TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/29 I403 2240830-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.03.2021
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Entscheidungsdatum

29.03.2021

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §67
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §67 Abs4
FPG §70 Abs3
StGB §125
StGB §83 Abs1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I403 2240830-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , StA. Bulgarien, vertreten durch die "BBU-GmbH", Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.02.2021, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bulgarien, wurde am 08.12.2020 verhaftet und Untersuchungshaft über ihn verhängt.

Mit „Verständigung über das Ergebnis der Beweisaufnahme“ vom 15.12.2020 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen ihn geprüft werde und wurde er aufgefordert, zu seiner persönlichen Situation Stellung zu nehmen. Dieser Aufforderung kam der Beschwerdeführer nicht nach.

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 23.02.2021 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG) 2005 ein für die Dauer von vier Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 70 Abs. 3 FPG wurde ihm ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt (Spruchpunkt II.). Einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot wurde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG aberkannt (Spruchpunkt III.).

Am 06.03.2021 wurde der Beschwerdeführer, der am 05.03.2021 aus der Haft entlassen worden war, abgeschoben.

Gegen den Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 23.03.2021 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben und beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben; in eventu die Dauer des verhängten Aufenthaltsverbotes reduzieren; eine mündliche Verhandlung anberaumen. Inhaltlich wurde insbesondere ausgeführt, der Beschwerdeführer befinde sich entgegen der Annahme der belangten Behörde, welche davon ausgegangen sei, dass er seit Ende 2017 in Österreich aufhältig sei und dies unrechtmäßig, bereits seit 2011 durchgehend im Bundesgebiet und verfüge hier über ein Aufenthaltsrecht. Er habe seine prägenden Jahre in Österreich verbracht und würden hier auch seine Schwester und seine Tante leben. Er habe legal in der Prostitution gearbeitet. Die belangte Behörde habe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren durchgeführt und insbesondere auf eine mündliche Einvernahme verzichtet.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 26.03.2021 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt.

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bulgarien und somit EWR-Bürger. Seine Identität steht fest. Von 29.06.2011 bis 30.06.2016 hatte er einen Nebenwohnsitz in XXXX gemeldet; vom 30.06.2016 bis 12.11.2019 hatte der Beschwerdeführer einen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet. Von 09.12.2020 bis 05.03.2021 war er in einer Justizanstalt gemeldet. Aktuell verfügt er über keinen Wohnsitz mehr im Bundesgebiet und ist hier auch seit 05.03.2021 nicht mehr aufhältig.

Seine Schwester und seine Tante leben in Österreich. Hier hat der Beschwerdeführer auch Freunde gefunden, die ihn in der Justizanstalt besucht haben.

Der Beschwerdeführer war von 01.02.2017 bis 31.03.2017, von 05.04.2017 bis 30.04.2017, von 10.09.2018 bis 30.09.2018, von 03.10.2018 bis 30.11.2018 sowie zuletzt von 05.12.2019 bis 31.05.2020 bei der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen versichert. Er arbeitete in Österreich in der Prostitution, war zum Zeitpunkt seiner Festnahme am 08.12.2020 aber ohne Beschäftigung, nicht versichert und unsteten Aufenthalts im Bundesgebiet.

Der Beschwerdeführer verfügte zu keinem Zeitpunkt über eine Anmeldebescheinigung im Bundesgebiet.

Der Beschwerdeführer versuchte am 18. September 2015 in XXXX in und vor einem Bordell Beamte mit Gewalt an einer Amtshandlung zu hindern versucht, und zwar

1. den Polizeibeamten Gl W.S. an seiner Identitätsfeststellung, indem er zunächst versuchte, diesem eine Taschenlampe aus der Hand zu schlagen und dann mit der rechten Hand gegen dessen linke Schulter schlug;

2. die Polizeibeamten AI B.K. und Gl W.S., nachdem er auf Grund des zu Punkt 1. geschilderten Verhaltens vor das Bordell verbracht und aufgrund massiven Widerstands mittels Einsatzes der Armwinkelsperre und unter Anwendung der Halsklammer zu Boden gebracht wurde, an der Feststellung seiner Identität bzw. an seiner Verbringung auf die Polizeiinspektion, indem er durch heftiges Treten mehrmals versuchte, sich aus der Arretierung zu befreien;

