TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/19 W171 2236521-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.02.2021
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Entscheidungsdatum

19.02.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1 Z1
BFA-VG §22a Abs1 Z3
BFA-VG §22a Abs3
BFA-VG §34 Abs1 Z2
BFA-VG §40 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §76 Abs2 Z2
VwG-AufwErsV §1 Z1
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §35 Abs3

Spruch


W171 2236523-1/4E
W171 2236522-1/4E
W171 2236521-1/4E

Im Namen der Republik!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, 2.) mj. XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch XXXX , 3.) mj. XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch XXXX , alle vertreten durch RA Mag. Niki ZAAR, gegen die Festnahmen am 02. November 2020, die Schubhaftbescheide vom 03. November 2020, Zahlen XXXX , XXXX und XXXX , sowie die darauf gegründete Anhaltung von 03.11.2020 bis 05.11.2020 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerden gegen die Festnahmen werden gemäß §§ 22a Abs. 1 Z. 1, 34 Abs. 1 Z. 2 und 40 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Den Beschwerden gegen die Mandatsbescheide vom 03. November 2020 wird gemäß § 22a Abs. 1 Z. 3 BFA-VG idgF iVm § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG idgF stattgegeben, die angefochtenen Schubhaftbescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03. November 2020, Zahlen XXXX , XXXX und XXXX , werden aufgehoben und die Anhaltungen der BF in Schubhaft vom 03.11.2020, 15:15, bis 05.11.2020, 17:00, für rechtswidrig erklärt.

III. Gemäß § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm § 1 Z 3 und Z 4 VwG-AufwErsV haben die beschwerdeführenden Parteien dem Bund hinsichtlich der Festnahmen Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Gemäß § 35 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 1 Z. 1 VwG-AufwErsV hat der Bund den beschwerdeführenden Parteien hinsichtlich der Schubhaft zu Handen ihres ausgewiesenen Vertreters Aufwendungen in Höhe von € 767,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

V. Der Antrag der beschwerdeführenden Parteien auf Kostenersatz hinsichtlich der Festnahmen wird gemäß §§ 35 Abs. 1 und 3 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I.       Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF1) ist der Vater und der alleinig Obsorgeberechtigte der jeweils am 27. Juli 2005 geborenen Zweit- und Drittbeschwerdeführer (in der Folge: BF2 und BF 3). Die Beschwerdeführer (in der Folge: BF) sind Staatsangehörige Serbiens. Der BF1 heiratete am 03. Oktober 2016 in Bulgarien eine bulgarische Staatsangehörige, die sich, ihren Angaben zufolge, seit 2004 in Österreich aufhielt und auch berufstätig war. Der BF1 befand sich seit Ende Oktober 2016 durchgehend in Österreich und ihm wurde am 04. November 2016 eine Aufenthaltskarte ausgestellt. Im April 2017 kamen auch die Kinder nach Österreich; sie erhielten am 24. April 2017 ebenfalls Aufenthaltskarten. Nachdem sie in ihr Heimatland zurückgekehrt waren, um das laufende Schuljahr zu beenden, lebten sie seit Sommer 2017 in Österreich.

2. Die erwähnte Ehe wurde im Einvernehmen mit Wirksamkeit vom 23. Februar 2018 rechtskräftig geschieden. Hierauf leitete das mit Schreiben der Niederlassungsbehörde vom 19. Juni 2019 befasste Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge auch: BFA oder Behörde) ein Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung ein. Mit Schreiben des BFA vom 15.10.2019 wurde dem BF1 mitgeteilt, dass er und seine Söhne aufgrund der erfolgten Ehescheidung die Voraussetzungen für das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht mehr erfüllen. Er wurde um Beantwortung näher genannter Fragen zu seinen Privat- bzw. Familienverhältnissen und jenen des BF 2 und 3 sowie um Vorlage der entsprechenden Belege ersucht. In der daraufhin eingelangten Stellungnahme brachte der BF 1 unter Vorlage diverser Urkunden durch seine Rechtsvertretung zusammengefasst vor, die Ehe sei geschieden worden, da seine Ex-Gattin mit seiner Erkrankung (Morbus Crohn) nicht umzugehen gewusst habe. Er sei wegen seiner Krankheit in ständiger Behandlung, sei strafgerichtgerichtlich unbescholten, seine Kinder – BF 2 und 3 - würden in XXXX eine Mittelschule besuchen. Er sei beruflich gut integriert, momentan aber nicht erwerbstätig, da das Arbeitsmarktservice seinem bisherigen Arbeitgeber mitgeteilt habe, dass seine Aufenthaltskarte erloschen sei.

3. Am 07.11.2019 erfolgte durch Beamte einer Landespolizeidirektion eine Wohnsitzüberprüfung an der Meldeadresse des BF. Der BF1 wurde angetroffen und von den Beamten festgestellt, dass sich der BF 1 sowie BF 2 und BF 3 an dieser Adresse aufhalten.

