TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/18 W283 2230630-6

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Veröffentlicht am 18.11.2020
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Entscheidungsdatum

18.11.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §80

Spruch


W283 2230630-6/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Stefanie OMENITSCH als Einzelrichterin im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl 810844909-200316205 über die weitere Anhaltung von XXXX , geb. XXXX , StA. AFGHANISTAN, vertreten durch die Diakonie und Flüchtlingsdienst gem. GmbH in Schubhaft zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG iVm § 76 FPG iVm § 80 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger Afghanistans. Er reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 06.08.2011 seinen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.08.2011 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen. Der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan wurde nicht zuerkannt und der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen.

3. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 06.08.2012 wurde die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bundesasylamtes erhobene Beschwerde hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als unbegründet abgewiesen In Erledigung der Beschwerde wurde der bekämpfte Bescheid hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten und der Ausweisung behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen

4. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.10.2012 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen.

5. Im Zeitraum vom 11.11.2013 bis 08.07.2014 wies der Beschwerdeführer keine behördliche Meldung in Österreich auf.

6. Am 26.06.2014 wurde der Beschwerdeführer aufgrund der Dublin-II Verordnung aus Großbritannien aufgrund der vorliegenden Zuständigkeit Österreichs rücküberstellt.

7. Der gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.10.2012 erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.03.2015 stattgegeben und dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

8. Am 24.06.2015 wurde der Beschwerdeführer von einem Bezirksgericht und am 14.12.2015 von einem Landesgericht strafrechtlich verurteilt.

9. Am 23.02.2016 beantragte der Beschwerdeführer die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter. Diesem Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) vom 08.03.2016 stattgegeben und dem Beschwerdeführer eine bis zum 19.03.2018 befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

10. Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 30.06.2016 wurde der Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat rechtskräftig verurteilt.

11. Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 22.06.2016 wurde der Beschwerdeführer zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen im Nichteinbringungsfall 50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, rechtskräftig verurteilt.

12. Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 19.05.2017 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 125 StGB zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je € 18,--, im Nichteinbringungsfall 40 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, rechtskräftig verurteilt.

13. Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 16.02.2018 wurde der Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat rechtskräftig verurteilt.

14. Am 19.02.2018 beantragte der Beschwerdeführer erneut die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter. Mit Schreiben des Bundesamtes vom 23.02.2018 wurde der Beschwerdeführer darüber informiert, dass ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gegen ihn eingeleitet wurde.

15. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 16.10.2018 wurde der Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten rechtskräftig verurteilt

16. Mit Schreiben des Bundesamtes vom 31.10.2018 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, zur beabsichtigten Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten Stellung zu nehmen.

17. Mit Schreiben vom 21.11.2018 brachte der Beschwerdeführer eine Stellungnahme ein.

18. Am 17.01.2019 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt niederschriftlich einvernommen. Dabei gab der Beschwerdeführer u.a. an, dass er derzeit keiner Erwerbstätigkeit nachgehe. Er sei gesund und es gehe ihm gut. Er nehme keine Medikamente ein.

19. Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 18.01.2019 wurde der Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten rechtskräftig verurteilt.

20. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 04.02.2019 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen aberkannt und dem Beschwerdeführer die erteilte befristete Aufenthaltsbewilligung als subsidiär Schutzberechtigter entzogen. Dem Beschwerdeführer wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Es wurde eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig sei. Für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers wurde eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt. Zudem wurde ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Der Antrag des Beschwerdeführers vom 19.02.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung wurde abgewiesen.

21. Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben.

22. Am 07.03.2019 wurde der Beschwerdeführer in eine Justizanstalt zur Verbüßung seiner Freiheitsstrafe eingeliefert.

23. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 24.04.2019 wurde der Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten rechtskräftig verurteilt.

24. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 06.05.2019 wurde die mit Bescheid des Bundesamtes vom 04.02.2019 eingeräumte Frist zur freiwilligen Ausreise von 14 Tagen widerrufen. Gegen diese Entscheidung wurde kein Rechtsmittel erhoben und erwuchs dieser Bescheid somit in Rechtskraft.

25. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.10.2019 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 04.02.2019 als unbegründet abgewiesen und die Dauer des gegen den Beschwerdeführer erlassenen Einreiseverbotes auf acht Jahre erhöht. Die Beschwerde hinsichtlich der Ausreisefrist wurde mit der Maßgabe abgewiesen, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. Dieses Erkenntnis blieb unbekämpft.

26. Der Beschwerdeführer wurde als afghanischer Staatsangehöriger identifiziert und wurde für ihn am 26.11.2019 von der afghanischen Botschaft ein Heimreisezertifikat ausgestellt. Am 06.03.2020 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Strafhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz.

27. Am 08.04.2020 wurde dem Beschwerdeführer vom Bundesamt im Rahmen des Parteiengehörs das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Erlassung einer Schubhaft im Anschluss an die Strafhaft übermittelt und der Beschwerdeführer zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert. Im Rahmen seiner schriftlichen Stellungnahme vom 10.04.2020 wurde vom Beschwerdeführer im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass sein Ziel darin bestehe, in Österreich zu bleiben, da ihn in Afghanistan der Tod erwarten würde. Eine Veränderung in familiärer Hinsicht oder hinsichtlich seiner sozialen Situation sei nicht eingetreten, da er in Haft gewesen sei. Auch habe sich seit der Rechtskraft der Rückkehrentscheidung keine Veränderung hinsichtlich seines privaten Umfeldes ergeben. Über einen Wohnsitz in Österreich verfüge er nicht mehr, da er die Wohnung aufgrund seiner Inhaftierung auflösen habe müssen. Es sei jedoch möglich mit Hilfe der Caritas in einem Übergangszimmer für die erste Zeit nach der Haft zu wohnen. Zudem könnte er sich von Kollegen Geld borgen.

28. Mit Bescheid vom 17.04.2020 ordnete das Bundesamt über den Beschwerdeführer die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme an. Dieser Bescheid wurde mit der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft am 06.05.2020 in Vollzug gesetzt und der Beschwerdeführer wird seither in Schubhaft angehalten.

