TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/9 W275 2175554-2

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Veröffentlicht am 09.07.2020
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Entscheidungsdatum

09.07.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGVG §8a
ZPO §64 Abs1 Z1 lita

Spruch

W275 2175554-1/17E
W275 2175554-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

I. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Stella VAN AKEN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Algerien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.10.2017, Zahl 1159375406-171218729, sowie die Anhaltung in Schubhaft von 29.10.2017 bis 10.11.2017 zu Recht:

A)

1. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 29.10.2017 und die Anhaltung in Schubhaft von 29.10.2017 bis 10.11.2017 wird gemäß Artikel 28 Abs. 2 der Verordnung EU Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG (in der damals geltenden Fassung) iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

2. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

3. Gemäß § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm § 1 Z 3 und 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Stella VAN AKEN als Einzelrichterin über den Antrag von XXXX , geb. XXXX , StA. Algerien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, auf Gewährung von Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabegebühr betreffend die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.10.2017, Zahl 1159375406-171218729, sowie die Anhaltung in Schubhaft von 29.10.2017 bis 10.11.2017:

A)

Dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabegebühr wird gemäß § 8a VwGVG iVm § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO stattgegeben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein algerischer Staatsangehöriger, stellte nach unrechtmäßiger Einreise am 07.07.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, welcher nach Durchführung einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 08.07.2017 mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.07.2017 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 wegen Zuständigkeit Deutschlands zur Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zurückgewiesen wurde; weiters wurde gemäß § 61 Abs. 1 FPG gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung angeordnet sowie die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Deutschland gemäß § 61 Abs. 2 FPG festgestellt.

Da der Beschwerdeführer nicht mehr an seiner angegebenen Zustelladresse aufhältig war, eine neuerliche Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden konnte und aufgrund des unbekannten Aufenthaltes des Beschwerdeführers auch eine Verständigung gemäß § 23 Abs. 3 ZustG nicht als zweckmäßig erschien, wurde der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.07.2017 mit Wirksamkeit vom 09.08.2017 gemäß § 23 ZustG ohne vorhergehenden Zustellversuch bei der Behörde hinterlegt. Gegen diesen Bescheid wurde keine Beschwerde erhoben.

Am 09.10.2017 erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 2 Z 2 BFA-VG.

Am 28.10.2017 wurde der Beschwerdeführer im Zuge einer Personenkontrolle von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Identitätskontrolle unterzogen, nach Rücksprache mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl festgenommen und in ein Polizeianhaltezentrum verbracht.

Der Beschwerdeführer wurde am 29.10.2017 zu seinem Aufenthalt, zur Prüfung eines Sicherungsbedarfes und zur Verhängung von Schubhaft niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen und gab dabei zunächst auf Vorhalt, dass gegen ihn eine rechtskräftige Anordnung zur Außerlandesbringung nach Deutschland bestehe und er sich illegal im Bundesgebiet befinde, an, dass er keinen Brief erhalten habe. Weiters führte der Beschwerdeführer aus, dass er an einer näher genannten Adresse gemeldet sei und dort Miete zahle, aber nichts erhalten habe. Auf Vorhalt, dass er laut dem Zentralen Melderegister nicht gemeldet sei, vermeinte der Beschwerdeführer, dass er dies nicht verstehe und dass sich in seinen Effekten ein Meldezettel und ein Mietvertrag befänden. Der Beschwerdeführer erklärte weiters, dass er Ende August mit dem Zug von Italien kommend in das österreichische Bundesgebiet eingereist sei. Er habe bei seiner Einreise 200,00 Euro in bar besessen und habe derzeit 10,00 Euro. Er habe in Italien und in Österreich Freunde, welche ihn finanziell unterstützen würden. Er sei nach Österreich eingereist, um zu arbeiten; bei einer näher genannten Organisation könne er stündlich arbeiten, bis er sich „im legalen Zustand“ befinde. Auf Vorhalt, dass für sein Asylverfahren Deutschland zuständig sei und er keine Möglichkeit habe, seinen Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet zu legalisieren, sagte der Beschwerdeführer aus, freiwillig nach Deutschland zurückzufahren. Er verstehe nicht, weshalb man ihn unrecht behandle und er nicht hier leben dürfe, wenn er eine Adresse habe und Miete zahle; die näher genannte Organisation habe ihm gesagt, er könne dort arbeiten. Nach einer Nachschau in den Effekten des Beschwerdeführers wurde angemerkt, dass sich dort kein Meldezettel, sondern lediglich ein Formular und eine Benützungsvereinbarung einer näher genannten Person befänden, wozu der Beschwerdeführer angab, dass er sein Zimmer gewechselt habe und sie ihm „den Zettel“ vorgestern in der Nacht gegeben hätten. Dem Beschwerdeführer wurde abschließend vorgehalten, dass er bei diesem Unterkunftgeber seit 05.10.2017 nicht mehr gemeldet sei und ohne gültiges Reisedokument nicht reisen könne.

Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 29.10.2017, Zahl 1159375406-171218729, ordnete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-III-Verordnung iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG (in der damals geltenden Fassung) iVm § 57 Abs. 1 AVG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer entgegen der gegen ihn bestehenden rechtskräftigen und durchsetzbaren Anordnung zur Außerlandesbringung im Bundesgebiet verblieben sei und sich der Überstellung entzogen habe, indem er unangemeldet Unterkunft genommen habe. Die Behauptung des Beschwerdeführers, freiwillig ausreisen zu wollen, erweise sich als Schutzbehauptung. Der Beschwerdeführer könne ohne Visa und Reisepass zudem nicht legal reisen. Im Bundesgebiet bestünden weder familiäre oder soziale noch berufliche Bindungen und würden die Barmittel des Beschwerdeführers nicht ausreichen, um seinen Aufenthalt in Österreich zu sichern. Es sei daher von einer erheblichen Fluchtgefahr auszugehen.

Der Beschwerdeführer wurde am 29.10.2017 in Schubhaft genommen.

Gegen den oben genannten Bescheid vom 29.10.2017 sowie die Anhaltung in Schubhaft erhob der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Vertreter am 06.11.2017 fristgerecht Beschwerde und brachte insbesondere vor, dass die Behörde verkenne, dass er angegeben habe, eine Wohnung sowie einen unterzeichneten Meldezettel und einen Mietvertrag zu haben; im Protokoll finde sich keine Ausführung dazu, ob der Meldezettel bei den Effekten des Beschwerdeführers gewesen sei. Der Beschwerdeführer hätte nur mehr zum Magistrat gehen müssen. Entgegen der Annahme der Behörde sei nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die Intention gehabt habe, seinen Aufenthalt in Österreich im Verborgenen fortzusetzen. Der Beschwerdeführer habe durch seine Aussage, auch freiwillig auszureisen, zudem zu erkennen gegeben, dass er gegen eine Abschiebung nach Deutschland nichts unternehmen würde. Überdies habe er den Bescheid mit der Rückkehrentscheidung nie erhalten. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dürfe die Verhängung von Schubhaft in Dublin-Konstellationen keine Standardmaßnahme sein und stelle eine mangelnde berufliche und soziale Verankerung keinen besonderen Umstand dar, um ein nur durch Schubhaft zu abzudeckendes Sicherungsbedürfnis zu begründen. Selbst wenn man vom Bestehen einer Fluchtgefahr ausginge, wäre die Verhängung eines gelinderen Mittels ausreichend gewesen. Beantragt wurden die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Behebung des angefochtenen Bescheides sowie der Ausspruch der Rechtswidrigkeit der Anordnung von bzw. Anhaltung in Schubhaft, der Zuspruch von Kostenersatz sowie die Gewährung von Verfahrenshilfe im Umfang der Gebührenbefreiung für die Eingabegebühr.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte in der Folge den Verwaltungsakt vor und gab am 07.11.2017 eine Stellungnahme ab. In dieser wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seit 05.10.2017 nicht mehr gemeldet sei und die Entscheidung im Verfahren über den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz dem Beschwerdeführer nicht persönlich zugestellt habe werden können, da dieser sich dem Verfahren entzogen habe und deshalb durch Hinterlegung im Akt zugestellt habe werden müssen. Die Glaubwürdigkeit hinsichtlich eines Kooperationswillens sei aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer bereits während des Verfahrens über seinen Antrag auf internationalen Schutz nicht zur Mitwirkung bereit gewesen sei, in Frage zu stellen. Die Absicht, in Österreich einer Beschäftigung nachzugehen, stehe dem Umstand einer freiwilligen Ausreise nach Deutschland entgegen. Es bestehe eine durchsetzbare und durchführbare Anordnung zur Außerlandesbringung und der Beschwerdeführer habe sich erfolgreich der beabsichtigten Rückführung entzogen. Familiäre oder soziale Bindungen bestünden nicht und sei nicht gesichert, dass der Beschwerdeführer tatsächlich an der angegebenen Adresse Unterkunft nehmen würde, da er nunmehr von der drohenden Rückführung nach Deutschland in Kenntnis sei. Beantragt wurden die Abweisung der Beschwerde als unbegründet und die Verpflichtung des Beschwerdeführers zum Ersatz der näher bezeichneten Kosten.

