TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/3 W117 2234546-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.09.2020
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Entscheidungsdatum

03.09.2020

Norm

BFA-VG §21 Abs3
BFA-VG §22a Abs1 Z3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
FPG §76 Abs2a
FPG §76 Abs3 Z1
FPG §76 Abs3 Z3
FPG §76 Abs3 Z9
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §8a Abs1

Spruch

W117 2234546-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DRUCKENTHANER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX StA. Nord Mazedonien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Wien, vom 20.08.2020, Zl. 58592900/200746773, sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 20.08.2020 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG idgF iVm §76 Abs.2a FPG, § 76 Abs. 3 Z 1, Z 3, Z9 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG idgF iVm §76 Abs.2a FPG, § 76 Abs. 3 Z 1, Z 3, Z9 FPG idgF wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

III. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF iVm § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV idgF, hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF abgewiesen

V. Der Antrag auf Befreiung von (Ersatz) der Eingabengebührwird gemäß §8a Abs.1 VwGVG idgF als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer wurde am 20.08.2020 zur beabsichtigten Schubhaftanordnung niederschriftlich befragt und gab er unter anderem – entscheidungswesentlich an:

„(…)

F: Wie geht es Ihnen? Fühlen Sie sich physisch und psychisch in der Lage, der Einvernahme zu folgen?

A: Mir geht es gut. Ja, kann ich.

F: Befinden Sie sich momentan in ärztlicher oder medikamentöser Behandlung, leiden Sie aktuell an irgendwelchen Erkrankungen.

A: Ja, ich nehme zurzeit Medikamente gegen meine frühere Sucht.

(…)“

Mit im Spruch angeführtem Bescheid der Verwaltungsbehörde
wurde die Schubhaft angeordnet.

Die Verwaltungsbehörde führte u. a. Folgendes aus:

„1. Feststellungen:

Zu Ihrer Person:

Ihre Identität und Ihre Nationalität stehen fest.

Fest steht, dass Sie kein österreichischer Staatsbürger sind. Sie sind Fremder iSd. § 2 Abs. 4 Z

1 FPG und besitzen die Staatsbürgerschaft von Nordmazedonien.

Fest steht, dass Sie bei der niederschriftlichen Befragung am 20.08.2020 angegeben haben, dass Sie gesund sind und keiner geregelten Arbeit nachgehen.

Fest steht, dass Sie haftfähig sind.

Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:

Gegen Sie wurde ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet. Diese ist seit 20.02.2020 durchsetzbar. Sie halten sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Ihr persönliches Verhalten stellt zurzeit eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar.

Sie haben in Österreich keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Eine Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot wurde gegen Ihre Person erlassen und diese ist durchsetzbar. Aufgrund des Vorliegens der weiteren für eine Abschiebung erforderlichen Voraussetzungen werden Sie zur Ausreise verhalten werden.

Die im Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erlassene Rückkehrentscheidung vom 19.02.2020 ist seit 20.02.2020 durchsetzbar. Sie erhoben Beschwerde, die dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt wurde.

Die Rückkehrentscheidung ist infolge Ablauf der 7-Tages-Frist (§ 16 Abs. 4 BFA-VG) durchführbar.

Sie verfügen nicht über ausreichend Barmittel um Ihren Unterhalt zu finanzieren. Einer legalen Beschäftigung gehen Sie nicht nach und sind im Wesentlichen mittelos.

Sie sind in Österreich polizeilich nicht gemeldet.

Sie verfügen über keine in Österreich gültige Sozial- und Krankenversicherung.

Zu Ihrem bisherigen Verhalten:

Fest steht, dass Sie am 21.11.1988 erstmals in Österreich angemeldet wurden.

Fest steht, dass Sie Ihre gesamte Schulausbildung in Österreich absolvierten.

Fest steht, dass Sie in Österreich eine Lehre zum Gerber absolvierten.

Fest steht, Ihre Mutter XXXX erstmalig am 27.12.1988 einen Antrag auf Sichtvermerk für sich und ihre drei Kinder, darunter Sie, gestellt hat, welcher von der BH Kufstein ausgestellt wurde.

Fest steht, dass Sie seitdem mehrfach um Verlängerung dieses Sichtvermerkes angesucht haben und Ihnen die Verlängerungen auch von der BH Kufstein erteilt wurden.

Fest steht, dass Sie am 24.04.2015 erstmals um Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ bei der BH Kufstein angesucht haben. Dieser Aufenthaltstitel wurde Ihnen bis zum 28.04.2016 erteilt.

Fest steht, dass Sie am 08.04.2016 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels Rot-Weiß-Rot- Karte Plus bei der BH Kufstein gestellt haben. Dieser Aufenthaltstitel wurde Ihnen bis 28.04.2017 erteilt.

Fest steht, dass Sie 10.04.2017 einen Verlängerungsantrag für die Rot-Weiß-Rot-Karte Plus bei der BH Kufstein gestellt haben. Dieser Aufenthaltstitel wurde Ihnen bis zum 28.04.2020 erteilt.

(…)

Fest steht, dass die BH Kufstein am 16.11.2004, rechtskräftig am 06.12.2004, unter der Zahl 2-2/1254-04 mit Bescheid gegen Sie ein Waffenverbot gem. § 12 Abs. 1 WaffenG 1996 erlassen hat. Dieses Waffenverbot besteht noch bis 22.02.2022.

