TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/5 W150 2235725-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.12.2020
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Entscheidungsdatum

05.12.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch


W150 2235725-3/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Klein als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn XXXX geb. XXXX .1995, alias XXXX 1998 alias XXXX 1990, Staatsangehörigkeit Pakistan, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl XXXX zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und, dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge auch: „BF“) reiste spätestens am 22.01.2015 illegal nach Österreich ein und stellte an diesem Tage einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei er angab, den Namen XXXX zu führen, aus Pakistan zu stammen und am XXXX 1998 in XXXX , Pakistan geboren worden zu sein.

2. Am 24.01.2015 wurde der BF bei der PI Traiskirchen EAST, einer Erstbefragung unterzogen. Zeitgleich wurde aufgrund eines EURODAC Treffers, Datum vom 26.08.2013, ein Konsultationsverfahren mit Ungarn eingeleitet, jedoch von dort eine Rückübernahme abgelehnt, weil dort das Asylverfahren des BF am 05.09.2013 negativ abgeschlossen worden war und daraufhin der BF am 20.09.2013 von Ungarn nach Serbien abgeschoben wurde. Danach reiste der BF wieder illegal von einem Drittstaat nach Österreich ein. Bei den ungarischen Behörden hatte der BF die Identität XXXX , geb. XXXX 1990, StA. Pakistan angegeben.

3. Da begründete Zweifel an der vom BF behaupteten Minderjährigkeit bestanden, wurde eine med. Begutachtung zur Altersfeststellung angeordnet. Das medizinische Sachverständigengutachten ergab ein fiktives Geburtsdatum mit XXXX .1995 und es wurde somit die Volljährigkeit festgestellt.

4. Mit Urteil des Straflandesgerichtes Wien vom 18.11.2015 (rk), AZ. 152 HV 136/2015g, wurde der BF wegen § 15 StGB, §§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall und § 27 Abs. 3 SMG (gewerbsmäßiges unerlaubtes Überlassen von Suchtgiften) zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monate, bedingt nachgesehen, Probezeit 3 Jahre, rechtskräftig verurteilt.

5. Bei der Einvernahme zu seinem Asylverfahren am 23.01.2017 gab der BF zu Protokoll, er habe nie Dokumente besessen und könne deswegen keine in Vorlage bringen.

6. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge „BFA“) vom 25.01.2017, Zl. XXXX , wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 22.01.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 PFG gegen ihn erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Pakistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.). Dagegen erhob der BF fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (in der Folge auch: „BVwG“).

7. Mit Urteil des Straflandesgerichtes Wien vom 31.10.2018 (rk 06.11.2018), AZ. 143 HV 47/2017f, wurde der BF wegen § 27 Abs. 2a SMG, §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall, 27 Abs. 2 SMG (Erwerb und Besitz von Suchtgiften in der Öffentlichkeit zum eigenen Gebrauch) zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monate, bedingt nachgesehen, Probezeit 3 Jahre, rechtskräftig verurteilt und zugleich die Probezeit zur Verurteilung vom 18.11.2015, AZ. 152 HV 136/2015g, auf insgesamt 5 Jahre verlängert.

8. Mit Urteil des Straflandesgerichtes Wien vom 06.06.2019 (rk 24.09.2019), AZ. 065 HV 13/2019k, wurde der BF wegen § 27 Abs. 2a 2. Fall iVm Abs. 3 SMG und § 27 Abs. 2a 1. Fall iVm Abs. 3 SMG (Gewerbsmäßiges Überlassen und Anbieten von Suchtgiften in der Öffentlichkeit) zu einer Zusatzstrafe zu 143 HV 47/2017f, Freiheitsstrafe von 3 Monaten, Zusatzstrafe zu 143 HV 47/2017f, rechtskräftig verurteilt und zugleich die Probezeit zur Verurteilung vom 18.11.2015, AZ. 152 HV 136/2015g, auf insgesamt 5 Jahre verlängert.

