TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/3 W115 2241915-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.05.2021
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Entscheidungsdatum

03.05.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §76 Abs2 Z2
FPG §76 Abs6
VwG-AufwErsV §1
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §35 Abs2

Spruch


W115 2241915-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX vormals XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , sowie die Anhaltung in Schubhaft seit XXXX zu Recht erkannt:

A)

I.       Der Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG stattgegeben und der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , sowie die Anhaltung in Schubhaft von XXXX bis XXXX für rechtswidrig erklärt.

II.      Der Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 6 FPG stattgegeben und festgestellt, dass die Anhaltung in Schubhaft von XXXX bis XXXX rechtswidrig gewesen ist.

III.    Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

IV.      Gemäß § 35 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 1 VwG-AufwErsV hat der Bund (Bundesminister für Inneres) der beschwerdeführenden Partei zu Handen ihres ausgewiesenen Vertreters Aufwendungen in Höhe von € 767,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

V.       Der Antrag der Behörde auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 2 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer, Staatsangehöriger von Serbien, wurde am XXXX in Österreich geboren und ist hier aufgewachsen.

1.1.    Mit Urteil eines Landesgerichtes für Strafsachen vom XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß § 27 Abs. 1 und 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten, welche unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, rechtskräftig verurteilt.

1.2.    Mit Urteil eines Landesgerichtes für Strafsachen vom XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 28 Abs. 2 und 3 1. Fall, 28 Abs. 3 und 4, 27 Abs. 1 SMG sowie § 165 Abs. 1 und 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt.

1.3.    Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß § 27 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten rechtskräftig verurteilt.

1.4.    Mit Urteil eines Landesgerichtes für Strafsachen vom XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß § 28a Abs. 1 5. Fall, Abs. 2 Z 1 und Abs. 4 Z 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren rechtskräftig verurteilt.

1.5.    Nach wiederholter Erteilung von Aufenthaltstiteln wurde ein weiterer vom Beschwerdeführer im Jahr 2014 gestellter Antrag auf Ausstellung einer „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ mit Bescheid vom XXXX vom XXXX abgewiesen.

1.6.    Mit Urteil eines Landesgerichtes für Strafsachen vom XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 2. Fall, 148 2. Fall und § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 Jahren und sechs Monaten rechtskräftig verurteilt.

1.7.    Am XXXX wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) gegen den Beschwerdeführer ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet.

1.8.    Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass seine Abschiebung nach Serbien zulässig ist. Weiters wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt, einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt und gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von neun Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

1.9.    Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde ein vom Beschwerdeführer gestellter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX abgewiesen.

1.10.   Die gegen den Bescheid des Bundesamtes vom XXXX erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , GZ XXXX , als verspätet zurückgewiesen. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom selben Tag, GZ XXXX , wurde die gegen den Bescheid des Bundesamtes vom XXXX erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer erhob gegen diese Entscheidung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom XXXX wurde vom Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Eine Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX an den Verwaltungsgerichtshof wurde vom Beschwerdeführer in weiterer Folge nicht erhoben.

1.11.   Am XXXX leitete das Bundesamt bei der serbischen Vertretungsbehörde ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer ein. Am XXXX wurde der Beschwerdeführer von der serbischen Botschaft mit der Identität lautend auf XXXX , geb XXXX , als serbischer Staatsangehöriger identifiziert und wurde für ihn ein Heimreisezertifikat ausgestellt.

1.12.   Mit Schreiben des Bundesamtes vom XXXX wurde dem Beschwerdeführer das Ergebnis der Beweisaufnahme mitgeteilt und ihm im Rahmen des Parteiengehörs die Möglichkeit geboten zur beabsichtigten Verhängung der Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung eine Stellungnahme abzugeben. In der daraufhin eingebrachten Stellungnahme wurde vom Beschwerdeführer insbesondere auf seine familiäre Verankerung in Österreich sowie auf das Nichtvorliegen einer Fluchtgefahr hingewiesen.

1.13.   Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde der vom Beschwerdeführer am XXXX gestellte Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 zurückgewiesen. Gegen diesen Bescheid wurde keine Beschwerde erhoben und erwuchs dieser in weiterer Folge in Rechtskraft.