4. Nach Einvernahme der Exfrau des BF als Zeugin wurde am 12.12.2019 schließlich der BF 1 – auch als gesetzlicher Vertreter für den BF 2 und 3 – in Anwesenheit seines Rechtsvertreters vom Bundesamt niederschriftlich einvernommen. Er gab an gesund zu sein, seinen Kindern gehe es auch gut. Er sei der alleinige Obsorgeberechtigte für den BF 2 und 3. Er bitte darum arbeiten zu können und hierbleiben zu können, der BF 2 und 3 würden hier auch die Schule besuchen es gehe ihnen gut dort und sie hätten auch Freunde. Nachdem er nach Österreich gegangen sei, habe er mit seiner früheren Lebensgefährtin die Entscheidung getroffen, dass es für die Kinder besser sei, in Österreich die Schule zu besuchen. Er sei im Juli 2016 ins Bundesgebiet eingereist, dann aber wieder nach Serbien zurückgekehrt, da er sich nur drei Monate ohne Visum im Schengenraum aufhalten durfte. Er wisse nicht mehr, wann er danach wieder eingereist sei. Er habe eine Einstellungszusage seines bisherigen Arbeitsgebers, für den Fall, dass er im Bundesgebiet bleiben könnte. Er, der BF 2 und 3 seien sozialversichert. Der BF 2 und BF 3 hielten sich erstmals um den 24.04.2017 im Bundegebiet auf, da hätten sie auch die Aufenthaltskarten bekommen. Dann seien der BF 2 und 3 wieder nach Serbien zurückgekehrt und hätten dort das Schuljahr vollendet. Im Sommer 2017 seien sie dann dauerhaft nach Österreich gezogen und besuchten seitdem hier die Schule. Der BF 2 und 3 hätten aber Probleme beim Erlernen der deutschen Sprache. Er, der BF 2 und 3 hätten keine Verwandten in Österreich. Er habe aber Freunde. Er habe an einer Deutschprüfung auf A2-Niveau teilgenommen und er habe noch eine Prüfung am 19.12.2019.

5. Mit Bescheiden vom 31. März 2020 verfügte das BFA - jeweils unter Gewährung eines Durchsetzungsaufschubs von einem Monat ab Durchsetzbarkeit der Entscheidung gemäß § 70 Abs. 3 FPG - gestützt auf § 66 Abs. 1 FPG iVm § 55 Abs. 3 NAG die Ausweisung der BF aus dem österreichischen Bundesgebiet. Die dagegen erhobenen Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit rechtskräftigem Erkenntnis zu den Zahlen XXXX , vom 13. August 2020, den BF am selben Tag zugestellt, als unbegründet ab. Die gegen diese Erkenntnis mit Schriftsatz vom 14. September 2020 erhobene außerordentliche Revision wurden mit Beschluss des VwGH vom 06. Oktober 2020 zurückgewiesen. Der Beschluss des VwGH wurde der Rechtsvertreterin der BF am 27. Oktober 2020 zugestellt.

6. Am 02. November 2020 wurden die BF aufgrund eines vom BFA am 29. Oktober 2020 erlassenen Festnahmeauftrages gem. § 34 Abs. 1 Z 2 BFA-VG aufgrund unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet festgenommen und in eine Familienunterkunft überstellt.

7. Am selben Tag erhoben die BF durch ihre ausgewiesene Rechtsvertretung Maßnahmenbeschwerden gegen die Festnahmen vom 02. November 2020. Begründend wurde ausgeführt, den BF sei jeweils ein einmonatiger Durchsetzungsaufschub zuerkannt worden. Da die Revision an den VwGH mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden gewesen und die negative Entscheidung des VwGH den BF erst am 27. Oktober 2020 zugestellt worden sei, sei dieser Durchsetzungsaufschub noch nicht abgelaufen. Beantragt wurde die unverzügliche Entlassung der Familie sowie Kostenersatz im gesetzlichen Ausmaß.

8. Ebenfalls am 02. November 2020 erstattete das BFA eine Stellungnahme und führte hierin insbesondere aus, der Revision gegen das Erkenntnis vom 13. August 2020 sei keine aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. Der mit Bescheid vom 31. März 2020 gewährte Durchsetzungsaufschub bis zur Durchsetzbarkeit der Entscheidung sei sohin mit 13. September 2020 abgelaufen. Dennoch seien die BF weiterhin im Bundesgebiet verblieben und ihrer Ausreiseverpflichtung demnach nicht nachgekommen. Die Festnahme sei sohin zu Recht erfolgt. Auch seien die BF umgehend für einen Transport zur Verbringung in ihren Herkunftsstaat angemeldet worden, welcher für den 05. November 2020 vorgesehen gewesen sei. Beantragt wurde die Abweisung der Maßnahmenbeschwerden, die Feststellung der Rechtmäßigkeit der Festnahme, allenfalls die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung sowie Kostenersatz.

9. Mit Mandatsbescheiden des BFA vom 03. November 2020 wurde über die BF jeweils gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, gegen die BF liege eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor, diese hielten sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf und ihre Abschiebung sei bereits geplant. Die BF seien ihrer Verpflichtung zur freiwilligen Ausreise nicht nachgekommen, der BF1 sei nicht berufstätig und es bestehe keine begründete Aussicht für ihn, eine Arbeitsstelle zu finden. Die Integration der BF sei – aufgrund der verhältnismäßig kurzen Aufenthaltsdauer der BF im Inland – bloß als rudimentär anzusehen. Die Familie verfüge nicht über genügend Barmittel und könne Österreich aus Eigenem nicht legal verlassen. Trotz aufrechter Wohnsitzmeldung bestehe aufgrund der Mittellosigkeit die Gefahr des Untertauchens. Die BF seien als nicht vertrauenswürdig anzusehen, ein hinkünftiger Verstoß gegen Rechtsvorschriften sei zu befürchten. Aufgrund der kürzlich anstehenden Abschiebung und der fehlenden finanziellen Mittel müsse auch von der Anordnung gelinderer Mittel Abstand genommen werden.

10. Mit Schreiben vom 05. November 2020 erhoben die BF auch gegen die Mandatsbescheide vom 03 November 2020 sowie die darauf gegründete Anhaltung in Schubhaft Beschwerde. Hierin wurde wiederum ausgeführt, die Bescheide seien inhaltlich rechtswidrig und in keinster Weise verhältnismäßig. Alle drei BF seien unbescholten und ordentlich gemeldet. Der BF2 und BF3 besuchten zudem die Schule. Es bestehe kein Grund von einem Untertauchen der BF auszugehen und an ihrer Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise zu zweifeln. Zudem sei der gewährte Durchsetzungsaufschub nach wie vor offen. Beantragt wurden die ersatzlose Behebung der Schubhaftbescheide sowie die Entlassung der BF und Kostenersatz.