(…)

Fest steht, dass Beamte der PI Kufstein am 04.05.2012 um 13:00 Uhr aus der Wohnung XXXX , weggewiesen und ein Betretungsverbot gegen Sie ausgesprochen haben, weil Sie den Sohn Ihrer damaligen Lebensgefährtin in der gemeinsamen Wohnung angegriffen und verletzt haben. Die BH Kufstein bestätigte die Wegweisung und das Betretungsverbot in der Dauer von 2 Wochen.

(…)

Fest steht, dass Sie seit dem Jahr 2000 insgesamt 18 Mal von österreichischen Gerichten rechtskräftig verurteilt wurden, zum Teil auch zu mehrmonatigen Haftstrafen, wobei die längste Haftstrafe aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Landesgerichtes Innsbruck vom 27.03.2013, Zl 24 Hv 53/2013b wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall und Abs. 3 SMG sowie des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 12, 3. Fall, 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z1 und 15 StGB im Ausmaß von 30 Monaten verhängt wurde. Diese über Sie verhängte Freiheitsstrafe wurde vom Landesgericht Innsbruck gem. § 39 SMG in eine Therapie umgewandelt.

Fest steht, dass Sie, seitdem Ihrer letzten Beschwerde gegen eine mit Bescheid über Sie verhängte aufenthaltsbeendende Maßnahme der Bezirkshauptmannschaft Kufstein durch den Verfassungsgerichtshof am 11.06.2015 behoben wurde, wieder insgesamt 3 Mal von österreichischen Gerichten rechtskräftig verurteilt wurden:

Am 12.04.2016, rk am 16.04.2016 vom Bezirksgericht Kufstein unter der Zahl 3 U 61/16v wegen Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 4 Monaten unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren.

Am 10.04.2018 vom Landesgericht Innsbruck rechtskräftig unter der Zahl 34 Hv 25/18s wegen Körperverletzung und versuchtem Widerstand gegen die Staatsgewalt zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 9 Monaten.

Am 04.09.2019 vom Landesgericht Innsbruck rechtskräftig unter der Zahl 25 Hv 86/2019x wegen versuchter Körperverletzung und Sachbeschädigung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 9 Monaten.

Fest steht, dass Sie vor den letzten drei Verurteilungen bereits 15 Mal von österreichischen Gerichten zu Geld- und Freiheitsstrafen verurteilt wurden und dass Sie insgesamt bereits 32 Mal wegen 30 Delikten zur Anzeige gebracht wurden.

Fest steht, dass Sie seit dem 01.01.2018 insgesamt 19 Mal verwaltungsstrafrechtlich in Erscheinung getreten sind, wobei bei der Bezirkshauptmannschaft Kufstein noch 7 Verwaltungsstrafen offen sind und von Ihnen nicht beglichen wurden.

Fest steht, dass Sie am 12.04.2018 wegen Lenkens oder in Betriebnehmens eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustandes sowie anderen Übertretungen von der Bezirkshauptmannschaft Kufstein angezeigt wurden.

Fest steht, dass Sie seit dem Jahr 2013 insgesamt 54 Mal verwaltungsstrafrechtlich in Erscheinung getreten sind und von der Bezirkshauptmannschaft Kufstein deswegen bestraft wurden. Von diesen 54 Verwaltungsstrafen bezog sich eine Strafe im Jahr 2016 auf eine Übertretung der Gewerbeordnung und eine Strafe im Jahr 2014 auf die Verbreitung von nationalsozialistischem Gedankengut iSd Verbotesgesetzes nach Art. 3 Abs. 1 Z 4 EGVG.

Fest steht, dass Sie seit dem Jahr 2001 in mehreren Beschäftigungsverhältnissen als Arbeiter oder geringfügig beschäftigter Arbeiter angemeldet waren.

Fest steht, dass Sie seit dem 18.12.2018 in Österreich nicht mehr sozialversichert oder einer Beschäftigung nachgegangen sind.

Fest steht, dass Sie seit dem 20.02.2019 außerhalb der Haftzeit seit dem 06.07.2019 in Österreich nicht mehr polizeilich gemeldet sind.

Fest steht, dass die österreichische Botschaft in Skopje, Nordmazedonien, am 13.01.2020 per E-Mail mitgeteilt hat, dass Sie Ihren Wohnsitz in „ XXXX abgemeldet und sich in XXXX angemeldet haben. Eine solche Anmeldung ist bis dato nicht erfolgt.

Fest steht, dass mittels Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.02.2020 gegen Sie eine Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot, befristet, auf Dauer von 5,5 Jahren, erlassen wurde.

Fest steht, dass Sie seit Ihrer Haftentlassung am 03.04.2020 Ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sind und sich weiterhin in Österreich rechtswidrig aufhalten.

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Fest steht, dass Sie geschieden sind.

Fest steht, dass Sie insgesamt drei Kinder haben, für die Sie unterhaltspflichtig sind.

Fest steht, dass Sie bereits seit mehreren Jahren keinen Unterhalt für Ihre Kinder leisten.

Fest steht, dass Sie seit Ihrer Inhaftierung zu keinem Ihrer Kinder mehr Kontakt haben, wobei Sie vor Ihre Inhaftierung nur mehr zu Ihrem Sohn XXXX , geb. XXXX , hatten, wobei Sie diesen laut Ihren eigenen Angaben nur 2 Mal im Monat besuchen durften.

Fest steht, dass Sie eine Freundin, XXXX , haben, mit der Sie bisher jedoch nicht im gemeinsamen Haushalt zusammengelebt haben. Fest steht auch, dass Ihre Freundin ein kleines Kind hat, von dem Sie jedoch nicht der Vater sind.