1.14.   Mit dem im Spruch angeführten Bescheid vom XXXX ordnete das Bundesamt über den Beschwerdeführer die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an. Dieser Bescheid wurde nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft am XXXX in Vollzug gesetzt und der Beschwerdeführer wird seither in Schubhaft angehalten. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am XXXX durch persönliche Übergabe zugestellt.

1.15.   Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes vom XXXX wurde dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt. Diese Verfahrensanordnung wurde dem Beschwerdeführer ebenfalls am XXXX durch persönliche Übergabe zugestellt.

1.16.   Am XXXX stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz. Am XXXX wurde seitens des Bundesamtes ein Aktenvermerk zur Aufrechterhaltung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG aufgenommen und dem Beschwerdeführer am selben Tag persönlich ausgefolgt.

1.17.   Die für XXXX bereits geplante und gebuchte Abschiebung des Beschwerdeführers musste aufgrund der Asylantragstellung storniert werden.

1.18.   Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom XXXX sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien abgewiesen. Weiters wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Unter Verweis auf die mit Bescheid vom XXXX erlassene und nach wie vor aufrechte Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 59 Abs. 5 FPG von der Erlassung einer neuen Rückkehrentscheidung abgesehen. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am XXXX durch persönliche Übergabe zugestellt.

Gegen diesen Bescheid ist bisher keine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt; die Beschwerdefrist ist nach wie vor offen.

2.       Gegen den im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes vom XXXX sowie die Anhaltung in Schubhaft wurde vom bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers am XXXX Beschwerde erhoben.

Unter Vorlage der erteilten Vollmacht wurde vom bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nicht vorliegen würden, da keine Fluchtgefahr iSd § 76 Abs. 3 Z 3 und 9 FPG vorliegen würde. So reiche das Vorliegen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme alleine noch nicht aus, um in ausreichender Weise eine Fluchtgefahr zu belegen. Nach der höchstgerichtlichen Judikatur dürfe Schubhaft nicht als Standardmaßnahme gegen illegal aufhältige Fremde angewendet werden. § 76 Abs. 3 Z 3 sei somit im Falle des Beschwerdeführers nicht erfüllt. Ebenso seien die Tatbestandsvoraussetzungen der Z 9 nicht erfüllt. Wie im angefochtenen Bescheid von der belangten Behörde selbst ausgeführt werde, sei der Beschwerdeführer in Österreich geboren, hier aufgewachsen und zur Schule gegangen. Zudem habe er hier seine Berufsausbildung erlangt, sei zuletzt behördlich in Österreich gemeldet gewesen und verfüge über eine Unterkunftsmöglichkeit bei seiner Lebensgefährtin. Es treffe somit nicht zu bzw. sei aktenwidrig, wenn die belangte Behörde zum Schluss komme, dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine sozialen oder beruflichen Anknüpfungspunkte verfüge. Im Gegensatz zu den Ausführungen im angefochtenen Bescheid, begründe die Straffälligkeit des Beschwerdeführers keine Fluchtgefahr. Mangels Vorliegen einer Fluchtgefahr sei die angeordnete Schubhaft daher rechtswidrig. Zudem sei im Falle des Beschwerdeführers mit der Anordnung eines gelinderen Mittels das Auslangen zu finden gewesen. Zur Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft ab Stellung seines Antrages auf internationalen Schutz am XXXX wurde mit Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zusammengefasst ausgeführt, dass gemäß § 76 Abs. 6 FPG die Schubhaft nur dann aufrechterhalten werden dürfe, wenn der Asylantrag ausschließlich zum Zweck der Verzögerung der Abschiebung gestellt worden sei. Dies treffe im Falle des Beschwerdeführers jedoch nicht zu. So habe der Beschwerdeführer sowohl im Rahmen der Erstbefragung am XXXX als auch im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt zur Begründung seines Antrages vorgebracht, bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat aufgrund seiner Aussagen im Strafverfahren verfolgt zu werden. Weiters lebe seine ganze Familie in Österreich. Zudem sei dem aufgenommenen Aktenvermerk keine Verhältnismäßigkeitsprüfung unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Dauer des Asylverfahrens zu entnehmen. Auch in dieser Hinsicht erweise sich die seit XXXX auf § 76 Abs. 6 FPG gestützte Anhaltung in Schubhaft als rechtswidrig.

