TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/27 L526 1435257-3

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Veröffentlicht am 27.08.2020
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Entscheidungsdatum

27.08.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §55
BFA-VG §18
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
VwGVG §28 Abs1

Spruch

1. L526 2216701-2/29E

2. L526 1435257-3/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

I.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina SCHREY, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , alias XXXX , geb. XXXX , alias XXXX , geb. XXXX , alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , geb. XXXX , alias XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch den Verein Zeige, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.11.2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.08.2020 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 57 und 13 Asylgesetz BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) sowie §§ 10 AsylG iVm 9 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, §§ 46, 52, 53, 55 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 idgG (FPG), hinsichtlich Spruchpunkte III. bis VII und IX. des bekämpften Bescheides mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt VIII. zu lauten hat: „Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise vierzehn Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung“.

Spruchpunkt VIII. des angefochtenen Bescheides wird ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


II.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina SCHREY, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch die Mutter XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, diese vertreten durch RIHS Rechtsanwalt GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.11.2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.08.2020 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, § 55 Asylgesetz BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), § 10 AsylG iVm § 9 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012, §§ 55; 46, 52 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 idgG (FPG) idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

III.

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina SCHREY, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch die Mutter XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, diese vertreten durch RIHS Rechtsanwalt GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.11.2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.08.2020 den Beschluss gefasst:

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (im Folgenden gemäß ihrer Nennung im Spruches auch kurz bezeichnet als „BF1“ und „BF2“) sind Vater (BF1) und Tochter (BF2).

I.2. BF1 brachte nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 06.03.2004 den ersten Asylantrag bei der nunmehr belangten Behörde (in weiterer Folge auch kurz „bB“ genannt) ein. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen. Zugleich wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Georgien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 für zulässig erklärt und wurde der BF gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. In Folge der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte die damals zuständige Berufungsbehörde, der Unabhängige Bundesasylsenat, ein Berufungsverfahren durch, im Zuge dessen der Beschwerdeführer seine Berufung zurückzog.

Aufgrund eines psychiatrischen Gutachtens erfolgte durch das Bundesasylamt ein Widerruf der Ausweisung.

Am 23.8.2008 brachte BF1 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz ein.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.7.2009 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 23. Juli 2009 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Mit Spruchpunkt II. wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien ausgewiesen.

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 11.8.2009 wurde die Beschwerde gegen diesen Bescheid als unbegründet abgewiesen.

BF 1 wurde in Österreich insgesamt fünf Mal wegen (versuchter) Diebstähle sowie strafbarer Handlungen gegen die Zuverlässigkeit von Urkunden und Beweismitteln, zuletzt im Jahr 2018, verurteilt.

Am 19.7.2018 brachte BF1 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz ein. Anlässlich der Erstbefragung nach dem Asylgesetz brachte BF1 vor, er habe bei seinem ersten Antrag auf Asyl gelogen und habe damals auch keine Gründe für seine Furcht genannt. Er wolle nunmehr die richtigen Gründe nennen, die seit Anbeginn existiert hätten. Tatsächlich sei er Zeuge einer Straftat geworden, die von Polizisten in Georgien begangen worden sei. Er sei von Kriminalbeamten zur Aussage geladen worden, doch hätten ihn die Polizisten bedroht und ihn schließlich durch Schlepper in die Türkei gebracht, von wo aus er mit anderen Schleppern nach Österreich gebracht worden sei. Sowohl die Polizisten als auch die Kriminalbeamten hätten die Familie belastet und sie hätten nicht mehr in Frieden leben können. Es sei auch ein Urteil in seiner Abwesenheit gesprochen worden, wonach einundzwanzig Jahre Haft über ihn verhängt worden wären.

Vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, der nunmehr belangten Behörde, gab BF1 an, er habe sich anlässlich der Einvernahme wegen des früher eingebrachten Asylantrages gefürchtet, über sein Thema zu reden. Zu seinen Fluchtgründen befragt, führte er im Wesentlichen an, dass er eine Gewerbeberechtigung von einem Polizeioffizier bekommen hätte, welche jedoch gefälscht gewesen sei. Er sei zur Staatsanwaltschaft bestellt worden und sei dort auf jene zwei Polizisten getroffen, welche ihn aus Georgien verbracht hätten. In Georgien werde ihm nunmehr die „Verbergung vor der Justiz“ vorgeworfen und im Jahr 2007 sei er zu vierzehn Jahren Haft verurteilt worden. Auch werfe man ihm illegalen Waffenbesitz vor. Seine Eltern hätten ebenfalls Probleme bekommen. Sein Vater sei aufgrund einer zehn stündigen Einvernahme durch die Polizei gestorben. Die Polizisten seien für drei Jahre vom Dienst suspendiert worden. Die Anklageschrift habe er erst sechs Monate zuvor erhalten.

Zu seinem Gesundheitszustand gab BF1 an, er habe psychische Probleme und leide an Hepatitis C. Zu seinem Familienleben gab er an, er habe eine Freundin und mit ihr habe er eine Tochter, welche in Wien im Jahr 2011 geboren sei.

In einer schriftlichen Stellungnahme vom 3.9.2018 brachte BF1 unter anderem vor, dass er in seiner Heimat kein faires Verfahren gemäß Art. 6 EMRK erwarten könne und ihm dort auch die Existenzgrundlage fehlen würde. Gemeinsam mit ihm würden auch dessen Lebensgefährtin und das aus dieser Beziehung stammende Kind in Österreich leben. Ein Eingriff in das Familienleben des BF1 in Österreich sei nach Art. 8 EMRK unzulässig. Die mögliche Trennung würde auch dem Kindeswohl widersprechen. In diesem Zusammenhang wurde die Einholung eines kinderpsychologischen Sachverständigengutachtes im Hinblick auf die nicht auszuschließende Entwicklungsstörung der Tochter beantragt. Die Straftaten, die der Beschwerdeführer in Österreich begangen habe, bereue er.

In der Folge wurde der Antrag des BF1 auf internationalen Schutz vom 19.7.2018 mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2019 gemäß § 68 AVG Abs. 1 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). In Spruchpunkt II. wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 19.7.2018 ein weiteres Mal zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpukt III). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Georgien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Zudem wurde ausgesprochen, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein Einreiseverbot in der Dauer von zehn Jahren erlassen.

Die belangte Behörde stellte fest, dass eine entschiedene Sache vorliegt. Begründend wurde dargelegt, es sei völlig unglaubwürdig, dass ein neuer Sachverhalt in der Heimat entstanden sein soll, da BF1 ja schon seit 2004 nicht mehr in Georgien aufhältig ist. Bei Georgien handle es sich zudem um ein sicheres Herkunftsland, wo auch sämtliche in Österreich diagnostizierten Krankheiten behandelbar seien. Sohin könne das Bundesamt nur zum zwingenden Schluss kommen, dass der objektive und entscheidungsrelevante Sachverhalt seit Eintritt der Rechtskraft des Vorverfahrens unverändert ist und damit entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliegt.

Ein schützenswertes Familien- und Privatleben des seit 2004 in Österreich aufhältigen Beschwerdeführers liege nicht vor, da seine in Österreich lebende Freundin und die gemeinsame Tochter die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besäßen.

Zur den vom Beschwerdeführer geäußerten Befürchtungen, er würde im Falle einer Rückkehr in eine Notlage geraten und es würde ihn ein Strafverfahren erwarten, welches nicht den Anforderungen eines fairen Verfahrens im Sinne der EMRK genügen werde, tätigte das BFA keinerlei Ausführungen. Auch der Gesundheitszustand des BF1 wurde nicht thematisiert und wurden auch die vom Beschwerdeführer zum Akt gegebenen Beweismittel keiner Würdigung unterzogen.

Die Beschwerdevorlage langte am 29.3.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Der oben zitierte Bescheid wurde zur Gänze angefochten und es wurde der Antrag gestellt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.04.2019 wurde der Beschwerde des BF1 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

I.3. Die Mutter der BF2 und Lebensgefährtin der BF 1, in der Folge „G“ genannt, reiste am 05.10.2009 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Grob zusammengefasst gab sie als Fluchtgrund an, dass ihre Mutter Ossetin sei. Sie selbst hätte, um einen Job zu erhalten, mit einem einflussreichen Mann sexuell verkehren sollen, hätte dies abgelehnt und sei von ihm vergewaltigt und anschließend bedroht worden, als sie ihn mit einer Anzeige gedroht hätte.

Von der belangten Behörde in Georgien durchgeführte Recherchen ergaben, dass es sich bei dem namentlich genannten, sie belästigenden Mann um den Innenminister Georgiens handle und dass der Verlobte der Beschwerdeführerin drogensüchtig gewesen sei, weshalb sie ihn verlassen hätte. Sie hätte ihrer Mutter auch nicht – wie von ihr behauptet – über die angebliche Vergewaltigung bzw. Schwangerschaft erzählt.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Graz, vom 09.04.2010 wurde der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien abgewiesen und die G nach Georgien ausgewiesen.

Als Begründung nannte die bB die Unglaubwürdigkeit der G.

Mit Schreiben vom 17.05.2010 wurde ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie eine Berufung gegen den angeführten Bescheid des Bundesasylamtes eingebracht. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.06.2010 wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 18.05.2010 abgewiesen. Mit Beschluss des Asylgerichtshofs vom 08.07.2010 wurde dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 18.05.2010 die aufschiebende Wirkung zuerkannt, der Beschwerde in weiterer Folge stattgegeben und der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt (D14 414.141-2/2010/2E).

Der Asylgerichtshof wies mit Erkenntnis vom 04.08.2010 die inhaltliche Beschwerde gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 als unbegründet ab. Auch der Asylgerichtshof kam zu dem Schluss, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin unglaubwürdig sei. Sie habe in Georgien Eltern und eine Schwester, die allesamt das finanzielle Auslangen finden würden. Im Falle einer Rückkehr könne sie bei diesen über familiären Rückhalt und Unterstützung verfügen. Sie sei gesund und arbeitsfähig und könne ihre notdürftige Lebensgrundlage sichern.

Zur Ausweisung wurde ausgeführt, dass keine besondere Schutzwürdigkeit des Familienlebens der Beschwerdeführerin vorhanden sei, während sie in Georgien weitreichende und enge familiäre Bindungen hätte. Sie sei auch nicht nachhaltig integriert, lebe von der Grundversorgung, gehe keiner Beschäftigung nach und sei nicht selbsterhaltungsfähig. Sie spreche auch nicht ausreichend Deutsch, noch sei sie Mitglied in Vereinen.

I.4. Am XXXX .2011 wurde BF2 im österreichischen Bundesgebiet geboren.

Am XXXX .2012 konnte für G ein Heimreisezertifikat von der georgischen Botschaft erlangt werden.

Am 14.02.2012 brachten BF2 und G einen Antrag auf Ausstellung einer „Karte für Geduldete“ ein.

Ihre Abschiebung konnte nicht effektuiert werden.

Am 11. Februar 2013 stellte G den zweiten Antrag auf internationalen Schutz für sich und den ersten für BF2. Sie führte im Rahmen der Erstbefragung aus, dass ihr Lebensgefährte (BF1) staatenlos sei, es sei ihm auch ein Duldungsausweis zugesprochen worden. Der Referent in Graz hätte ihm diesen nicht ausstellen wollen, sondern ihn nach Georgien zurückschieben wollen, obwohl ihr Mann nachweislich kein georgischer Staatsbürger mehr sei. Er befinde sich seit 07.02.2013 wegen psychischer Probleme stationär im Krankenhaus, da er einen Selbstmordversuch unternommen hätte. Bisher hätten beide illegal gearbeitet und so den Lebensunterhalt verdient. Da ihr Lebensgefährte nunmehr im Krankenhaus sei und sie sich um das Kind kümmern müsse, könne sie nicht mehr arbeiten und wisse auch nicht, wovon sie leben solle. Aus diesem Grund hätte sie einen neuerlichen Asylantrag gestellt. Sie erhoffe sich dadurch finanzielle Unterstützung, da sie nicht wisse, wovon sie mit ihrer Tochter leben solle. Ihr Lebensgefährte sei Ossete; deshalb gebe es Probleme. Im Fall ihrer Rückkehr habe sie in Georgien Feinde und befürchte getötet zu werden. Aus diesem Grund hätte sie auch die georgische Staatsbürgerschaft zurückgelegt. Ihre Tochter befinde sich seit ihrer Geburt ständig bei ihr und auch für sie würden dieselben Asylgründe gelten.

Am 06.03.2013 gab G, neuerlich vom Bundesasylamt befragt an, sie glaube, an gynäkologischen Problemen zu leiden. Sie wisse allerdings nicht, woran sie leide, sie hätte jedoch manchmal Schmerzen im Bauch. Sie würde auch gerne den Psychiater aufsuchen. Die Caritas hätte ihr nicht richtig zugehört und bisher nichts für sie erreichen können.

Zwischenzeitlich hätte sie mit ihren Eltern in Georgien Kontakt aufgenommen – ihre Eltern und ihre Schwester würden dort noch leben. Die Eltern seien berufstätig und ihre Schwester sei Saisonarbeiterin in einem Hotel.

Folgende Urkunden legte sie vor:

Geburtsurkunde der BF2, Vaterschaftsanerkenntnis, Kopie der Geburtsurkunde G, ein Schreiben über ihr Zurücklegen der georgischen Staatsbürgerschaft, Diplom der G (Lehrerin der englischen Sprache und Literatur in den Grundschulen) mit Übersetzung, zwei Bestätigungen über den Besuch eines Deutschkurses.

Weiters legte sie eine übersetzte Geburtsurkunde ihres Lebensgefährten (BF1) vor, sowie ein Schreiben der georgischen Botschaft in Wien, welchem zufolge ihr Lebensgefährte unter dem Namen XXXX .1970 , in der georgischen Personendatenbank nicht aufscheine. Aus diesem Grund sei nicht möglich festzustellen, ob er georgischer Staatsangehöriger sei.

Nach der Ursache für das Zurücklegen der georgischen Staatsbürgerschaft befragt, gab sie an, dass sie wegen ihrer Probleme wirklich Angst hätte. Man könnte sie nicht beschützen.

In Österreich hätten sie bis jetzt von den Einkünften ihres Mannes aus dessen „Schwarzarbeit“ gelebt, auch sie selbst hätte illegal gearbeitet. Sie würde gerne am liebsten jeden Tag arbeiten. In Georgien hätte sie vor der Ausreise das Studium abgeschlossen, aber nicht gearbeitet.

Zu ihrem Lebensgefährten befragt, gab sie an, dass sie dessen Aufenthaltsstatus nicht kennen würde.

Ihr Lebensgefährte hätte vor drei Wochen abgeschoben werden sollen, obwohl die georgische Botschaft sozusagen nicht zugestimmt hätte, weil er in den Aufzeichnungen nicht aufscheine. Sein Zustand sei aber so schlimm, er werde sicher nicht zurückkehren, er hätte früher schon einen Selbstmordversuch begangen, sei dann zwei Wochen in der Psychiatrie und zwei Wochen im Krankenhaus gewesen. Jetzt sei er zuhause und besuche den Psychiater oder Psychologen. Er hätte bis jetzt gearbeitet und sie ernährt, aber jetzt sei sie alleine und sie wisse nicht, was sie tun solle.

Darauf hingewiesen, dass ihr Lebensgefährte wohl keine „Duldung“ hätte, wenn er abgeschoben werden hätte sollen, führte sie aus, sich dabei nicht auszukennen.

Im Fall einer Rückkehr hätte sie Angst um ihr Leben und um das Leben ihres Kindes. Die Gründe aus ihrem ersten Verfahren gäbe es noch, sie könne dort sicher nicht in Ruhe leben. Neue Beweismittel zum ersten Verfahren würden jedoch nicht bestehen. Sie hätte auch keine Unterstützung von der Polizei in Georgien.

Befragt, warum man sie weiterhin verfolgen sollte, wo sie doch bereits seit dem Jahr 2009 in Österreich sei, gab sie an, dass ihre Eltern noch immer bedroht würden, dass sie sie vernichten würden und man sie im Fall einer Rückkehr sofort finden würde, da die Herkunftsstadt eine kleine Stadt sei. Befragt, warum sie nicht in eine andere Stadt ziehen könnte, gab sie an, dass sie dort keine Wohnmöglichkeit hätte. Befragt, warum sie die georgische Polizei nicht schützen würde, gab sie an, dass es viele Vorfälle gäbe, dass Leute verschwinden und die Polizei gar nichts machen würde. Befragt, wer sie konkret nun noch verfolgen solle, antwortete sie, dass diese Menschen selbst bei der Polizei arbeiten würden. Er heiße XXXX , sei der Chef der Stelle, wo sie arbeiten hätte sollen. Sie hätte den Fall jedoch nie angezeigt. Weitere Familienangehörige in Österreich hätte sie nicht. Sie pflege Kontakt zu georgischen Familien und besuche manchmal die Kirche.

Zu ihren Deutschkenntnissen befragt, gab sie an, noch grammatikalische Fehler zu machen, sich jedoch gut verständigen zu könne. Sie sei kein Mitglied in einem Verein und nehme auch nicht am sozialen oder kulturellen Leben in Österreich teil. Befragt, ob sie und ihr Lebensgefährte entschieden hätte, welche Staatsangehörigkeit ihr Kind hätte, gab sie an, dies nicht zu wissen, was für das Kind in Zukunft besser sei.

Mit BF1 lebe sie seit drei Jahren in Lebensgemeinschaft. Er hätte keine Angehörigen in Österreich.

Mit Bescheiden der bB, Außenstelle Wien, vom 06.05.2013 wurden die Anträge der BF2 und G auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien abgewiesen und sie nach Georgien ausgewiesen.

Nach Wiedergabe der Einvernahmeprotokolle stellte die bB die ehemalige georgische Staatsangehörigkeit und nunmehrige Staatenlosigkeit fest sowie, dass es sich bei Georgien um ihren Herkunftsstaat handle. G habe keine asylrelevante Verfolgungsgefahr glaubhaft gemacht. Sie sei in psychiatrischer Behandlung wegen einer depressive Störung mit gegenwärtig schwerer Episode. Sie sei erwachsen und grundsätzlich arbeitsfähig und hätte ihren Lebensunterhalt in Österreich durch Schwarzarbeit bestritten. Sie sei illegal in das Bundesgebiet eingereist und halte sich seit 2009 im Bundesgebiet auf.

Sie wohne mit ihrem Lebensgefährten und ihrer Tochter in einem Haushalt zusammen, habe keine weiteren Familienangehörigen in Österreich, verfüge über gute Deutschkenntnisse, pflege keinen engen Kontakt zu Österreichern, sei in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen, sondern habe ihren Lebensunterhalt durch Schwarzarbeit bestritten.

Sie verfüge in Gestalt ihrer Eltern und ihrer Schwester über familiäre Anknüpfungspunkte in Georgien und stehe zu ihren Angehörigen in Georgien in Kontakt, habe den Großteil ihres bisherigen Lebens in Georgien verbracht, verfüge über keinen nennenswerten Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich.

Es bestünden in Österreich keine weiteren engen privaten, familiären oder sonstige Beziehungen, welche einer Ausweisung entgegenstünden.

Die gegen die Bescheide vom 06.05.2013 eingebrachten Beschwerden wurden mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 21.06.2013 vollinhaltlich abgewiesen.

Am 2.9.2014 brachte G für ihre Tochter den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK ein. Für sie selbst brachte sie ebenfalls einen Antrag ein.

I.5. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.05.2019 wurden der angefochtene Bescheid vom 02.09.2014 betreffend BF2, der angefochtene Bescheid betreffend BF1 vom 06.03.2019 und der Bescheid der G in Erledigung der Beschwerde behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung neuer Bescheide an die bB zurückverwiesen.

I.6. Mit dem im Spruch genannten Bescheid wurde – ohne weitere Einvernahme der G als gesetzliche Vertreterin der BF2 – ein neuer Bescheid betreffend BF2 erlassen. Mit Bescheid vom 13.11.2019 wurde der Antrag der BF2 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005 abgewiesen. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG 2005 zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 wurde ferner ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Rückkehr zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Die gleichlautende Erledigung vom 13.11.2019 in Bezug auf G wurde nicht unterzeichnet.

Gegen die beiden „Bescheide“ vom 13.11.2019 wurde mit Schriftsatz vom 23.12.2019 Beschwerde erhoben.

Ausgeführt wurde, dass schon die Mutter der BF2 jahrelang in Österreich wirtschaftlich und sozial integriert sei. BF2 sei in Österreich geboren und seien die beiden jedenfalls als integriert anzusehen. Zudem sei nicht geprüft worden, ob BF2 und ihre Mutter staatenlos sind und läge insgesamt ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren vor. Es folgten Ausführungen zu den Verfahren der BF2 und ihren Eltern und wurde moniert, dass die formelle Vorgehensweise unrichtig gewesen sei und erfolgten auch Ausführungen zu Bestimmungen aus dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) und Zitate aus Entscheidungen von Landesverwaltungsgerichten zum NAG. Der Aufenthalt sei nach Abschluss der Asylverfahren seit 2013 nicht illegal und durfte die Mutter der BF 2 mit Recht darauf vertrauen, dass sie einen Aufenthaltstitel erhalten wird, da sich die Integration wesentlich verbessert habe. Die Mutter sei sich ihres unsicheren Status nicht bewusst gewesen und träfe sie keine Mitwirkungspflicht im Hinblick auf eine Abschiebung nach Georgien, da sie keine georgische Staatsbürgerin wäre. Es wurde auf verschiedene zum Thema der Integration vorgelegte Beweismittel verwiesen und ausgeführt, dass BF2 nur ausgezeichnete Noten in der Schule habe. Eine Sippenhaftung sei der österreichischen Rechtsordnung fremd und dürfe das Verhalten des Vaters der BF2 nicht zugerechnet werden.

Dem als „Bescheid“ titulierten Schriftstück vom 13.11.2019 betreffend G wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.12.2019 die Bescheidqualität aberkannt. Die bezughabende Beschwerde wurde als unzulässig zurückgewiesen.

I.7. BF1 wurde am 31.07.2019 neuerlich durch die bB einvernommen.

Der Antrag des BF1 auf internationalen Schutz vom 19.07.2018 wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheid der bB gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Der Beschwerde wurde gem. § 18 (1) Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde nicht gewährt (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 13 Abs. 2 AsylG habe der BF das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 20.02.2005 verloren (Spruchpunkt VIII.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1, 4 FPG wurde in Bezug auf den BF ein Einreiseverbot für die Dauer von 8 Jahren erlassen (Spruchpunkt IX.).

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.01.2020 wurde der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt und der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung als unzulässig zurückgewiesen. Dies unter anderem deshalb, da in Bezug auf die Lebensgefährtin des BF1 bzw. die Mutter der BF2 (G) bis zu diesem Zeitpunkt kein rechtskräftiger Bescheid durch die bB vorlag. Dieser wurde dem Bundesverwaltungsgericht erst am 3.2.2020 vorgelegt. Die ursprünglich ebenfalls in der Gerichtsabteilung L526 anhängige Rechtssache betreffend G war zusammen mit den Rechtssachen des BF1 und der BF2 an die bB zurückverwiesenen worden. Da der nachfolgenden Erledigung der bB in Bezug auf die Rechtssache der Lebensgefährtin des BF1 und der Mutter der BF2 (G) keine Bescheidqualität zugesprochen werden konnte, wurde diese Beschwerde vom damals zuständigen Richter gemäß § 18 Abs. 3 AVG als unzulässig zurückgewiesen und wurde die Rechtssache nach erfolgter Erlassung eines Bescheides durch die bB einer weiteren Gerichtsabteilung zugewiesen. Das Verfahren betreffend BF2, die gemeinsame Tochter des BF1 und G, wurde als „Annexsache“ zur Rechtssache des Vaters am 20.12.2019 wieder der Gerichtsabteilung L526 zugewiesen.

I.8. Mit Schreiben vom 13.01.2020 erfolgte eine Anfrage des Rechtsvertreters, welches mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.01.2020 dahingehend beantwortet wurde, dass eine Beurteilung der Rechtssache erst erfolgen wird, wenn rechtskräftige Bescheide hinsichtlich aller Familienmitglieder vorliegen.

I.9. Mit Bescheid vom 09.01.2020 (die Beschwerdevorlage erfolgte am 03.02.2020) wurde der Antrag der G auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG abgewiesen, gegen sie eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt dass die Abschiebung in den Herkunftsstaat zulässig sei, eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt, gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt und ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Es wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht.

I.10. Am 13.07.2020 wurde im Verfahren L526 2216701-2 betreffend die Rechtssache des BF1 ein Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Spruchpunkten I. und II. erlassen.

Beweiswürdigend wurde neben einer entsprechenden Erörterung der Behandlungsmöglichkeiten des BF 1 in Georgien insbesondere ausgeführt:

II.2.4.2. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich zunächst der Ansicht der bB an, wonach die persönliche Glaubwürdigkeit des BF schon massiv darunter leidet, dass er mehrfach über seine Identität getäuscht hat. Auch der Judikatur der Höchstgerichte ist zu entnehmen, dass die Verschleierung der Identität ein gewichtiges Indiz für die Unglaubwürdigkeit eines Asylwerbers darstellt.

In der Folge ging die bB in der oben im Verfahrensgang dargestellten Beweiswürdigung ausführlich auf die zahlreichen Widersprüche des BF ein. So konnte er schon nicht erklären, warum er nicht bereits im Jahr 2004 seine „richtigen“ Asylgründe vorbringen konnte und hat er andererseits auch in einer Einvernahme im Jahr 2018 angeführt, dass er überhaupt erst im Jahr 2018 von den nunmehr geschilderten Gründen – der Verurteilung im Jahr 2007 – erfahren habe.

Tatsächlich gestalteten sich aber auch die Angaben des BF zu den nunmehr „richtigen“ Fluchtgründen in den weiteren Befragungen und Einvernahmen als sich steigernd, nicht konsistent und nicht plausibel. So etwa modifizierte der BF seine Geschichte im Laufe des Verfahrens mehrfach (wurde als Zeuge einer Straftat zur Einvernahme bei der Kriminalpolizei geladen, von Polizisten bedroht und von einem Schlepper in die Türkei verbracht vs. hat als Metallschneider mit einer gefälschten Befugnis gearbeitet und wurde nach der Aussage bei der Staatsanwaltschaft von Polizisten nach Hause gebracht und am selben Tag mit einem zivilen Polizeifahrzeug in die türkische Stadt Hofa verbracht vs. hat Aussage verweigert, wurde daher verhaftet und nach zwei bis drei Tagen freigelassen und danach in die türkische Stadt Rise gebracht ).

Widersprüchlich gestalteten sich auch die Aussagen in Bezug auf die Verurteilungen der an der Straftat in Georgien mitbeteiligten Polizisten, die Dauer der Strafhaft, die Ladungen, die Festnahmen, die Frage, wie der BF überhaupt vom Strafverfahren erfahren hätte sowie die angeblich gefälschten Unterlagen, die vom BF missbräuchlich verwendet wurden. Zu den Details wird auf die unter I.20.1 dieses Erkenntnisses zitierten, ausführlichen Ausführungen der Behörde verwiesen.

Mehrfach wurde der BF von der bB auch aufgefordert, seine Fluchtgründe detailliert zu schildern und wurde ihm die Gelegenheit gegeben, Widersprüche und Ungereimtheiten aufzuklären. Sofern in der Beschwerdeschrift vorgebracht wird, der BF habe ein stimmiges Vorbringen erstattet, kann dem in Ansehung der Ergebnisse der – nicht beanstandeten –Niederschriften der Befragungen und Einvernahmen nicht gefolgt werden. Vielmehr vermochte es der BF trotz der ihm mehrfach gebotenen Möglichkeiten nicht, ein glaubwürdiges, nachvollziehbares und schlüssiges Vorbringen zu erstatten.

Das Vorbringen des BF ist auch nicht mit dem Inhalt des von ihm vorgelegten Urteiles aus Georgien in Einklang zu bringen. Da die Aktenlage keinen Hinweis darauf bietet, nach dem die Echtheit und Richtigkeit des vorgelegten Dokumentes in Zweifel zu ziehen wären, und vom BF auch kein diesbezügliches Vorbringen erstattet wurde, ist die bB zurecht davon ausgegangen, dass der Sachverhalt, der dem übersetzten georgischen Urteil entnommen werden kann, der Beurteilung zugrunde zu legen ist. Aus dem Urteil geht hervor, dass der BF des Diebstahls, der Dokumentenfälschung, des unerlaubten Kaufes, der Aufbewahrung und Mitführung von Waffen und Kampfstoffen in mehrmaliger und wiederholter Absprache mit organisierten Gruppen und Bezahlung von Bestechungsgeldern zu Gunsten eines Beamten, zwecks behördlicher Deckung, Unterlassung bestimmter Handlungen, Ausnutzung der autoritären Position im Amt bzw. Hilfeleistung in bestimmten Situationen beschuldigt wurde als er in Zusammenarbeit mit georgischen Polizisten einen Empfängermast einer Hochspannungsleitung abmontiert und diesen verkaufte; für diese Straftat hat er von georgischen Polizisten gefälschte Dokumente erhalten. Die wesentlichen Passagen wurden von der bB im Bescheid wiedergegeben (vgl. oben unter I.20.1).

Auch für das Bundesverwaltungsgericht ist es, wie auch für die bB, nicht nachvollziehbar, dass der BF keinerlei Kenntnisse von dem gegen ihn gerichteten Verfahren haben will und erst elf Jahre nach der Verurteilung davon unterrichtet worden wäre. Vielmehr entsteht in Anbetracht des vorgelegten Gerichtsurteils in Zusammenschau mit dem inkonsistenten und widersprüchlichen Vorbringen des BF im Laufe der in Österreich geführten Verfahren der Eindruck, dass die Einleitung eines Ermittlungs- oder Strafverfahrens wegen Straftaten in Zusammenarbeit mit kriminellen Elementen der georgischen Polizei der wahre Grund für die Ausreise des BF aus Georgien war.

Zutreffend wurde von der bB auch dargelegt, dass es sich bei dem verwirklichten Sachverhalt, wegen dem der BF zu einer Haftstrafe in Georgien verurteilt wurde, um einen Tatbestand handelt, der auch in Österreich strafbar ist. Schon an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass der BF auch in Österreich wegen Taten, die auf der selben schädlichen Neigung basieren, (Urkundenfälschung und Eigentumsdelikte; vgl. auch die rechtlichen Ausführungen unten) verurteilt wurde. Die Behauptung in der Beschwerde, der BF werde wegen der Weigerung, falsche Aussagen vor den georgischen Behörden zu tätigen, politisch verfolgt erweist sich vor dem Hintergrund der oben getätigten Ausführungen und dem Umstand, dass der BF seine kriminelle Energie auch in Österreich unter Beweis stellte, schlicht als nicht glaubwürdig.

Damit wurde auch kein neuer Sachverhalt substantiiert vorgetragen; vielmehr wurde lediglich eine Variante des Vorbringens der BF vor der bB nochmals wiederholt. Eine mündliche Verhandlung aus diesem Grund schien damit nicht geboten. In der Beschwerde wurde auch kein substantiiertes Vorbringen erstattet, woraus ersichtlich ist, dass die Einschätzung der bB in Bezug auf die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens in Zweifel zu ziehen wäre oder nicht von der rechtmäßigen Verurteilung in einem ordnungsgemäßen und Art. 6 EMRK entsprechenden Verfahren in Georgien auszugehen wäre. Es lassen sich auch keine Anhaltspunkte dafür finden, dass die Strafe als unbillig oder übermäßig hart zu qualifizieren wäre oder dass der BF im Falle einer Rückkehr und eines allfälligen Strafantrittes in eine menschenrechtsunwürdige Lage geraten würde.

Auch gegen die Ausführungen der bB in Bezug auf die Möglichkeiten zur Sicherung der Existenz des BF in Georgien wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, Bedenken gegen die Ausführungen der bB zu wecken. Beim BF handelt es sich um einen arbeitsfähigen Mann, welcher über familiäre Anknüpfungspunkte in Georgien verfügt.

Trotz der Aufforderung anlässlich der letzten Einvernahme bei der bB, medizinische Unterlagen vorzulegen, ist der BF dem nicht nachgekommen und datieren die im Verfahren vorgelegten Unterlagen aus den Jahren 2012 und 2013. Der BF verabsäumte es im Verfahren auch, nachvollziehbar darzustellen, weshalb allenfalls noch bestehende psychische Probleme im Herkunftsstaat nicht behandelbar wären. Der Aussage des BF kann nicht einmal entnommen werden, dass er in Österreich noch einen Arzt oder eine Ärztin konsultiert, welcher oder welche ihm die Medikamente, die er einnimmt, verschreibt. Es ist auch anzunehmen, dass es dem BF leicht möglich gewesen wäre, eine ärztliche Verschreibung oder eine Besuchsbestätigung von einem Arzt vorzulegen, zumal ihm von der Behörde auch eine Frist zur Vorlage medizinischer Unterlagen eingeräumt wurde. In Anbetracht der Länderfeststellungen ist jedenfalls von entsprechenden Behandlungsmöglichkeiten für psychische Erkrankungen sowie der Verfügbarkeit von entsprechenden Medikamenten in Georgien auszugehen; dass der BF eine spezielle Medikation bräuchte hat er nicht einmal vorgebracht. In Bezug auf die mehrfach thematisierte Hepatitis-Erkrankung kam im Verfahren hervor, dass diese ausgeheilt ist.

Die Feststellungen betreffend die Arbeitsfähigkeit des BF beruhen auf den im Verfahren getätigten Ausführungen im Hinblick auf die jeweils konsumierte Ausbildung und die im Herkunftsstaat ausgeübte Berufstätigkeit. Zwar gab der BF an, Medikamente wegen seiner psychischen Probleme einzunehmen, jedoch wurde – trotz Gelegenheit und Einladung der bB, medizinische Unterlagen vorzulegen – kein ärztliches Attest vorgelegt, welchem ein Hinweis auf die Arbeitsunfähigkeit des BF zu entnehmen wäre. Der BF erstattete diesbezüglich auch kein substantiiertes Vorbringen.

Die Sicherheitslage in Georgien kann, von den Problemzonen Abchasien und Südossetien abgesehen, als unbedenklich bezeichnet werden. Der BF hat im Verfahren nicht vorgebracht, dass er von den Problemen in diesen Regionen betroffen wäre. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kann in Anbetracht der erörterten Feststellungen zur Sicherheitslage in Georgien nicht erkannt werden, dass schon aufgrund der bloßen Präsenz des BF dort davon ausgegangen werden muss, dass dieser wahrscheinlich Opfer eines terroristischen Anschlages oder und krimineller Aktivtäten werden würden.

Risikoerhöhende Umstände im Hinblick auf den BF, welche zu einer im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung stark erhöhte Gefährdung durch terroristische Aktivitäten oder im Hinblick auf kriminelle Aktivtäten hindeuten würden, kamen im Verfahren nicht hervor. Eine dahingehende darstellbare Gefährdung im Rückkehrfall kann sohin ausgeschlossen werden. Zum Umstand, dass der BF Straftaten im Rahmen einer organisierten Gruppe und unter Unterstützung der Polizei beging, wird auf die diesbezüglichen Ausführungen in den Erwägungen zur rechtlichen Beurteilung verwiesen. Dass er aus diesem Grunde Schwierigkeiten zu gewärtigen hätte, wurde nicht glaubhaft vorgebracht.

Zu den behauptetermaßen mangelhaften Ermittlungen im Lichte des § 18 Abs. 1 AsylG weist das ho. Gericht darauf hin, dass im Asylverfahren das Vorbringen des Antragstellers als zentrales Entscheidungskriterium herangezogen wird. Ungeachtet der gesetzlichen Verpflichtung der Asylbehörde bzw. des Asylgerichtshofes, im Einklang mit den im Verwaltungsverfahren geltenden Prinzipien der materiellen Wahrheit und des Grundsatzes der Offizialmaxime, den maßgeblichen Sachverhalt amtswegig (§ 39 Abs 2 AVG, § 18 AsylG 2005) festzustellen, obliegt es in erster Linie dem Asylwerber, auf Nachfrage alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung darzulegen (vgl VwGH 16. 12 1987, 87/01/0299; 13. 4. 1988, 87/01/0332; 19. 9. 1990, 90/01/0133; 7. 11. 1990, 90/01/0171; 24. 1. 1990, 89/01/0446; 30. 1. 1991, 90/01/0196; 30. 1. 1991, 90/01/0197; vgl zB auch VwGH 16. 12. 1987, 87/01/0299; 2. 3. 1988, 86/01/0187; 13. 4. 1988, 87/01/0332; 17. 2. 1994, 94/19/0774) und glaubhaft zu machen (VwGH 23.2.1994, 92/01/0888; 19.3.1997, 95/01/0525). Es ist in erster Linie Aufgabe des Asylwerbers, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen. (VwGH 30. 11. 2000, 2000/01/0356).

Der das asylrechtliche Ermittlungsverfahren zum Inhalt habende § 18 Asylgesetz 2005 sieht keine Beweis- bzw. Bescheinigungslastumkehr zugunsten des Asylwerber vor, sondern geht aus den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zu dieser Bestimmung hervor, dass in dieser Bestimmung lediglich explizit darauf hingewiesen wird, dass das Asylverfahren den fundamentalen Prinzipen des Verwaltungsverfahrensrechts, insbesondere dem Prinzip der materiellen Wahrheit und dem Grundsatz der Offizialmaxime nach § 39 Absatz 2 AVG, folgt. Eine über §§ 37 und 39 Absatz 2 AVG hinausgehende Ermittlungspflicht normiert § 18 Asylgesetz nicht (vgl. schon die Judikatur zu § 28 AsylG 1997, VwGH 14.12.2000, Zahl 2000/20/0494).

Auf die Mitwirkung des Asylwerbers im Verfahren ist Bedacht zu nehmen (§ 15 AsylG 2005) und im Rahmen der Beweiswürdigung – und damit auch bei der Beurteilung der Glaubhaftmachung - zu berücksichtigen (Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005 Kommentar, S 385 mwN auf die Judikatur des VwGH). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre [VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua], gesundheitliche [VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601], oder finanzielle [vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099] Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279). Wenn Sachverhaltselemente im Ausland ihre Wurzeln haben, ist die Mitwirkungspflicht und Offenlegungspflicht der Partei in dem Maße höher, als die Pflicht der Behörde zur amtswegigen Erforschung des Sachverhaltes wegen des Fehlens der ihr sonst zu Gebote stehenden Ermittlungsmöglichkeiten geringer wird. Tritt in solchen Fällen die Mitwirkungspflicht der Partei in den Vordergrund, so liegt es vornehmlich an ihr, Beweise für die Aufhellung auslandsbezogener Sachverhalte beizuschaffen (VwGH 12.07.1990, Zahl 89/16/0069).

Weiters reicht bloßes Leugnen oder eine allgemeine Behauptung für eine Glaubhaft-machung nicht aus (VwGH 24.2.1993, 92/03/0011; 1.10.1997, 96/09/0007). Aus dem Wesen der Glaubhaftmachung ergibt sich auch, dass die Ermittlungspflicht der Behörde durch die vorgebrachten Tatsachen und angebotenen Beweise eingeschränkt ist (VwGH 29.3.1990, 89/17/0136; 25.4.1990, 90/08/0067). Die Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Ermittlungspflicht geht nicht so weit, dass sie in jeder denkbaren Richtung Ermittlungen durchzuführen hätte, sondern sie besteht nur insoweit, als konkrete Anhaltspunkte aus den Akten (etwa das Vorbringen der Partei (VwSlg 13.227 A/1990) dazu Veranlassung geben (VwGH 4.4.2002, 2002/08/0221).

Umgelegt auf den konkreten Fall bedeutet dies, dass der BF seiner Obliegenheit zur Mitwirkung bzw. zur Glaubhaftmachung seines Vorbringens nicht nachkam, indem er dieses bloß behauptete bzw. behördliche Feststellungen bestritt. Umgekehrt führte die bB im Rahmen des Vorbringens des BF (und darüber hinaus innerhalb des notorisch bekannten Amtswissens) Ermittlungen, bezog ihr parate Bescheinigungsmittel in die Entscheidungsfindung ein und blieb der BF schuldig, konkret bekannt zu geben, welche Sachverhaltselemente einer weiteren Aufklärung bedürften.

Insgesamt gesehen wurde der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der bB vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben. Die bB hat auch die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in der angefochtenen Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt und teilt das hier entscheidende Gericht auch die tragenden Erwägungen der Beweiswürdigung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. In gegenständlicher Beschwerde wurde kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet.

Bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes weist die Entscheidung der belangten Behörde im Hinblick auf die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat auch noch die gebotene Aktualität und Vollständigkeit auf.

Der für die Absprache über Spruchpunkt I. und II. maßgebliche Sachverhalt ist aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen.

Aus diesem Grund sah das erkennende Gericht ebenso wie bereits die bB auch keine Veranlassung für weitergehende Erhebungen im Herkunftsstaat des BF. Zusammenfassend gelangte das erkennende Gericht zur Überzeugung, dass in den Angaben des BF glaubwürdige Anknüpfungspunkte für oder Hinweise auf eine individuelle Verfolgung iSd Genfer Flüchtlingskonvention nicht erkennbar sind. Das Bundesverwaltungsgericht gelangte ferner zur Überzeugung, dass der BF unter keiner Krankheit leidet, die im Herkunftsstaat nicht behandelbar wäre bzw. zu deren Behandlung er keinen Zugang hätte (siehe dazu auch die Ausführungen in den Erwägungen der rechtlichen Beurteilung).

Hingegen erweist sich der Sachverhalt in Ansehung der ebenfalls gegenständlichen Rückkehrentscheidung und der damit in Zusammenhang stehenden Feststellungen, die zur Absprache der übrigen Spruchpunkte notwendig sind, als nicht geklärt, zumal in Bezug auf die Lebensgefährtin und die Tochter des BF noch Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht anhängig sind, in welchen über deren Beschwerde gegen den erstinstanzlich abgewiesenen Antrag nach Art. 8 EMRK abzusprechen ist. Aus diesem Grunde wurde der Beschwerde auch die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

I.11. Mit Schreiben vom 14.07.2020 wurde die Bevollmächtigung der nunmehrigen rechtlichen Vertretung der BF2 bekannt gegeben. Am 17.07.2020 wurde die aktuelle Bevollmächtigung des BF 1 angezeigt und wurde in der Folge die Vollmachtsauflösung der bisherigen Vertretung übermittelt.

I.12. Mit Scheiben vom XXXX .2020 wurde vom Bundesministerium für Inneres, Attachéwesen, bestätigt, dass G, die Mutter der BF2, ihre georgische Staatsbürgerschaft zurücklegte und diesem Antrag vom georgischen Präsidenten auch stattgegeben wurde. Es wurde jedoch – wie bereits anlässlich der Beantwortung einer gleichlautenden Frage im Jahr 2015 – mitgeteilt, dass diese immer noch als georgische Staatsangehörige gelte, zumal sie bislang noch nicht den Erwerb einer anderen Staatsbürgerschaft angezeigt habe.

Die Anfragebeantwortung lautet wie folgt:

In dem Schreiben wird angeführt, dass die vorgelegten Dokumente authentisch sind und dem Antrag von Frau XXXX auf Rücklegung der georgischen Staatsbürgerschaft mit Erlaß vom XXXX vom damaligen georgischen Präsidenten stattgegeben wurde.

Weiters wird in dem Schreiben ausgeführt, dass Frau XXXX bis dato noch keine Bestätigungen für den Erwerb einer anderen Staatsbürgerschaft vorgelegt hat. Aus diesem Grund gilt Frau XXXX noch immer als georgische Staatsangehörige!

Zur Information:

Sollte die georgische Staatsbürgerschaft zurückgelegt und eine andere Staatsbürgerschaft angenommen worden sein ist eine Rückerlangung der georgischen Staatsbürgerschaft unter folgenden Voraussetzungen möglich:

Gemäß § 18 des georgischen Staatsbürgerschaftsgesetzes, kann die georgische Staatsbürgerschaft auf Antrag in folgenden Fällen wiedererlangt werden:

a)       nach einer rechtswidrigen Aberkennung oder einem sonstigen rechtswidrigen Verlust der StA,

b)       nach freiwilliger Zurücklegung der georgischen StA,

c)       nachdem die georgische StA aufgrund einer Entscheidung der Eltern (bei Minderjährigen) zurückgelegt wurde.

I.13. Am 28.07.2020 langte eine Stellungnahme betreffend BF2 zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung ein. Es wurden Ausführungen zur Integration getroffen und wurde insbesondere angegeben, dass die BF keine georgische Staatsangehörige sei, da diese nicht in Georgien registriert worden sei. Die Mutter der BF2 selbst habe die georgische Staatsangehörigkeit zurückgelegt. Die lange Aufenthaltsdauer der BF sei insbesondere auf ein Organisationsverschulden der Behörden zurückzuführen. Es wurde die Verbindung der Verfahren der BF und ihrer Tochter angeregt. Vorgelegt wurden drei Unterstützungsschreiben, Mietverträge, eine e-Card, Nachweise für den „GVS Leistungsbezug“, ein Schulzeugnis, eine Besuchsbestätigung eines Tageskinderheims und ein Auszug aus einem Kommentar zum Internationalen Ehe- und Kindschaftsrecht, Stand 01.02.2009.

I.14. In der Folge langten weitere vom Bundesverwaltungsgericht angeforderte Unterlagen betreffend BF1 ein.

I.15. Am 03.08.2020 fand eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt, zu welcher BF1 und die Mutter der BF2 (G) als deren gesetzliche Vertreterin sowie ihr gewillkürter Rechtsvertreter geladen wurden. Die Verhandlung in der Rechtssache der Mutter der BF2 bzw. Lebensgefährtin des BF1 (G) fand am selben Tag statt.

Im Verlauf dieser Verhandlung wurde den BF einerseits Gelegenheit gegeben, neuerlich die persönliche Situation in Österreich umfassend darzulegen und wurde die aktuelle Lageentwicklung im Herkunftsstaat anhand der bereits vor der Verhandlung übermittelten aktueller Länderdokumentationsunterlagen erörtert.

Es wurden insbesondere auch Fragen des Staatsbürgerschaftsrechts erörtert und gab der rechtsfreundliche Vertreter nach Darlegung der Rechtsansicht der Richterin hierzu an:

RV: Die Tochter ist in Österreich geboren und hat sich zeit ihres Lebens in Österreich aufgehalten.

RV: Ich möchte zu dem mir übergebenen Auszug des Georgischen Staatsbürgerschaftsgesetzes etwas angeben: Nämlich, dass diese Fassung des georgischen Staatsbürgerschaftsgesetzes im Mai 2014 in Kraft getreten ist. Ich habe einen Auszug aus einem Handbuch des Internationalen Ehe- und Staatsbürgerschaftsrechts vom 01.02.2009 übermittelt und 2011, also noch vor 2014 geboren. Ich gehe daher davon aus, dass die Fassung des georgischen Staatsbürgerschaftsrechts, die 2009 in Geltung stand, auf die BF2 zur Anwendung kommt. Daher gelten auch die mit der Stellungnahme vom 27.07.2020 übermittelten Vorschriften über den Verlust der georgischen Staatsbürgerschaft. Im gegenständlichen Fall gelangt Art. 32 lit. b des georgischen Staatsbürgerschaftsgesetzes zur Anwendung, wonach eine Person die georgische Staatsbürgerschaft verliert, wenn sie sich ständig in einem anderen Staat aufhält und nicht innerhalb von zwei Jahren bei der zuständigen konsularischen Vertretung Georgien registrieren lässt.

Nach erfolgter Rückübersetzung gibt RV an, er möchte eine Ergänzung zu Protokoll geben.

RI merkt an, dass es um die Richtigkeit des Protokollierten geht und fragt, ob etwas nicht richtig protokolliert wurde.

RV merkt an, dass er eine Ergänzung zum Protokoll möchte.