Fest steht, dass Sie zwei Schwestern in Österreich haben, wobei Sie jedoch nur mit einer dieser Schwestern Kontakt haben.

Fest steht, dass Ihr Vater in Nordmazedonien lebt, wo er ein Haus hat.

Fest steht, dass Sie in Österreich ein Familienleben haben.

Fest steht, dass Sie aufgrund Ihres langen Aufenthaltes in Österreich über ein Privatleben verfügen und soziale Kontakte in Österreich haben.

Fest steht, dass Sie in Österreich keiner geregelten Arbeit nachgehen.

Fest steht, dass Sie in Österreich nicht sozial versichert sind.

Fest steht, dass Sie in Österreich polizeilich nicht gemeldet sind.

A)       Beweiswürdigung

Die von der Behörde getroffenen Feststellungen resultieren aus dem Inhalt Ihres BFA-Aktes, Zl. 13-58592900, sowie aus Ihrer letzten Befragung am 20.02.2020.

B)       Rechtliche Beurteilung

(…)

Die Schubhaft dient der Sicherung der angeführten Verfahren bzw. der Sicherung der Abschiebung. Zur Prüfung der Fluchtgefahr ist auf alle Umstände des konkreten Falles Bedacht zu nehmen, um die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens, als schlüssig anzusehen. Dabei kommt insbesondere auch dem bisherigen Verhalten des Fremden Bedeutung zu (VwGH 27.2.2007, 2006/21/0311). Von einer Anordnung der Schubhaft ist Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist. So ist eine verfassungsrechtlich gebotene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen (VfGH 24.6.2006, B362/06). In diesem Zusammenhang sind die Kriterien gem. § 76 Abs. 3 FPG zu beachten.

Dabei ist insbesondere zu berücksichtigten,

1.       ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

(…)

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
(…)

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung insbesondere auch ein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an der baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit überwiegt.

Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr im Sinne der Ziffern 1., 3. und 9. der obigen Bestimmung sowie § 76 Abs. 2a FPG:

Gegen Sie wurde mit Bescheid vom 19.02.2020 eine Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot, befristet auf Dauer von 5,5 Jahren, erlassen. Die Rückkehrentscheidung ist seit 20.02.2020 durchsetzbar. Ihnen wurde bei der Haftentlassung die Ausreiseverpflichtung auferlegt. Sie sind Ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen. Sie sind seit 06.07.2019 bis dato nicht polizeilich angemeldet. Sie haben dadurch das Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendeten Maßnahme im Sinne der Ziffer 1 erheblich behindert, und halten sich entgegen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendeten Maßnahmen im Sinne der Ziffer 3 der obigen Bestimmung weiterhin im Bundesgebiet auf.

Sie sind zwar im Besitz eines gültigen Reisedokuments, verfügen allerdings nicht über ein gültiges Visum oder einen gültigen Aufenthaltstitel.

In Bezug auf Ihre derzeitige Beziehung zu Ihrer in Österreich lebenden Freundin konnte kein gemeinsamer Haushalt und somit auch kein schützenswertes Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK festgestellt werden, welches der Erlassung des gegenständlichen Einreiseverbotes entgegenstehen würde. Eine weitere Tatsache, die für diese Feststellung der Behörde spricht, ist jene, dass Sie zwar keinen Unterhalt für Ihre Kinder leisten, jedoch regelmäßig Geld für Ihre Drogensucht zur Verfügung haben und dieses Geld auch dafür verbrauchen. Dieser Umstand zeigt auf, welche Wertigkeit Ihre Kinder bzw. Familie in Ihrem Leben im Vergleich zu Ihrer Drogensucht haben.

Die erkennende Behörde geht davon aus, dass aufgrund Ihres an den Tag gelegten Verhaltens sowie Ihrer Delinquenz und den daraus resultierenden wiederkehrenden Aufenthalten in der Justizanstalt Innsbruck, das Kindeswohl Ihres eigenen Kindes durch die Rückkehrentscheidung und das damit verbundene Einreiseverbot nicht gefährdet wird, zumal Sie laut Ihren eigenen Angaben mit Ihrem Sohn Lionel Musa während Ihrer Haftzeiten sowohl im Jahr 2018 als auch der derzeitigen Strafhaft gar keinen und außerhalb der Haftzeiten maximal 2 Mal im Monat Kontakt haben.

Der Gesichtspunkt einer „sozialen Verankerung“ in Österreich ist aber im Zusammenhang mit der Verhängung der Schubhaft ein wesentlicher Aspekt (VwGH 30.08.2011, 2008/21/0107).

Aus diesen Gründen und im Licht der fehlenden sozialen Verankerung ist die Entscheidung auch verhältnismäßig.

Sie legten zudem eine außerordentliche Delinquenz an den Tag und wurden von Gerichten in Österreich bereits 18 Mal rechtskräftig verurteilt und insgesamt 23 Mal wegen insgesamt 30 Delikten zur Anzeige gebracht. Unter anderem wurden Sie vom Landesgericht Innsbruck am 04.09.2019 rechtskräftig unter der Zahl 25 Hv 86/2019 wegen des Vergehens der versuchten Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 9 Monaten verurteilt.

Sie sind seit dem Jahr 2013 insgesamt 54 Mal verwaltungsstrafrechtlich in Erscheinung getreten und wurden von der Bezirkshauptmannschaft Kufstein deswegen bestraft.