9. Mit Bescheid des BFA vom 12.07.2019 wurde der Bescheid vom 25.01.2017, Zl. XXXX , gemäß § 68 Abs. 2 AVG betreffend die Spruchpunkte III. und IV. von Amts wegen aufgehoben (Spruchpunkt I.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG gegen ihn erlassen (Spruchpunkt III.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Pakistan zulässig sei (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs 2 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.). Der Beschwerde wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.) und festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 13 Abs. 2 Z 3 AsylG habe der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet seit dem 18.11.2015 verloren (Spruchpunkt VIII.).

10. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seines rechtsfreundlichen Vertreters vom 24.07.2019 fristgerecht Beschwerde an das BVwG.

11. Das BVwG behob in Stattgebung der Beschwerde mit Erkenntnis vom 02.08.2019, L525 2147346-2/3E, den oben unter Punkt 9. genannten Bescheid des BFA vom 12.07.2019, ersatzlos.

12. Mit Urteil des Straflandesgerichtes Wien vom 11.11.2019 (rk 15.11.2019), AZ. 085 HV 57/2019b, wurde der BF wegen § 15 StGB § 269 Abs. 1 1. Fall StGB (versuchter gewaltsamer Widerstand gegen die Staatsgewalt) zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, bedingt nachgesehen, Probezeit 3 Jahre, sowie einer Geldstrafe von 180 Tagsätzen zu je 4,00 EUR (720,00 EUR), im Nichteinbringungsfalle 90 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, rechtskräftig verurteilt.

13. Mit Urteil des Straflandesgerichtes Wien vom 15.01.2020 (rk), AZ. 142 HV 109/2019v, wurde der BF wegen §§ 27 Abs. 1 1. Fall, 27 Abs. 1 2. Fall SMG (Erwerb und Besitz von Suchtgiften) und §§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, 27 Abs. 3 2. Fall SMG (gewerbsmäßiges Überlassen von Suchtgiften) zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, davon 10 Monate bedingt nachgesehen, Probezeit 3 Jahre, rechtskräftig verurteilt. Weiters wurde die bedingte Strafnachsicht der Verurteilung vom 18.11.2015, 152 HV 136/2015g, widerrufen.

14. Das BVwG wies mit Erkenntnis vom 02.02.2020, AZ. L525 2147346-1, die oben unter Punkt 6. angeführte Beschwerde des BF gegen den ursprünglichen Bescheid des BFA vom 25.01.2017, Zl. XXXX , ab.

15. Mit Schreiben des BFA vom 26.02.2020 wurde dem BF die Absicht der Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot aufgrund seiner zahlreichen Verurteilungen zur Kenntnis gebracht. Er wurde darauf aufmerksam gemacht, dass bei Vorliegen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme beabsichtigt ist, die Schubhaft nach seiner Haftentlassung über ihn zu verhängen um seine Abschiebung nach Pakistan sicherzustellen. Gleichzeitig wurde ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme bezüglich seiner familiären und privaten Verhältnisse geboten. Als Beilage wurden ihm die Länderfeststellungen zu seinem Heimatland übermittelt. Dieses Schreiben hat er nachweislich am 28.02.2020 übernommen. Es langte jedoch keine Stellungnahme ein.

16. Am 25.05.2020 wurde vom BFA gegen den BF eine Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot für die Dauer von sechs Jahren erlassen. Diese wurde mit Datum 29.05.2020 durchsetzbar. Gegen diesen Bescheid brachte der BF fristgerecht Beschwerde ein.

17. Die vorgenannte Beschwerde wurde vom BVwG mit Erkenntnis vom 02.07.2020, L512 2147346-3/3E, rechtskräftig in allen Punkten als unbegründet abgewiesen.

18. Am 10.06.2020 wurde vom BFA der gegenständliche Schubhaftbescheid erlassen und ausgeführt, dass der BF durch sein bisheriges Verhalten im Inland die Tatbestände des § 76 Abs. 3 Z 1, 6a und 9 FPG erfüllt hat und daher aktuell von Fluchtgefahr auszugehen sei. Darüber hinaus sei die Haft auch verhältnismäßig, da aufgrund der massiven Straffälligkeit des BF das Interesse der Öffentlichkeit an einer gesicherten, baldigen Abschiebung ungleich höher sei, als die persönlichen Interessen des BF an der weiteren Ausübung seiner Freiheit.