3. die Polizeibeamtin AI B.K. an seiner Verbringung auf die Polizeiinspektion, nachdem er aufgrund des zu Punkt 1. und 2. gesetzten Verhaltens festgenommen worden war, indem er die genannte Polizeibeamtin, die er wegen seines massiven Widerstandes im Streifenwagen festhalten musste, trotz angelegter Handfesseln an beiden Unterarmen kratzte;

Durch die zu Punkt 1.1. bis 3. geschilderten Tathandlungen hatte der Beschwerdeführer Beamte während der Vollziehung ihrer Aufgaben am Körper verletzt (AI B.K.: Kratzer an beiden Unterarmen, Hämatome im Bereich des linken Knies, Prellungen an den Knien und am Brustbein) bzw. zu verletzen versucht.

Zudem hatte der Beschwerdeführer eine fremde Sache, nämlich den im Eigentum der Republik Österreich stehenden Streifenwagen durch einen Tritt gegen die rechte hintere Tür, wobei eine Delle im Türblech unterhalb der Seitenscheibe entstand, beschädigt (Schaden EUR 299,92).

Der Beschwerdeführer wurde deswegen mit Urteil des Landesgerichts XXXX XXXX vom 23.09.2016, Zl. XXXX , wegen der Vergehens des versuchten Widerstad gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB, der teils versuchten schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 erster Fall, teils 15 StGB und der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt. Mildernd wurden der bisher ordentliche Lebenswandel, die verminderte Zurechnungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt, der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben war und die teilweise Schadenswiedergutmachung gewertet, erschwerend dagegen das Zusammentreffen mehrerer Vergehen.

Am 08.12.2020 am frühen Morgen wurde der Beschwerdeführer neuerlich verhaftet, als die Polizei eine Kontrolle wegen Lärmerregung in einer Wohnung durchführte. Als die Polizisten der die Tür öffnenden Frau erklärten, dass eine Anzeige erstattet werde, wurde der Beschwerdeführer aggressiv und schrie die Polizisten an zu verschwinden. Gemeinsam mit einem anderen in der Wohnung befindlichen Mann versuchte er die Polizeibeamten mit Gewalt an einer Amtshandlung zu hindern, und zwar am Vollzug der bereits ausgesprochenen Festnahme, indem der Beschwerdeführer mehrmals mit seinem rechten Fuß in Richtung eines Inspektors trat, sich sodann aus dem rechten Handgelenkshebel löste und mit seiner rechten Handkante gegen den Inspektor schlug und ihn am rechten Handgelenk traf, wodurch dieser leichte Abschürfungen und eine Schwellung am rechten Handgelenk davon trug.

Deswegen wurde der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts XXXX XXXX vom 15.02.2021, Zl. XXXX wegen des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15, 269 Abs. 1 StGB und des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 1 StGB zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten, 15 davon bedingt nachgesehen unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren, verurteilt. Mildernd wurden das umfassende und reumütige Geständnis, der Umstand, dass es teils beim Versuch geblieben war und die Enthemmung durch Alkoholisierung berücksichtigt, erschwerend dagegen die mehrfachen strafbaren Handlungen, die einschlägige Vorstrafe und die Tatbegehung in Gemeinschaft.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

Die Identität des Beschwerdeführers steht unter anderem aufgrund einer Information von Interpol Sofia, die der belangten Behörde vom Bundeskriminalamt am 21.01.2021 übermittelt wurde, und aufgrund der in Kopie im Akt enthaltenen bulgarischen Identitätskarte fest.

Die Feststellungen zu den Haupt- und Nebenwohnsitzmeldungen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ergeben sich aus einer Abfrage im zentralen Melderegister der Republik. Dass er zum Zeitpunkt seiner Festnahme ohne Wohnsitz und unsteten Aufenthaltes war, ergibt sich auch aus dem Strafurteil des Landesgerichts XXXX XXXX vom 15.02.2021, Zl. XXXX .

