TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/12 W279 2226127-12

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.10.2020
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Entscheidungsdatum

12.10.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch

W279 2226127-12/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. KOREN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX ), geb. am XXXX 1985, alias geb. am XXXX 1979, StA. Marokko, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung zur Zahl XXXX in Schubhaft zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer wurde am 13.05.2015 in Griechenland erkennungsdienstlich behandelt. Er stellte in Griechenland einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei er den Ausgang dieses Verfahrens nicht abwartete. Der Beschwerdeführer wurde am 29.06.2015, am 09.07.2015 sowie am 11.07.2015 in Ungarn erkennungsdienstlich behandelt.

Der Beschwerdeführer stellte am 04.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Der Beschwerdeführer wurde am 06.06.2016 wegen unbekannten Aufenthaltes von der Grundversorgung abgemeldet.

Er wurde straffällig und am 23.06.2016 von einem Landesgericht verurteilt. Er war bis 23.06.2016 in Untersuchungshaft.

3. Nach der ersten Haftentlassung wurde der Beschwerdeführer wieder in die Grundversorgung aufgenommen. Der Beschwerdeführer leistete einer Ladung am 12.12.2016 im Asylverfahren keine Folge, er war nicht an seiner Meldeanschrift auffindbar. Der Beschwerdeführer hat sich dem Verfahren auf internationalen Schutz entzogen, das Asylverfahren wurde mit Bescheid vom 11.07.2017 eingestellt.

4. Am 28.05.2018 beantragte der Beschwerdeführer das Verfahren auf internationalen Schutz fortzusetzen.

5. Am 04.06.2018 wurde der Beschwerdeführer im Rahmen einer Identitätsfeststellung festgenommen und in ein Polizeianhaltezentrum überstellt. Der Beschwerdeführer verweigerte bei einer Einvernahme vom 05.06.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) jegliche Mitwirkung.

6. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 14.06.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz in Österreich zur Gänze abgewiesen und kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Es wurde eine Rückkehrentscheidung getroffen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Marokko zulässig sei. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde dem Beschwerdeführer nicht gewährt, es wurde ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Dieser Bescheid blieb unangefochten und erwuchs in Rechtskraft.

7. Am 04.10.2018 beantragte das Bundesamt die Ausstellung eines Heimreisezertifikats bei der marokkanischen Botschaft.

Am 05.11.2018 wurde der Beschwerdeführer von Interpol (Rabat-Marokko) identifiziert.

8. Der Beschwerdeführer wurde am 08.11.2018 von einem Landesgericht wegen Vergehen gegen das Suchtmittelgesetz sowie wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt.

9. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 02.08.2019 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

10. Der Beschwerdeführer war vom 28.09.2018 bis 14.08.2019 in Untersuchungshaft bzw. in Strafhaft und vom 14.08.2019 bis zum 16.08.2019 in Verwaltungsstrafhaft. Seit 16.08.2019 wird der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten.

11. Am 30.08.2019 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stand der Schubhaft einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz, um seine Abschiebung zu verhindern.

Mit Aktenvermerkt vom 30.08.2019 setzte das Bundesamt die Schubhaft gemäß § 76 Abs 6 FPG fort.

12. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 10.09.2019 wurde der Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, es wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt und festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht.

13. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts I413 2223585-1/2E vom 01.10.2019 mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt III. behoben wurde. Spruchpunkt III. betraf lediglich die amtswegige Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, da diesbezüglich auf Grund des rechtskräftigen Bescheides vom 14.06.2018 entschiedene Sache vorlag.

14. Der Beschwerdeführer wurde zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft am 10.01.2020 sowie am 07.02.2020 vor dem Bundesverwaltungsgericht einvernommen.

15. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2019, 10.01.2020, 07.02.2020, 06.03.2020, 06.04.2020, 30.04.2020, 28.05.2020, 25.06.2020, 23.07.2020, 19.08.2020 und 15.09.2020 wurde jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig war.