Der Beschwerdeführer wurde bis zu seiner Abschiebung nach Deutschland am 10.11.2017 in Schubhaft angehalten.

Das gegenständliche Verfahren wurde der Gerichtsabteilung W275 aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.04.2020 mit Wirksamkeit vom 24.04.2020 zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und den Voraussetzungen der Schubhaft:

1.1.1. Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger Staatsangehöriger Algeriens; seine Identität steht nicht fest. Die österreichische Staatsbürgerschaft besaß er nicht, er war in Österreich weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Er verfügte in der Europäischen Union in keinem Mitgliedstaat über eine Aufenthaltsberechtigung.

1.1.2. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

1.1.3. Mit Mandatsbescheid vom 29.10.2017, Zahl 1159375406-171218729, ordnete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-III-Verordnung iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG (in der damals geltenden Fassung) iVm § 57 Abs. 1 AVG über den Beschwerdeführer die Schubhaft an und wurde der Beschwerdeführer am selben Tag in Schubhaft genommen.

1.1.4. Mit Schreiben vom 18.07.2017 wurde seitens Deutschland dem am 13.07.2017 gestellten Übernahmeersuchen Österreichs entsprochen und mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer von der Bundesrepublik Deutschland übernommen werde. Mit Schreiben vom 20.07.2017 teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den deutschen Behörden mit, dass der Beschwerdeführer untergetaucht sei und sich die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung auf achtzehn Monate verlängere sowie die bereits organisierte Überstellung nicht stattfinde. Für den Beschwerdeführer wurde am 30.10.2017 ein Laissez-Passer für die Überstellung von Österreich nach Deutschland ausgestellt und am 31.10.2017 die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Deutschland per Flugzeug am 10.11.2017 organisiert.

1.1.5. Der Beschwerdeführer war bei Erlassung des angefochtenen Bescheides und während seiner Anhaltung in Schubhaft haftfähig.

1.1.6. Der Beschwerdeführer wurde von 29.10.2017 bis zu seiner Abschiebung nach Deutschland am 10.11.2017 in Schubhaft angehalten.

1.2. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr:

1.2.1. Der Beschwerdeführer stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.07.2017 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 wegen Zuständigkeit Deutschlands zur Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zurückgewiesen wurde und wurde gemäß § 61 Abs. 1 FPG gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung angeordnet sowie die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Deutschland gemäß § 61 Abs. 2 FPG festgestellt. Dieser Bescheid wurde mit Wirksamkeit vom 09.08.2017 gemäß § 23 ZustG ohne vorhergehenden Zustellversuch bei der Behörde hinterlegt und war im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Schubhaftbescheides in Rechtskraft erwachsen. Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung in Bezug auf Deutschland nicht nach, sondern reiste zunächst unrechtmäßig nach Italien weiter sowie im August 2017 neuerlich unrechtmäßig nach Österreich, wo er sich in weiterer Folge unrechtmäßig aufhielt und seit 05.10.2017 über keine aufrechte Meldung (abgesehen von jener in einem Polizeianhaltezentrum) mehr verfügte.

1.2.2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ging im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Schubhaftbescheides sowie während der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft bis zu seiner Abschiebung nach Deutschland zutreffend davon aus, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-III-Verordnung zuständig ist.

1.2.3. Der Beschwerdeführer hätte sich den österreichischen Behörden nicht zur Verfügung gehalten und sich seiner Abschiebung nach Deutschland im Rahmen des Überstellungsverfahrens auf freiem Fuß durch Untertauchen in Österreich oder Weiterreise in einen anderen Staat entzogen.

1.2.4. Der Beschwerdeführer verfügte über keine Möglichkeit, einer legalen Erwerbstätigkeit in Österreich nachzugehen und sich seinen Unterhalt auf legale Weise zu sichern. Er verfügte über kein zur Sicherung seiner Existenz in Österreich ausreichendes Vermögen. Der Beschwerdeführer ist vermögenslos und außerstande, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten.