Die rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich. Die Feststellungen bezüglich der seiner strafgerichtlichen Verurteilungen zugrundeliegenden strafbaren Handlungen sowie den Erwägungen des Strafgerichts im Rahmen der Strafbemessung ergeben sich aus den im Akt enthaltenen Urteilsausfertigungen.

Die Versicherungszeiten des Beschwerdeführers ergeben sich aus einem Auszug aus dem AJ-WEB des Dachverbandes der österreichischen Sozialversicherung.

Dass der Beschwerdeführer über keine Anmeldebescheinigung verfügt, ergibt sich aus dem IZR.

Die Feststellungen zu seinem familiären und sozialen Umfeld in Österreich ergeben sich aus dem Beschwerdevorbringen und der vom Bundesverwaltungsgericht angeforderten Besucherliste der Justizanstalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Rechtslage:

Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:

„§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I. Nr. 87/2012).“

Bei Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu vorzunehmen, bei der das Gesamtverhalten des Betroffenen in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen ist, ob und im Hinblick auf welche Umstände die maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. VwGH 19.02.2014, 2013/22/0309).

§ 67 FPG setzt Art. 28 der Freizügigkeitsrichtlinie (RL 2004/38/EG; vgl. § 2 Abs. 4 Z 18 FPG) um. Diese mit "Schutz vor Ausweisung" betitelte Bestimmung lautet:

„(1) Bevor der Aufnahmemitgliedstaat eine Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügt, berücksichtigt er insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen im Hoheitsgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Aufnahmemitgliedstaat und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat.

(2) Der Aufnahmemitgliedstaat darf gegen Unionsbürger oder ihre Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, die das Recht auf Daueraufenthalt in seinem Hoheitsgebiet genießen, eine Ausweisung nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügen.

(3) Gegen Unionsbürger darf eine Ausweisung nicht verfügt werden, es sei denn, die Entscheidung beruht auf zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit, die von den Mitgliedstaaten festgelegt wurden, wenn sie

a) ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat gehabt haben oder

b) minderjährig sind, es sei denn, die Ausweisung ist zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.“

Nach dem 24. Erwägungsgrund der Freizügigkeitsrichtlinie soll der Schutz vor Ausweisung in dem Maße zunehmen, wie Unionsbürger und ihre Familienangehörigen in den Aufnahmemitgliedstaat stärker integriert sind.

Bei Unionsbürgern, die nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Daueraufenthaltsrecht iSd § 53a NAG und Art. 16 Freizügigkeitsrichtlinie erworben haben, ist nicht nur bei der Ausweisung, sondern auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes der in Art. 28 Abs. 2 Freizügigkeitsrichtlinie und § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FPG vorgesehene Maßstab - der im abgestuften System der Gefährdungsprognosen zwischen jenen nach dem ersten und dem fünften Satz des § 67 Abs. 1 FPG angesiedelt ist - heranzuziehen (vgl. VwGH 19.05.2015, Ra 2014/21/0057). Ein Aufenthaltsverbot gegen Personen, denen das Recht auf Daueraufenthalt zukommt, setzt demnach voraus, dass ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art. 8 Abs. 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG idgF BGBl. I Nr. 146/2020 lautet:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.“

Bei der Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs. 4 FPG auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, insbesondere auf die privaten und familiären Verhältnisse (vgl. VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0075).

3.2. Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall:

Ausgehend von der durchgehenden Wohnsitzmeldung des Beschwerdeführers in Österreich seit 30.06.2016 ist der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG mangels eines zehnjährigen kontinuierlichen Aufenthalts im Bundesgebiet ebenso wie der Gefährdungsmaßstab des § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FPG im vorliegenden Beschwerdefall nicht maßgeblich.

In der Beschwerde wurde zwar behauptet, dass sich der Beschwerdeführer seinen eigenen Angaben nach bereits seit 2011 durchgehend im Bundesgebiet befinde und ihm daher auch ein Daueraufenthaltsrecht zukomme, doch wurde dies in keiner Weise substantiiert. Dabei wird nicht verkannt, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid eine falsche Rechtsansicht vertritt, wenn sie feststellt, dass der Beschwerdeführer über keine Anmeldebescheinigung und „somit über kein Aufenthalts- und Niederlassungsrecht in Österreich“ verfügt. Das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht ist unabhängig von der Dokumentation desselben zu sehen.