16. Mit Schreiben vom 06.10.2020 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt ein weiteres Mal zur amtswegigen Prüfung gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vor. Darin wurde auf bisherige Verfahren des Beschwerdeführers in Österreich verwiesen, insbesondere die Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz unter Angabe einer falschen Identität sowie strafrechtliche Verurteilungen wegen der Begehung von Suchtmitteldelikten. Im Zusammenhang mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikats werde weiterhin laufend urgiert. Aufgrund der unverändert bestehenden Fluchtgefahr sei weiterhin die zur Aufrechterhaltung der Schubhaft erforderliche ultima-ratio-Situation gegeben. Mit der Abschiebung könne jedenfalls im Rahmen der zulässigen Anhaltedauer gerechnet werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 16.08.2019, somit seit länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft. Es ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung zu überprüfen und festzustellen, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

1. Feststellungen:

1. Zum Verfahrensgang (I.1. – I.16.)

Der unter Punkt I.1. – I.16. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft:

2.1. Der Beschwerdeführer besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft nicht, er besitzt auch keine Staatsbürgerschaft eines EU-Mitgliedstaates, er ist Staatsangehöriger von Marokko. Der Beschwerdeführer ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

2.2. Es besteht gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme.

2.3. Der Beschwerdeführer ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung.

2.4. Der Beschwerdeführer wird seit dem 16.08.2019 in Schubhaft angehalten.

3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:

3.1. Der Beschwerdeführer weist in Österreich folgende strafgerichtlichen Verurteilungen auf:

3.1.1. Mit Urteil eines Landesgerichts vom 23.06.2016 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften (§ 27 Abs. 2a zweiter Fall SMG) zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, wobei die Freiheitsstrafe unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Der Beschwerdeführer hat am 05.06.2016 an einem öffentlichen Platz 3g Cannabisharz einer anderen Person gegen Entgelt überlassen.

3.1.2. Mit Urteil eines Landesgerichts vom 08.11.2018 wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften und des Vergehens des Diebstahls (§§ 27 Abs 1 Z 1 achter Fall, Abs 3 SMG; §§ 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG; § 127 StGB) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer hat von Juli 2017 bis 26. September 2018 einer anderen Person 400g Cannabiskraut sowie unbekannt gebliebenen Abnehmern in einer nicht mehr festzustellenden Menge Cannabiskraut gewerbsmäßig überlassen. Der Beschwerdeführer hat seit 2015 bis zum 26.09.2018 in täglichen Angriffen Kokain, Cannabiskraut und Cannabisharz zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen. Der Beschwerdeführer hat in der Zeit vom 20.09.2018 bis 26.09.2018 einer anderen Person 6 Gramm Cannabiskraut weggenommen, um sich durch deren Zueignung zu bereichern.

3.2. Der Beschwerdeführer hat in den Asylverfahren unterschiedliche Angaben zu seinem Namen und zu seinem Geburtsdatum gemacht. Der Beschwerdeführer versucht seine Identität zu verschleiern um einer Abschiebung zu entgehen.

3.3. Der Beschwerdeführer hat sich sowohl in Griechenland als auch in Österreich dem Asylverfahren durch Untertauchen entzogen.

3.4. Der Beschwerdeführer hält die Meldevorschriften in Österreich nicht ein. Er versucht sich vor den Behörden verborgen zu halten.

3.5. Der Beschwerdeführer stellte während der Anhaltung in Schubhaft einen Asylfolgeantrag um seine Abschiebung zu verhindern.

3.6. Der Beschwerdeführer begab sich während der Anhaltung in Schubhaft vom 15.12.2019 bis 18.12.2019 in Hungerstreik um seine Freilassung zu erpressen.

Beim Beschwerdeführer wurde während der Anhaltung in Schubhaft ein Mobiltelefon vorgefunden, wobei dies verboten ist und eine Ordnungswidrigkeit darstellt.

3.7. Der Beschwerdeführer hat in Österreich weder Verwandte noch enge soziale Anknüpfungspunkte in Österreich. Er ist beruflich in Österreich nicht verankert. Er verfügt über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.

3.8. Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung nicht. Es konnten auch eine Inhaftierung und Verurteilung den Beschwerdeführer nicht zu rechtskonformem Verhalten bewegen. Der Beschwerdeführer hat sich bereits in Griechenland und in Österreich seinem Asylverfahren entzogen. Der Beschwerdeführer ist nicht bereit freiwillig nach Marokko zurückzukehren. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der Beschwerdeführer untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten um sich einer Abschiebung zu entziehen.