Das BFA erstattete hierzu keine Stellungnahme und stellte auch keinen Antrag auf Ersatz der Kosten.

11. Die BF befanden sich nach ihrer Festnahme von 02.11.2020 10:00 bis 03.11.2020, 15:15, in Verwaltungsverwaltungshaft und von 03.11.2020, 15:15, bis zu ihrer Abschiebung am 05.11.2020, 17:00, in Schubhaft. Am 05. November 2020 wurden die BF mittels Sammeltransport auf dem Landweg in ihren Herkunftsstaat abgeschoben.

II.     Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

A.       Feststellungen:

Zum Verfahrensgang:

Der unter Punkt I. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

1. Zur Person der Beschwerdeführer und zum Verfahren (1.1.-1.5.):

1.1. Die Beschwerdeführer führen die im Spruch genannten Identitäten (Name und Geburtsdatum) und sind serbische Staatsangehörige. Sie besitzen nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und sind damit Fremde iSd Diktion des FPG. Der BF2 und BF3 sind die minderjährigen Kinder des BF1, für die der BF1 die alleinige Obsorge hat.

1.2. Die BF2 und BF3 waren gesund, der BF1 leidet an Morbus Crohn, ist jedoch arbeitsfähig und ansonsten ebenfalls gesund.

1.3. Die BF sind im österreichischen Bundesgebiet strafgerichtlich unbescholten.

1.4. Am 03.10.2016 heiratete der BF1 eine bulgarische Staatsangehörige, die in Österreich lebte. Er reiste – nach mehrmaligen kurzen Aufenthalten in Österreich – Ende Oktober 2016 in das österreichische Bundesgebiet ein und war seitdem durchgehend aufhältig. Der Ehe entstammen keine Kinder, die Mutter des BF2 und BF3 ist die ehemalige Lebensgefährtin des BF1, welche sich in Serbien aufhält. Am 04.11.2016 wurde dem BF1 vom Magistrat XXXX eine Aufenthaltskarte als Angehöriger einer EWR-Bürgerin mit Gültigkeit bis zum 04.01.2021 ausgestellt. Der BF2 und BF3 reisten im April 2017 in das Bundesgebiet ein, um ebenfalls Aufenthaltskarten (Angehörige eines EWR Bürgers oder Schweizer Bürgers) zu beantragen. Diese wurden dem BF2 und BF3 am 11.05.2017 erteilt. Der BF2 und BF3 kehrten in Folge nach Serbien zurück, um das laufende Schuljahr zu beenden. Der BF2 und BF3 halten sich seit Sommer 2017 durchgehend im Bundesgebiet auf. Die Ehe des Beschwerdeführers wurde in weiterer Folge mit Urteil vom 23.02.2018 rechtskräftig im Einvernehmen geschieden. Dies meldete der BF selbstständig dem Magistrat XXXX .

1.5. Die BF wurden mit Bescheiden vom 31.03.2020 aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. Eine daraufhin erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 13.08.2020, zugestellt am selben Tag, ab- und eine in weiterer Folge erhobene außerordentliche Revision mit Beschluss des VwGH vom 06.10.2020, zugestellt am 27.10.2020, zurückgewiesen. Der Antrag der BF auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der Revision blieb ohne Erfolg. Am 29.10.2020 erließ das BFA Festnahmeaufträge gegen die BF. Am 02.11.2020 wurden diese festgenommen und in eine Familienunterkunft verbracht. Sie befanden sich von 02.11.2020, 10:00, bis 03.11.2020, 15:15, in Verwaltungsverwaltungshaft und von 03.11.2020, 15:15, bis zu ihrer Abschiebung am 05.11.2020, 17:00, in Schubhaft.

2. Zur Festnahme (2.1.-2.4.):

2.1. Gegen die BF bestand eine seit 13.08.2020 durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme (Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet). Der den BF gewährte Durchsetzungsaufschub endete am 13.09.2020.

2.2. Zum Zeitpunkt der Festnahme lagen überdies die gültigen Reisepässe der BF vor. Die BF wurden für eine am 05.11.2020 stattfindende Abschiebung nach Serbien angemeldet.

2.3. Die BF hielten sich auch nach dem 13.09.2020 weiterhin im Bundesgebiet auf. Sie kamen ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nach.

2.4. Am 29.10.2020 erließ das BFA Festnahmeaufträge gemäß § 34 Abs. 1 Z. 2 BFA-VG gegen die BF. Am 02.11.2020 wurden die BF in Vollziehung dieser Festnahmeaufträge von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgenommen und in ein Familienanhaltezentrum verbracht.

3. Zu den formalen Voraussetzungen der Schubhaft (3.1.-3.6.):

3.1. Mit Bescheiden des BFA vom 31. März 2020 wurde gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm § 55 Abs. 3 NAG die Ausweisung der BF aus dem österreichischen Bundesgebiet verfügt. Zudem wurde ihnen gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit der Entscheidung gewährt.

3.2. Die von den BF gegen die Bescheide vom 31. März 2020 erhobenen Beschwerden wies das BVwG mit Erkenntnis vom 13. August 2020 ab und stellte fest, dass die ordentliche Revision an den VwGH nicht zulässig sei. Das genannte Erkenntnis wurde den BF am selben Tag zugestellt.

3.3. Die BF erhoben gegen das Erkenntnis des BVwG mit Schriftsatz vom 14. September 2020 außerordentliche Revision an den VwGH und stellte einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Der Gerichtshof wies die Revision mit Beschluss vom 06. Oktober 2020 – den BF zugestellt am 27. Oktober 2020 – mangels Zulässigkeit zurück. Eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erfolgte nicht.