19. Der BF, der sich ab dem 25.11.2019 in Strafhaft befunden hatte, wurde am 15.06.2020 aus der Haft bedingt entlassen und direkt in die laufende Schubhaft überstellt.

20. Am 05.10.2020 legte das BFA den gesamten Verfahrensakt dem BVwG zur Entscheidung nach § 22 a Abs. 4 BFA-VG hinsichtlich der ersten amtswegigen Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer über die gesetzliche Dauer von vier Monaten dauernden Schubhaftfortführung vor.

21. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.10.2020, W171 2235725-1/2E, wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig ist. Hingewiesen wurde in diesem Zusammenhang auf aktuell noch immer laufende Bemühungen des BFA zur Erlangung eines Heimreisezertifikats, das bisherige unkooperative Verhalten des Beschwerdeführers, seine fehlende soziale Verankerung im Bundesgebiet sowie die massive Straffälligkeit. Diese Entscheidung wurde dem Beschwerdeführer am 15.10.2020 durch persönliche Übergabe zugestellt.

Das Bundesverwaltungsgericht begründete nach Darstellung des Verfahrensganges seine Entscheidung wie folgt:

„1. Feststellungen:

Allgemein:

1.1. Der Beschwerdeführer befindet sich seit 15.06.2020 in Schubhaft. Die gesetzliche Viermonatsfrist läuft am 15.10.2020 ab. Eine gerichtliche Entscheidung über die Weiterführung der Schubhaft hat bis zum 16.10.2020 zu ergehen.

1.2. Der gegenständliche Schubhaftbescheid ist nicht in Beschwerde gezogen worden. Eine Änderung der Umstände für die seinerzeitige Verhängung der Schubhaft hat sich im Verfahren nicht ergeben.

1.3. Ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer liegt aktuell nicht vor. Es wurde jedoch rechtzeitig beantragt und wird laufend bei der ausstellenden Behörde urgiert.

1.4. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Weiterführung der Schubhaft sind zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung nach wie vor gegeben.

Gesundheitszustand:

2.1. Der BF leidet an keinen unverhältnismäßigen, die Schubhaft unzulässig machenden gesundheitlichen Beschwerden und ist haftfähig.

Effektuierbarkeit der Außerlandesbringung (Prognose):

3.1. Im Verfahren sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass die baldige Ausstellung eines Heimreisezertifikates unterbleiben könnte.

3.2. Nach Erlangung eines Heimreisezertifikates ist von einer baldigen Außerlandesbringung des BF auszugehen.

Sozialer/familiärer Aspekt:

4.1. Der BF verfügt über keinerlei berufliche, familiäre oder sonstige soziale Kontakte in Österreich, hat keinen Wohnsitz und ist in keiner Weise selbsterhaltungsfähig.

Öffentliche Interessen:

5.1. Der BF hat in der Vergangenheit mehrfach massiv gegen das Strafgesetz verstoßen und hat seinen illegalen Aufenthalt prolongiert. Er befand sich über lange Zeit in Strafhaft und konnte bisher nicht Außerlandes gebracht werden.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.: Die Angaben über den Verfahrensgang und die hiezu ergangenen Feststellungen beziehen sich auf die Angaben im vorliegenden Akt. Unter Heranziehung der Bestimmungen zur Fristenberechnung gemäß § 32 AVG ergibt sich, dass der Ablauf der Viermonatsfrist auf den 15.10.2020 fällt. Die gerichtliche Entscheidungsfrist endet einen Tag danach.

Zu. 1.2.: Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass der seinerzeitige Schubhaftbescheid nicht in Beschwerde gezogen wurde. Ebenso konnte aufgrund der Aktenlage festgestellt werden, dass sich die wesentlichen Umstände im Rahmen der Schubhaft seit der seinerzeitigen Verhängung nicht verändert haben. Die formalen Voraussetzungen für die laufende Schubhaft sind daher unverändert gegeben.