3.9. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikats wird laufend vom Bundesamt, zuletzt am 07.07.2020, bei der marokkanischen Vertretungsbehörde urgiert. Vom Bundesamt wurden am 10.07.2020 und am 15.09.2020 auf Wunsch der Vertretungsbehörde neuerlich Unterlagen zur Ausstellung des Heimreisezertifikates übermittelt. Die Ausstellung ist innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer möglich. Durch Mitwirkung bei den marokkanischen Behörden kann der Beschwerdeführer zu einer raschen Identitätsfeststellung und Ausstellung eines Heimreisezertifikats beitragen.

Nach Ausstellung eines Heimreisezertifikats erfolgt eine zeitnahe Abschiebung des Beschwerdeführers.

Die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat (innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft) besteht weiterhin. Die schrittweise Rücknahme der gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit Covid-19 ist bereits angelaufen – für den internationalen Luftverkehr ist sie in einigen Wochen zumindest in einem reduzierten Ausmaß (das Abschiebungen ermöglicht) zu erwarten.

Die Abschiebung des Beschwerdeführers ist nach derzeitigem Stand – kooperatives Verhalten des Beschwerdeführers vorausgesetzt – binnen weniger Wochen nach Zusage der Ausstellung eines Heimreisezertifikates realistisch.

3.10. Eine Änderung der Umstände seit der letzten gerichtlichen Überprüfung am 15.09.2020 hat sich im Verfahren nicht ergeben.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in die Akte des Bundesverwaltungsgerichtes das bisherige Schubhaftverfahren den Beschwerdeführer betreffend, in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes das Asylfolgeverfahren den Beschwerdeführer betreffend, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

1. Zum Verfahrensgang, zur Person des Beschwerdeführers und den Voraussetzungen der Schubhaft:

1.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes, den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes das bisherige Schubhaftverfahren den Beschwerdeführer betreffend, aus dem Akt des Bundesamtes das Asylfolgeverfahren den Beschwerdeführer betreffend, aus dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister sowie aus dem Auszug aus dem Fremdenregister und aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

1.2. Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebenso wenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer wurde von Interpol (Rabat – Marokko) identifiziert.

1.3. Die Feststellungen zu der erlassenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme gründen auf den Eintragungen im Zentralen Fremdenregister sowie auf dem vorgelegten Bescheid und dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.10.2019.

Die Feststellung zur Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit 16.08.2019, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

1.4. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim Beschwerdeführer eine Haftunfähigkeit vorliegen würde. Dass der Beschwerdeführer Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft.

2. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:

2.1. Aus der Einsichtnahme in das Strafregister sowie aus den im Akt einliegenden Urteilen ergeben sich die strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers.

2.2. Der Beschwerdeführer hat in seinem ersten Asylverfahren andere Angaben zu seiner Identität gemacht, als im zweiten Asylverfahren in Österreich. Der Beschwerdeführer räumte auch ein, dass er falsche Angaben zu seiner Identität gemacht hat. Dies wird den Feststellungen zugrunde gelegt.

2.3. Die Feststellungen zum Untertauchen des Beschwerdeführers und dazu, dass er sich bereits dem Asylverfahren entzogen hat, ergibt sich aus dem Akteninhalt.

2.4. Die Feststellung zu den fehlenden behördlichen Wohnsitzmeldungen ergibt sich aus dem Auszug aus dem Melderegister.

2.5. Die Feststellung zum zweiten Asylantrag während der Anhaltung in Schubhaft, um eine Abschiebung zu verhindern, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus dem Folgeantrag und dem Aktenvermerk des Bundesamtes, sowie aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.10.2019, in dem festgehalten wurde, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen verlassen und im Asylfolgeantrag keinen neuen Sachverhalt vorbrachte.

2.6. Die Feststellungen zum Hungerstreik und zum Verhalten während der Anhaltung ergeben sich aus dem Verwaltungsakt sowie aus der Anhaltedatei.

2.7. Dass sich der Beschwerdeführer seit September 2018 durchgehend in Haft befand, ergibt sich aus einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister in Zusammenschau mit einer Einsichtnahme in das Strafregister.

2.8. Die Feststellung zur mangelnden Integration in Österreich und zu fehlenden sozialen und beruflichen Anknüpfungspunkten in Österreich ergibt sich aus dem Verwaltungsakt sowie aus den Einvernahmen des Beschwerdeführers vor dem Bundesverwaltungsgericht. Diesen sind keine gefestigten sozialen Anknüpfungspunkte in Österreich zu entnehmen. Der Beschwerdeführer gab zwar an, dass er eine Freundin bzw. Bekannte habe, bei der er auch gewohnt habe. Der Beschwerdeführer bekommt jedoch kaum Besuch während der Anhaltung in Schubhaft (17.08.2019, 12.10.2019 und 11.02.2020), sodass keine engen Nahebeziehungen ersichtlich sind.

2.9. Dass der Beschwerdeführer nicht gewillt ist, mit den Behörden zu kooperieren und sich an die Rechtsordnung in Österreich zu halten, ergibt sich aus dem festgestellten bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers, aus den unrichtigen Angaben zu seiner Identität, seinen strafrechtlichen Verurteilungen sowie auch seinem Verhalten während der Anhaltung in Schubhaft und aus dem Umstand, dass sich der Beschwerdeführer bereits öfters dem Asylverfahren entzogen hat. Er hat auch während der Anhaltung in Schubhaft einen Asylfolgeantrag gestellt, um seine Abschiebung zu verhindern.

Das Gericht geht daher davon aus, dass der Beschwerdeführer bei einer Entlassung aus der Schubhaft untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten werde. Es haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer sein bisher jahrelang gezeigtes Verhalten ändern werde.

2.10. Die Feststellungen zum Heimreisezertifikatsverfahren ergeben sich aus dem Verfahrensakt und aus den vom Bundesamt vorgelegten Unterlagen. Sobald ein Heimreisezertifikat vorliegt, erfolgt eine zeitnahe Abschiebung des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer kann durch Mitwirkung bei den marokkanischen Behörden die Erlangung eines Heimreisezertifikats beschleunigen und somit die Anhaltung in Schubhaft selber möglichst kurz halten. Es liegen keine Hinweise vor, wonach die Erlangung eines Heimreisezertifikats innerhalb der höchstmöglichen Schubhaftdauer nicht möglich wäre.

Die realistische Möglichkeit der Rücküberstellung ergibt sich aus der diesbezüglich grundsätzlich problemlosen Zusammenarbeit mit den Vertretungen und Behörden des Herkunftsstaates. Abschiebungen fanden vor den durch COVID-19 bedingten Flugeinschränkungen regelmäßig statt. Es ist davon auszugehen, dass in einigen Wochen und Monaten der internationale Luftverkehr noch weiter intensiviert wiederaufgenommen wird – womit auch (begleitete) Abschiebungen wieder möglich sein werden. Ferner setzten Abschiebungen nicht zwingend die Wiederaufnahme geregelter, touristischer Flugverbindungen voraus. Entsprechende Ankündigungen von Regierungen und internationalen Fluglinien wurden in den letzten Monaten veröffentlicht und sind notorisch. Sobald eine Zustimmung Marokkos zur Rückübernahme beziehungsweise ein Heimreisezertifikat vorliegt, kann eine Abschiebung geplant werden. Es ist realistisch, dass die Abschiebung zeitnah nach Ausstellung des Heimreisezertifikates erfolgen kann.

Die bisherigen Ermittlungs- und Prüfungsverfahren sind allein dem Beschwerdeführer zuzurechnen, weil er ohne Dokumente durch Europa reiste und bei Behördenkontakten bewusst tatsachenwidrige Behauptungen zu seiner Identität machte. Laufende Urgenzen des Bundesamtes sind der Aktenlage zu entnehmen.

2.11. Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit 15.09.2020 ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Gegenteiliges ist auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen.

2.12. Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Fortsetzungsausspruch

3.1. Gesetzliche Grundlagen

3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) lauten (auszugsweise):

Der mit „Begriffsbestimmungen“ betitelte § 2 FPG lautet:

§ 2 (4) Im Sinn dieses Bundesgesetzes ist

1. Fremder: wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt.

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 FPG lautet:

§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Der mit „Dauer der Schubhaft“ betitelte § 80 lautet:

§ 80 (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1.

drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2.

sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1.

die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2.

eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3.

der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4.

die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

§ 80 Abs. 4 FPG idF der Novelle BGBl. I Nr. 70/2015 lautete (Hervorhebung durch das Bundesverwaltungsgericht):

(4) Kann oder darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden,

1.

weil die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht möglich ist oder

2.

weil die für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt oder

3.

weil er die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt.

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden, es sei denn, die Nichtvornahme der Abschiebung ist dem Verhalten des Fremden zuzurechnen. In diesen Fällen darf der Fremde wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monate nicht länger als 10 Monate in Schubhaft angehalten werden. Gleiches gilt, wenn die Abschiebung dadurch gefährdet erscheint, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen hat. Ebenso kann die Schubhaft, die gemäß § 76 Abs. 2 verhängt wurde, länger als sechs Monate in einem Jahr, aber nicht länger als 10 Monate in 18 Monaten aufrechterhalten werden.

3.1.2. Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

§ 22a (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.

3.2. Zur Judikatur

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Gemäß § 22a Abs. 4 dritter Satz BFA-VG gilt mit der Vorlage der Verwaltungsakten durch das BFA eine Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung (nur) ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung stellt - ebenso wie ein Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG - einen neuen Hafttitel dar. Über vor (oder nach) der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen (VwGH vom 29.10.2019, Ra 2019/21/0270; VwGH vom 30.08.2018, Ra 2018/21/0111).

3.3. Allgemeine Voraussetzungen

Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Im vorliegenden Fall liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. Daher war die Anhaltung in Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – möglich. Es wurde bereits ein Heimreisezertifikatsverfahren eingeleitet. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikats wurde vom Bundesamt bereits mehrfach urgiert. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikats innerhalb der höchstmöglichen Schubhaftdauer ist wahrscheinlich. Der Beschwerdeführer wurde von Interpol Rabat identifiziert und kann durch Mitwirkung bei den marokkanischen Behörden selbst auf eine kurze Schubhaftdauer hinwirken.

3.4. Fluchtgefahr

Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus.

Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung nicht, er ist nicht kooperativ. Der Beschwerdeführer hat unterschiedliche Identitäten angegeben, um eine Abschiebung zu verhindern. Der Beschwerdeführer hat sich bereits in Griechenland sowie in Österreich einem Asylverfahren durch Untertauchen entzogen. Der Beschwerdeführer ist bereits mehrfach untergetaucht, er hält die Meldevorschriften nicht ein. Der Beschwerdeführer hat während Anhaltung in Schubhaft, obwohl bereits eine rechtskräftige und aufenthaltsbeendende Maßnahme vorlag, einen Folgeantrag auf internationalen Schutz gestellt, um seine Abschiebung zu verhindern. Der Beschwerdeführer verhält sich auch während seiner Anhaltung in Schubhaft nicht kooperativ. Er ist bereits in Hungerstreik getreten, um seine Entlassung aus der Schubhaft zu erzwingen.

Sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose haben bei dem Beschwerdeführer ein erhöhtes Risiko des Untertauchens sowie einen Sicherungsbedarf ergeben. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist.

Dabei ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 1 FPG zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder ob der Fremde die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Der Beschwerdeführer ist während seines laufenden Asylbeschwerdeverfahrens untergetaucht und hat am Verfahren nicht mitgewirkt und daher den Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 1 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 3 FPG zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).

Da gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige, durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorliegt und er während seines Asylverfahrens untergetaucht ist, ist der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG erfüllt.

Gemäß § 76 Abs. 3 Z 5 FPG ist bei der Beurteilung der Fluchtgefahr zu berücksichtigen, ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde.

Der Beschwerdeführer stellte im Stande der Schubhaft einen Folgeantrag. Zu diesem Zeitpunkt war die Rückkehrentscheidung durchsetzbar. Es ist daher im vorliegenden Fall auch der Tatbestand der Ziffer 5 des § 76 Abs. 3 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung, ob Fluchtgefahr vorliegt sind gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG der Grad der sozialen Verankerung des Fremden in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit bzw. das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen.

Das Verfahren hat keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass im Fall des Beschwerdeführers Umstände vorliegen, die wegen seiner Verankerung im Bundesgebiet gegen das Bestehen der Fluchtgefahr sprechen. Er verfügt im Inland über keinerlei enge soziale, berufliche oder familiäre Anknüpfungspunkte und ist auch nicht selbsterhaltungsfähig, weshalb keinerlei soziales Netz vorhanden ist, welches ihn vom Untertauchen bewahren könnte. § 76 Abs. 3 Z 9 FPG liegt daher gegenständlich ebenfalls vor.

Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 1, Z 3, Z 5 und Z 9 FPG vor.

3.5. Sicherungsbedarf

Sicherungsbedarf ist zu bejahen, wenn die Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers gegeben oder wahrscheinlich ist oder ein wesentliches Erschweren der Abschiebung zu erwarten ist.

Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des Beschwerdeführers ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben ist. Der Beschwerdeführer ist in seinen Asylverfahren bereits untergetaucht und war für die Behörde nicht greifbar. Der Beschwerdeführer hat in Österreich Straftaten begangen. Er ist entgegen seiner Ausreiseverpflichtung unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben Es liegen eine den Beschwerdeführer betreffende durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme sowie ein Einreisverbot vor. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

In Österreich befinden sich weder Familienangehörige des Beschwerdeführers noch ist er sonst sozial verankert. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keinen gefestigten Wohnsitz und auch nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung. Einer legalen Beschäftigung ging er in Österreich bisher nicht nach.

Es ist daher auch Sicherungsbedarf gegeben.

3.6. Verhältnismäßigkeit

Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Der Beschwerdeführer wurde zwei Mal strafrechtlich verurteilt. Er hat wiederholt gegen das Suchtmittelgesetz verstoßen, wobei sich die Zeiträume, in denen er strafbare Handlungen gesetzt hat, von 05.06.2016 und Juli 2017 bis 26. September 2018 erstrecken. Gerade an der Verhinderung von Drogenkriminalität besteht ein besonders hohes öffentliches Interesse. Diesem hat der Beschwerdeführer zuwidergehandelt, da er wiederholt Suchtgiftdelikte begangen hat. Dabei ist auf die mit der Suchtgiftkriminalität im Allgemeinen verbundene große Wiederholungsgefahr hinzuweisen, von der auch im vorliegenden Fall angesichts der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers in Verbindung mit dem in der Vergangenheit gezeigten Verhalten auszugehen ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat in Bezug auf Suchtmitteldelinquenz wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (VwGH 22.11.2012, 2011/23/0556; 20.12.2012, 2011/23/0554).

Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer auch künftig Straftaten nach dem Suchtmittelgesetz begehen wird, sodass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit massiv gefährdet und ein besonders hohes öffentliches Interesse an der baldigen Außerlandesbringung des Beschwerdeführers besteht.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich weder sozial noch familiär verankert. Er hat keine Verwandten oder sonstigen engen Nahebeziehungen in Österreich. Die erwähnte Freundin bzw. Bekannte, von der er auch während der Anhaltung kaum besucht wird, konnte den Beschwerdeführer auch bisher weder von Straftaten noch vom Untertauchen abhalten. Stattdessen hat diese Bekannte dem Beschwerdeführer das Untertauchen erst ermöglicht, indem diese dem Beschwerdeführer eine Wohnmöglichkeit zur Verfügung stellte, ohne diesen dort zu melden, um ihn vor den Behörden verborgen zu halten. Er ist beruflich nicht verwurzelt und hat auch keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.

Das Bundesamt hat die Ausstellung eines Heimreisezertifikats laufend urgiert. Das Bundesamt hat daher auf eine möglichst kurze Anhaltung in Schubhaft hingewirkt.

Die Dauer der Schubhaft ist durch das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bedingt. Es obliegt dem Beschwerdeführer durch eine Kooperation mit den Behörden und Mitwirkung bei seiner Identitätsfeststellung die Dauer der Schubhaft möglichst kurz zu halten.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers kommt daher insgesamt ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen – insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung – zumal der Beschwerdeführer bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er die österreichische Rechtsordnung missachtet und im Verfahren auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er dieses Verhalten in Zukunft ändert.

3.7. Gelinderes Mittel

Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung kann auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel des Beschwerdeführers nicht zur Anwendung kommen. Aber auch die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens nicht zum Ziel der Sicherung des Verfahrens, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers besteht. Der Beschwerdeführer hat sich bereits in der Vergangenheit den Asylverfahren durch Untertauchen entzogen und damit seine Abschiebung vereitelt.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.

3.8. Ultima ratio

Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

3.9. Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage und der Stellungnahme der belangten Behörde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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