29. Gegen den Schubhaftbescheid des Bundesamtes sowie die Anhaltung in Schubhaft wurde vom Beschwerdeführer Beschwerde erhoben.

30. Am 13.05.2020 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt zu seinem Asylfolgeantrag niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er zu seinen nunmehrigen Gründen für die Antragstellung im Wesentlichen zusammengefasst an, dass er dieselben Fluchtgründe habe, wie er bereits im vorangegangenen Verfahren vorgetragen habe. Dem Beschwerdeführer wurde daraufhin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag zurückzuweisen.

31. Die vom Beschwerdeführer gegen den Schubhaftbescheid vom 17.04.2020 erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.05.2020 als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Gegen dieses Erkenntnis wurde nach einem teilerfolgreichen Verfahrenshilfeantrag im September 2020 eine ao. Revision erhoben.

32. Am 19.06.2020 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt neuerlich zu seinem Asylfolgeantrag niederschriftlich einvernommen. In weiterer Folge wurde mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundesamtes vom 19.06.2020 der dem Beschwerdeführer zukommende faktische Abschiebeschutz aufgehoben.

33. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.07.2020 wurde festgestellt, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtmäßig gewesen ist. Es liegt somit eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bzw. Anordnung zur Außerlandesbringung vor.

34. Am 14.09.2020 wurde beim Beschwerdeführer in seiner Zelle im Polizeianhaltezentrum ein eingeschmuggeltes Mobiltelefon sichergestellt. Der Beschwerdeführer wurde durch Verbringung in eine Einzelzelle einer Disziplinarmaßnahme unterzogen.

35. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.09.2020, vom 22.09.2020, vom 24.09.2020 sowie zuletzt vom 21.10.2020 wurde jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig ist.

36. Am 11.11.2020 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft fristgerecht vor und erstattete eine Stellungnahme. Vom Bundesamt wurde nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass keine wesentliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten sei. Es bestehe weiterhin aktuell Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf. Zudem stelle der Beschwerdeführer aufgrund seiner neun rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilungen eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass trotz Vorliegens eines gültigen Reisedokuments der Beschwerdeführer aufgrund der derzeitigen Covid-19 Pandemie noch nicht abgeschoben werden konnte, zumal die Übernahme des Beschwerdeführers durch die afghanischen Behörden nicht gewährleistet werden könne. Eine Abschiebung mit einem Charterflug im Dezember sei terminisiert. Daher sei eine Anhaltung länger als sechs Monate gemäß § 80 Abs. 4 Z 2 FPG zulässig. Zum Vorliegen der Kriterien des § 80 Abs. 4 Z 4 FPG wurde ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer bereits einmal dem laufenden Verfahren durch Abtauchen in die Anonymität entzogen habe. Dabei sei er illegal durch andere Mitgliedstaaten gereist und letztendlich in Großbritannien aufgegriffen worden. Von dort sei er am 26.06.2014 per Flugüberstellung wieder nach Österreich rücküberstellt worden. Es sei daher von einer massiven Fluchtgefahr auszugehen.

37. Mit Schreiben vom 12.11.2020 langte eine Stellungnahme des Beschwerdeführers ein, wonach die Voraussetzungen des § 80 Abs. 4 Z 4 FPG nicht erfüllt sei und eine unionsrechtskonforme Auslegung geboten sei. Für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 0Abs. 4 Z 1 bis 3 FPG gebe es keine Anhaltspunkte und hat das Bundesveraltungsgericht die Aufrechterhaltung der Schubhaft ausschließlich auf § 80 Abs. 4 Z 4 FPG gestützt. Überdies sei fraglich, ob das Verhalten des Beschwerdeführers als mangelnde Kooperationsbereitschaft iSd Rückführungsrichtlinie zu werten sei. Dass die Abschiebung aus dem Stande der Schubhaft bisher nicht durchgeführt werden konnte, liege unzweifelhaft an den Beschränkungen im Flugreiseverkehr aufgrund der Covid-19 Pandemie und nicht am Verhalten des Beschwerdeführers bzw. an dessen mangelnder Kooperationsbereitschaft. Überdies liege keine Fluchtgefahr vor und habe der Beschwerdeführer bereits seine freiwillige Ausreise nach Afghanistan beantragt. Schließlich sei es aufgrund der nicht absehbaren Entwicklung im Zusammenhang mit der Covid-19 Pandemie auch innerhalb der absoluten Schubhafthöchstdauer von 18 Monaten keineswegs gesichert, dass die Abschiebung in diesem Zeitraum durchgeführt werden könne. Schließlich wurde zum Beweis dafür, dass keine näher konkretisierte Aussicht auf Abschiebung nach Afghanistan besteht, die Einvernahme einer informierten Vertreterin bzw. eines informierten Vertreters des Bundesamtes im Rahmen einer mündlichen Verhandlung beantragt.

38. Mit Schreiben vom 13.11.2020 wurde dem Bundesamt dieser Schriftsatz zur Abgabe einer Begründeten Stellungnahme aufgetragen und die Vorlage der Verständigung des Beschwerdeführers gemäß § 80 Abs. 7 FPG angefordert.

39. Mit Stellungnahme vom 16.11.2020 gab das Bundesamt an, dass der Beschwerdeführer noch nicht abgeschoben werden könne, da aufgrund der Covid-19 Pandemie die Gewährung der Einreise durch die afghanischen Behörden bislang nicht gewährleistet werden konnte. Aufgrund der Note des afghanischen Außenministeriums mit englischer Übersetzung, die bereits am 11.11.2020 vorgelegt worden sei, liege die Anwendbarkeit des § 80 Abs. 4 Z 2 FPG vor. Zum Vorliegen des § 80 Abs. 4 Z 4 FPG führte das Bundesamt aus, dass es keine notwendige Vertrauensbasis hinsichtlich einer Zustimmung (gemeint: zur freiwilligen Ausreise) gebe. Der Beschwerdeführer habe sich nicht als vertrauenswürdig erwiesen. Aufgrund seines Abtauchens in die völlige Anonymität in Österreich und der drauffolgenden illegalen Reizbewegung durch mehrere Mitgliedstaaten habe der Beschwerdeführer schlussendlich von Großbritannien nach Österreich rücküberstellt werden müssen. Ebenso habe er während seines Aufenthaltes in Österreich und anderen Mitgliedstaaten verschiedenste Identitäten angegeben. Der Beschwerdeführer habe nur aufgrund der Identifizierung durch die Vertretungsbehörde als afghanischer Staatsangehöriger identifiziert werden können. Er selbst habe keine Identitätsdokumente vorgelegt. Selbst wenn sich dieser Sachverhalt unstrittig auf einen Zeitraum vor der Schubhaftverhängung beziehe, sei ein Verfahrensentzug während aufrechter Schubhaft nur durch eine Flucht aus dem Stande der Schubhaft denkmöglich. Daher liege nach Ansicht der Behörde auch die Anwendbarkeit des § 80 Abs. 4 Z 4 FPG vor. Zur freiwilligen Ausreisebereitschaft führte das Bundesamt aus, dass diese Ausreisebereitschaft durch seine Angaben in der Einvernahme vom 13.11.2020 relativiert seien. Es liege daher unverändert eine äußert hohe Fluchtgefahr vor. Hinsichtlich der Unmöglichkeit der Abschiebung innerhalb der 18 Monate führte das Bundesamt aus, dass zwischenzeitliche bereits ein konkreter Abschiebetermin für Dezember 2020 feststehe und der Beschwerdeführer darüber in Kenntnis gesetzt worden sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 06.05.2020, somit länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft. Es ist gemäß § 22a Abs 4 BFA-VG daher die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu prüfen und festzustellen, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Der Beschwerdeführer befindet sich zum Entscheidungszeitpunkt länger als sechs Monate in Schubhaft. Es ist zu überprüfen, ob die Voraussetzungen des § 80 Abs. 4 FPG vorliegen. Zudem ist zu überprüfen, ob das Bundesamt der Verständigungspflicht des § 80 Abs. 7 FPG nachgekommen ist.

Die letzte gerichtliche Haftüberprüfung erfolgte mit Erkenntnis vom 21.10.2020, zugestellt am Mittwoch, 21.10.2020. Die vierwöchige Frist zur Überprüfung endet daher am Mittwoch, 18.11.2020.

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft

1.1.1. Der Beschwerdeführer wurde als Staatsangehöriger von Afghanistan identifiziert. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Der Beschwerdeführer ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter (W255 14210433/27E; W202 1421043-4/4E).

1.1.2. Der Beschwerdeführer wird seit 06.05.2020 in Schubhaft angehalten, die gesetzliche Frist zur neuerlichen Überprüfung der Schubhaft endet am 18.11.2020. Bereits am 06.11.2020 wurde der Beschwerdeführer sechs Monate in Schubhaft angehalten (Anhaltedatei; W278 2230630/8E und W278 2230630/9).

1.1.3. Am 13.11.2020 wurde der Beschwerdeführer in der Sprache Paschtu im Rahmen einer Einvernahme davon in Kenntnis gesetzt, dass es bisher wegen Covid-19 keine Einreiseerlaubnis der terminisierten Charterabschiebungen nach Afghanistan gab. Weiters wurde der Beschwerdeführer informiert, dass er bisher nicht abgeschoben werden konnte, weil er sich bereits einmal dem Verfahren entzogen habe. Es wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, dass die Dauer der Schubhaft daher auf die von Gesetzes wegen zulässige Dauer von über 6 Monaten ausgedehnt wird (OZ 9).

1.1.4. Der Beschwerdeführer ist gesund und haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu medizinischer Versorgung (W278 2230630/8E: Befund und Gutachten der Amtsärztin vom 19.10.2020).

1.2. Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf

1.2.1. Nach dem negativen Ausgang des ersten Asylverfahrens mit Bescheid des Bundesamtes vom 22.10.2012 wies der Beschwerdeführer im Zeitraum von 12.03.2013 bis 07.07.2014 keine behördliche Meldung im Bundesgebiet auf (Zentrales Melderegister). Am 26.06.2014 wurde der Beschwerdeführer aufgrund der Dublin-II Verordnung aus Großbritannien aufgrund der vorliegenden Zuständigkeit Österreichs rücküberstellt. Der Beschwerdeführer hat sich durch seine Weiterreise nach Großbritannien seinem laufenden Beschwerdeverfahren entzogen, als der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers von 12.03.2013 bis zumindest 26.06.2014 unbekannt war (Fremdenregister).

1.2.2. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.03.2015 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (W172 1421043-1/8E).

1.2.3. Mit Schreiben des Bundesamtes vom 23.02.2018 wurde der Beschwerdeführer darüber informiert, dass ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gegen ihn eingeleitet wurde. Am 17.01.2019 wurde der Beschwerdeführer beim Bundesamt niederschriftlich einvernommen. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 04.02.2019 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen aberkannt, eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot erlassen, die Zulässigkeit der Abschiebung festgestellt, und eine 14tägige Ausreisefrist ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (W255 14210433-3/27E).

1.2.4. Am 07.03.2019 wurde der Beschwerdeführer zur Verbüßung einer Freiheitsstrafe in eine Justizanstalt eingeliefert (W255 14210433: OZ 1; Melderegister).

1.2.5. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 06.05.2019 die mit Bescheid des Bundesamtes vom 04.02.2019 eingeräumte Frist zur freiwilligen Ausreise von 14 Tagen widerrufen. Gegen diese Entscheidung wurde kein Rechtsmittel erhoben und erwuchs dieser Bescheid somit in Rechtskraft (Fremdenregister).

1.2.6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.10.2019 wurde die Beschwerde hinsichtlich der Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich der Ausreisefrist wurde abgesprochen, dass keine Frist zur freiwilligen Ausreise besteht (W255 14210433-3/27E).

1.2.7. Der Beschwerdeführer wies zuletzt am 03.10.2018 und von 12.03.2016 bis 13.03.2016 keine behördliche Meldung auf. Der Beschwerdeführer wies im Zeitraum von 13.10.2018 bis 20.11.2018 keine Hauptwohnsitzmeldung in Österreich auf. Der Beschwerdeführer war im Zeitraum von 13.10.2018 bis 15.10.2018 ohne behördliche Meldung im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer war im Zeitraum von 16.10.2018 bis 21.11.2018 als obdachlos gemeldet (Melderegister).

Das Aberkennungsverfahren wurde vom Bundesamt am 31.10.2018 eingeleitet (W255 14210433-3/27E).

Von 21.11.2018 bis 31.07.2019 war der Beschwerdeführer behördlich gemeldet. Der Beschwerdeführer befand sich zuletzt von 07.03.2019 bis 05.05.2020 in Justizhaft (Zentrales Melderegister).

1.2.8. Am 06.03.2020 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Strafhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 17.04.2020, ordnete das Bundesamt gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an (SIM Verfahren: Zustellnachweis und Schubhaftbescheid). Er wird seit seiner Entlassung aus der Strafhaft am 06.05.2020 in Schubhaft angehalten (Anhaltedatei). Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.07.2020 wurde die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes als rechtmäßig festgestellt (W202 1421043-4/4E). Es liegt eine durchsetzbare eine durchführbare Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer vor.

1.2.9. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich weder über Familienangehörige noch relevante soziale Bindungen. Er ging in Österreich bisher keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, verfügt über kein Vermögen und keinen eigenen gesicherten Wohnsitz (Anhaltedatei; Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 10.04.2020; Melderegister).

1.3.10. Der Beschwerdeführer stellte am 30.09.2020 einen Antrag auf freiwillige Rückkehr, der vom Bundesamt abgelehnt wurde. Der Beschwerdeführer wird nicht freiwillig ausreisen. Der Beschwerdeführer stellte den Antrag auf freiwillige Ausreise ohne die ernsthafte Absicht, tatsächlich freiwillig auszureisen.

1.3. Zur Verhältnismäßigkeit und Dauer der Schubhaft

1.3.1. Der Beschwerdeführer weist in Österreich folgende Verurteilungen auf:

1.3.1.1. Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 24.06.2015 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 83 Abs. 1 StGB und § 127 StGB wegen Körperverletzung und Einbruchdiebstahl zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von einer Woche verurteilt. Dem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer einem anderen Asylwerber mehrere Schläge in das Gesicht verpasste und am rechten Auge verletzte sowie aus einem PKW einer Pizzeria ca. sieben Stück Kaugummi stahl.

1.3.1.2. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 14.12.2015 wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 125, 126 Abs. 1 Z 7 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen im Nichteinbringungsfall 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, rechtskräftig verurteilt. Dem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer in Feldkirch Steine auf vier geparkte Pkw warf und einen Schaden von insgesamt € 6.208,- herbeiführte.

1.3.1.3. Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 30.03.2016 wurde der Beschwerdeführer erneut gemäß § 83 Abs. 1 StGB und § 125 StGB wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat rechtskräftig verurteilt. Dem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer in einem Lokal zwei ihm unbekannten Frauen nacheinander mit seinen beiden Händen fest an das Gesäß griff und einer der beiden Frauen, nachdem diese ihm eine Ohrfeige verpasst hatte, zwei kraftvolle Ohrfeigen mit der Handinnenfläche und eine mit der Handaußenfläche verpasste. Durch diese Schläge stürzte die Frau und wurde verletzt. Der Beschwerdeführer wurde des Lokals verwiesen. Vor dem Lokal versuchte der Beschwerdeführer auf den Begleiter einer der beiden betroffenen Frauen einzuschlagen und wurde von der Polizei in ein Dienstfahrzeug verbracht. Auf der Rückbank des Dienstfahrzeuges trat der Beschwerdeführer mit den Füßen gegen die innere Beifahrertüre, schlug mit dem Kopf gegen die hintere Fahrertüre und spuckte in das Fahrzeuginnere. Dadurch beschädigte er das Dienstfahrzeug, dessen hintere Türe sich nicht mehr ordnungsgemäß schließen ließ. Der Beschwerdeführer blieb der Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht fern, weshalb ein Abwesenheitsurteil erging.

1.3.1.4. Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 22.06.2016 wurde der Beschwerdeführer wegen § 218 Abs. 1 Z 2 StGB zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je € 4,--, im Nichteinbringungsfall 50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, rechtskräftig verurteilt. Diesem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer eine Mitarbeiterin einer Bäckerei dadurch belästigte, dass er vor dem Fenster der Bäckerei onanierte.

1.3.1.5. Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 19.05.2017 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 125 StGB zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je € 18,--, im Nichteinbringungsfall 40 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, rechtskräftig verurteilt. Diesem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer in einer Flüchtlingsunterkunft gegen die versperrte Zimmertüre des Zimmers eines anderen Bewohners schlug und drückte, wodurch diese Tür beschädigt wurde.

1.3.1.6. Mit Urteil eines Bezirksgerichtes Bludenz vom 16.02.2018 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 83 Abs. 1 StGB und § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat rechtskräftig verurteilt. Diesem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer einem behinderten Mann mehrere Faustschläge gegen die Schulter und das Gesicht versetzte, wodurch er den Mann verletzte sowie weiters die Brille und das Handy des Mannes beschädigte.

1.3.1.7. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 16.10.2018 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 83 Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten rechtskräftig verurteilt. Dem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer einem Security-Mitarbeiter eines Beförderungsunternehmens während oder wegen der Ausübung seiner Tätigkeit, zweimal mit der Faust ins Gesicht schlug, wodurch dieser eine Prellung der linken Augenhöhle und eine Schwellung unter dem linken Auge erlitt.

1.3.1.8. Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 18.01.2019 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 83 Abs. 1 StGB und § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten rechtskräftig verurteilt. Diesem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer einem Mann, der dem Beschwerdeführer erlaubt hatte, kostenlos bei ihm in der Wohnung zu schlafen, einen Faustschlag verpasste und unter dem linken Auge verletzte. Nach der Auseinandersetzung nahm der Beschwerdeführer einen auf der Straße liegenden Ziegelstein und warf ihn gegen die Windschutzscheibe des Autos jenes Mannes, den er zuvor geschlagen hatte.

1.3.1.9. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 24.04.2019 wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 15, 105 Abs. 1 StGB und § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten rechtskräftig verurteilt. Diesem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer einen Mann aufforderte, ihm € 50,-- zu geben und die Forderung durch einen Fußtritt und zwei Faustschläge gegen diese Person unterstrich und dadurch den Mann am Oberschenkel und im Bereich des linken Ohrs verletzte sowie einem anderen Mann drohte, diesen noch einmal zu schlagen, sollte dieser seine Anzeige gegen den Beschwerdeführer nicht gegen Zahlung eines Geldbetrages zurückziehen

1.3.2. Der Beschwerdeführer wurde am 26.11.2019 als afghanischer Staatsangehöriger identifiziert und ein Heimreisezertifikat ausgestellt (Fremdenregister). Die Abschiebung des Beschwerdeführers war bisher wegen der Aussetzung der Charterabschiebungen nach Afghanistan aufgrund der Covid-19 Pandemie nicht möglich.

Es ist davon auszugehen, dass die Wiederaufnahme der Charterabschiebungen nach Afghanistan im Dezember 2020 erfolgen wird. Das erkennende Gericht geht im Entscheidungszeitpunkt davon aus, dass eine Flugabschiebung im Dezember 2020 wahrscheinlich ist. Der Beschwerdeführer wurde über den Abschiebetermin im Dezember 2020 bereits informiert.

1.3.3. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der Beschwerdeführer untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten um sich einer Abschiebung zu entziehen.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in die Akte des Bundesverwaltungsgerichtes das Asylverfahren sowie das bisherige Schubhaftverfahren des Beschwerdeführers betreffend, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes, dem vorliegenden Gerichtsakt sowie den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes das Asylverfahren sowie das Schubhaftverfahren des Beschwerdeführers betreffend. Er ergibt sich ebenfalls aus der Stellungnahme des Bundesamtes vom 11.11.2020 und 16.11.2020, sowie den zitierten Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes in den Asylverfahren, und wurde bis dato nicht bestritten.

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft

2.1.1. Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich, dass der Beschwerdeführer von der afghanischen Vertretungsbehörde als afghanischer Staatsangehöriger identifiziert wurde. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebenso wenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des Beschwerdeführers. Da der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Österreich mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.10.2020 rechtskräftig aberkannt wurde, ist der Beschwerdeführer weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

2.1.2. Dass der Beschwerdeführer seit 06.05.2020 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres. Da die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft zuletzt am 21.10.2020 gerichtlich überprüft wurde, endet die Frist zur neuerlichen Überprüfung am 18.11.2020.

2.1.3. Dass der Beschwerdeführer am 13.11.2020 in der Sprache Paschtu in einer Einvernahme vom Bundesamt über die Abschiebehindernisse in Kenntnis gesetzt wurde, war aufgrund der im Akt aufliegenden Niederschrift festzustellen (OZ 9).

2.1.4. Aus dem Akt ergeben sich keine Indizien für eine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers. Dass er Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft. Dazu wurde insbesondere auf Befund und Gutachten der Amtsärztin vom 19.10.2020 rekurriert.

2.2. Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf

2.2.1. Die Feststellungen zum Untertauchen des Beschwerdeführers nach negativem Ausgang seines ersten Asylverfahrens und während des anhängigen Beschwerdeverfahrens waren aufgrund der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister zu treffen. Dass der Beschwerdeführer von Großbritannien rücküberstellt wurde fußt auf dem Akteninhalt. Die Feststellung zum unbekannten Aufenthaltsort des Beschwerdeführers im anhängigen Beschwerdeverfahren, ergibt sich aufgrund der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister.

2.2.2. Dass dem Beschwerdeführer mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.03.2015 wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, war aufgrund der Einsichtnahme in den Gerichtsakt festzustellen.

2.2.3. Die Feststellungen zum Aberkennungsverfahren ergeben sich aufgrund des Gerichtsaktes, insbesondere dem Erkenntnis vom 03.10.2019.

2.2.4. Dass der Beschwerdeführer am 07.03.2020 zur Verbüßung einer Freiheitsstrafe in eine Justizanstalt eingeliefert wurde, ergibt sich aus dem Akteninhalt des Gerichtsakts im Aberkennungsverfahren und den Eintragungen im Melderegister.

2.2.5. Die Feststellungen zum Widerruf der Ausreisefrist fußen auf der Einsichtnahme in das Fremdenregister.

2.2.6. Die Feststellungen zur gerichtlichen Entscheidung hinsichtlich des Aberkennungsverfahrens gründen auf der Einsicht in das Erkenntnis vom 03.10.2019.

2.2.7. Die Feststellungen zu den (fehlenden) behördlichen Meldungen und der Anhaltung in Justizhaft ergeben sich aufgrund der Eintragungen in das Zentrale Melderegister. Der Zeitpunkt der Einleitung des Aberkennungsverfahren durch das Bundesamt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt.

2.2.8. Die Feststellungen zum Asylfolgeantrag, zur Erlassung der Schubhaft, zur Anhaltung in Schubhaft und zur Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ergeben sich aufgrund des Akteninhaltes und der Einsicht in den Gerichtsakt hinsichtlich der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes.

2.2.9. Die Feststellungen zu den mangelnden familiären, sozialen und beruflichen Anknüpfungspunkten des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 10.04.2020, die Feststellung, dass der Beschwerdeführer über kein Vermögen verfügt, ergibt sich aufgrund der Einsicht in die Anhaltedatei. Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer über einen eigenen gesicherten Wohnsitz verfügt, liegen nicht vor, insbesondere verfügte er zuletzt am 31.07.2019 über eine Meldeadresse und verfügt seither über keine Meldeadresse außerhalb einer Justizanstalt bzw. eines Polizeianhaltezentrums und deckt sich dies auch mit seinen eigenen Angaben in der Stellungnahme vom 10.04.2020.

2.3.10. Die Feststellungen zu dem am 30.09.2020 gestellten Antrag auf freiwillige Rückkehr beruhen auf dem Verwaltungsakt. Da der Beschwerdeführer trotz dieser von ihm angegebenen Bereitschaft bei der Einvernahme am 13.11.2020 angegeben hat, in Österreich bleiben zu wollen und nur im Falle der weiteren Anhaltung in Schubhaft freiwillig ausreisen zu wollen, zeigt, dass er tatsächlich nicht beabsichtigt freiwillig in seinen Herkunftsstaat auszureisen.

2.3. Zur Verhältnismäßigkeit und Dauer der Schubhaft

2.3.1. Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers beruhen auf einer Einsichtnahme in das Strafregister sowie in die im Akt aufliegenden Urteilsausfertigungen.

2.3.2. Die Feststellungen zum Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer beruhen auf dem Akteninhalt, insbesondere auf der Eintragung im Fremdenregister. Dass die Abschiebung des Beschwerdeführers wegen der Aussetzung der Charterabschiebungen nach Afghanistan aufgrund der Covid-19 Pandemie nicht möglich war, ergibt sich aus dem Behördenakt und den Begleitinformationen der behördlichen Aktenvorlagen und Stellungnahmen.

Das erkennende Gericht geht im Entscheidungszeitpunkt davon aus, dass eine Abschiebung im Dezember 2020 wahrscheinlich ist, zumal es bereits eine Charterplanung gibt. Dass der Beschwerdeführer über seine geplante Abschiebung im Dezember 2020 bereits Kenntnis erlangt hat, ergibt sich aufgrund der übermittelten Einvernahme des Bundesamtes vom 13.11.2020.

2.3.3. Dass der Beschwerdeführer bei einer Entlassung aus der Schubhaft untertauchen wird und sich vor den Behörden verborgen halten wird, um sich seiner Abschiebung zu entziehen, war aufgrund des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers festzustellen. Bereits nach dem negativen Ausgang des ersten Asylverfahrens im Jahr 2013 verließ der Beschwerdeführer unrechtmäßig das Bundesgebiet und reiste bis nach Großbritannien weiter. Zuletzt gab der Beschwerdeführer im Zuge seiner Einvernahme am 13.11.2020 an, dass er in Österreich gerne arbeiten möchte. Auch bei seiner Stellungnahme vom 10.04.2020 gab der Beschwerdeführer an, dass er keine Schritte unternommen habe um seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen, da es sein Ziel sei in Österreich zu bleiben. Aufgrund dieser Aussagen, geht das Gericht davon aus, dass der Beschwerdeführer aufgrund der kurz bevorstehenden Abschiebung untertauchen wird, um sein Ziel – in Österreich zu bleiben – zu erreichen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zu Spruchteil A. – kein Fortsetzungsausspruch

3.1. Maßgebliche Rechtslage

3.1.1. § 80 des Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet auszugsweise:

„Dauer der Schubhaft

§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2.

sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2.

eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3.

der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4.

die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

…“

3.1.2. Art 2 und Art 15 Rückführungsrichtlinie lauten auszugsweise:

„Anwendungsbereich (Rückführungsrichtlinie)

Art 2. (1) Diese Richtlinie findet Anwendung auf illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhältige Drittstaatsangehörige.“

„Inhaftnahme (Rückführungsrichtlinie)

Art 15. (1) Sofern in dem konkreten Fall keine anderen ausreichenden, jedoch weniger intensiven Zwangsmaßnahmen wirksam angewandt werden können, dürfen die Mitgliedstaaten Drittstaatsangehörige, gegen die ein Rückkehrverfahren anhängig ist, nur in Haft nehmen, um deren Rückkehr vorzubereiten und/oder die Abschiebung durchzuführen, (…)

(5) Die Haft wird so lange aufrechterhalten, wie die in Absatz 1 dargelegten Umstände gegeben sind und wie dies erforderlich ist, um den erfolgreichen Vollzug der Abschiebung zu gewährleisten. Jeder Mitgliedstaat legt eine Höchsthaftdauer fest, die sechs Monate nicht überschreiten darf. 

(6) Die Mitgliedstaaten dürfen den in Absatz 5 genannten Zeitraum nicht verlängern; lediglich in den Fällen, in denen die Abschiebungsmaßnahme trotz ihrer angemessenen Bemühungen aufgrund der nachstehend genannten Faktoren wahrscheinlich länger dauern wird, dürfen sie diesen Zeitraum im Einklang mit dem einzelstaatlichen Recht um höchstens zwölf Monate verlängern:
a.         mangelnde Kooperationsbereitschaft seitens der betroffenen Drittstaatsangehörigen oder,
b.         Verzögerung bei der Übermittlung der erforderlichen Unterlagen durch Drittstaaten.

…“

3.1.2. Zur Judikatur

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). In einem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung aus, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich in Frage kommt. Steht hingegen von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Diesen Verlängerungstatbeständen liegt freilich zu Grunde, dass die in Frage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann (VwGH vom 11.06.2013, 2013/21/0024).

3.1.3. Dauer der Schubhaft

Zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer noch vor dem Hintergrund der zulässigen Dauer einer Anhaltung in Schubhaft in Schubhaft angehalten werden darf und allenfalls in weiterer Folge, ob eine Abschiebung des Beschwerdeführers noch innerhalb der noch zur Verfügung stehenden, zulässigen Dauer der Schubhaft bewerkstelligt werden kann.

Die Anhaltung der Dauer in Schubhaft ist in § 80 FPG geregelt. § 80 FPG sieht in Abs. 2 eine grundsätzliche Anhaltung in Schubhaft von bis zu drei oder sechs Monaten vor. Gemäß Abs. 5 kann die Dauer der Schubhaft auf 10 Monate, und gemäß Abs. 4 auf 18 Monate – bei Vorliegen aller Voraussetzungen – verlängert werden.

Gemäß § 80 Abs. 4 FPG kann die Schubhaft verlängert werden, wenn zumindest eine der in den Z 1 bis 4 genannten zusätzlichen Voraussetzungen erfüllt ist.

3.1.4. Aus den erläuternden Bemerkungen zu § 80 FPG (RV 1523 BlgNR XXV. GP 2, Fremdenrechtsänderungsgesetz 2017 – FrÄG 2017) ergibt sich:

„Schließlich wird durch die Änderung des § 80 FPG einerseits die Regelung der höchstzulässigen Dauer der Schubhaft den Vorgaben des Unionsrechts auf Grund der Richtlinie 2008/115/EG über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, ABl. Nr. L 348 vom 24.12.2008 S. 98 (im Folgenden: „Rückführungs-RL“) angepasst.“

Mit § 80 FPG wird die Bestimmung des Art. 15 Rückführungs-RL umgesetzt. Ist eine Anhaltung des Fremden in Schubhaft über die übliche Dauer gemäß § 80 Abs. 2 FPG vorgesehen und fällt daher die Überprüfung einer Anhaltung in Schubhaft in den Anwendungsbereich der Rückführungs-RL, ist die innerstaatliche Bestimmung des § 80 FPG richtlinienkonform auszulegen.

Beim Beschwerdeführer handelt es sich gemäß Art. 2 Abs. 1 Rückführungs-RL um einen Drittstaatsangehörigen handelt, der sich illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates aufhält. Die Rückführungs-RL ist im gegenständlichen Fall daher anwendbar und die Bestimmung des § 80 FPG daher im Sinne der Rückführungs-RL auszulegen.

3.1.5. Die Anhaltung in Schubhaft darf gemäß § 80 Abs. 2 FPG grundsätzlich die Dauer von sechs Monaten nicht übersteigen. Dies steht im Einklang mit Art. 15 Abs. 5 der Rückführungs-RL.

Im gegenständlichen Fall wird der Beschwerdeführer seit 06.05.2020 in Schubhaft angehalten, sodass eine Abschiebung des Beschwerdeführers innerhalb von sechs Monaten, sohin bis zum 06.11.2020 hätte durchgeführt werden müssen.

3.1.6. Zu prüfen ist daher, ob in der vorliegenden Konstellation aufgrund der Bestimmungen des § 80 Abs. 4 FPG iVm Art. 15 Rückführungs-RL von einer Schubhaftdauer von bis zu 18 Monaten auszugehen ist.

Das Bundesamt hat den Beschwerdeführer am 13.11.2020 gemäß § 80 Abs. 7 FPG davon in Kenntnis gesetzt, dass die weitere Anhaltung aufgrund des Vorliegens des § 80 Abs. 4 Z 2 und Z 4 FPG erfolgt.

Der Vollständigkeit halber wird angeführt, dass der Beschwerdeführer bereits am 26.11.2019 von der afghanischen Vertretungsbehörde als Staatsangehöriger Afghanistans identifiziert wurde, und daher § 80 Abs. 4 Z 1 FPG unstrittig nicht vorliegt. Aus dem Akteninhalt ergeben sich auch keinerlei Hinweise, dass der Beschwerdeführer die Abschiebung dadurch vereitelt habe, dass er sich der Zwangsgewalt widersetzt habe, weshalb auch § 80 Abs. 4 Z 3 leg. cit. nicht vorliegt.

Zu prüfen sind daher das Vorliegen der vom Bundesamt der Anhaltung über 6 Monate zugrunde gelegten Voraussetzungen des § 80 Abs. 4 Z 2 und Z 4 FPG:

3.1.7. Gemäß § 80 Abs. 4 Z 2 FPG kann ein Drittstaatsangehöriger bis zu 18 Monate in Schubhaft angehalten werden, wenn er bisher deshalb nicht abgeschoben werden konnte, weil eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt. Mit dieser Bestimmung wird Art. 15 Abs. 6 lit. b der Rückführungs-RL umgesetzt. Gemäß Art. 15 Abs. 6 lit. b Rückführungs-RL kann die höchstmögliche Dauer der Anhaltung in Schubhaft um weitere 12 Monate in Fällen verlängert werden, in denen Abschiebungsmaßnahmen trotz ihrer angemessenen Bemühungen aufgrund der Verzögerung bei der Übermittlung der erforderlichen Unterlagen durch einen Drittstaat, wahrscheinlich länger dauern werden.

Während § 80 Abs. 4 Z 2 FPG darauf abstellt, dass für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligungen eines anderen Staates nicht vorliegen, stellt Art. 15 Abs. 6 lit. b Rückführungs-RL darauf ab, dass es trotz angemessener Bemühungen zu einer Verzögerung der Übermittlung dieser Unterlagen durch den Drittstaat kommt. Der Anwendungsbereich der Rückführungs-RL ist daher enger gefasst, als in der Umsetzung des § 80 Abs. 4 Z 2 FPG. Es ist daher die nationale Bestimmung im Sinne der Rückführungs-RL enger auszulegen.

Im gegenständlichen Fall konnte vom Bundesamt bisher aufgrund der Aussetzung der Charterflüge nach Afghanistan aufgrund von Covid-19 noch kein Flug gebucht und durchgeführt werden.

Die Verzögerung der Abschiebung beruht darauf, dass bisher die Abschiebeflüge nach Afghanistan aufgrund von Covid-19 ausgesetzt wurden. Die Aussetzung der Abschiebeflüge durch die afghanische Regierung ist aber keine Verzögerung bei der Übermittlung von erforderlichen Unterlagen durch Drittstaaten und kann als solche auch nicht interpretiert werden. Es kommt nämlich im vorliegenden Fall nicht auf eine Verzögerung bei der Übermittlung von Unterlagen – auch nicht im weitesten Sinn – an, sondern auf die Aufhebung der Aussetzung des Charterflugverkehrs nach Afghanistan durch die afghanische Regierung.