Zu 1.3.: Ebenso aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass zwar noch kein Heimreisezertifikat vorliegt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Ausstellung eines Heimreisezertifikats erfolgen wird, zumal die Bemühungen seitens der Behörde dokumentiert sind.

Zu 1.4.: Aus einer Überprüfung der formalen Grundlagen für die Aufrechterhaltung der Schubhaft ergibt sich, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die durchsetzbare Rückkehrentscheidung, welche seinerzeit die rechtliche Grundlage für die Erlassung des Schubhaftbescheides darstellte, nach wie vor Durchsetzbarkeit hat.

Zu 2.1.: Aus dem Akt ergibt sich keinerlei Anhaltspunkt für eine Erkrankung des BF. Aus der Anhaltedatei sind keine wesentlichen Beschwerden und ärztlichen Behandlungen ersichtlich. Das Gericht geht daher in weiterer Folge davon aus, dass für eine Haftunfähigkeit oder eine Unverhältnismäßigkeit der Haft keine Anhaltspunkte gegeben sind.

Zu 3.1.: siehe zu 1.3.

Zu 3.2.: Im gerichtlichen Verfahren sind keine Anhaltspunkte dafür ans Tageslicht gekommen, dass es für den BF nicht möglich wäre, zeitnah nach Erlangung eines Heimreisezertifikates auch tatsächlich in sein Heimatland verbracht zu werden.

Zu 4.1.: Die Feststellungen zu 4.1. ergeben sich im Wesentlichen aus den bisher unwidersprochen gebliebenen Angaben im Asylbescheid und im Schubhaftbescheid. Der BF hat diesbezüglich im Rahmen des ihm eingeräumten Parteiengehörs keine Stellungnahme abgegeben. Bereits im abgeschlossenen Asylverfahren wurde festgehalten, dass keine familiären Anknüpfungspunkte des BF in Österreich bestehen würden. Weder das Asylverfahren, noch das behördliche Schubhaftverfahren hat jedenfalls Anhaltspunkte dafür ans Tageslicht gebracht, dass der BF im Inland tatsächlich über derartige Anknüpfungspunkte verfügen würde. Es war daher diesbezüglich seitens des Gerichts im Rahmen einer Gesamtbetrachtung nicht angezeigt von familiären Bindungen auszugehen. Ein aufrechter Wohnsitz ist zwar nach einer Abfrage im ZMR gegeben, doch verfügt der BF nunmehr über gar keine Barmittel, sodass nicht mehr davon ausgegangen werden konnte, dass der BF an diese Anschrift auch tatsächlich zurückkehren könnte.

Zu 5.1.: Die der Schubhaft zugrundeliegende Rückkehrentscheidung ist durchsetzbar. Der BF befindet sich illegal in Österreich. Darüber hinaus ergibt sich aus dem Akt, dass der BF bereits mehrfach wegen diverser Suchtmitteldelikte und wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt verurteilt wurde und sich so als gesellschaftsschädlich gezeigt hat. Im Sinne der Bestrebung der Republik Österreich ein geordnetes Fremden- und Asylwesen zu haben, kommt daher dem öffentlichen Interesse im konkreten Fall ein merkbar höherer Stellenwert, als den persönlichen Interessen des BF auf Freiheit, zu. Das öffentliche Interesse an einer gesicherten Außerlandesbringung des BF ist daher unverändert hoch und ist die Fortsetzung der Schubhaft daher auch weiterhin verhältnismäßig.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt A.:

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen:

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Die Grundlage zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit einer Fortsetzung der Schubhaft über die Viermonatsfrist im BFA-VG iVm. § 80 FPG lautet:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.