Bis 30.06.2016 war der Beschwerdeführer allerdings nur mit einem Nebenwohnsitz in Österreich gemeldet; er ging keiner Beschäftigung nach und war auch nicht krankenversichert. Daher kam ihm in diesem Zeitraum – unabhängig von der Frage der Ausstellung einer Anmeldebescheinigung - jedenfalls kein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht nach § 51 Abs 1 Z 1 oder Z 2 NAG zu.

Ab 01.02.2017 war der Beschwerdeführer mit Unterbrechungen bis 31.05.2020 als Selbständiger versichert. Laut der Beschwerde ging er der Tätigkeit der Prostitution nach. Auch wenn man davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer danach noch auf Arbeitssuche gewesen sein mag, ist jedenfalls, unabhängig davon, ob man von der ersten Meldung eines Hauptwohnsitzes (30.06.2016) oder dem Beginn der Versicherung (01.02.2017) ausgeht, kein fünfjähriger rechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet gegeben.

Daher gelangt gegenständlich der in § 67 Abs. 1 zweiter Satz FPG vorgesehene Gefährdungsmaßstab ("tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt ") zur Anwendung.

Der Beschwerdeführer wurde zweimal, 2016 und 2021 (Zeitpunkt der Straftaten: 18. September 2015 und 8. Dezember 2020), wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und Körperverletzung verurteilt. Beide Male hatte er sich gegen seine Festnahme gewehrt, sich höchst aggressiv verhalten und Polizeibeamte verletzt. Während bei der ersten Verurteilung mit einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten das Auslangen gefunden wurde (Mildernd wurden der bisher ordentliche Lebenswandel, die verminderte Zurechnungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt, der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist und die teilweise Schadenswiedergutmachung gewertet, erschwerend dagegen das Zusammentreffen mehrerer Vergehen.), musste zuletzt eine teilbedingte Freiheitsstrafe von 18 Monaten, 15 Monate davon bedingt nachgesehen unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren, verhängt werden. Mildernd wurden das umfassende und reumütige Geständnis, der Umstand, dass es teils beim Versuch geblieben war und die Enthemmung durch Alkoholisierung berücksichtigt, erschwerend dagegen die mehrfachen strafbaren Handlungen, die einschlägige Vorstrafe und die Tatbegehung in Gemeinschaft.

Mit dieser letzten Verurteilung ist auch der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG erfüllt, was das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet indiziert. Unzweifelhaft besteht ein gewichtiges öffentliches Interesse daran, dass es den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes möglich ist, ohne selbst Opfer von Gewalt zu werden, ihre gesetzlichen Aufgaben zu vollziehen. Der Schutz der körperlichen Integrität von Polizeibeamten ist ein Grundinteresse der Gesellschaft.

Der belangten Behörde ist daher zuzustimmen, dass das in den rechtskräftigen Verurteilungen zum Ausdruck kommende Fehlverhalten des Beschwerdeführers eine gewichtige Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen darstellt.

Vor dem Hintergrund, dass der Gesinnungswandel eines Straftäters nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich daran zu messen ist, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. zuletzt VwGH 07.09.2020, Ra 2020/20/0184, mwN), kann angesichts der Haftentlassung des Beschwerdeführers vor vier Wochen noch nicht zuverlässig ausgeschlossen werden, dass er im Bundesgebiet fortan keine Straftaten mehr begehen würde. Den endgültigen Wegfall der durch sein strafrechtswidriges Fehlverhalten indizierten Gefährlichkeit wird der Beschwerdeführer, welcher sich nach wie vor in offener Probezeit befindet, erst durch einen noch deutlich längeren Zeitraum des Wohlverhaltens in Freiheit unter Beweis stellen müssen. Dem Beschwerdevorbringen, dass der Beschwerdeführer reumütig sei und bereits „zahlreiche Schritte gesetzt habe, die sein zukünftiges Wohlverhalten bestätigen“ würden, kommt daher kein relevantes Gewicht zu, zumal diese Schritte in keiner Weise näher ausgeführt wurden.