Es liegt hier daher kein Fall vor, in dem Abschiebemaßnahme aufgrund einer Verzögerung bei der Übermittlung von Unterlagen eines Drittstaates nicht durchgeführt werden können.

Die Anhaltung in Schubhaft über sechs Monate kann daher im gegenständlichen Fall nicht auf eine 18-monatige Schubhaftdauer gemäß § 80 Abs. 4 Z 2 FPG gestützt werden.

3.1.8. Gemäß § 80 Abs. 4 Z 4 FPG kann somit ein Drittstaatsangehöriger bis zu 18 Monate in Schubhaft angehalten werden, wenn er bisher deshalb nicht abgeschoben werden konnte, weil die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint. Mit dieser Bestimmung wird Art. 15 Abs. 6 lit. a der Rückführungs-RL umgesetzt, wonach sich in den Fällen, in denen Abschiebungsmaßnahmen trotz ihrer angemessenen Bemühungen aufgrund der mangelnde Kooperationsbereitschaft seitens der betroffenen Drittstaatsangehörigen wahrscheinlich länger dauern werden, die höchstmögliche Schubhaftdauer um weitere 12 Monate verlängert.

§ 80 Abs. 4 Z 4 FPG stellt auf eine Gefährdung der Abschiebung ab, die sich daraus ergeben kann, dass sich der Fremde bereits einmal dem Verfahren entzogen hat oder er ein Abschiebehindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat. Art. 15 Abs. 6 lit a der Rückführungs-RL stellt darauf ab, dass sich eine Abschiebung aufgrund der mangelnden Kooperationsbereitschaft des Beschwerdeführers verzögert. Nach der Rückführungs-RL muss die mangelnde Kooperationsbereitschaft des Drittstaatsangehörigen daher kausal für die Verzögerung von Abschiebungsmaßnahmen sein, sodass auch § 80 Abs. 4 Z 4 FPG diesbezüglich im Sinn von Art 15 Rückführungs-RL auszulegen ist.

Dem Bundesamt ist hier entgegen zu halten, dass das Verhalten des Beschwerdeführers seit 06.05.2020 nicht kausal für das Abschiebehindernis ist. Die Abschiebung konnte innerhalb von 6 Monaten bisher nicht stattfinden, da aufgrund der Covid-19 Maßnahmen keine Charterabschiebungen nach Afghanistan stattgefunden haben. Die Covid-19 Pandemie und die damit einhergehenden Einschränkungen und die Aussetzung der Charterflüge durch die afghanische Regierung waren daher kausal für die bisherige Verhinderung der Abschiebung.

Dem Bundesamt ist zwar beizupflichten, dass sich der Beschwerdeführer im Jahr 2013 dem laufenden Beschwerdeverfahren entzogen hat. Dem Bundesamt ist aber entgegen zu halten, dass insbesondere das Untertauchen des Beschwerdeführers im Jahr 2013 in keinem adäquaten Kausalzusammenhang mit der jetzigen Schubhaft steht. Auch die fehlende behördliche Meldung an einigen wenigen Tagen bei aufrechtem Schutzstatus und seine Mitwirkung im Rahmen der Einvernahme am 17.01.2019 beim Bundesamt im Aberkennungsverfahren waren dabei ins Kalkül zu ziehen.

Für das Abschiebehindernis bis zum Ablauf des 6. Monats in Schubhaft war die Aussetzung der Charterabschiebungen nach Afghanistan ursächlich. Nach Ansicht des Gerichts steht ein Untertauchen im Jahr 2013 und eine fehlende behördliche Meldung über wenige Tage bei aufrechtem Schutzstatus, in keinem ausreichend engen Kausalzusammenhang mehr zu der durch die Covid-19 Pandemie bedingten Aussetzung des Charterflugverkehrs nach Afghanistan.

Das Bundesamt führt selbst aus, dass die Abschiebung bisher aufgrund der vorherrschenden Situation aufgrund der Covid-19 Pandemie nicht durchgeführt werden konnte, zumal die Gewährung der Einreise des Beschwerdeführers durch die afghanischen Behörden bislang nicht gewährleistet werden konnte. Wenn das Bundesamt ausführt, dass der Beschwerdeführer nicht vertrauenswürdig sei, in der Vergangenheit abgetaucht sei (2013), illegal in einen Mitgliedstaat gereist sei (2013/2014), verschiedenen Identitäten angegeben habe und nicht proaktiv an seiner Identifizierung (HRZ liegt seit 2019 vor) mitgewirkt habe, vermag das Gericht nicht zu erkennen, inwiefern aufgrund dieser allenfalls mangelnden Kooperationsbereitschaft die Abschiebung des Beschwerdeführers nicht binnen sechs Monaten erfolgen habe können.

Das Gericht geht davon aus, dass der Beschwerdeführer bereits nach Afghanistan abgeschoben worden wäre, wenn die Charterabschiebungen nach Afghanistan nicht ausgesetzt gewesen wären. Er ist bereits als afghanischer Staatsangehöriger identifiziert worden wurde ein Heimreisezertifikat bereits im Jahr 2019 ausgestellt. Im vorliegenden Fall steht daher ausschließlich die Aussetzung der Charterflüge nach Afghanistan in adäquaten Kausalzusammenhang mit der Verzögerung der Abschiebung des Beschwerdeführers.

Die bisherige Aussetzung der Charterflüge nach Afghanistan aufgrund der Covid-19 Pandemie ist jedoch nicht unter einer mangelnden Kooperationsbereitschaft von Drittstaatsangehörigen im Sinne des Art. 15 Abs. 5 lit. a der Rückführungs-RL zu subsumieren.

3.1.9. Es liegen daher die Voraussetzungen für eine Verlängerung der sechsmonatigen Schubhaftdauer auf 18 Monate nicht vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.1.10. Es konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des behördlichen Verfahrens und der Stellungnahmen hinreichend geklärt wurde und das gerichtliche Verfahren auf Sachverhaltsebene keine wesentlichen Änderungen ergeben hat.

Zu B) Zu Spruchteil B. – Zulässigkeit der Revision

Die Revision ist gemäß Ar

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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