3.1.2. Zur Judikatur:

Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf Art 1 Abs. 3 PersFrSchG 1988 hinzuweisen, aus dem sich das für alle Freiheitsentziehungen geltende Gebot der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit ergibt, deren Prüfung im Einzelfall eine entsprechende Interessenabwägung verlangt. Für die Schubhaft ergibt sich das im Übrigen auch noch aus der Wendung "... wenn dies notwendig ist, um ..." in Art 2 Abs. 1 Z 7 PersFrSchG 1988. Dementsprechend hat der VfGH - nachdem er bereits in seinem Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, die Verpflichtung der Behörden betont hatte, von der Anwendung der Schubhaft jedenfalls Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist - in seinem Erkenntnis vom 15.06.2007, B 1330/06 und B 1331/06, klargestellt, dass die Behörden in allen Fällen des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 unter Bedachtnahme auf das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen. Der VwGH hat dazu beginnend mit dem Erkenntnis vom 30.08.2007, 2007/21/0043, mehrfach festgehalten, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 gestützt werden soll, stets nur ultima ratio sein dürfe.“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008)

Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich in Frage kommt. Die begründete Annahme, dass eine Aufenthaltsbeendigung erfolgen wird, ist dabei ausreichend. Dass die Effektuierung mit Gewissheit erfolgt, ist nicht erforderlich (vgl. dazu etwa VwGH 07.02.2008, Zl. 2006/21/0389; VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/21/0039). Steht hingegen von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Anderenfalls erwiese sich die Schubhaft nämlich als für die Erreichung des Haftzweckes (der Abschiebung) "nutzlos". Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FPG ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse

entgegenstehen. Den erwähnten Verlängerungstatbeständen liegt freilich zu Grunde, dass die in Frage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft Umstände eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann. (vgl. VwGH 11.06.2013, Zl. 2013/21/0024, zum Erfordernis einer Prognosebeurteilung, ob die baldige Ausstellung eines Heimreisezertifikates trotz wiederholter Urgenzen durch das Bundesministerium für Inneres angesichts der Untätigkeit der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates zu erwarten ist; vgl. VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582, zur rechtswidrigen Aufrechterhaltung der Schubhaft trotz eines ärztlichen Gutachtens, wonach ein neuerlicher Versuch einer Abschiebung des Fremden in den nächsten Monaten aus medizinischen Gründen nicht vorstellbar sei).

3.1.3. Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Viermonatsfrist gehen solle, vorzulegen. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig wäre. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass eine weitere Anhaltung über die gesetzlich vorgesehene Viermonatsfrist hinaus, weiter als verhältnismäßig angesehen werden kann. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse zeigt sich, dass keinerlei derartige Faktoren vorliegen. Darüber hinaus hat das Ermittlungsverfahren ergeben, dass der BF nicht selbsterhaltungsfähig ist. Im Zuge der durchzuführenden Abwägung bleibt daher festzuhalten, dass berücksichtigungswürdige soziale Bindungen in Österreich bisher gar nicht entstanden sind und Selbsterhaltungsfähigkeit nicht gegeben war.

Das Verfahren hat in keiner Weise ergeben, dass der BF aufgrund seiner gesundheitlichen Situation durch die Inhaftierung einer unzumutbaren (unverhältnismäßigen) Belastung ausgesetzt ist, zumal er auch diesbezüglich bei Bedarf einer medizinischen Kontrolle unterzogen wird.

Aufgrund der dem Gericht vorliegenden Informationen aus dem Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl lässt sich aus derzeitiger Sicht erkennen, dass von deren Seiten eine zügige Außerlandesbringung nach Erlangung eines Heimreisezertifikates als wahrscheinlich anzusehen ist. Das Gericht geht daher im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung davon aus, dass eine Außerlandesbringung des BF nach heutigem Wissensstand durchaus möglich, und auch im Laufe der kommenden Monate trotz der coronabedingten Einschränkungen aus heutiger Sicht realistisch erscheint. Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen ist jedenfalls gewährleistet, dass eine allfällige weitere wesentliche Verlängerung der Schubhaft, einer neuerlichen Überprüfung zu unterziehen sein wird. Dabei wird abermals eine Prognoseentscheidung hinsichtlich einer zeitnahen Effektuierung der Außerlandesbringung des BF durchzuführen sein. Das Gericht kommt daher zu dem Schluss, dass eine Fortsetzung der Schubhaft durch Überschreitung der Viermonatsfrist des § 80 FPG weiterhin verhältnismäßig und notwendig ist. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung auch die Voraussetzungen für eine nunmehr über die Viermonatsfrist hinausgehende Schubhaft weiter vorliegen.