Im Rahmen der Beschwerde wurde vom bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben sowie die bisherige Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären und auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft nicht vorliegen. Weiters wurde Kostenersatz und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

2.1.    Das Bundesamt legte am XXXX den Verwaltungsakt vor und erstattete im Zuge der Aktenvorlage eine Stellungnahme, in der im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt wurde, dass gegen den Beschwerdeführer seit dem Jahr 2019 eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung iVm einem auf die Dauer von neun Jahren befristeten Einreiseverbot bestehe. Zudem stehe die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Serbien fest. Da der Beschwerdeführer nicht im Besitz eines Reisedokuments gewesen sei, sei am XXXX ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates eingeleitet worden und sei der Beschwerdeführer in weiterer Folge durch die serbische Botschaft mit der Identität lautend auf XXXX , geb. XXXX , identifiziert worden. Daraufhin sei die Anmeldung für den Sammeltransporter nach Serbien für den XXXX gebucht worden. Der Beschwerdeführer habe sich bereits im Zuge der verpflichtenden Rückkehrberatung als nicht rückkehrwillig gezeigt. Die für XXXX geplante Abschiebung habe aufgrund der Asylantragstellung des Beschwerdeführers storniert werden müssen. Der Beschwerdeführer habe mit allen Mitteln versucht, seine Abschiebung in sein Heimatland zu verhindern. Im gesamten Verfahren habe er sich unkooperativ verhalten und am Verfahren nicht mitgewirkt. Der vom ihm am XXXX im Stande der Schubhaft gestellte Antrag auf internationalen Schutz sei eindeutig zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt worden. Die Voraussetzungen des § 76 Abs. 6 FPG seien somit erfüllt. Auch habe keine berücksichtigungswürdige soziale Integration des Beschwerdeführers im Bundesgebiet festgestellt werden können. Unter Hinweis auf die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers sowie seines illegalen Aufenthaltes wurde vom Bundesamt ausgeführt, dass bei einer Entlassung aus der Schubhaft hinreichende Gründe zur Annahme bestünden, dass er untertauchen werde, um seine Abschiebung zu umgehen und seinen Lebensunterhalt wieder durch Delikte nach dem SMG bestreiten werde. Aufgrund seines bisher gezeigten unkooperativen Verhaltens habe der Beschwerdeführer deutlich gemacht, dass er keineswegs freiwillig in sein Heimatland zurückkehren wolle. Das öffentliche Interesse an einer gesicherten Abschiebung sei daher im vorliegenden Fall besonders groß.

Das Bundesamt beantragte die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und den Beschwerdeführer zum Ersatz der Kosten für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand zu verpflichten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.    Zum Verfahrensgang:

Der unter Punkt I. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

1.2.    Zur Person des Beschwerdeführers und den Voraussetzungen der Schubhaft:

Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger Staatsangehöriger Serbiens. Er wurde in Österreich geboren und ist hier aufgewachsen. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Am XXXX wurde der Beschwerdeführer im Zuge des Heimreisezertifikatsverfahrens von der serbischen Botschaft mit der Identität lautend auf XXXX , geb. XXXX , als serbischer Staatsangehöriger identifiziert und wurde für ihn ein Heimreisezertifikat ausgestellt.

Der Beschwerdeführer wurde während seines Aufenthaltes im österreichischen Bundesgebiet insgesamt fünf Mal rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt:

?        Mit Urteil eines Landesgerichtes für Strafsachen vom XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß § 27 Abs. 1 und 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten, welche unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, rechtskräftig verurteilt.

?        Mit Urteil eines Landesgerichtes für Strafsachen vom XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 28 Abs. 2 und 3 1. Fall, 28 Abs. 3 und 4, 27 Abs. 1 SMG sowie § 165 Abs. 1 und 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt.