Allerdings sind nicht nur die strafrechtlichen Verurteilungen, sondern ist das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers zu berücksichtigen. Im Falle des Beschwerdeführers fällt auf, dass er den aufenthaltsrechtlichen Vorschriften Österreichs wenig Beachtung geschenkt hat: Obwohl er gemäß § 53 Abs. 1 NAG dazu verpflichtet gewesen wäre, zeigte er seinen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht ordnungsgemäß an und wurde ihm daher keine Anmeldebescheinigung ausgestellt. Seit 12.11.2019 ist der Beschwerdeführer in Österreich nicht mehr gemeldet – offenbar hielt er sich daher über ein Jahr im Bundesgebiet auf, ohne einen Wohnsitz anzumelden, wozu er verpflichtet gewesen wäre. Zudem unterließ es der Beschwerdeführer, ausreichende Existenzmittel und eine Versicherung nachzuweisen und war er auch nicht arbeitssuchend beim AMS gemeldet, so dass – ab Ende seiner Versicherung bei der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen im Mai 2020 - auch nicht mehr vom Vorliegen eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts ausgegangen werden kann. Sein Aufenthalt in der Vergangenheit widersprach daher dem gewichtigen öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen.

Aus dem Gesagten ist somit davon auszugehen, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt.

Bei der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes kann jedoch ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss anhand der Kriterien des § 9 Abs. 2 BFA-VG überprüft werden, ob im vorliegenden Fall ein Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Beschwerdeführers gegeben ist.

Das Beschwerdevorbringen, wonach in Österreich seine Schwester und seine Tante leben, wird dem gegenständlichen Erkenntnis zugrunde gelegt. Nachdem diesbezüglich aber kein besonderes finanzielles oder emotionales Abhängigkeitsverhältnis aufgezeigt wurde und auch kein gemeinsamer Wohnsitz besteht, kann von keinem Familienleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK ausgegangen werden. Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen fallen nur dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. VwGH 12.3.2020, Ra 2019/20/0035, mwN).

Zweifelsohne hat der Beschwerdeführer aber ein Interesse an der Fortführung seines Privatlebens im Bundesgebiet. In der Beschwerde wurde diesbezüglich erklärt, dass er den Großteil seines Lebens, v.a. seine prägenden Jahre in Österreich verbracht habe, und sich hier sein gesamtes soziales Umfeld befinde. Zu Rumänien habe er keinen Bezug mehr. Nachdem der Beschwerdeführer aber bereits seit November 2019 (abgesehen von seiner Inhaftierung von 09.12.2020 bis 05.03.2021) keinen Wohnsitz mehr in Österreich gemeldet hat und seit Ende Mai 2020 keiner Beschäftigung mehr nachgeht und im Bundesgebiet nicht krankenversichert ist, wird sein entsprechendes Interesse relativiert, da davon auszugehen ist, dass ihm gar kein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht mehr zukommt und er auch nicht am Arbeitsmarkt integriert ist. Dass der Beschwerdeführer in Österreich Freunde gefunden hat, wird nicht angezweifelt und ergibt sich dies auch aus dem Umstand, dass er in der Haft von drei verschiedenen Personen (darunter im Übrigen auch sein Mittäter bei der Straftat am 08.12.2020) besucht wurde, die in der Besucherliste als „Bekannte“ geführt wurden. Es ist auch durchaus glaubhaft, dass seine Schwester und Tante im Bundesgebiet wohnen. Diesem Interesse an der Fortführung dieses Privatlebens in Österreich kommt allerdings kein derart maßgebliches Gewicht zu, dass es das öffentliche Interesse an der Verhinderung weiterer Straftaten und an einem geordneten Fremdenwesen überwiegen würde. Die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes war daher grundsätzlich gerechtfertigt.

