder Probleme hervorgekommen sind.

Die Feststellung zur Verurteilung sowie der Erlassung der Straferkenntnisse beruhen auf dem Strafregisterauszug bzw. der Aktenlage.

Die Feststellungen zum kriminalpolizeilichen Aktenindex sind dem Akt zu entnehmen.

Dass der BF am 30.07.2021 freiwillig mit Unterstützung aus Österreich ausgereist ist, ergibt sich aus der dem Akt einliegenden Mitteilung vom 06.08.2021.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:

Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Serbien Fremder iSd § 2 Abs 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehöriger § 2 Abs 4 Z 10 FPG. Er hält sich gemäß § 31 Abs 1 FPG aufgrund des ihm erteilten Aufenthaltstitels nach dem NAG rechtmäßig in Österreich auf.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen ihn setzt daher gemäß § 52 Abs. 4 FPG voraus, dass nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG oder § 11 Abs 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels, entgegengestanden wäre (Z 1) oder dass der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs 1 und 2 NAG) entgegensteht (Z 4). Fallbezogen kommt dafür gemäß § 11 Abs 2 Z 1 iVm Abs 4 Z 1 NAG in Betracht, dass sein (weiterer) Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet.

Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, weil der Beschwerdeführer nach der letzten Verlängerung seines Aufenthaltstitels strafgerichtlich verurteilt wurde und die vorzunehmende Gefährdungsprognose zu seinen Lasten ausfällt. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil vom Landesgericht XXXX wegen Körperverletzung und gefährlicher Drohung am XXXX 2019 zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt. Dieses Urteil wurde am XXXX 2019 rechtkräftig. Zudem wurde der Beschwerdeführer zweimal, am XXXX 2017 und am XXXX 2019 mit Straferkenntnis wegen Trunkenheit am Steuer zu erheblichen Geldstrafen
(€ 1.200, -- und € 2.700, --) verurteilt. Auch weist der kriminalpolizeiliche Aktenindex zum Beschwerdeführer neun Eintragungen, u.a. wegen Körperverletzung, beharrliche Verfolgung und Verstoß gegen das Suchtmittelgesetz auch. Auch wenn der Beschwerdeführer wegen diesen Delikten nicht verurteilt wurde, sondern diese wegen Geringfügigkeit eingestellt wurde, kann doch auch darin erkannt werden, dass der Beschwerdeführer durchgehend und in keiner Weise gewillt ist sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Die Behörde ging daher zu Recht davon aus, dass vom Beschwerdeführer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgeht.

Zudem ist aufgrund der Obdachlosigkeit des Beschwerdeführers auch § 11 Abs. 2 Z 2 NAG erfüllt, da er den Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft nicht nachweisen kann.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer sich noch im Inland aufhält oder er tatsächlich wie in der Mitteilung an das BVwG vom 06.08.2021 angeführt bereits am 30.07.2021 ausgereist ist. Da in einem solchen Fall das Rückkehrentscheidungsverfahren bereits vor der Ausreise eingeleitet war, sind zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung die Voraussetzungen nach § 52 Abs. 1 Z 2 FPG gegeben. Wegen der mittlerweile allenfalls erfolgten Ausreise des Beschwerdeführers aus Österreich, ist gegenständlich die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung auch gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG, unter Zugrundelegung der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Rechts- und Sachlage, zu prüfen (vgl. VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234).

Wie sogleich aufzuzeigen sein wird, haben im Falle des Beschwerdeführers zu keinem Zeitpunkt – weder bei Erlassung des angefochtenen Bescheides, noch zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt – Umstände vorgelegen, die im Sinne des § 9 Abs. 3 BFA-VG zu einer Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung führen würden.

Bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist weiters unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK ihre Verhältnismäßigkeit am Maßstab des § 9 BFA-VG zu prüfen. Nach dessen Abs. 1 ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (nationale Sicherheit, öffentliche Ruhe und Ordnung, wirtschaftliches Wohl des Landes, Verteidigung der Ordnung, Verhinderung von strafbaren Handlungen, Schutz der Gesundheit und der Moral sowie der Rechte und Freiheiten anderer) dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (siehe VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0062).

Der Beschwerdeführer hat keine Familienangehörigen in Österreich. Die Ausweisung bildet daher keinen unzulässigen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Schutz des Familienlebens. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls lediglich in das Privatleben des Beschwerdeführers eingreifen.

Unter dem Privatleben sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl EGMR 16.6.2005, Sisojeva ua, 60.654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu. Bei der Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügt, spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl Thym, Menschenrecht auf Legalisierung des Aufenthalts? Rechtsprechung des EGMR zum Schutz des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK und deren Verhältnis zum nationalen Ausländerrecht, EuGRZ 2006, 541).