?        Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß § 27 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten rechtskräftig verurteilt.

?        Mit Urteil eines Landesgerichtes für Strafsachen vom XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß § 28a Abs. 1 5. Fall, Abs. 2 Z 1 und Abs. 4 Z 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren rechtskräftig verurteilt.

?        Mit Urteil eines Landesgerichtes für Strafsachen vom XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 2. Fall, 148 2. Fall und § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 Jahren und sechs Monaten rechtskräftig verurteilt.

Mit dem im Spruch angeführten Bescheid vom XXXX ordnete das Bundesamt über den Beschwerdeführer die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an. Dieser Bescheid wurde nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft am XXXX in Vollzug gesetzt und der Beschwerdeführer wird seither in Schubhaft angehalten.

Am XXXX stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz. Am XXXX wurde seitens des Bundesamtes ein Aktenvermerk zur Aufrechterhaltung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG aufgenommen und dem Beschwerdeführer am selben Tag persönlich ausgefolgt. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer den Antrag auf internationalen Schutz am XXXX ausschließlich zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt hat.

Der Beschwerdeführer ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung. Eine signifikant erhöhte Gefahr einer Infektion mit COVID-19 besteht im Polizeianhaltezentrum, wo der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten wird, nicht.

1.3.    Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf:

Am XXXX wurde vom Bundesamt gegen den Beschwerdeführer ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass seine Abschiebung nach Serbien zulässig ist. Weiters wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt, einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt und gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von neun Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde ein vom Beschwerdeführer gestellter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid abgewiesen.

Die gegen den Bescheid des Bundesamtes vom XXXX erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , GZ XXXX , als verspätet zurückgewiesen. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom selben Tag, GZ XXXX , wurde die gegen den Bescheid des Bundesamtes vom XXXX erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer erhob gegen diese Entscheidung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom XXXX wurde vom Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Eine Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX an den Verwaltungsgerichtshof wurde vom Beschwerdeführer in weiterer Folge nicht erhoben.

Bis zur Stellung des Antrages auf internationalen Schutz aus dem Stande der Schubhaft am XXXX lag somit eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien vor.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom XXXX sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien abgewiesen. Weiters wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Unter Verweis auf die mit Bescheid vom XXXX erlassene und nach wie vor aufrechte Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 59 Abs. 5 FPG von der Erlassung einer neuen Rückkehrentscheidung abgesehen. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am XXXX durch persönliche Übergabe zugestellt. Gegen diesen Bescheid ist bisher keine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt; die Beschwerdefrist ist nach wie vor offen.

Der Beschwerdeführer hat sich dem vom Bundesamt im Jahr 2019 eingeleiteten Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht entzogen, er verfügte zumindest ab XXXX bis zu seiner Verhaftung im Jahr XXXX durchgehend über eine Meldeadresse im Bundesgebiet und ist zum Entscheidungszeitpunkt nach wie vor an dieser Adresse gemeldet.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich geboren. Seine Eltern erhielten am XXXX die österreichische Staatsbürgerschaft. Sein Vater ist im Jahr XXXX verstorben. Die Mutter des Beschwerdeführers sowie seine Schwester leben in Österreich. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über eine Lebensgefährtin mit der er eine zehnjährige Tochter hat. Die Beziehung zu seiner Lebensgefährtin ist nach wie vor aufrecht. Der Beschwerdeführer wurde während seiner Strafhaft und wird auch nunmehr während seiner Anhaltung in Schubhaft regelmäßig von seinen Familienmitgliedern und seiner Lebensgefährtin besucht.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich die Pflichtschule besucht und eine Lehre als Lackierer absolviert. Der Beschwerdeführer verfügt über sehr weit fortgeschrittene Kenntnisse der deutschen Sprache. Nach seiner Lehre war der Beschwerdeführer in den Jahren XXXX bis XXXX bei verschiedenen Arbeitgebern insgesamt über 30 Monate unselbstständig erwerbstätig. Abgesehen davon bezog er überwiegend Leistungen aus der Notstands- und Überbrückungshilfe.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes, den gegenständlichen Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, in die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes die bisherigen asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren des Beschwerdeführers betreffend (Geschäftszahlen XXXX und XXXX ), in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres sowie einer durch das Bundesverwaltungsgericht durchgeführten Sozialversicherungsdatenabfrage (AJ-WEB Auskunftsverfahren).