1.2.5. Der Beschwerdeführer war in Österreich weder beruflich noch familiär oder sozial verankert. Der Beschwerdeführer verfügte über keinen gesicherten Wohnsitz im Bundesgebiet.


2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl betreffend das gegenständliche Verfahren sowie das Verfahren über den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz, in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungsinformationssystem und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers und den Voraussetzungen der Schubhaft:

2.1.1. Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers beruhen auf seinen bisherigen Angaben in seinen Verfahren (vgl. etwa AS 43 im Akt über den Antrag auf internationalen Schutz; AS 21 im gegenständlichen Schubhaftakt). Mangels Vorlage unbedenklicher Identitätsdokumente steht die Identität des Beschwerdeführers nicht fest. Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft besaß oder in Österreich Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter war, finden sich weder in den Verwaltungsakten noch wurde dies in der Beschwerde vorgebracht. Dass der Beschwerdeführer in keinem Mitgliedstaat der Europäischen Union über eine Aufenthaltsberechtigung verfügte, ergibt sich aus der Nichtvorlage eines entsprechenden Aufenthaltstitels und wurde solches auch nicht behauptet.

2.1.2. Eine Einsichtnahme in das Strafregister hat ergeben, dass der Beschwerdeführer in Österreich strafrechtlich unbescholten ist.

2.1.3. Die Feststellungen zum Mandatsbescheid vom 29.10.2017 sowie der Inschubhaftnahme des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Bescheid (AS 25ff im gegenständlichen Schubhaftakt) sowie einer Einsichtnahme in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

2.1.4. Die Feststellungen zum Überstellungsverfahren sowie der Organisation der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Deutschland ergeben sich aus dem Schreiben der deutschen Behörden vom 18.07.2017 (AS 71 im Akt über den Antrag auf internationalen Schutz), dem Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.07.2017 (AS 87 im Akt über den Antrag auf internationalen Schutz), dem im Verwaltungsakt einliegenden Laissez-Passer (AS 201 im Akt über den Antrag auf internationalen Schutz), der Buchungsbestätigung für den Flug am 10.11.2017 nach Deutschland (AS 187 im Akt über den Antrag auf internationalen Schutz) und dem Abschiebeauftrag vom 31.10.2017 (AS 193 im Akt über den Antrag auf internationalen Schutz).

2.1.5. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und der Haftfähigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 29.10.2017, der am 29.10.2017 durchgeführten Beurteilung der Haftfähigkeit des Beschwerdeführers (Anhalteprotokoll III – Polizeiamtsärztliches Gutachten vom 29.10.2017), einem Auszug aus der Kartei des zuständigen Polizeianhaltezentrums betreffend den Beschwerdeführer und dem polizeiamtsärztlichen Befund und Gutachten vom 13.11.2017, wonach der Beschwerdeführer sich trotz multiplen Substanzmissbrauchs mit einer diskreten Entzugssymptomatik präsentiert habe und von seinem Drogenkonsum erst drei Tage nach seiner Aufnahme berichtet habe. Drogen habe der Beschwerdeführer nur unregelmäßig eingenommen; ein Entzug der vom Beschwerdeführer regelmäßig eingenommenen Medikamente sei nicht durchgeführt worden. Es haben sich auch keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim Beschwerdeführer während seiner Anhaltung in Schubhaft eine Haftunfähigkeit vorgelegen hätte; eine solche wurde vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet.

2.1.6. Dass der Beschwerdeführer von 29.10.2017 bis 10.11.2017 bis zu seiner Abschiebung nach Deutschland in Schubhaft angehalten wurde, ergibt sich aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres und dem vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl übermittelten Abschiebebericht vom 10.11.2017.

2.2. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr:

2.2.1. Die Feststellungen zur unrechtmäßigen Einreise und der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz sowie dessen Zurückweisung mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.07.2017, der Zustellung dieses Bescheides und dessen Erwachsen in Rechtskraft ergeben sich unstrittig aus dem Akteninhalt (siehe insbesondere AS 43ff, 97ff und 133ff). Dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung in Bezug auf Deutschland nicht nachkam und zunächst unrechtmäßig nach Italien weiterreiste, bevor er neuerlich nach Österreich einreiste, wo er sich in weiterer Folge unrechtmäßig aufhielt und seit 05.10.2017 (abgesehen von jener in einem Polizeianhaltezentrum) über keine aufrechte Meldung mehr verfügte, ergibt sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 29.10.2017 (AS 22 im gegenständlichen Schubhaftakt) in Verbindung mit einer Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister. Dabei wird nicht übersehen, dass der Beschwerdeführer das für die Wohnsitzmeldung erforderliche Formular in seinen Effekten mitführte und dieses vollständig ausgefüllt sowie am 25.10.2017 vom Unterkunftgeber unterschrieben wurde; der Beschwerdeführer war allerdings im Zeitpunkt seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 29.10.2017 sowie der Erlassung des angefochtenen Schubhaftbescheides (noch) nicht im österreichischen Bundesgebiet gemeldet bzw. war entsprechend seiner eigenen Angaben seit August 2017 (wieder) im Bundesgebiet aufhältig, verfügte jedoch seit 05.10.2017 über keine aufrechte Meldung mehr und war unbekannten Aufenthaltes bzw. hat unangemeldet Unterkunft genommen (vgl. AS 21 im gegenständlichen Schubhaftakt). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat den Umstand, dass der Beschwerdeführer über das für die Wohnsitzanmeldung notwendige Formular verfügte, auch nicht verkannt, sondern stellte – anders als in der Beschwerde behauptet – im Rahmen der Einvernahme am 29.10.2017 fest, dass sich in den Effekten des Beschwerdeführers lediglich ein Formular, aber kein Meldezettel befinde (AS 22 im gegenständlichen Schubhaftakt).

2.2.2. Aufgrund der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Schubhaftbescheides sowie während der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft bis zu seiner Abschiebung nach Deutschland gegen den Beschwerdeführer bestehenden, rechtskräftigen Anordnung zur Außerlandesbringung in Bezug auf Deutschland ging das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zutreffend davon aus, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-III-Verordnung zuständig ist.

2.2.3. Dass sich der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden nicht zur Verfügung gehalten und sich seiner Abschiebung nach Deutschland im Rahmen des Überstellungsverfahrens auf freiem Fuß durch Untertauchen in Österreich oder Weiterreise in einen anderen Staat entzogen hätte, ergibt sich aus der Tatsache, dass sich der Beschwerdeführer seinem Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz bereits einmal entzogen hat, indem er unbekannten Aufenthaltes war, der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.07.2017 aus diesem Grund mit Wirksamkeit vom 09.08.2017 gemäß § 23 ZustG ohne vorhergehenden Zustellversuch bei der Behörde hinterlegt werden und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den deutschen Behörden mitteilen musste, dass der Beschwerdeführer untergetaucht ist und sich die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung auf achtzehn Monate verlängert hat sowie die bereits organisierte Überstellung nicht stattfindet. Der Beschwerdeführer hat überdies selbst angegeben, dass er im August 2017 aus Italien kommend neuerlich nach Österreich gereist sei (AS 22 im gegenständlichen Schubhaftakt); der Beschwerdeführer war demnach nicht gewillt, sein Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz bzw. das Konsultationsverfahren und Überstellungsverfahren mit Deutschland in Österreich abzuwarten, sondern reiste unrechtmäßig in einen dritten Mitgliedstaat weiter. Der Beschwerdeführer verfügte ab 05.10.2017 über keine Meldeadresse mehr im Bundesgebiet (abgesehen von jener in einem Polizeianhaltezentrum) und war für die Behörden (neuerlich) nicht greifbar (siehe oben). Der Beschwerdeführer gab zwar in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 29.10.2017 auf Vorhalt, dass für sein Verfahren Deutschland zuständig sei und er keine Möglichkeit habe, seinen Aufenthalt in Österreich zu legalisieren, an, freiwillig nach Deutschland zu gehen (AS 22 im gegenständlichen Schubhaftakt); eine freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers war diesem jedoch mangels Besitz eines gültigen Reisepasses nicht möglich. Unter Beachtung des Beschwerdevorbringens bezüglich der Bereitschaft des Beschwerdeführers zur freiwilligen Ausreise ist überdies darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer auch vermeinte, dass er nicht verstehe, weshalb er nicht hier leben dürfe und dass eine näher genannte Organisation ihm gesagt habe, er könne dort arbeiten (AS 22 im gegenständlichen Schubhaftakt), wodurch er insofern seine Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise relativierte. Unter Berücksichtigung der zuvor getätigten Aussage des Beschwerdeführers, er sei zum Zweck der Arbeitssuche nach Österreich eingereist, sowie dem Vorverhalten des Beschwerdeführers ist nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer sich den österreichischen Behörden zur Verfügung gehalten bzw. auf freiem Fuß belassen seine Abschiebung nach Deutschland abgewartet hätte. Zum Beschwerdevorbringen, dass der Beschwerdeführer angebe, den Bescheid mit der Rückkehrentscheidung nie erhalten zu haben, ist anzumerken, dass dieser aufgrund des unbekannten Aufenthaltes des Beschwerdeführers durch Hinterlegung im Akt zugestellt werden musste (siehe oben).