Ein schützenswertes Privatleben hat der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren nicht substantiiert vorgebracht bzw. belegt. Der Beschwerdeführer befindet sich seit 2012 in Österreich, er hat mittlerweile Deutsch gelernt, ist als Arbeiter angemeldet und obdachlos. Es liegen auch keine weiteren Integrationsbemühungen (wie z.B. aktive Teilnahme an einem Vereinsleben oder ehrenamtliches Engagement) vor. Dagegen lebte der 1977 geborene Beschwerdeführer bis 2012 in Serbien, beherrscht die serbische Sprache und ist mit den Gepflogenheiten dort vertraut. Da er volljährig, gesund und arbeitsfähig ist, wird es ihm möglich sein, sich ohne größere Probleme wieder in die dortige Gesellschaft zu integrieren. Der Behörde anzulastende überlange Verfahrensverzögerungen liegen nicht vor.

Bei der Interessenabwägung gemäß § 9 BFA-VG wirkt sich die vom Beschwerdeführer begangene Straftat in Zusammenschau mit den Verwaltungsübertretungen (und dem kriminalpolizeilichen Aktenindex) entscheidend zu seinem Nachteil aus. Dies führt zu einem Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung, obwohl der Beschwerdeführer nur einmal strafgerichtlich verurteilt wurde und die über ihn verhängte Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen werden konnte. Dieses gerichtlich strafbare Fehlverhalten des Beschwerdeführers bewirkt in Zusammenschau mit der fehlenden Unterkunft und der mangelnden Integration eine so gravierende Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, dass seine privaten Interessen an einem Verbleib in Österreich zurücktreten müssen.

Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn das BFA bei Abwägung der gegenläufigen Interessen zu dem Ergebnis kam, dass das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung das persönliche Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib überwiegt. Allfällige damit verbundene Schwierigkeiten bei der Gestaltung der Lebensverhältnisse, die infolge der Rückkehr in den Herkunftsstaat auftreten können, sind im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen, an der Verhinderung von Kriminalität und an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit hinzunehmen. Die Rückkehrentscheidung führt auch nicht zwingend zu einem Abbruch allfälliger Beziehungen des Beschwerdeführers zu Österreich, da diese durch diverse Kommunikationsmittel (z.B. Telefon, Internet, E-Mail) und Besuche in Serbien (oder in anderen Staaten, für die das Einreiseverbot nicht gilt) aufrecht bleiben können. Daher ist Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids als rechtskonform zu bestätigen.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids:

Für die gemäß § 52 Abs 9 FPG von Amts wegen gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (siehe VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0157). Demnach ist die Abschiebung unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für den Betreffenden als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben oder die Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).

Da keine dieser Voraussetzungen hier zutrifft, ist die Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat zulässig. Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat gemäß § 19 Abs 5 Z 2 BFA-VG iVm § 1 Z 6 HStV, was für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und -willigkeit der dortigen Behörden spricht, zumal bei der Festlegung sicherer Herkunftsstaaten insbesondere auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen Bedacht zu nehmen ist (in diesem Sinn VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153). In Anbetracht der vorrangigen Funktion der Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG, (lediglich) den Zielstaat der Abschiebung festzulegen, ist es nicht Aufgabe des BFA oder des BVwG, im Verfahren zur Erlassung einer fremdenpolizeilichen Maßnahme letztlich ein Verfahren durchzuführen, das der Sache nach einem Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz gleichkommt (VwGH 07.03.2019, Ra 2019/21/0044).

Konkrete Gründe für die Unzulässigkeit der Abschiebung werden in der Beschwerde nicht behauptet. Unter Berücksichtigung der stabilen Situation in Serbien sowie der Lebensumstände des gesunden, arbeitsfähigen Beschwerdeführers, liegen keine Gründe vor, die eine Abschiebung unzulässig machen würden. Auch Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids ist daher zu bestätigen.

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids:

Zugleich mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG wird gemäß § 55 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt, die grundsätzlich 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheids beträgt, wenn nicht der Betroffene besondere Umstände nachweist, die eine längere Frist erforderlich machen.

Da hier keine besonderen Umstände nachgewiesen wurden, die der Beschwerdeführer bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, ist ihm eine Frist von 14 Tagen für seine freiwillige Ausreise einzuräumen. Vor diesem Hintergrund ist Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids nicht zu beanstanden.

Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 53 Abs 1 und Abs 3 FPG kann das BFA mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot, also die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands), Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten, erlassen, wenn der Drittstaatsangehörige die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig von seinem bisherigen Verhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. § 53 Abs 3 FPG enthält eine demonstrative Aufzählung von Tatbeständen, deren Vorliegen eine schwerwiegende Gefährdung der Ordnung oder Sicherheit indiziert. Dies ist demnach z.B. dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten rechtskräftig verurteilt worden ist (§ 53 Abs 3 Z 1 zweiter Fall FPG). Daher kann hier ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass lediglich im Spruch des angefochtenen Bescheides durch das BFA offensichtlich durch ein Versehen das Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG (der Besitz der Mittel zum Unterhalt konnte nicht nachgewiesen werden) bestützt wurde, aus der Begründung im angefochtenen Bescheid ergibt sich jedoch eindeutig und nachvollziehbar, dass das BFA die Begründung und die Höhe des Einreiseverbots tatsächlich und zu Recht – wie im gegenständlichen Erkenntnis ausgeführt - auf § 53 Abs. 3 FPG stützt.

Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden (vgl VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0207). Es ist dann zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung der Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt ist. Es ist weiters in Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen des Betroffenen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12; vgl auch VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).

Da der Beschwerdeführer wegen Körperverletzung und gefährlicher Drohung verurteilt wurde, über ihn zweimal wegen Trunkenheit am Steuer eine erhebliche Geldstrafe verhängt wurde und der kriminalpolizeiliche Aktenindex neun Eintragungen aufweist, stellt sein Aufenthalt eine so schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, dass ein Einreiseverbot erlassen werden muss.

Dem Beschwerdeführer sind somit mehrfache Verstöße gegen die Rechtsordnung anzulasten. Dabei fällt ins Auge, dass er über die Interessen der österreichischen Gesellschaft und dem Wohlergehen einzelner – sei es seine mittlerweile Ex-Frau oder Teilnehmer im Straßenverkehr – nicht nur hinweggesehen, sondern seine Eigeninteressen über die besagten gestellt hat. Dabei zeigte der Beschwerdeführer seine Bereitwilligkeit gegen Leib und Leben der Personen vorzugehen bzw. deren Gefährdung in Kauf zu nehmen. Eine Reue oder Einsicht des Beschwerdeführers, wie in der Beschwerde auf Seite 11 behauptet, kann nicht erkannt werden. Es wurde lediglich vorgebracht, er hätte seine Geldstrafe bezahlt und sei absolut bemüht alle geltenden Rechtsvorschriften einzuhalten. Außerdem hätten sich die Umstände, die zu seinen Straftaten geführt hätten mittlerweile geändert, da er sich von seiner damaligen Ehefrau getrennt hätte und sein Leben seither in geordneten Bahnen gelenkt habe. Eine angebliche Reue kann durch diese Verweise jedoch nicht erkannt werden, der BF versucht vielmehr sein Verhalten herabzumindern, zudem wird darauf verweisen, dass der Beschwerdeführer obdachlos gemeldet ist bzw. war. Das Gericht will auch nicht nur ansatzweise den Anschein erwecken als wäre Obdachlosigkeit zu stigmatisieren, jedoch kann hierbei nicht von einem geordneten Lebenswandel gesprochen werden.

Das vom Beschwerdeführer gezeigte rechtsverletzende Verhalten legt nahe, dass dieser im Grunde kein Interesse an der Beachtung gültiger Rechtsnormen und sohin auch nicht an einer Integration in die österreichische Gesellschaft hegt. Den öffentlichen Interessen zuwider agierte er einzig im eigenen Interesse unter Missachtung gültiger Rechtsnormen und Interessen anderer.

Unter Berücksichtigung aller genannten Umstände, nämlich Verstöße gegen verwaltungs-, und strafrechtliche Bestimmungen, kann eine maßgebliche Gefährdung von öffentlichen Interessen als gegeben angenommen werden. Mit Blick auf das gezeigte Verhalten lassen sich keine Anhaltspunkte erheben, welche für eine positive Wandlung des Beschwerdeführers in absehbarer Zeit sprächen und damit eine Änderung seines Verhaltens in Aussicht stellen könnten.

Es kann daher der belangten Behörde nichts vorgeworfen werden, wenn sie im vorliegenden Fall von einer schwerwiegenden Gefahr für öffentliche Interessen, insbesondere der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausging, welche die Anordnung eines Einreiseverbotes erforderlich machte, zumal diese Maßnahme angesichts der vorliegenden Verstöße gegen österreichische Rechtsnormen und des zum Ausdruck gekommenen persönlichen Fehlverhaltens zur Verwirklichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele unbedingt geboten erscheint.

Aufgrund des rechtswidrigen Verhaltens des Beschwerdeführers und des gleichzeitigen Fehlens von Bezugspunkten und einer tiefgreifenden Integration in Österreich ist eine Abstandnahme von der Erlassung eines Einreiseverbotes nicht zu rechtfertigen. Auch eine Reduzierung kommt im konkreten Fall nicht in Betracht, da sich der Beschwerdeführer in keiner Weise einsichtig zeigt und versucht seine Tat zu verharmlosen.

Im gegenständlichen Fall erweist sich auch die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Einreiseverbots als angemessen.

Im Hinblick darauf und unter Berücksichtigung der auf Grund des Fehlverhaltens und der sonstigen persönlichen Umstände des Beschwerdeführers getroffenen Gefährlichkeitsprognose war die Dauer des Einreiseverbots daher spruchgemäß zu bestätigen und die Beschwerde abzuweisen.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der Sachverhalt ist im Gegenstand aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Aufenthaltsdauer Einreiseverbot Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Gefährlichkeitsprognose Interessenabwägung Körperverletzung öffentliches Interesse Privatleben Rückkehrentscheidung sicherer Herkunftsstaat strafrechtliche Verurteilung Suchtmitteldelikt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W240.2243008.1.00

Im RIS seit

29.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten