TE OGH 2020/12/9 13Os102/20d

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Veröffentlicht am 09.12.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Dezember 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel in Gegenwart der Mag. Pöttinger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Wolfgang M***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 vierter Fall und Abs 4 Z 3 SMG sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 20. August 2020, GZ 18 Hv 51/20p-92, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Wolfgang M***** jeweils eines (richtig) Vergehens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 3 erster Fall SMG (I) und nach § 28a Abs 1 zweiter (und dritter) Fall und Abs 3 erster Fall SMG (II), ferner eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 vierter Fall und Abs 4 Z 3 SMG (III 1) und mehrerer solcher „Vergehen“ nach § 28a Abs 1 vierter Fall SMG (III 2 und III 3) sowie darüber hinaus mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall und Abs 2 SMG (IV), eines Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (V) und eines Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG (VI) schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 28a Abs 4 SMG zu einer Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 10a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Sie bringt vor, aufgrund von Angaben des Beschwerdeführers gegenüber der Staatsanwaltschaft habe „der Drogenring, welcher dem gegenständlichen Verfahren zu Grunde liegt, bis in die europäische Ebene aufgedeckt“ werden können. Die betreffenden Informationen habe er „unter der Maßgabe“ preisgegeben, dass sie „in seinem gegenständlichen Strafakt nicht aufscheinen dürfen“, weil sonst sein Leben in Gefahr sei. „Offensichtlich“ habe die Staatsanwaltschaft aber „nicht die notwendige Sorgfalt walten lassen“, sodass Informationen über seine Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden „nach außen gedrungen“ seien. Der „Kopf der Suchtgiftbande“ habe davon Kenntnis erlangt und „einen Mordauftrag für den Angeklagten und seine Familie“ erteilt, weshalb er nun um das Leben seiner selbst und seiner Angehörigen fürchte. Außerdem habe ihm die Staatsanwältin zugesichert gehabt, das Gericht von seiner Kooperation mit der Anklagebehörde zu informieren und eine „geringere Strafe“ für ihn zu fordern, was jedoch unterblieben sei.

Auf „diese besondere Mitwirkungspflicht des Angeklagten“ nehme das Urteil „keinen Bezug“, worin die Beschwerde eine „rechtsfehlerhafte Bewertung von Strafzumessungstatsachen“ erblickt.

Aus Z 10a ist ein Urteil genau dann nichtig, wenn die darin enthaltenen Feststellungen bei richtiger Rechtsansicht die Nichtanwendung der Diversion nicht zu tragen vermögen oder Ergebnisse der Hauptverhandlung auf einen Umstand hindeuten, der für die positive Beurteilung der diversionellen Voraussetzungen den Ausschlag gäbe, das Gericht dazu aber keine Feststellungen getroffen hat (RIS-Justiz RS0119091; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 659). Derartiges wird hier – zu Recht – nicht behauptet.

Nichtigkeit aus Z 11 zweiter Fall wiederum begründet ein Sachverhaltssubstrat nur dann, wenn es vom Gericht offenbar unrichtig als entscheidend für die Anwendung oder Nichtanwendung einer Rechtsvorschrift der Strafbemessung beurteilt und solcherart verfehlt beim Strafausspruch in Anschlag gebracht wurde, für diesen also maßgebend war (RIS-Justiz RS0116960; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 692).

Die (vom Beschwerdeführer der Sache nach reklamierte) Berücksichtigung vom Erstgericht nicht in Anschlag gebrachter Strafzumessungstatsachen kann – übrigens ohne Behinderung durch das Neuerungsverbot – nur mit Berufung eingefordert werden (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 680, 705, 709).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Über die Berufungen hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§ 285i StPO).

An die – dem Angeklagten nicht per se zum Nachteil gereichend (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO) – verfehlte rechtliche Unterstellung (Z 10) der beiden von den Schuldsprüchen III 2 und III 3 umfassten Taten als jeweils ein „Vergehen“ des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 vierter Fall SMG ist es dabei nicht gebunden (RIS-Justiz RS0118870). Richtigerweise wären die betreffenden Taten – angesichts der 25-fachen Grenzmengenüberschreitung (§ 28 Abs 4 Z 3 SMG) – mit der vom Schuldspruch III 1 umfassten Tat zu einer Subsumtionseinheit zusammenzufassen, mit anderen Worten alle diese gleichartigen (§ 28a Abs 1 vierter Fall SMG) Taten einem Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 vierter Fall und Abs 4 Z 3 SMG zu subsumieren gewesen (RIS-Justiz RS0117464 [insbesondere T14, T16, T18]).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E130119

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0130OS00102.20D.1209.000

Im RIS seit

23.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.05.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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