3.4. Die BF waren im Besitz gültiger Reisepässe.

3.5. Die BF waren hafttauglich. Die minderjährigen BF2 und BF3 wurden beide am XXXX geboren. Im relevanten Zeitraum waren sie daher nicht mehr unmündig.

3.6. Zum Zeitpunkt der Erlassung der Schubhaftbescheide vom 03.11.2020 war die Abschiebung der BF für den 05.11.2020 geplant. Von einer Abschiebung der BF innerhalb einer zumutbaren und gesetzmäßigen Zeitspanne war jedenfalls auszugehen.

4. Zum Sicherungsbedarf (4.1.-4.6.):

4.1. Gegen die BF bestand zum Zeitpunkt der Erlassung der Schubhaftbescheide und der Dauer der Anhaltung eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme, der Durchsetzungsaufschub war bereits abgelaufen. Dennoch verblieben die BF im Inland und reisten nicht selbstständig aus.

4.2. Die BF2 und BF3 besuchten im Inland die Schule und erlangten für das Schuljahr 2019/2020 sehr gute Noten.

4.3. Die BF waren im Bundesgebiet gemeldet und an ihrer amtlichen Meldeadresse auch aufhältig.

4.4. Der BF1 kooperierte mit den Behörden. Er war für die Behörden greifbar und meldete auch selbstständig die Scheidung seiner Ehe beim Magistrat XXXX .

4.5. Eine mangelnde Vertrauenswürdigkeit der BF konnte nicht festgestellt werden.

4.6. Auch eine Mittellosigkeit der BF konnte nicht festgestellt werden. Der BF war von Ende 2016 bis Ende 2019 erwerbstätig. Er hatte eine Einstellungszusage seines letzten Arbeitgebers. Zuletzt bezog der BF Arbeitslosengeld. Die gesamte Familie war sozialversichert.

5. Zur familiären/sozialen Komponente (5.1.-5.5.):

5.1. Der BF1 war seit Dezember 2016 im Bundesgebiet erwerbstätig und aufrecht sozialversichert. Er war dabei von Dezember 2016 bis April 2019 als Aushilfskraft in einem Restaurant beschäftigt. Nach einer kurzen weiteren Tätigkeit als Arbeiter war der BF1 von Juni 2019 bis Ende 2019 bei einer Baufirma als Bauhelfer beschäftigt. Diese Baufirma gab eine Einstellungszusage zugunsten des BF1 ab, sollte diesem wieder ein Aufenthaltsrecht zukommen.

5.2. Dass der BF1 die Prüfung für das ÖSD-Zertifikat auf dem Sprachniveau A2 bestanden hat, konnte nicht festgesellt werden. Der BF1 spricht nur in geringem Umfang Deutsch, die BF2 und BF3 haben ebenfalls Schwierigkeiten beim Erlernen der deutschen Sprache.

5.3. Die Beschwerdeführer sind weder Mitglied in einem Verein noch ehrenamtlich tätig. Sie verfügen in Österreich über keine Familienangehörigen. Substanzielle Anknüpfungspunkte im Bereich ihres Privatlebens (wie z.B. intensive – familienartige - Freundschaften oder Beziehungen) konnten nicht festgestellt werden.

5.4. Der BF2 und BF3 besuchten in Österreich mit gutem Erfolg die Schule.

5.5. Die BF waren im Inland aufrecht gemeldet und hatten eine gesicherte Unterkunft.

B.       Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Bezug habenden Verwaltungsakten des BFA und den Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts zum Erkenntnis vom 13. August 2020, den Beschluss des VwGH vom 06. Oktober 2020 sowie durch Einsicht in das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR), das Strafregister, das Zentrale Melderegister und die Anhaltedatei.

1. Zur Person der Beschwerdeführer und zum Verfahren (1.1.-1.6.):

1.1. Die Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführer und ihrer Staatsangehörigkeit ergeben sich aus dem IZR (1.1.). Die Feststellungen zum Gesundheitszustand (1.2.) der BF ergeben sich aus den Vorakten. Weitergehende Beeinträchtigungen wurden nicht vorgebracht und gehen insbesondere aus der Anhaltedatei – in welcher solcherlei Dinge in aller Regel vermerkt werden – nicht hervor. Die Arbeitsfähigkeit des BF 1 beruht auf dem Vorerkenntnis des BVwG vom 13. August 2020 welches sich hierbei auf das Vorbringen in der dort gegenständlichen Beschwerde sowie der bis Ende 2019 aufrechten Erwerbstätigkeit des BF1 stützte. Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der BF geht aus dem Strafregister hervor (1.3.).

1.2. Die Feststellungen zur Eheschließung und der Scheidung beruhen auf den eigenen Angaben des Beschwerdeführers sowie der Zeugin im Rahmen ihrer Einvernahme und der Mitteilung der MA XXXX , welche im Gerichtsakt zum erwähnten Vorerkenntnis einliegen. Die Tatsache, dass der BF das Magistrat selbst von der Scheidung in Kenntnis setzte, ist sowohl dem erwähnten Gerichtsakt als auch dem behördlichen Vorbringen zu entnehmen. Die Feststellung zum Aufenthaltstitel der Beschwerdeführer ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister. Zudem sind die Feststellungen in 1.4. durchgehend unstrittig.

1.3. Die Bescheide des BFA vom 31. März 2020 liegen dem erkennenden Gericht ebenso vor, wie das Erkenntnis des BVwG vom 13. August 2020 und der Beschluss des VwGH vom 06. Oktober 2020. Die Zustellungen der jeweiligen Entscheidungen sind den Zustellnachweisen zu entnehmen. Der in 1.5. genannte Festnahmeauftrag liegt im Akt ein. Die erfolgte Festnahme und Verbringung in das Familienanhaltezentrum entspricht dem übereinstimmenden Parteienvorbringen und geht auch aus der Anhaltedatei hervor. Die Dauer der Anhaltung in Schubhaft ergibt sich aus der Anhaltedatei.

2. Zur Festnahme (2.1.-2.4.):

Die Feststellungen in 2.1., 2.2. und 2.4. ergeben sich aus den vorliegenden unbedenklichen Urkunden: Aus den die BF betreffenden IZR-Auszügen, dem Erkenntnis des BVwG vom 13.08.2020 wie auch aus dem darauf bezogenen Zustellnachweis und den Festnahmeaufträgen. Die Anmeldung der BF für die Ausreise am 05.11.2020 (2.2.) entspricht dem Vorbringen der belangten Behörde. An diesem besteht, insbesondere im Hinblick auf die an diesem Tag tatsächlich erfolgte Abschiebung, kein Grund zu zweifeln. Dass die BF auch nach dem 13.09.2020 im Bundesgebiet verblieben, wurde nicht bestritten (2.3.). Die BF brachten lediglich vor, dass für sie noch keine Verpflichtung zur Ausreise bestanden habe und der Durchsetzungsaufschub noch nicht abgelaufen gewesen sei. Das Ende des Durchsetzungsaufschubs am 13.09.2020 ergibt sich aus der Zustellung des Erkenntnisses des BVwG am 13.08.2020 in Verbindung mit der Tatsache, dass der Revision der BF keine aufschiebende Wirkung zukam und eine solche auch nachträglich nicht zuerkannt wurde.

3. Zu den formalen Voraussetzungen der Schubhaft (3.1.-3.6.):

Die in 3.1. bis 3.3. genannten Entscheidungen liegen dem erkennenden Gericht, ebenso wie die Zustellnachweise derselben, vor. Die Feststellung in 3.4. ist dem IZR wie auch dem unbestrittenen Vorbringen des BFA in den angefochtenen Mandatsbescheiden zu entnehmen. Der Hafttauglichkeit der BF (3.5.) entgegenstehende Angaben wurden im gesamten Verfahren nicht getätigt. So wurde insbesondere nicht vorgebracht, der BF1 sei aufgrund seiner Erkrankung an Morbus Crohn nicht hafttauglich gewesen. Im Gegenteil betonte die Rechtsvertretung insbesondere die Arbeitsfähigkeit des BF1 trotz seiner Erkrankung. Auch der Anhaltedatei sind keine Beeinträchtigungen zu entnehmen. Somit war die Haftfähigkeit sämtlicher BF festzustellen. Die Mündigkeit ergibt des BF2 und BF3 ergibt sich aus deren Geburtsdatum, dem XXXX Hinsichtlich der geplanten Abschiebung (3.6.) kann auf die Ausführungen zu 2.2. verwiesen werden.

4. Zum Sicherungsbedarf (4.1.-4.6.):

4.1. Die Durchsetzbarkeit der Ausweisung ergibt sich aus der Zustellung des Erkenntnisses des BVwG vom 13.08.2020 am selben Tag und der Tatsache, dass der Revision keine aufschiebende Wirkung zukam bzw. zuerkannt wurde. Dass die BF auch nach dem 13.09.2020 nicht ausreisten, ist ebenso unstrittig wie der Schulbesuch des BF2 und BF3 und deren guter Schulerfolg (4.1.-4.2.). Die Wohnsitzmeldung der BF im Inland ergibt sich aus dem Zentralen Melderegister und entspricht auch dem behördlichen Vorbringen. Ihr Aufenthalt an der Meldeadresse ist dem genannten Vorerkenntnis des BVwG zu entnehmen (4.3.).

4.2. Die in 4.4. festgestellte Kooperationsbereitschaft des BF1 mit den Behörden ergibt sich aus verschiedenen Aspekten, wie etwa der Vornahme der amtlichen Wohnsitzmeldung und der eigenständigen Bekanntgabe der Scheidung von seiner Exfrau, die er dem Magistrat mitteilte. Aus dem gesamten Akteninhalt ergibt sich kein Anhaltspunkt für die Annahme der mangelnden Vertrauenswürdigkeit der BF. Es bestehen keine Vorstrafen und die BF, insbesondere der BF1 für sich selbst und als gesetzlicher Vertreter seiner Söhne, kooperierten mit den Behörden. Allein aus ihrer nicht erfolgten Ausreise vermag das erkennende Gericht keine mangelnde Vertrauenswürdigkeit festzustellen.

4.3. Wie die Behörde selbst in den angefochtenen Mandatsbescheiden festhielt, war der BF1 einige Zeit im Inland beschäftigt. Dies ergibt sich auch aus dem genannten Vorerkenntnis. Zuletzt war er als arbeitslos gemeldet. Hieraus allein ergibt sich jedoch noch keine Mittellosigkeit. Die hierzu vom BFA getroffenen Feststellungen blieben unsubstantiiert. Somit war in 4.6. eine entsprechende Negativfeststellung zu treffen. Der Sozialversicherungsstatus der BF ergibt sich wiederum aus den Vorakten.

5. Zur familiären/sozialen Komponente (5.1.-5.5.):

Die Feststellungen in 5.1. ergeben sich, ebenso wie die jene in 5.2., wiederum aus dem vorangehenden Gerichtsakt des BVwG zum genannten Erkenntnis. Der Schulbesuch des BF2 und BF3 entspricht dem übereinstimmenden Parteienvorbringen. Zur aufrechten Meldung und Unterkunft der BF ist auf Ausführungen zu 4.4. zu verweisen.

C.       Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Zu Spruchpunkt I. Festnahme:

1.1. Rechtsgrundlagen:

Der mit „Aufschiebende Wirkung“ betitelte § 30 VwGG BGBl. Nr. 10/1985 idgF lautet:

§ 30. (1) Die Revision hat keine aufschiebende Wirkung. Dasselbe gilt für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist.

(2) Bis zur Vorlage der Revision hat das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden.

(3) Der Verwaltungsgerichtshof kann ab Vorlage der Revision Beschlüsse gemäß Abs. 2 von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn er die Voraussetzungen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben.

(4) Beschlüsse gemäß Abs. 2 und 3 sind den Parteien zuzustellen. Wird die aufschiebende Wirkung zuerkannt, ist der Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses aufzuschieben und sind die hiezu erforderlichen Anordnungen zu treffen; der Inhaber der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung darf diese nicht ausüben.

(5) Auf die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte sind die für ihre Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden.

Der mit „Vorentscheidung durch das Verwaltungsgericht“ betitelte § 30a VwGG idgF lautet auszugsweise:

(…)

(3) Das Verwaltungsgericht hat über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unverzüglich mit Beschluss zu entscheiden.

(…)

(7) Hat das Verwaltungsgericht in seinem Erkenntnis oder Beschluss ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, sind die Abs. 1 bis 6 nicht anzuwenden. Das Verwaltungsgericht hat den anderen Parteien sowie im Fall des § 29 dem zuständigen Bundesminister bzw. der Landesregierung eine Ausfertigung der außerordentlichen Revision samt Beilagen zuzustellen und dem Verwaltungsgerichtshof die außerordentliche Revision samt Beilagen unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen. (…)

§ 16 Abs. 4 BFA-VG BGBl. I Nr. 87/2012 idgF lautet:

(4) Kommt einer Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen oder abgewiesen wurde, oder mit der eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG erlassen wurde, die aufschiebende Wirkung nicht zu, ist diese durchsetzbar. Mit der Durchführung der mit einer solchen Entscheidung verbundenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der die bereits bestehende Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung ist bis zum Ende der Rechtsmittelfrist, wird ein Rechtsmittel ergriffen bis zum Ablauf des siebenten Tages ab Einlangen der Beschwerdevorlage, zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Beschwerdevorlage und von der Gewährung der aufschiebenden Wirkung in Kenntnis zu setzen.

Stattgebende Beschlüsse [Anm.: betreffend eines Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung] entfalten ihre Suspensivwirkung ex nunc. Ausgesetzt wird der „Vollzug“ der bekämpften Entscheidung in einem umfassenden Sinn. Sämtliche durch die angefochtene Entscheidung bewirkten Gestaltungen der Rechtslage, einschließlich ihrer Tatbestands- und Bindungswirkungen, sind bis zur Beendigung des Revisionsverfahrens suspendiert (zB VwGH 24.8.2005, AW 2005/09/0023; 13.1.2015, Ra 2014/09/0007 mwN). (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 § 30 VwGG (Stand 1.10.2018, rdb.at).

Ein Antrag auf aufschiebende Wirkung allein vermag aber einer beim VwGH oder beim VfGH erhobenen Beschwerde die Wirkung, die Verpflichtung zur Ausreise sei vorläufig suspendiert, noch nicht zu verschaffen (vgl. E 5. September 2002, 99/21/0210, dessen Erwägungen, die zum FrG 1997 ergangen sind, sind mangels Änderung der Rechtslage weiterhin gültig). Die (Bloße) Stellung eines Antrags, der bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, steht einer Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthalts nicht entgegen. (…) (VwGH 19.2.2015, Ra 2014/21/0055; Rechtssatz).

In § 34 BFA-VG BGBl. I Nr. 87/2012 idgF finden sich die Voraussetzungen für die Anordnung der Festnahme eines Fremden:

§ 34. (1) Das Bundesamt kann die Festnahme eines Fremden anordnen (Festnahmeauftrag), wenn dieser
1.         Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt, oder
2.         sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Das Bundesamt kann die Festnahme eines Fremden auch ohne Erlassung eines Schubhaftbescheides anordnen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Voraussetzungen für die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vorliegen und
1.         der Fremde ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, nicht Folge geleistet hat oder
2.         der Aufenthalt des Fremden nicht festgestellt werden konnte.

(3) Ein Festnahmeauftrag kann gegen einen Fremden auch dann erlassen werden,
1.         wenn die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft nach § 76 FPG oder zur Anordnung gelinderer Mittel gemäß § 77 Abs. 1 FPG vorliegen und nicht aus anderen Gründen die Vorführung vor das Bundesamt erfolgt;
2.         wenn er seiner Verpflichtung zur Ausreise (§§ 52 Abs. 8 und 70 Abs. 1 FPG) nicht nachgekommen ist;
3.         wenn gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen werden soll oder
4.         wenn eine aufgrund eines Bescheides gemäß § 46 Abs. 2b FPG erlassene Vollstreckungsverfügung nicht vollzogen werden konnte oder der Fremde ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung gemäß § 46 Abs. 2b FPG, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, zur Befragung zur Klärung seiner Identität und Herkunft, insbesondere zum Zweck der Einholung einer Bewilligung gemäß § 46 Abs. 2a FPG bei der zuständigen ausländischen Behörde durch die Behörde, nicht Folge geleistet hat.

Der mit „Festnahme“ betitelte § 40 BFA-VG BGBl. I Nr. 87/2012 idgF lautet:

§ 40. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen,
1.         gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 34) besteht,
2.         wenn dieser Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt oder
3.         der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Asylwerber oder Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, zum Zwecke der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen, wenn
1.         dieser Fremde nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist,
2.         gegen diesen eine durchsetzbare – wenn auch nicht rechtskräftige – aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG erlassen wurde,
3.         gegen diesen nach § 27 AsylG 2005 ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet wurde,
4.         gegen diesen vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG erlassen wurde oder
5.         auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

(3) In den Fällen der Abs. 1 und 2 kann die Festnahme unterbleiben, wenn gewährleistet ist, dass der Fremde das Bundesgebiet unverzüglich über eine Außengrenze verlässt.

(4) Das Bundesamt ist ohne unnötigen Aufschub über die erfolgte Festnahme zu verständigen. Die Anhaltung eines Fremden ist in den Fällen der Abs. 1 Z 2 und 3 und Abs. 2 bis zu 48 Stunden und in den Fällen des Abs. 1 Z 1 bis zu 72 Stunden zulässig; darüber hinaus ist Freiheitsentziehung nur gemäß § 77 Abs. 5 FPG oder in Schubhaft gemäß § 76 FPG möglich. Dem festgenommenen Fremden ist die Vornahme der Festnahme über sein Verlangen schriftlich zu bestätigen.

(5) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung auf Grund eines Festnahmeauftrags gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 einen Antrag auf internationalen Schutz, kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 gelten dabei sinngemäß.

(6) Während der Zulässigkeit der Sicherung der Zurückweisung im Flughafenverfahren sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, zu verhindern, dass ein zurückgewiesener Asylwerber in das Bundesgebiet einreist, soweit es ihm nicht gestattet ist.

Die gesonderte Anfechtung eines Festnahmeauftrages kommt jedenfalls nach vollzogener Festnahme schon zur Vermeidung von Doppelgleisigkeiten nicht in Betracht (VwGH 03.09.2015, Ro 2015/21/0025); bei der Überprüfung der Festnahme ist allerdings zu prüfen, ob die Festnahme rechtswidrig war, weil der zugrundeliegende Festnahmeauftrag nicht hätte ergehen dürfen oder weil er jedenfalls vor seinem Vollzug zu widerrufen gewesen wäre (VwGH 25.10.2012, 2010/21/0378).

Nach Art. 5 Abs. 1 EMRK hat jedermann ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf einem Menschen nur in den Fällen des Abs. 1 lit. a bis f und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden. Art. 1 PersFrBVG gewährleistet dieses Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) ebenfalls. Nach Art. 1 Abs. 2 PersFrBVG darf niemand aus anderen als den in diesem BVG genannten Gründen oder auf andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nach Art. 1 Abs. 3 PersFrBVG nur vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist. Er ist nur zulässig, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht. Nach Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG darf die persönliche Freiheit einem Menschen auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden, wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern.

1.2 Rechtlich folgt daraus:

In der Maßnahmenbeschwerde wurde im Wesentlichen vorgebracht, die Festnahme stelle sich als nicht rechtmäßig dar, da der gewährte Durchsetzungsaufschub noch nicht abgelaufen gewesen sei. Dem ist jedoch, den zitierten Rechtquellen entsprechend, nicht beizupflichten: Gemäß § 30 Abs. 1 VwGG kommt einer Revision die aufschiebende Wirkung nicht per se zu. Hierin ist zwischen ordentlichen und außerordentlichen Revisionen nicht zu differenzieren. Für die Erledigung eines Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist zunächst das BVwG, ab Vorlage der VwGH zuständig. Im Falle einer außerordentlichen Revision ist gemäß § 30a Abs. 2 iVm Abs. 7 VwGG eine alsbaldige Entscheidung durch das BVwG nicht vorgesehen. Dies wird gemeinhin dahingehend ausgelegt, dass das BVwG im Falle einer außerordentlichen Revision eine Entscheidung über einen solchen Antrag fällen kann, zum Erlass einer solchen jedoch nicht verpflichtet ist (vgl. Filzwieser et al., Asyl- und Fremdenrecht [Stand 15.01.2016], Kommentar zu § 8 BFA-VG, 84, K20). Im vorliegenden Fall wurde der Revision jedoch weder vom BVwG noch vom VwGH die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Eine solche kam dem Rechtsmittel damit nicht zu. § 16 Abs. 4 BFA-VG ist per analogiam zu entnehmen, dass die Durchsetzbarkeit einer Entscheidung bei Erlassung einer Aufenthaltsbeendenden Maßnahme eintritt, sofern einem Rechtsmittel gegen eine solche die aufschiebende Wirkung nicht zukommt. Somit ist der Behörde dahingehend beizupflichten, dass die gegen die BF verhängte Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet mit Zustellung des Erkenntnisses des BVwG am 13.08.2020 durchsetzbar wurde. Der bloße Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vermochte dies, wie den obigen Ausführungen zu entnehmen ist, nicht zu verhindern. Der gewährte Durchsetzungsaufschub endete sohin am 13.09.2020. Dieser Einwand der BF geht daher ins Leere.

Doch auch sonst vermochte das erkennende Gericht keine Rechtswidrigkeit der erfolgten Festnahmen zu erkennen:

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind nach § 40 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG ermächtigt, Fremde zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen, gegen die ein Festnahmeauftrag iSd § 34 BFA-VG besteht. Gemäß § 34 Abs. 1 Z. 2 BFA-VG kann das BFA die Festnahme eines Fremden anordnen, wenn dieser sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt. Die BF sind Staatsangehörige Serbiens und haben nicht die österreichische Staatsbürgerschaft. Sie sind damit Fremde iSd § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Wie festgestellt, kamen die BF ihrer Ausreiseverpflichtung auch nach Erlassung des genannten BVwG-Erkenntnisses und Ablauf des Durchsetzungsaufschubes nicht nach. Eine wie immer geartete Aufenthaltsberechtigung kam ihnen nicht (mehr) zu, das Vorliegen einer solchen wurde auch nicht behauptet. Sie hielten sich somit zum Zeitpunkt der Erlassung des Festnahmeauftrages am 29.10.2020 und der darauf gestützten Festnahme am 02.11.2020 unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Die Anwendbarkeit des 6. Hauptstückes des FPG ist ebenfalls zu verneinen. Auf legitime Festnahmegründe gestützte Festnahmeaufträge lagen somit vor und der Festnahmeauftrag wurde auch nicht widerrufen. Da sohin die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung der Festnahmeaufträge gemäß § 34 Abs. 1 Z. 2 BFA-VG vorlagen und dieser zum Zeitpunkt der Festnahmen aufrecht war, waren auch die auf diesen basierenden Festnahmen der BF rechtmäßig.