Es ist daher festzustellen, dass Sie die Rechtsordnung beharrlich und fortgesetzt missachten. Aufgrund dieses Verhaltens ist aber auch festzustellen, dass Sie nicht im Geringsten vertrauenswürdig sind, und auszuschließen, dass Sie die Abschiebung aus Österreich ordnungsgemäß abwarten oder Ihrer Ausreiseverpflichtung freiwillig nachkommen würden. Es war daher schon allein aus diesen Gründen erhebliche Fluchtgefahr festzustellen.

Sie gehen in Österreich keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nach und sind auch hier nicht sozial versichert. Sie verfügen über keine nachweisbare – legale – Einkommensquelle. Es ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass Sie auch bereits mit Urteil des BG Kufstein vom 08.03.2004 wegen Betruge r.k. verurteilt. Des weiterem wurden Sie mit Urteil des LG Innsbruck vom 27.03.2013 wegen versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch oder mit Waffen sowie wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtmitteln zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 30 Monaten, wobei ein Teil der Freiheitsstrafe gem. § 39 SMG unter Setzung einer Probezeit von 2 Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteil. Es ist daher festzustellen, dass Sie mittellos sind, und zudem nicht davor zurückschrecken, Ihren Lebensunterhalt mit rechtswidrigen oder kriminellen Mitteln zu erwirtschaften.

Unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten überwiegt das öffentliche Interesse an der baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz Ihrer persönlichen Freiheit gem. § 76 Abs 2a FPG.

Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.

Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.

Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.

Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio – Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer oben dargelegten finanziellen Situation, sowie Ihrer massiven Straffälligkeit nicht in Betracht. Des Weiteren ist festzuhalten, dass Sie in der Vergangenheit schon nicht bereit waren, Ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen, weswegen die Behörde davon ausgehen muss, dass Sie die finanzielle Sicherheitsleistung verfallen lassen würden.

Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden. Sie verfügen nämlich über keinerlei stabilisierende soziale Faktoren in Österreich und haben durch Ihr Verhalten schon mehrfach bewiesen, dass Sie sich beharrlich weigern, sich der österreichischen Rechtsordnung zu unterwerfen, geschweigen denn, Ihren fremdenrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. Dementsprechend kann nicht davon ausgegangen werden, dass das gelindere Mittel zur Erreichung des Verfahrenszweckes ausreichend wäre.

Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima – ratio – Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.

Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind. Sie haben im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt angegeben, dass Sie keine gesundheitlichen Probleme haben und keine Medikamente erforderlich sind.

Sie haben keinerlei weitere gesundheitliche Probleme ins Treffen geführt, besonders nicht solche, welche Ihre Haftfähigkeit ausschließen könnten. Ihr Gesundheitszustand ist aber ein Faktum welches schon seinem Wesen nach nur einem sehr kleinen Personenkreis bekannt ist, und wäre es Ihnen jedenfalls möglich gewesen, etwaige schwere Erkrankungen geltend zu machen. Dies haben Sie nicht unternommen.

Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist.“

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und führte aus:

„Sachverhalt (Kurzdarstellung):

Der BF ist nordmazedonischer Staatsangehöriger und befindet sich seit 1988 durchgehend im Bundesgebiet und hat regelmäßig und fristgerecht seine Aufenthaltstitel bei der BH Kufstein verlängert. In Österreich leben seine Mutter, 2 Schwestern und hat hier 3 Kinder mit seiner Ex-Freundin XXXX . Seine gesamte Schulbildung absolvierte er hier in Österreich und spricht fließend Deutsch, hat zahlreiche Kontakte und Freunde in Österreich. Eine Lehrausbildung zum Gerber hat er ebenfalls abgeschlossen. Er ist einige Male strafrechtlich in Erscheinung getreten.

Zuletzt verhängte die belangte Behörde eine Rückkehrentscheidung samt 5,5 jährigem Einreiseverbot. Dagegen reichte der BF fristgerecht Beschwerde ein.

In weiterer Folge wurde mit dem hier angefochtenen Mandatsbescheid vom 20.08.2020 über den BF die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

Gegen diesen richtet sich die gegenständliche Beschwerde. Wie nachfolgend dargestellt wird, erweisen sich die Verhängung der Schubhaft und fortdauernde Anhaltung in Schubhaft als rechtswidrig.

2. Mangelhafte Begründung der Fluchtgefahr

Die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und/oder zur Sicherung der Abschiebung ist gern § 76 Abs 2 Z 2 FPG nur bei Vorliegen von Fluchtgefahr und Verhältnismäßigkeit zulässig. Art 3 Z 7 der Rückführungs-RL (Richtlinie 2008/115/EG) definiert Fluchtgefahr als Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven, gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich Drittstaatsangehörige einem Rückkehrverfahren durch Flucht entziehen könnten.

Die belangte Behörde begründet im angefochtenen Bescheid das Vorliegen von Fluchtgefahr nicht in nachvollziehbarer Art und Weise.

Die belangte Behörde begründet das Vorliegen von Fluchtgefahr im angefochtenen Bescheid mit Verweis auf § 76 Abs 3 Z 1, 3 und 9 FPG und führt dazu näher aus, dass der BF trotz aufrechter Rückkehrentscheidung und Aufenthaltsverbot bzw. Einreiseverbot nicht ausgereist ist und der Grad der sozialen Verankerung nicht dergestalt sei, dass man von einer solchen sprechen könne (S. 22 im angefochtenen Bescheid).