Im gegenständlichen Fall wurde ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von vier Jahren verhängt (auch wenn im Bescheid fälschlich an einer Stelle die Rede von einem Aufenthaltsverbot in der Dauer von zehn Jahren ist). Angesichts des Umstandes, dass die Höchstdauer des zu verhängenden Verbotes zehn Jahre beträgt, ist die Dauer des Aufenthaltsverbotes von vier Jahren daher auf den ersten Blick nicht überschießend. Zugleich ist aber zu berücksichtigen, dass die Verurteilungen des Beschwerdeführers zum größten Teil nur bedingt ausgesprochen wurden. Aufgrund des nicht (im Sinne des Art 8 EMRK) vorhandenen Familienlebens im Bundesgebiet und dem Umstand, dass der Beschwerdeführer zuletzt nicht mehr über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügte und hier weder gemeldet noch versichert noch berufstätig war, erscheint in einer umfassenden Abwägung letztlich die von der belangten Behörde herangezogenen Dauer von vier Jahren dennoch gerechtfertigt und ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer diese Zeitspanne braucht, um zu einem geregelten Leben zurückzufinden, welches er bei entsprechendem Wunsch dann auch wieder in Österreich weiterführen kann.

3.3. Zur Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn die sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen, geht vom Beschwerdeführer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus. Anhand seines strafrechtswidrigen Fehlverhaltens zeigte er unzweifelhaft, dass er nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Es ist der belangten Behörde daher beizupflichten, dass seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zum Schutz der Bevölkerung erforderlich und dringend geboten ist.

Weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs. 3 FPG noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG sind somit zu beanstanden, sodass die Beschwerde auch in Bezug auf die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen war.

4. Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der maßgebende Sachverhalt wurde vom BFA abschließend ermittelt. Die wesentlichen Feststellungen, insbesondere zu den vom Beschwerdeführer in Österreich begangenen strafbaren Handlungen sowie zu seinen persönlichen Verhältnissen in Österreich, blieben unbestritten bzw. wurde diesbezüglich das entsprechende Beschwerdevorbringen herangezogen. Letztlich wurde in der Beschwerde nur der Feststellung der belangten Behörde, dass sich der Beschwerdeführer seit 2017 in Österreich aufhalte, widersprochen und darauf hingewiesen, dass er selbst behaupte, sich seit 2011 in Österreich aufzuhalten. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer zwar seit 2011 einen Nebenwohnsitz im Bundesgebiet hatte, aber erst seit 30.06.2016 einen Hauptwohnsitz. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass der Beschwerdeführer sich auch vor 2016 (zumindest teilweise) im Bundesgebiet aufhielt, so tat er dies nicht auf Basis eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechtes, war er doch nicht berufstätig und auch nicht versichert. Es ist daher unzweifelhaft, dass der Beschwerdeführer, der vor seiner Festnahme auch weder versichert noch gemeldet noch erwerbstätig war, kein Daueraufenthaltsrecht erworben hat.

Unter diesen Umständen hätte selbst ein positiver persönlicher Eindruck zu keinem anderen Ergebnis geführt. Somit lag kein klärungsbedürftiger Sachverhalt vor (vgl. VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/002).

Soweit in der Beschwerde moniert wurde, dass von der belangten Behörde keine Einvernahme durchgeführt worden sei, ist dem entgegenzuhalten, dass dem Beschwerdeführer in der Justizanstalt das Parteiengehör der belangten Behörde vom 15.12.2020 nachweislich zugestellt worden war, dass er seine Möglichkeit für eine Stellungnahme aber auf eigenen Wunsch nicht nützte. Dem Beschwerdeführer wurde daher die Möglichkeit gewährt, seinen Standpunkt sachdienlich und wirksam vorzutragen, doch kam er dem nicht nach. Mit dem Beschwerdevorbringen wurde den wesentlichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht wirksam entgegengetreten.

Im vorliegenden Fall konnte daher, in Übereinstimmung mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, eine mündliche Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Angemessenheit Aufenthalt im Bundesgebiet Aufenthaltsverbot aufschiebende Wirkung - Entfall Durchsetzungsaufschub EU-Bürger EWR-Bürger Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Haft Haftstrafe Interessenabwägung Körperverletzung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Sachbeschädigung schwere Straftat Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Unionsbürger Vergehen Verhältnismäßigkeit Wiederholungsgefahr Wiederholungstaten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I403.2240830.1.00

Im RIS seit

24.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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