Die BF wurden am 02.11.2020 auf Basis dieser Festnahmeaufträge iSd 34 Abs. 1 Z 2 BFA-VG durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgenommen. Die BF befanden sich von 02.11.2020, 10:00, bis 03.11.2020, 15:15, und somit exakt 29 Stunden und 15 Minuten in Verwaltungsverwahrungshaft. § 40 Abs. 4 BFA-VG besagt, dass die Anhaltung eines Fremden in den Fällen des Abs. 1 Z 1 (Vorliegen eines Festnahmegrundes) bis zu 72 Stunden zulässig ist. Im Anschluss wurde über die BF die Schubhaft angeordnet. Es besteht daher kein Zweifel, dass die Sicherheitsorgane entsprechend den Aufträgen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gehandelt haben. Gegen die BF bestand ein aufrechter und auf einen Festnahmegrund gestützter Festnahmeauftrag, die zulässige Dauer der Anhaltung in Verwaltungsverwahrungshaft wurde bei weitem nicht ausgeschöpft, die Festnahmen und darauf gegründete Anhaltungen der BF lagen daher innerhalb des gesetzlich normierten Rahmens. Nachdem die BF ihrer Ausreiseverpflichtung für einen signifikanten Zeitraum nicht nachkamen, war die Festnahme zum Zweck der Vorführung vor das BFA auch notwendig. Da auch den Beschwerdeausführungen – abgesehen vom vorgeblich nach wie vor bestehenden Durchsetzungsaufschub – keine darüber hinausgehenden Gründen zu entnehmen sind, an der Rechtmäßigkeit der Festnahmen zu zweifeln, waren die Beschwerden gegen die Festnahmen der BF im Ergebnis als unbegründet abzuweisen.

2. Zu Spruchpunkt II. – Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft:

2.1. Rechtsgrundlagen:

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

2.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, „dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig“ (VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527).

Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, „weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese ’Einstellungsänderung’ durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfeststellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessene Verzögerung zu erblicken).“ (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

War der Schubhaftbescheid rechtswidrig, so muss das auch für die gesamte Zeit der auf ihn gestützten Anhaltung gelten (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0014; 19.03.2013, 2011/21/025; 28.08.2012, 2010/21/0388).

2.3. Rechtlich folgt daraus:

Im vorliegenden Fall ist nach Ansicht des erkennenden Gerichts kein ausreichender Sicherungsbedarf gegeben. Geht man vom bisherigen Verhalten der Beschwerdeführer in Österreich aus, so zeigt sich, dass lediglich der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG zur Gänze erfüllt ist, da eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen die BF bestand.

Die im Bescheid zudem unterstellte Verwirklichung des Tatbestandes des § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG konnte gerichtlich jedoch nicht erkannt werden. Wie bereits in der Beweiswürdigung näher ausgeführt, liegen keine Anhaltspunkte für unkooperatives Verhalten der BF vor. So waren diese amtlich gemeldet, unbescholten und der BF1 meldete selbstständig die erfolgte Scheidung von seiner Exfrau. Die BF waren an ihrer Meldeadresse auch tatsächlich aufhältig. Die nicht erfolgte Ausreise allein vermag nicht, diesen Eindruck zu schmälern, ergibt sich doch aus dem gesamten Akteninhalt nicht das Bild von Personen, die sich den Behörden zu entziehen suchten, unwahre oder widersprüchliche Angaben machten oder nicht greifbar gewesen wären. Eine generelle Missachtung von Regeln oder gar Unwille sich der österreichischen Rechtsordnung zu unterwerfen bzw. behördlichen Anforderungen Folge zu leisten, war keineswegs erkennbar. In seiner Einvernahme bat der BF1 darum, in Österreich bleiben zu dürfen. Daraus kann jedoch noch keine Ausreiseunwilligkeit, die in ein Untertauchen gemündet hätte, erkannt werden. Eine Mittellosigkeit des BF war, wie ausgeführt, ebenso wenig feststellbar. Weshalb zudem aufgrund angeblich mangelnder Geldmittel die Gefahr eines Untertauchens erheblich verstärkt gewesen sein soll, ließ das BFA in den angefochtenen Schubhaftbescheiden offen.

Ziffer 9 des Abs. 3 leg cit. ist ebenso wenig als verwirklicht anzusehen. Mag auch die Integration der BF noch nicht in einem ausgedehnten Maß und in jeglicher (wie etwa der sprachlichen) Hinsicht erfüllt gewesen sein, so waren doch derartige Bande zu erkennen, die die BF an einem Untertauchen zu hindern geeignet waren. Sie hatten eine gesicherte Unterkunft und BF2 und BF3 besuchten seit mehreren Jahren die Schule. Wie aus den Ausführungen des BF1 hervor geht, war es diesem besonders wichtig, die in Österreich bestehenden Bildungschancen für seine Kinder zu nutzen. Aus dem – von Seiten der BF mehrfach vorgebrachten und auch im Beschluss des VwGH erwähnten – guten Schulerfolg der beiden Minderjährigen ergibt sich auch deren Interesse am hiesigen Schulbesuch. Es ersc

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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