Zu Spruchpunkt B. – Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie zu Spruchpunkt A. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.“

22. Mit Erkenntnis des BVwG vom 12.11.2020, W137 2235725-2/4E, wurde im Zuge der darauffolgenden amtswegigen Überprüfung der weiteren Anhaltung des BF festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

23. Das Bundesamt legte dem Bundesverwaltungsgericht am 30.11.2020 die Akten gemäß §22a BFA-VG zur neuerlichen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft vor. Näher ausgeführt wurde nach Wiederholung der im gegenständlichen Bescheid und den bisherigen Vorlagen vorgebrachten Argumenten, dass eine Abschiebung auch zeitnah stattfinden können, hätte sich der BF nach negativem Abschluss des Antrages auf internationalen Schutz um die Erlangung eines Heimreisezertifikates selbst bemüht bzw. an der Erlangung eines solchen durch Besorgung von Dokumenten aus seinem Herkunftsstaat wie es seine Verpflichtung gewesen wäre, mitgearbeitet. Aus eigenem Antrieb habe sich der BF weder um die Beschaffung eines Heimreisezertifikates noch um die Erlangung eines Identitätsnachweises aus seiner Heimat bemüht. Somit sei die Dauer der Anhaltung im Verhalten der VP gelegen. Ein Flug (Einzelabschiebung) könne erst nach Erlangung eines HRZ gebucht werden.

24. Aufgrund eines gerichtlichen Auftrages vom 01.12.2020 übermittelte die LPD Wien, Abteilung Fremdenpolizei und Anhaltevollzug (AFA), am 07.12.2020 ein aktuelles amtsärztliches Gutachten vom gleichen Tage, welches die weitere Haftfähigkeit des BF bestätigte.

25. Eine am 04.12.2020 durchgeführte online Abfrage der aktuellen Daten der WHO ergab, dass sich die COVID-19 Situation in Pakistan nicht wesentlich im Vergleich zum Zeitpunkt vor einem Monat verändert hat. Die Zahlen bezüglich neuer Fälle, kumulierter Fälle und Todesfälle sind zwar leicht gestiegen, bleiben aber im Vergleich zu anderen Staaten, zB Österreich, in Ansehung der großen Einwohnerzahl (annähernd 217 Mio EW) deutlich zurück. ( https://covid19.who.int/region/emro/country/pk ).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der oben unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang sowie die im dort unter Punkt I. 21. zitierten vom BVwG in dessen Erkenntnis vom 15.10.2020, W171 2235725-1/2E, getroffenen Feststellungen, werden zum gegenständlichen Sachverhalt erhoben. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.2. Eine Änderung der Umstände für die Aufrechterhaltung der Schubhaft seit der letzten gerichtlichen Überprüfung vom 08.10.2020 hat sich im Verfahren nicht ergeben;

1.3. Der BF wird seit dem 15.06.2020 in Schubhaft angehalten;

1.4. Der BF ist in der Vergangenheit unter verschiedenen Identitäten aufgetreten, hat sich bis dato weder selbst um die Erlangung eines Heimreisezertifikates bemüht, noch hat er Dokumente zur Erlangung eines Identitätsnachweises beigebracht. Seine Identifizierung durch Behörden seines Heimatstaates konnte erst am 04.11.2020 erfolgen;

1.5. Die Behörden seines Heimatstaates haben die Ausstellung eines Heimreisezertifikates zugesichert;

1.6. Der BF ist weiterhin haftfähig;

1.7. Die Durchführung einer Rückführung des BF in sein Heimatland – auch hinsichtlich der derzeitigen COVID-19 Situation - ist möglich und vorgesehen.

2. Beweiswürdigung:

Hinsichtlich der vom angeführten Vorerkenntnis übernommenen Feststellungen ist auf die diesbezügliche zutreffende Beweiswürdigung zu verweisen.

Die COVID-19 Situation hat sich seit der letzten gerichtlichen Entscheidung bezüglich Pakistan nicht wesentlich verändert.

Die weiteren ergänzenden Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu Spruchpunkt A. (Fortsetzung der Schubhaft):

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 77 FPG - Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Die Grundlage zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit einer Fortsetzung der Schubhaft über die Viermonatsfrist im BFA-VG iVm § 80 FPG lautet:

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

§ 80 FPG lautet auszugsweise:

Dauer der Schubhaft (FPG)

§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich,

1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil,

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

In dem hier zitierten § 80 Abs. 4 FPG idF BGBl. I Nr. 145/2017 (NR: GP XXV IA 2285/A S. 197. BR: S. 872.) wurden laut der seinerzeitigen Erläuterungen zum Initiativantrag „die Regelung der höchstzulässigen Dauer der Schubhaft den Vorgaben des Unionsrechts auf Grund der Richtlinie 2008/115/EG über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, ABl. Nr. L 348 vom 24.12.2008 S. 98 (im Folgenden: „Rückführungs-RL“), angepasst. Artikel 15, Inhaftnahme, Abs. 5 und 6 der vorzitierten Richtlinie lauten:

„(5) Die Haft wird so lange aufrechterhalten, wie die in Absatz 1 dargelegten Umstände gegeben sind und wie dies erforderlich ist, um den erfolgreichen Vollzug der Abschiebung zu gewährleisten. Jeder Mitgliedstaat legt eine Höchsthaftdauer fest, die sechs Monate nicht überschreiten darf.

(6) Die Mitgliedstaaten dürfen den in Absatz 5 genannten Zeitraum nicht verlängern; lediglich in den Fällen, in denen die Abschiebungsmaßnahme trotz ihrer angemessenen Bemühungen aufgrund der nachstehend genannten Faktoren wahrscheinlich länger dauern wird, dürfen sie diesen Zeitraum im Einklang mit dem einzelstaatlichen Recht um höchstens zwölf Monate verlängern:

a) mangelnde Kooperationsbereitschaft seitens der betroffenen Drittstaatsangehörigen oder

b) Verzögerungen bei der Übermittlung der erforderlichen Unterlagen durch Drittstaaten.“

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114; 02.08.2013, 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung vorzulegen. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Vor dem Hintergrund des aktuell unbestritten feststehenden Sachverhaltes, welcher bereits der angeführten Vorentscheidung zugrunde gelegt wurde, waren, wie ausgeführt, auch keine zwischenzeitlich für den Beschwerdeführer sprechenden Änderungen auf Sachverhaltsebene zu konstatieren.

Die zutreffende rechtliche Beurteilung des Vorerkenntnisses wird daher zur rechtlichen Beurteilung erhoben.

Weiters ist festzuhalten, dass erst mit Ablauf des 15.12.2020 im gegenständlichen Fall eine Schubhaftdauer von 6 Monaten überschritten sein wird. Eine Abschiebung des Beschwerdeführers bis zum 15.12.2020 erscheint jedoch noch als möglich, da die Ausstellung eines HRZ durch die Vertretungsbehörde des Heimatlandes zugesichert wurde und eine Einzelabschiebung im Dezember bis längstens 15.12.2020 zum gegenwärtigen Zeitpunkt als durchaus möglich erscheint.

Doch selbst im Falle der Überschreitung der Schubhaftdauer, etwa durch Verzögerung einer geplanten Einzelabschiebung wären die Voraussetzungen für eine weitere Anhaltung des BF gemäß § 80 Abs. 4 Z 1 und 4 sowie im Sinne der Richtlinie 2008/115/EG gegeben, da der BF allein durch sein eigenes Verhalten (Verwendung dreier verschiedener Identitäten, keine Kooperation zur Erlangung von identifizierenden Papieren zur Identifizierung durch Behörden seines Heimatstaates und bedingt dadurch erst am 04.11.2020 die schließlich doch erfolgte Identifizierung) die längere Dauer der Schubhaft zu verantworten hätte.

Es war daher die Fortsetzung der Schubhaft auszusprechen.

Zu Spruchteil B) – Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einhe

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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