Diesen Annahmen ist folgendes entgegen zu halten:

Hinsichtlich der Voraussetzungen betreffend das Vorliegen von Z1 ist auf die ständige Judikatur des VwGH zu verweisen, wonach die Nicht-Befolgung des Ausreisebefehles für sich genommen nicht geeignet ist, das Vorliegen einer Fluchtgefahr zu begründen (vgl VwGH 24.10.2007, 2006/21/0045). Da sich in § 76 Abs 3 FPG die Judikatur des VwGH widerspiegelt (vgl ErlRV zum FRAG 2015) und nach dem Wortlaut des Z 1 nur Umgehungsoder Behinderungshandlungen umfasst sind, ist die bloße Nicht-Befolgung des Ausreisebefehles nicht tatbestandsmäßig iSd Z 1.

Der BF hat in der Einvernahme vom 20.08.2020 angegeben, dass er stets ausreisewillig sei und eine behördliche Meldung nach Haftentlassung an der Covid-19-Situation des Meldeamtes scheiterte. Er ist nach wie vor ausreisewillig und würde sich jeglicher Entscheidung der Behörde beugen. Der BF wurde auch entgegen der behaupteten Feststellung der Behörde aufgrund der abgesessenen Haftstrafe entlassen und nicht aufgrund der andauernden Pandemie Covid-19 bedingt (S. 12 des Bescheides).

Beweis: PV

Die belangte Behörde stützt sich bei der Beurteilung der Fluchtgefahr auch auf Z3 und auf das Bestehen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung. Nach der Rechtsprechung des VwGH sagt allerdings eine bestimmte Verfahrensrechtslage für sich genommen nichts darüber aus, ob - im Sinne des Art. 3 Z 7 der Rückführungsrichtlinie - anzunehmen sei, dass sich Drittstaatsangehörige einem Rückkehrverfahren durch Flucht entziehen könnte (vgl. VwGH 11.05.2017, 2016/21/0021).

Der BF ist sein Leben lang immer in Österreich gemeldet gewesen und war auch in den letzten Jahren, abgesehen von seinen Aufenthalten in Haftanstalten, faktisch bei seiner Ex- Freundin XXXX . Derzeit besteht eine Wohnmöglichkeit bei einem der zahlreichen Freunde des BF, nämlich Herrn XXXX , XXXX XXXX . Telefon: XXXX

Beweis: Einvernahme Herr XXXX als Zeugen, XXXX XXXX , zum Nachweis der Möglichkeit an der Adresse XXXX XXXX , Unterkunft zu nehmen und sich dort auch zu melden.

Warum die belangte Behörde von einer Fluchtgefahr nach Z 9 ausgeht, kann nicht nachvollzogen werden. Der BF kam im Alter von ca. 5 Jahren nach Österreich (mittlerweile seit 32 Jahren in Österreich), er ist im Bundesgebiet aufgewachsen und seine gesamte Familie lebt in Österreich. Der BF hat aufgrund seines langjährigen Aufenthaltes ein soziales Umfeld im Bundesgebiet und führte auch eine Beziehung im Bundesgebiet und hat 3 Kinder.

Aufgrund seines sozialen Umfeldes, seiner Wohnmöglichkeit und auch der finanziellen Unterstützung durch seine Familie und Freunde ist daher nicht anzunehmen, dass der BF bei einer Entlassung untertauchen würde, sondern wäre er vielmehr aufgrund des bekannten sozialen Umfeldes und der Möglichkeit sich an der Adresse seines Freundes zu melden für die belangte Behörde jederzeit greifbar.

Die Behörde stellt auch fest, der BF hätte keine gesundheitlichen Probleme und würde auch keine Medikamente nehmen (S.25 des Bescheides). Dies widerspricht der Tatsache, dass der BF aufgrund seiner Suchtkrankheit (Alkohol und Kokain) regelmäßig Velputrin 300mg + 150 mg; Anxelit 3-4 Stück a 50 mg; Zolpiden 3 Stück abends zu sich nimmt und dies auch bei der Einvernahme am 20.08.2020 angab (S.12 des Bescheides). Zudem war er auch in Innsbruck in der Psychiatrie aufgrund eines Suizid versuch es. Der BF ist entgegen der Annahme der Behörde sozialversichert und war auch im Krankenhaus wegen Herzrhythmusstörungen.

Beweis: PV + Sachverständigengutachten zum physischen und psychischen Gesundheitszustandes des BF bzgl. seiner Haftfähigkeit.

Im gegenständlichen Fall liegt sohin keine Fluchtgefahr vor.

3. Mangelhafte Begründung des Ausschlusses gelinderer Mittel Die oa. Begründungsmängel treffen auch auf die Prüfung gelinderer Mittel zu. Warum im Fall des BF gelindere Mittel nicht in Frage kommen, wird nicht nachvollziehbar dargelegt. Die Begründung zum Ausschluss gelinderer Mittel beschränkt sich auf einen Verweis auf das bereits beschriebene Verhalten und eine vermeintliche zeitnahe Abschiebung. Warum selbst unter der Annahme des Bestehens von Fluchtgefahr das gelindere Mittel einer periodischen Meldeverpflichtung nicht in Frage kommt, wird daher nicht nachvollziehbar ausgeführt.

Tatsächlich würde der BF dem gelinderen Mittel einer periodischen Meldeverpflichtung sehr wohl Folge leisten. Ein solches gelinderes Mittel wäre ausreichend zur Erreichung des Sicherungszwecks, da sich der BF auch kooperationsbereit zeigte und bereit ist amVerfahren mitzuwirken.