2.2.4. Mangels Zulassung des Verfahrens über den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz in Österreich sowie einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet oder Erteilung einer Arbeitsbewilligung verfügte der Beschwerdeführer über keine Möglichkeit, einer legalen Erwerbstätigkeit in Österreich nachzugehen. Dass der Beschwerdeführer über kein zur Sicherung seiner Existenz in Österreich ausreichendes Vermögen verfügte und vermögenslos sowie außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 29.10.2017 (AS 22 im gegenständlichen Schubhaftakt) in Verbindung mit einer Einsichtnahme in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres; Anderes wurde auch in der Beschwerde nicht behauptet, sondern wurde im Gegenteil unter Beilage eines ausgefüllten Vermögensverzeichnisses ein Verfahrenshilfeantrag im Umfang der Gebührenbefreiung für die Eingabegebühr (30,00 Euro) gestellt, da der Beschwerdeführer „völlig vermögenslos“ sei, kein regelmäßiges Einkommen beziehe und daher nicht in der Lage sei, die Kosten für die Führung des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Beschwerdeführer hat mit der übermittelten Rechnung auch nicht nachgewiesen, dass er das in der vorgelegten Benützungsvereinbarung für ein Zimmer an einer näher genannten Adresse vereinbarte Entgelt tatsächlich entrichtet hat (siehe dazu unten). Der Beschwerdeführer hat im Verfahren damit unter Berücksichtigung des vorgelegten Vermögensverzeichnisses sowie dem ergänzenden Schreiben vom 07.12.2017 insgesamt glaubhaft gemacht, gänzlich vermögenslos zu sein.

2.2.5. Die Feststellungen zur mangelnden beruflichen, familiären und sozialen Verankerung des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus seinen Angaben vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 29.10.2017 (AS 22 im gegenständlichen Schubhaftakt). Der Beschwerdeführer spezifizierte nicht näher, welche Freunde er in Österreich habe und ist auch angesichts der Vermögenslosigkeit des Beschwerdeführers bzw. den diesbezüglichen Angaben in der Beschwerde nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer Freunde in Österreich hat, welche ihn finanziell unterstützen. Die fehlende berufliche, familiäre und soziale Verankerung des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet wird im Übrigen auch in der Beschwerde nicht bestritten.

Dass der Beschwerdeführer über keinen gesicherten Wohnsitz im Bundesgebiet verfügte, ergibt sich aus der Vermögenslosigkeit des Beschwerdeführers (siehe dazu bereits oben) in Verbindung mit der vom Beschwerdeführer vorgelegten Benützungsvereinbarung vom 25.10.2017. Dieser Benützungsvereinbarung ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer ein Bett an einer näher genannten Adresse im Zeitraum 25.10.2017 bis 24.11.2017 gegen ein monatliches Entgelt von 225,00 Euro nutzen darf. Angesichts der Vermögenslosigkeit des Beschwerdeführers sowie des aus dem Grund der Unmöglichkeit der Kostentragung für die Führung des Beschwerdeverfahrens gestellten Verfahrenshilfeantrages im Umfang der Gebührenbefreiung für die Eingabegebühr – welche sich auf 30,00 Euro beläuft – und der damit einhergehenden Wahrscheinlichkeit der Zahlungsunfähigkeit betreffend das vereinbarte Benützungsentgelt kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der vom Beschwerdeführer angegebenen Wohnmöglichkeit um eine gesicherte Wohnmöglichkeit handelte, die ihm auch tatsächlich zur Verfügung stand. Der vom Beschwerdeführer vorgelegten Rechnung ist überdies nicht zu entnehmen, dass er das Entgelt bereits bezahlt hat, sondern geht daraus lediglich eine Verpflichtung zur Zahlung binnen einem Tag hervor. Auch aufgrund des Umstandes, dass entsprechend der Benützungsvereinbarung der Nutzungszeitraum lediglich ein Monat beträgt und der Vertrag jederzeit aufgelöst sowie vom Unterkunftgeber ohne Grund nicht verlängert werden kann, ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer an der genannten Adresse über einen sicheren Wohnsitz verfügte.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Teil I. der gegenständlichen Entscheidung:

3.1.1. Zu A) 1. – Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft von 29.10.2017 bis 10.11.2017:

3.1.1.1. Gesetzliche Grundlagen:

Der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Schubhaftbescheides geltende § 76 Fremdenpolizeigesetz 2005 lautete:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

§ 77 FPG - Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Gemäß Art. 28 Dublin-III-Verordnung dürfen die Mitgliedstaaten zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, die Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen. Die Haft hat so kurz wie möglich zu sein und nicht länger zu sein, als bei angemessener Handlungsweise notwendig ist, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß dieser Verordnung durchgeführt wird. Die Frist für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs darf, wenn der Asylwerber in Haft ist, einen Monat ab der Stellung des Antrags nicht überschreiten. Der Mitgliedstaat, der das Dublin-Verfahren führt, ersucht in diesen Fällen um eine dringende Antwort, die spätestens zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs erfolgen muss. Die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt, sobald diese praktisch durchführbar ist, spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung mehr hat. Hält der ersuchende Mitgliedstaat die Fristen nicht ein oder findet die Überstellung nicht innerhalb des Zeitraums von sechs Wochen statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten.

„Fluchtgefahr“ definiert Art. 2 lit. n Dublin-III-Verordnung als das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte.

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

㤠22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

3.1.1.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, 2008/21/0647; 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, 2005/21/0301; 23.09.2010, 2009/21/0280).

„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, 2007/21/0512 und 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

3.1.1.3. Der Beschwerdeführer besaß nicht die österreichische Staatsbürgerschaft, er war daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und in Österreich weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft über den Beschwerdeführer grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – möglich war.

3.1.1.4. Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft gemäß Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-III-Verordnung iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG (in der damals geltenden Fassung) zur Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers (im Rahmen des Überstellungsverfahrens) angeordnet.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führte im angefochtenen Bescheid begründend insbesondere aus, dass erhebliche Fluchtgefahr gegeben sei, da der Beschwerdeführer entgegen der gegen ihn bestehenden, rechtskräftigen Anordnung zur Außerlandesbringung im Bundesgebiet verblieben sei, unangemeldet Unterkunft genommen habe und sich dadurch einer Überstellung entzogen habe. Der Beschwerdeführer sei im Bundesgebiet überdies in keiner Weise verankert.

Im vorliegenden Fall geht das Gericht ebenfalls von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ging im gegenständlichen Fall, wie oben dargelegt, zu Recht von der Annahme aus, dass für den Beschwerdeführer ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-III-Verordnung zuständig sei. Angesichts der oben dargelegten Weiterreise nach Italien bzw. Wiedereinreise nach Österreich aus Italien kommend war auch davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer neuerlich die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl berücksichtigte weiters zutreffend, dass der Beschwerdeführer seine Abschiebung nach Deutschland im Rahmen des Überstellungsverfahrens durch Untertauchen umging, trotz Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Bundesgebiet verblieb und sich dem Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz entzogen hat, indem er unbekannten Aufenthalts war. Wie bereits oben näher dargelegt, verfügte der Beschwerdeführer über keine sozialen, familiären oder beruflichen Bindungen in Österreich, ging in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügte weder über (ausreichende) finanzielle Mittel zur Sicherung seiner Existenz noch einen gesicherten Wohnsitz. Es liegen daher in einer Gesamtbetrachtung keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beschwerdeführer aufgrund einer familiären, sozialen und beruflichen Verankerung in Österreich einen so verfestigten Aufenthalt gehabt hätte, um sich seiner Abschiebung nach Deutschland im Rahmen des Überstellungsverfahrens nicht zu entziehen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist daher im Ergebnis zu Recht vom Vorliegen einer erheblichen Fluchtgefahr insbesondere aufgrund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z 1, Z 3 und Z 6 lit. a und c FPG sowie unter Berücksichtigung des § 76 Abs. 3 Z 9 FPG ausgegangen.

Sofern in der Beschwerde unter Verweis auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vorgebracht wird, dass die fehlende soziale und berufliche Verankerung keinen besonderen Umstand darstelle, um ein nur durch Schubhaft abzudeckendes Sicherungsbedürfnis zu begründen, und es sich dabei um ein Sachverhaltselement handle, das in Dublin-Konstellationen geradezu typischerweise vorliege, ist anzumerken, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht bloß aufgrund der fehlenden sozialen Verankerung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet von erheblicher Fluchtgefahr ausgegangen ist, sondern auf Basis der oben dargelegten Kriterien (lediglich) unter Berücksichtigung der fehlenden sozialen, familiären und beruflichen Verankerung.

Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers vor Anordnung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen.

Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen, welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten und die Tatsache, dass der Beschwerdeführer in Österreich weder sozial oder familiär noch beruflich verankert ist, als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des Beschwerdeführers ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben war. Wie beweiswürdigend aufgezeigt, hätte sich der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden nicht zur Verfügung gehalten und sich seiner Abschiebung nach Deutschland im Rahmen des Überstellungsverfahrens auf freiem Fuß durch Untertauchen in Österreich oder Weiterreise in einen anderen Staat entzogen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist daher im Ergebnis zu Recht vom Bestehen sowohl eines Sicherungsbedarfes als auch von erheblicher Fluchtgefahr ausgegangen.

3.1.1.5. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei ist das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Der Beschwerdeführer hat sich seinem Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz entzogen, war für die Behörden nicht greifbar und verblieb ungeachtet der gegen ihn bestehenden, durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Bundesgebiet. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ging zu Recht davon aus, dass der Beschwerdeführer in Österreich weder sozial oder familiär noch beruflich verankert war. Über eigene Mittel zu Existenzsicherung verfügte er ebenso wenig wie über einen gesicherten Wohnsitz. Er ging in Österreich auch keiner legalen Erwerbstätigkeit nach bzw. verfügte nicht über die Möglichkeit, einer legalen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat das Konsultationsverfahren mit Deutschland unverzüglich eingeleitet, die Zustimmung zur Übernahme des Beschwerdeführers seitens der deutschen Behörden erfolgte bereits vor der Inschubhaftnahme des Beschwerdeführers. Die Abschiebung des Beschwerdeführers wurde in weiterer Folge ebenso zügig organisiert und durchgeführt.

Insgesamt kam den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an der Sicherung seiner Aufenthaltsbeendigung. Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllte und auch der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers der Anhaltung in Schubhaft nicht entgegenstand.

3.1.1.6. Die Prüfung, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt, führt zu dem Ergebnis, dass ein gelinderes Mittel zu Recht nicht zur Anwendung kam.

Aufgrund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens konnte ein gelinderes Mittel nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Deutschland im Rahmen des Überstellungsverfahrens führen. Es war daher nicht zu erwarten, dass der Beschwerdeführer in Freiheit belassen seine Überstellung nach Deutschland abwarten würde, sondern Handlungen setzen würde, um unterzutauchen bzw. in einen dritten Staat weiterzureisen.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels wurde daher zu Recht ausgeschlossen.

3.1.1.7. Die hier zu prüfende Schubhaft stellte eine „ultima ratio“ dar, da sowohl ein Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorlagen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt hätte. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

Die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.10.2017 sowie gegen die Anhaltung in Schubhaft von 29.10.2017 bis 10.11.2017 war daher als unbegründet abzuweisen.

3.1.2. Zu A) 2. und 3. – Kostenersatz:

3.1.2.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG siehe VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

3.1.2.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

3.1.2.3. Im gegenständlichen Verfahren wurde gegen den im Spruch genannten Schubhaftbescheid und gegen die Anhaltung in Schubhaft Beschwerde erhoben. Sowohl der Beschwerdeführer als auch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl haben einen Antrag auf Kostenersatz entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen gestellt.

Die belangte Behörde ist aufgrund der Abweisung der Beschwerde obsiegende Partei, weshalb sie Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang hat. Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei kein Kostenersatz.

Dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gebührt daher gemäß § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm § 1 Z 4 VwG-AufwErsV Kostenersatz in der Höhe von EUR 368,80 für den Schriftsatzaufwand und gemäß § 1 Z 3 VwG-AufwErsV Kostenersatz in der Höhe von EUR 57,40 für den Vorlageaufwand, sohin insgesamt EUR 426,20.

3.1.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

3.1.4. Zu B) – Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

In der Beschwerde und in der Stellungnahme der Behörde finden sich keine schlüssigen Hinweise auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt überdies der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.


3.2. Zu Teil II. der gegenständlichen Entscheidung:

3.2.1. Zu A) – Bewilligung der Verfahrenshilfe:

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. EMRK oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Dadurch wird zum Ausdruck gebracht,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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