RV: Ich halte fest, dass die Ausgabe des georgischen Staatsbürgerschaftsgesetzes, die mir vom Gericht in der Verhandlung vorgelegt wurde, laut der Datumsangabe am Ende am 30.04.2014 kundgemacht wurde.

RV tätigt weitere rechtliche Ausfertigungen.

RI weist darauf hin, dass es bei der Durchsicht des Protokolls darum geht, ob alles richtig protokolliert wurde.

RI weist weiters darauf hin, dass das Gericht in Kenntnis der Gesetzeslage ist. Es wurde auch eine Stellungnahme des RV zur Thematik der Staatsbürgerschaft abgegeben.

RV steht es frei, bis zur Beendigung des Verfahrens eine weitere Stellungnahme abzugeben.

RI: Im Fall der BF2 geht es nicht um einen Verlust der Staatsbürgerschaft. Weshalb gehen Sie davon aus, dass die in Geltung stehende Fassung des georgischen Staatsbürgerschaftsrechts nicht zur Anwendung kommt?

RV: Weil Grundsätzlich der Verleihungstatbestand und der Verlusttatbestand jeweils nach dem Zeitpunkt und in der Fassung zur Anwendung gelangen, in der sie in Geltung stehen.

Zum Thema der Integration der BF in Österreich wurden Fotos und drei Einstellungszusagen vorgelegt.

Folgende Erkenntnisquellen (Länderfeststellungen), welche der Rechtsvertretung der beschwerdeführenden Parteien vorab zur Stellungnahme übermittelt wurden, wurden erörtert und als Beilage zur Verhandlungsschrift genommen:

-        Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Georgien Gesamtaktualisierung am 16.03.2020

-        Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand Juli 2019)

-        Hinweisblatt COVID-19

In der mündlichen Verhandlung wurde den BF eine englischsprachige Version des georgischen Staatsbürgerschaftsgesetzes übergeben und mit diesen erörtert (siehe: https://www.ecoi.net/en/file/local/1248605/1226_1480669347_georgia-cpc-2009-am2016-en.pdf)

I.16. Trotz Ankündigung in der Verhandlung langte keine Stellungnahme der rechtsfreundlichen Vertretung bis dato beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Bei dem volljährigen BF1 und der minderjährigen BF2 handelt es sich um im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörige Georgier, welche sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennen.

BF1 stammt aus Georgien und hat dort 11 Jahre lang die Schule besucht. Er hat in Georgien zudem als Automechaniker, Bergarbeiter und in der Metallbranche gearbeitet. BF2 ist am XXXX .2011 in Österreich geboren.

Die Identität des BF1 steht nunmehr fest. Fest steht weiters, dass er die im Spruch genannten Aliasdaten in Österreich verwendet und mehrfach über seine Identität getäuscht hat.

Die Mutter der BF2 und Lebensgefährtin des BF1 heißt XXXX . Sie ist am XXXX .1985 in Georgien geboren.

BF2 ist mit ihren Eltern aktuell am selben Wohnsitz gemeldet.

Mit Schreiben vom XXXX 2020 wurde vom Bundesministerium für Inneres, Attachéwesen, bestätigt, dass die Mutter der BF2 die georgische Staatsbürgerschaft zurücklegte und dem Antrag vom georgischen Präsidenten auch stattgegeben wurde, diese jedoch immer noch als georgische Staatsangehörige gelte, zumal sie bislang noch nicht den Erwerb einer anderen Staatsbürgerschaft angezeigt habe.

Wiewohl die Mutter der BF2 die georgische Staatsbürgerschaft zurückgelegt hat, so gilt sie nach wie vor als georgische Staatsbürgerin. Dies gilt gemäß Artikel 10 lit. a des georgischen Staatsbürgerschaftsgesetzes auch für ihre Tochter. Auch BF1 ist georgischer Staatsangehöriger. Für die Lebensgefährtin sowie auch für die Tochter des BF1 wurden bereits von der georgischen Botschaft in Wien mehrere Heimreisezertifikate ausgestellt, zuletzt im Jahr 2018. Auch für BF 1 wurden bereits Heimreisezertifikate ausgestellt.

BF1 spricht Georgisch, Russisch und etwas Deutsch.

BF2 besucht in Österreich die Schule. Sie spricht Georgisch und Deutsch. Sie lernt auch Englisch und Russisch. BF2 macht einen Verteidigungskurs und nimmt Klavier- sowie Ballettunterricht.

Ein Antrag auf internationalen Schutz der BF2 wurde im Jahr 2013 rechtskräftig abgewiesen. Ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK wurden nach Zurückverweisung ihrer Rechtssachen an die bB neuerlich abgewiesen (in Bezug auf die Tochter mit Bescheid vom 13.11.2019, in Bezug auf die Mutter mit Bescheid vom 09.01.2020).

BF2 und ihre Mutter verfügen damit seit dem Jahr 2013 über keinen rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich.

BF1 hält sich seit dem Jahr 2004 in Österreich auf.

Er möchte offensichtlich sein künftiges Leben in Österreich gestalten und reiste rechtswidrig und mit Hilfe einer Schlepperorganisation in das Bundesgebiet ein. Er hat lediglich einen Deutschkurs für das Sprachniveau A1 besucht. Es liegen drei Einstellungszusagen für seine Person vor.

Der BF 1 wurde wegen der nachfolgenden Straftaten rechtskräftig verurteilt (Ergänzungen aus den Urteilen im Akt):

01) LG F.STRAFS. XXXX 2005

PAR 127 128 ABS 1/4 129/1 U 2 130 (2. SATZ) 15 StGB

Freiheitsstrafe 30 Monate, davon Freiheitsstrafe 20 Monate, bedingt, Probezeit

3 Jahre

Vollzugsdatum 11.04.2005

(Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls, mildernd: das Geständnis, die Unbescholtenheit und der teilweise Versuch; erschwerend: die mehrfache Überschreitung der Qualifikationsgrenze)

zu LG F.STRAFS. XXXX

Rest der Freiheitsstrafe nachgesehen, bedingt, Probezeit 3 Jahre, Beginn der

Probezeit 11.04.2005

gemäß Entschließung des Bundespräsidenten vom XXXX .2005 Erlass des BMVRDJ

Zahl XXXX

JUSTIZANSTALT XXXX .2005

zu LG F.STRAFS. XXXX

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG XXXX 2008

zu LG F.STRAFS. XXXX 2005

Rest der Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

Vollzugsdatum XXXX 2005

LG F.STRAFS. XXXX 2010

02) LG XXXX 2008

PAR 223/2 224 StGB

Datum der (letzten) Tat 04.03.2008

Freiheitsstrafe 3 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Vollzugsdatum 11.03.2008

(Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden, BF 1 hat einen verfälschten Führerschein gebraucht bei einer Kontrolle, mildernd: das Geständnis, erschwerend das Zusammentreffen von zwei Vergehen)

zu LG XXXX 2008

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

Vollzugsdatum XXXX 2008

LG XXXX 2011

03) BG XXXX 2013

§ 223 (2) StGB

Datum der (letzten) Tat 05.01.2012

Freiheitsstrafe 2 Monate

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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