2.1.    Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes und der vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2.    Zur Person des Beschwerdeführers und den Voraussetzungen der Schubhaft:

Die Feststellungen zur Identität und der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus der unbestrittenen Aktenlage. Ebenso ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer in Österreich geboren und hier aufgewachsen ist. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder in Österreich Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist, finden sich weder im Verwaltungsakt noch wurde dies vom Beschwerdeführer vorgebracht. Die Feststellungen zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer basieren auf den im Verwaltungsakt einliegenden Unterlagen sowie auf der entsprechenden Eintragung im Zentralen Fremdenregister.

Aus der Einsichtnahme in das Strafregister ergeben sich die strafrechtlichen Verurteilungen sowie der Zeitpunkt der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft.

Dass der Beschwerdeführer seit dem XXXX in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt des Bundesamtes bzw. aus einem Auszug der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz durch den Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft am XXXX ergibt sich aus der Aktenlage. Eine Kopie des Aktenvermerks gemäß § 76 Abs. 6 FPG liegt im gegenständlichen Verwaltungsakt ein.

Dass die Antragstellung nicht ausschließlich zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme erfolgt ist, konnte festgestellt werden, da der Beschwerdeführer diesen Antrag auf ein konkretes Vorbringen stützte, sodass im Rahmen einer Grobprüfung nicht davon ausgegangen werden konnte, dass die Antragstellung ausschließlich zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme erfolgt ist. So gab der Beschwerdeführer sowohl im Rahmen seiner Erstbefragung am XXXX als auch im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt am XXXX übereinstimmend an, nicht in seinen Heimatstaat zurückkehren zu können, da er von einem Mann bedroht werde, gegen den er im Zuge eines Gerichtsverfahrens ausgesagt habe. Dieser Mann befinde sich nunmehr in Serbien und er habe Angst von diesem bei einer Rückkehr in sein Heimatland getötet zu werden. Zudem sei er in Österreich geboren und seine gesamte Familie würde hier leben. Davon ausgehend war es nicht offensichtlich, dass der Antrag ausschließlich zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer haftfähig ist und keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vorliegen, ergibt sich aus einer Einsichtnahme in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres, wo sich keine Einträge finden, die auf maßgebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen hindeuten. Auch im Rahmen der Beschwerde wurde nichts Gegenteiliges vorgebracht. Zudem hat der Beschwerdeführer in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass keine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers vorliegt. Hinweise, dass der Beschwerdeführer einer signifikant erhöhten Gefahr einer Infektion mit COVID-19 im Polizeianhaltezentrum, wo er in Schubhaft angehalten wird, ausgesetzt ist, haben sich im gegenständlichen Verfahren nicht ergeben.

2.3.    Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf:

Dass gegen den Beschwerdeführer bis zur Stellung des Antrages auf internationalen Schutz aus dem Stande der Schubhaft eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien vorlag, ergibt sich unzweifelhaft aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes, insbesondere aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Bescheid des Bundesamtes vom XXXX sowie den in den Gerichtsakten einliegenden Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes jeweils vom XXXX , mit denen die vom Beschwerdeführer erhobenen Beschwerden zurückgewiesen bzw. abgewiesen worden sind. Aus dem im Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes zur Geschäftszahl XXXX einliegenden Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom XXXX ergibt sich, dass von diesem die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten wurde. Dass in weiterer Folge keine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben wurde, ergibt sich ebenfalls unzweifelhaft aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes.

Der Stand hinsichtlich des Asylverfahrens betreffend den aus dem Stande der Schubhaft am XXXX gestellten Antrag auf internationalen Schutz ergibt sich aufgrund der unbestrittenen Aktenlage.

Weder im Verwaltungsakt noch in den vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes finden sich Hinweise darauf, dass sich der Beschwerdeführer dem vom Bundesamt im Jahr 2019 eingeleiteten Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme entzogen hat. Derartige taugliche Umstände werden auch im angefochtenen Bescheid nicht genannt. Aus dem zentralen Melderegister ergibt sich zudem, dass der Beschwerdeführer zumindest XXXX bis zu seiner Verhaftung im Jahr XXXX durchgehend über eine Meldeadresse im Bundesgebiet verfügt hat und nach wie vor an dieser Adresse gemeldet ist.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich geboren wurde, ist aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes unstrittig. Die Feststellungen zu seinen Familienangehörigen in Österreich ergeben sich aufgrund der vom Bundesamt im angefochtenen Schubhaftbescheid getroffenen Feststellungen, den Angaben des Beschwerdeführers im Zuge seiner Einvernahmen im Verfahren betreffend seine Asylantragstellung aus dem Stande der Schubhaft sowie den Ausführungen im Rahmen der Beschwerde. Dass der Beschwerdeführer in Österreich über eine Lebensgefährtin verfügt, mit der er eine zehnjährige Tochter hat, steht aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes ebenso fest. Zuletzt hat der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am XXXX angegeben, dass die Beziehung zu seiner Lebensgefährtin nach wie vor aufrecht ist und wurde dieser Umstand auch dem Bescheid des Bundesamtes vom XXXX , mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom XXXX sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien abgewiesen wurde, zugrunde gelegt. Dass der Beschwerdeführer während seiner Strafhaft und auch nunmehr während seiner Anhaltung in Schubhaft regelmäßig von seinen Familienmitgliedern und seiner Lebensgefährtin besucht wurde bzw. wird, ergibt sich unzweifelhaft aus den im Verwaltungsakt einliegenden Besucherlisten jener Justizanstalt in der der Beschwerdeführer in Strafhaft angehalten wurde und aus den entsprechenden Eintragungen in der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Die Feststellungen zur Schul- und Berufsausbildung des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus den im Verwaltungsakt einliegenden Unterlagen und stimmen mit den vom Bundesamt im angefochtenen Schubhaftbescheid getroffenen Feststellungen überein. Auch im Rahmen der Beschwerde wurde kein davon abweichendes Vorbringen erstattet. Die Feststellungen zu den Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers konnten getroffen werden, da die Einvernahmen des Beschwerdeführers am XXXX und XXXX im Zuge seiner Asylantragstellung in deutscher Sprache, ohne Unterstützung eines Dolmetschers, durchgeführt werden konnten. Die getroffenen Feststellungen zur Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers und des überwiegenden Bezuges von Leistungen aus der Notstands- und Überbrückungshilfe ergeben sich aus einer durch das Bundesverwaltungsgericht durchgeführten Sozialversicherungsdatenabfrage (AJ-WEB Auskunftsverfahren) vom XXXX .

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.    Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG das Bundesverwaltungsgericht.

Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid und die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben. Dauert die für rechtswidrig erklärte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Zustand herzustellen.

3.2.    Zu Spruchteil A) - Spruchpunkt I. - Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und der darauf gestützten Anhaltung in Schubhaft von XXXX bis XXXX (Zeitpunkt der Stellung des Antrages auf internationalen Schutz):

3.2.1.  Gesetzliche Grundlagen:

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:

„§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1.         in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2.         sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
3.         eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.“

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-VG lautet:

㤠22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

3.2.2.  Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, 2008/21/0647; 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, 2005/21/0301; 23.09.2010, 2009/21/0280).

„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114, vgl. auch VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, 2007/21/0512 und 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

Schubhaft darf stets nur „ultima ratio“ sein (vgl. VwGH 02.08.2013, 2013/21/0054; 11.06.2013, 2012/21/0114, 24.02.2011, 2010/21/0502; 17.03.2009, 2007/21/0542; 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, „dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig“. Bereits im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.01.2011, 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese „Einstellungsänderung“ durch Haftdauer zu erwirken (so auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

3.2.3.  Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft, er ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und in Österreich weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft über den Beschwerdeführer grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung bestimmter Verfahren oder der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

3.2.4.  Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Mit der Abschiebung des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft war insofern zu rechnen, als eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vorlag und von der serbischen Vertretungsbehörde ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer ausgestellt worden war.