Beweis: PV

IIl. Zum Antrag auf Ersatz des Aufwandes gem § 35 VwGVG

Gem § 35 Abs 1 und 4 Z 3 VwGVG stehen der obsiegenden Partei im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt der Ersatz der Aufwendungen gern VwG-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 517/2013) zu. Daher beantragt der BF gem § 1 Z 1 VwG-Aufwandersatzverordnung als Ersatz des Schriftsatzaufwands des BF als obsiegende Partei iHv 737,60 EUR. Für den Fall der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird zusätzlich ein Ersatz des Verhandlungsaufwands des BF iHv 922,00 EUR beantragt.

Der BF beantragt darüber hinaus gem § 35 Abs 1 iVm Abs 4 Z 1 VwGVG den Ersatz sämtlicher Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die er aufzukommen hat, insbesondere die Gebühren für Dolmetscher und Sachverständige, die diese für ihre Aufwendungen im gegenständlichen Verfahren geltend machen.

Die Verwaltungsbehörde legte den Akt vor und begehrte die Abweisung der Beschwerde und den Ausspruch der Fortsetzung der Schubhaft sowie Kostenersatz für Schriftsatz- und Vorlageaufwand. Unter anderem führte sie noch aus:

„Zur gegenständlichen Anhaltung in Schubhaft darf folgende Stellungnahme in Hinblick auf deren Verhältnismäßigkeit abgegeben werden:

Die Umstände für das Vorliegen einer erheblichen Fluchtgefahr, wie schon im verfahrensanordnenden Bescheid dargelegt, liegen nach Ansicht der ho Behörde weiterhin klar vor, resultierend aus den individuellen und prognostizierten Verhältnissen des Fremden, sowie der Situation in Hinblick auf die Abschiebung nach Nordmazedonien.

Dazu wird ausgeführt:

Nach der ständigen Judikatur wurde bei der Prüfung der Fluchtgefahr auch das strafrechtliches Verhalten des BF in Betracht gezogen. Dabei ist unzweifelhaft eine gravierende Straffälligkeit zu erkennen. Die Behörde hat zweifelsfrei nachgewiesen, dass es im Laufe der letzten Jahre zu einer Steigerung der Gewalttätigkeiten unter dem Einfluss von Alkohol- und Drogenkonsum gekommen ist, die schließlich in Verurteilungen wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung und Widerstand gegen die Staatsgewalt gipfelten und mehrmonatige Haftstrafen nach sich zogen. Diese massive Delinquenz erhöht das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität einer baldigen und ordnungsgemäßen Außerlandesbringung. Aufgrund der Art der begangenen Straftaten stellt der Fremde für die erkennende Behörde eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit dar. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nimmt die Behörde an, dass der Fremde bei einer Freilassung, unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln – der BF bezeichnet sich selbst als drogen- und alkoholabhängig - im Zusammenhang mit möglichem Alkoholkonsum zu weiteren, einschlägigen Straftaten angetrieben wird und eine tatsächliche, erhebliche Gefahr für die Gemeinschaft darstellt.

Insbesondere ist es dem BF im Zuge des Verwaltungsverfahrens nicht gelungen seine Kooperationsbereitschaft glaubhaft darzulegen. Bezeichnend und ein Indiz für die Unglaubwürdigkeit des BF sind seine Falschaussagen in Bezug auf die Unterkunftnahme nach Entlassung aus der Strafhaft am 03.04.2020 sowie in Folge die freiwilligen Ausreise in den Herkunftsstaat. Der BF gab mehrfach an, dass er nach Haftentlassung bei seiner Ex-Freundin bzw guten Bekannten Unterkunft nehmen kann. Eine ZMR-Anmeldung ist jedoch keinem Zeitpunkt erfolgt. Auch eine vom BF angekündige, selbständige und mögliche Ausreise – auch unter den Umständen der COVID-19 – Reisebestimmungen möglichen Ausreise – nach Nordmazedonien ist nicht erfolgt. Gerade aufgrund dieser Zugeständnisse - ZMR- Anmeldung bzw selbständige Ausreise - wurden beim BF zum damaligen Zeitpunkt nach Haftentlassung nicht bereits Sicherungsmaßnahmen geprüft sondern die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise gewährt. Bedauerlicherweise und wiederum hat der BF durch sein aktuelles Verhalten an den Tag gelegt, dass er nicht vertrauenswürdig ist und so auch von keiner weiteren Kooperation mit den Behörden ausgegangen werden kann.

Viel mehr ist Zusammenschau mit sehr großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass aufgrund des Bewusstseins des unrechtmäßigen Aufenthaltsstatus im Bundesgebiet und der drohenden Abschiebung in den Herkunftsstaat, sich der BF in einem gelinderen Mittel stehend einer zeitnahen Überstellung nicht zur Verfügung halten wird. Die Beeinträchtigung der Vertrauenswürdigkeit hat der BF ausschließlich selbst zu verantworten und muss sie daher im Rahmen der individuellen Verhältnismäßigkeitsabwägung auch entsprechend gegen sich gelten lassen. Aus heutiger Sicht ist davon auszugehen, dass die Abschiebung des BF nach Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen rasch erfolgen kann. Für die Durchsetzung der Außerlandesbringung ist die Anwesenheit des BF erforderlich. Es ist angesichts seines bisherigen Verhaltens jedoch davon auszugehen, dass er sich dem behördlichen Zugriff durch Untertauchen entziehen würde, sobald sich Gelegenheit dazu bietet. Da er zudem über keine feststellbaren beruflichen oder substanziellen sozialen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt, ist nicht ersichtlich, was den BF im Falle einer Entlassung aus der Schubhaft von einem Untertauchen oder einer unkontrollierten, unrechtmäßigen Ausreise - explizit in Niederschrift ankündigend - abhalten sollte.

Eine angebliche Unterkunftsmöglichkeit bei dem namhaft gemachten Bekannten Dörflinger – eine bis dato der ho Behörde und seitens des BF vorher nicht ins Treffen geführte und somit ho unbekannte Persönlichkeit – wird als eine Gefälligkeitsangabe im einschlägigen Bekanntenkreis des BF gewertet.

Es kann davon ausgegangen werden, dass eine zeitnahe Abschiebung aus dem Stand der Schubhaft nach Nordmazedonien möglich sein wird. Nach aktueller Information seitens der Abteilung V/7 (Abschiebemanagement des BMI) wurde bereits eine Buchungsanfrage für eine begleitete Flugabschiebung gestartet. Das Reisedokument – gültiger Reisepass - wurde sichergestellt und kann jederzeit herangezogen werden.

Im Hinblick auf den zu erwartenden zeitnahen Abschiebetermin ist der Zweck der Anhaltung innerhalb einer kürzest möglichen Schubhaftdauer jedenfalls erreichbar.

Zusammengefasst ist für die Behörde aufgrund der angeführten Tatsachen unter Berücksichtigung der Flucht- und Verhältnismäßigkeitskriterien die weitere Anhaltung in Schubhaft und Überwachung der Ausreise im individuellen Fall schlüssig und auch im Sinne des § 46 FPG aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, angemessen und notwendig. Das Gewicht dieses Interesses wird durch die Delinquenz und des exorbitant ausgehenden Gefahrenpotentials des Fremden sowie eines geordneten Fremdenwesens im Allgemeinen massiv erhöht. Aufgrund der zeitnah durchführbaren Abschiebung kann auch nicht von einer weiteren, überlangen Verfahrensdauer ausgegangen werden.

Die Schubhaft ist daher rechtmäßig.

Es wird beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge

1.       die Beschwerde als unbegründet abweisen,

2.       gemäß § 22a BFA-VG feststellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen,

3.       den Beschwerdeführer zum Ersatz der unten angeführten Kosten verpflichten.“

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die von der Verwaltungsbehörde im oben angeführten Schubhaftbescheid getroffenen Feststellungen werden, soweit sie im Verfahrensgang zitiert wurden, zum gegenständlichen Sachverhalt erhoben.

Ergänzend wird festgestellt:

Das medizinische Gutachten vom heutigen Tag in Bezug auf die Haftfähigkeit lautet:

Herr XXXX leidet an einer Anpassungsstörung an die gegebene Situation. Beispielhaft hat er etwa am 26.08. versucht durch artifizielles Einnehmen einer schwarzfärbigen, lackähnlichen Substanz seine Entlassung zu erzwingen. Im Rahmen der medizinischen Notversorgung tätigte er dabei die Aussage: "Ich möcht hier nur raus". Aus diesen angeführten Gründen erhält er eine stimmungsaufhellende Dauermedikation sowie eine psychiatrische Betreuung in regelmäßigem Intervall. An Hand der Aktenlage durch die Dokumentation unserer Fachärzte für Psychiatrie geht hervor, dass darüber hinaus keine über das übliche Maß reichende Belastung bei oben Genanntem gegeben ist.

Durch die getroffenen Maßnahmen zeigt er er sich im Augenblick in einem guten psychischen und physischen Zustand.

Herr XXXX weist bei der heutigen Untersuchung einen sehr guten Gesundheitszustand auf. Sämtliche Vitalparameter liegen im Normbereich. Psychisch wirkt der Proband geordnet und positiv gestimmt. Aus medizinischer Sicht ist die Haft- und Verhandlungsfähigkeit in vollem Umfang gegeben.

Der Beschwerdeführer wird am 22.09.2020 nach Nord Mazedonien abgeschoben.

2. Beweiswürdigung:

Hinsichtlich der vom angeführten Schubhaftbescheid übernommenen Feststellungen ist auf die eindeutige Aktenlage im Zusammenhang mit den erwägenden Ausführungen der Verwaltungsbehörde zu verweisen, mögen letztere zum Teil systemwidrig im Rahmen der rechtlichen Beurteilung erfolgt sein.

Auf die erhebliche Fluchtgefahr wurde jedenfalls von der Verwaltungsbehörde auch schon mit der Darlegung der eindeutigen und unstrittigen Sachverhaltsparameter wie Ausreiseunwilligkeit und massive Straffälligkeit etc. zutreffend hingewiesen.

Die Beschwerdeausführungen sind Großteils aktenwidrig:

So stellt sich bereits die Beschwerdeausführung im Rahmen der Rubrik „Sachverhalt (Kurzdarstellung)“ „Er ist einige Male strafrechtlich in Erscheinung getreten.“ als gänzlich aktenwidrig dar und bedarf alleine schon vor dem Hintergrund des Strafregisterauszuges, welcher 18 (!!) Verurteilungen aufweist, und der zahlreichen Vormerkungen, keiner weiteren Erörterung.

Dass die Beschwerde im Hinblick auf das umfassende kriminelle Vorleben des Beschwerdeführer und der sich daraus ableitbaren völligen Vertrauensunwürdigkeit nicht nachvollziehen kann, dass die Verwaltungsbehörde §76 Abs. 3 Z 9 FPG zur Anwendung brachte, ist wiederum für das Bundesverwaltungsgericht nicht nachvollziehbar, insbesondere wenn man zusätzlich bedenkt, dass sich die familiäre Situation des Beschwerdeführers nicht so darstellt, wie in der Beschwerde vorgebracht – auch diesfalls liegt offenkundig Aktenwidrigkeit vor: So hatte die Behörde eben in ihrem Schubhaftbescheid auf folgende unstrittige Umstände hingewiesen:

„Fest steht, dass Beamte der PI Kufstein am 04.05.2012 um 13:00 Uhr aus der Wohnung XXXX , weggewiesen und ein Betretungsverbot gegen Sie ausgesprochen haben, weil Sie den Sohn Ihrer damaligen Lebensgefährtin in der gemeinsamen Wohnung angegriffen und verletzt haben. Die BH Kufstein bestätigte die Wegweisung und das Betretungsverbot in der Dauer von 2 Wochen.

Fest steht, dass Sie geschieden sind.

Fest steht, dass Sie insgesamt drei Kinder haben, für die Sie unterhaltspflichtig sind.

Fest steht, dass Sie bereits seit mehreren Jahren keinen Unterhalt für Ihre Kinder leisten.

Fest steht, dass Sie seit Ihrer Inhaftierung zu keinem Ihrer Kinder mehr Kontakt haben, wobei Sie vor Ihre Inhaftierung nur mehr zu Ihrem Sohn XXXX , geb. XXXX , hatten, wobei Sie diesen laut Ihren eigenen Angaben nur 2 Mal im Monat besuchen durften.

Fest steht, dass Sie eine Freundin, XXXX , haben, mit der Sie bisher jedoch nicht im gemeinsamen Haushalt zusammengelebt haben. Fest steht auch, dass Ihre Freundin ein kleines Kind hat, von dem Sie jedoch nicht der Vater sind.

Fest steht, dass Sie zwei Schwestern in Österreich haben, wobei Sie jedoch nur mit einer dieser Schwestern Kontakt haben.“

Von intakten oder gar harmonischen familiären Beziehungen, wie eben in der Beschwerde suggeriert, kann daher keine Rede sein.

Ebenso aktenwidrig ist die Beschwerdeausführung, der Beschwerdeführer sei sozialversichert: Der aktuelle Sozialversicherungsauszug legt klar dar, dass der Beschwerdeführer mit zahlreichen Unterbrechungen bis 31.12.2018 sozialversichert war.

Aufgrund der im Zeitpunkt der Schubhaftanordnung aber eben auch danach bestehenden erheblichen Fluchtgefahr hatte die Verwaltungsbehörde völlig zutreffend kein gelinderes Mittel angewandt. Dass der Beschwerdeführer bei einem in der Beschwerde namentlich genannten Freund wohnen kann, vermag die erhebliche Fluchtgefahr nicht einmal ansatzweise zu relativieren.

Aktenwidrig sind weiters die auf Haftunfähigkeit zielenden Beschwerdeausführungen:

Bereits anlässlich der Schubhafteinvernahme am 20.08.2020 hatte der Beschwerdeführer ausdrücklich angeführt, dass es ihm gut gehe und er nur Medikamente wegen seiner früheren Sucht nehme.

Die am heutigen Tage eingeholte medizinische Auskunft bestätigt die Annahme voller uneingeschränkter Hafttauglichkeit:

„Er befindet sich zwar in psychopharmakologischer Behandlung, diese beschränkt aber nicht die Haftfähigkeit und auch nicht die Transportfähigkeit.“

Die in der Beschwerde unter Berufung auf die Aussage des Beschwerdeführers angeführte Ausreisewilligkeit findet ebenfalls keine Deckung in der Aktenlage, hatte der im Besitzes eines gültigen Reisepasses befindliche Beschwerdeführer nicht einmal ansatzweise Anstalten gemacht, noch vor der ab Mitte/Ende März Covid-19-Krise in weiten Teilen Europas grassierenden Pandemie aus eigenem nach Hause zu fahren, bzw. an einer Rückholaktion der einzelnen europäischen Länder teilzunehmen.

Dass der Beschwerdeführer am 22.09.2020 abgeschoben wird ergibt sich aus der von der Verwaltungsbehörde am heutigen Tage übermittelten „Airline Notifikation“ – die rasche Rückführung ist wegen des vorliegenden, sichergestellten Reisepasses des Beschwerdeführers möglich.

Weder zeigt also die Beschwerde Mängel des Schubhaftbescheides noch der darauf aufbauenden Anhaltung auf und muss daher zwingend der Schluss gezogen werden, dass zwischenzeitlich keinerlei für den Beschwerdeführer sprechende Änderung des Sachverhaltes eingetreten ist:

Da der Sachverhalt als geklärt anzusehen war, war von der Durchführung einer Verhandlung Abstand zu nehmen.

3. Rechtliche Beurteilung

Rechtliche Beurteilung

Zuständigkeit

Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) idgF erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

§ 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr 87/2012 idgF, lautet:

(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,

2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,

4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und

5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2.

Gemäß § 7 Abs. 2 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.

Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Zu Spruchpunkt A) I. (Schubhaftbescheid, bisherige Anhaltung):

Gesetzliche Grundlagen:

Entsprechend dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 - FrÄG 2015 vom 18.06.2015, BGBl. I Nr. 70/2015, lautet §22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) wie folgt:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

Die Bestimmung des §22a BFA-VG idgF bildet im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage.

Materielle Rechtsgrundlage:

Darauf aufbauend wiederum folgende innerstaatliche Normen des Fremdenpolizeigesetzes 2005, welche in der anzuwendenden geltenden Fassung lauten:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

§ 77 FPG - Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordn

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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