3.2.5.  Als weiteres Kriterium für die Anordnung der Schubhaft ist das Vorliegen von Fluchtgefahr erforderlich.

Um von der Erfüllung des Kriteriums der „Fluchtgefahr“ ausgehen zu können, bedarf es jedenfalls des Vorliegens eines tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG. Eine derartige Tatbestandserfüllung, damit die geforderte Anknüpfung an abstrakt formulierte Umstände, stellt gleichsam den Ausgangspunkt für jegliche Annahme von „Fluchtgefahr“ dar, die allerdings im Ergebnis nur dann bejaht werden kann, wenn auch eine fallbezogene Betrachtung der Gesamtsituation zu der Schlussfolgerung führt, der Fremde könnte sich dem Verfahren oder der Abschiebung durch Flucht entziehen. Es bedarf also über die Erfüllung eines tauglichen Tatbestandes nach § 76 Abs. 3 FPG hinaus einer konkreten Bewertung aller im Einzelfall maßgeblichen Gesichtspunkte, die insofern in die „Abwägungsentscheidung“ (so die einleitenden Überlegungen in den wiedergegebenen ErläutRV zu § 76 Abs. 3) einzufließen haben. Unter diesem Aspekt bieten die Tatbestände des § 76 Abs. 3 FPG - uneingeschränkt, also ohne Rücksicht auf ihre Eignung, schon abstrakt „Fluchtgefahr“ zu umschreiben - maßgebliche Beurteilungskriterien (vgl. VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).

Das Bundesamt ging im Schubhaftbescheid aufgrund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z 3 und 9 FPG vom Vorliegen einer Fluchtgefahr aus und begründete dies im Wesentlichen damit, dass gegen den Beschwerdeführer seit dem Jahr 2019 eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung iVm einem auf die Dauer von neun Jahren befristetes Einreiseverbot bestehe. Zudem stehe die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Serbien fest. Da der Beschwerdeführer vom XXXX bis zum XXXX , vom XXXX bis XXXX sowie vom XXXX bis XXXX seiner Meldeverpflichtung nicht nachgekommen sei und sich auch am XXXX im Zuge der verpflichtenden Rückkehrberatung als nicht rückkehrwillig gezeigt habe, könne der Schluss gezogen werden, dass bezüglich seiner Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens nach Haftentlassung vorliege (Z 3). Hinsichtlich Z 9 wurde zusammengefasst ausgeführt, dass Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden positiven Integration des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden hätten können. Trotz Vorliegen einer aktuell aufrechten Meldung bzw. einer Unterkunftsmöglichkeit bei seiner Lebensgefährtin im Bundesgebiet, sei der Beschwerdeführer seit Jahren seiner Verpflichtung zur Ausreise nicht nachgekommen. Da er sich am XXXX im Zuge der verpflichtenden Rückkehrberatung als nicht rückkehrwillig gezeigt habe, könne trotz derzeit gesicherter Unterkunft geschlossen werden, dass bezüglich seiner Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliege. Weiters wurde das Vorliegen von Fluchtgefahr mit der wiederholten Straffälligkeit des Beschwerdeführers begründet.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 3 FPG zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise „Fluchtgefahr“ zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der aufgrund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). Vom Beschwerdeführer wurde keiner der Tatbestände des § 76 Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG verwirklicht. Insbesondere hat er sich nicht dem vom Bundesamt im Jahr 2019 eingeleiteten Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme entzogen. Derartige taugliche Umstände werden auch im angefochtenen Bescheid nicht genannt. Dass der Beschwerdeführer sich im Rahmen des Rückkehrberatungsgespräches am XXXX - sohin nach der Erlassung der Rückkehrentscheidung - nicht ausreisewillig gezeigt hatte, stellt weder eine mangelnde Mitwirkung im Verfahren zur Erlassung dieser Maßnahme dar noch behinderte er dadurch seine Abschiebung. Der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG ist daher nicht erfüllt.

Bei der Beurteilung der Fluchtgefahr ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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