TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/1 L516 2221770-1

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Veröffentlicht am 01.08.2019
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Entscheidungsdatum

01.08.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §33 Abs1
AsylG 2005 §33 Abs2
AsylG 2005 §33 Abs3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

L516 2221770-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , StA Pakistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH - ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.07.2019, Zahl 1237742409-190710743/BMI-EAST_FLUGHAFEN, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG stattgegeben und der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger. Er reiste mit dem Flugzeug kommend am XXXX in Österreich ein und stellte am selben Tag am Flughafen Wien-Schwechat einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Antrag (I.) gemäß "§ 33 Absatz 1 Ziffer 3" IVm § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (AsylG) bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und (II.) gemäß § 8 Abs 1 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab und erteilte unter einem (III.) keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Bisheriger Verfahrensablauf

Der Beschwerdeführer stellte am 11.07.2019 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Die Erstbefragung nach dem AsylG dazu fand am 12.07.2019, eine Einvernahme durch das BFA am 15.07.2019.

Am 19.07.2019 wurde dem Beschwerdeführer der angefochtene Bescheid zugestellt. Gleichzeitig stellte das BFA dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren eine juristische Person als Rechtsberater zur Seite (§ 52 Abs 1 BFA-VG).

Am 25.07.2019 erhob der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des BFA Beschwerde.

Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakten des BFA langte am 30.07.2019 beim Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Linz, ein.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhaltsfeststellungen:

1.1 Der Beschwerdeführer führte zur Begründung seines Antrages auf internationalen Schutz bei der Einvernahme vor dem BFA am 15.07.2019 zusammengefasst im Wesentlichen aus, er habe von XXXX in Deutschland gelebt und sei dann nach Pakistan abgeschoben worden. In Deutschland sei sein Interesse für das Christentum geweckt worden. In Pakistan habe er einen Priester aufgesucht, habe mit seiner Familie, seinen Eltern und seinen Freunden über das Christentum gesprochen, habe aber ihnen damals noch nicht gesagt, dass er konvertiert sei. Als er nun nach Österreich gekommen sei, habe er zu Hause angerufen und es seiner Familie gegenüber zugegeben; dies sei dann in Pakistan weitererzählt und verbreitet worden, dass er zum Christentum konvertiert sei. Darauf stehe die Todesstrafe. Bei einer Rückkehr werde er deshalb wahrscheinlich von jemandem getötet werden (Verwaltungsverfahrensakt des BFA, Aktenseite (AS) 180-186).

1.2 Das BFA stützte die Abweisung des Antrages hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten in Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides auf § 33 Abs 1 Z 3 AsylG (AS 227; Bescheid S 1).

Das BFA traf im angefochtenen Bescheid unter der Überschrift "C) Feststellungen", Zwischenüberschrift "Zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats:" die Sachverhaltsfeststellung, dass die vom Beschwerdeführer "vorgebrachten Gründe - Verfolgung wegen Konversion zum Christentum-Religion -" absolut unglaubwürdig seien (AS 242; Bescheid S 16).

Das BFA hat sich dazu im angefochtenen Bescheid im Rahmen der Beweiswürdigung im Einzelnen mit dem vom Beschwerdeführer in der Einvernahme am 15.07.2019 erstatteten Vorbringen auseinandergesetzt und in einer über viereinhalb Seiten erstreckenden Argumentationskette ausgeführt, weshalb es das Vorbringen des Beschwerdeführers im Detail für nicht glaubhaft erachtet. Konkret führte das BFA dazu das Folgende aus (AS 309-313, Bescheid, S 82-87; Orthografie und Interpunktion im Original).

"Sie brachten als Fluchtgrund vor, Christ geworden zu sein und deshalb in Ihrem Heimatland verfolgt zu werden.

Vorgeschichte ist, dass Sie sich von 2012 bis 2018 in Deutschland aufgehalten haben, und damals ein Vorbringen erstattet haben, das in erster und zweiter Instanz abgelehnt wurde.

Damals hatten Sie behauptet, wegen der Weigerung eine ältere Frau heiraten zu wollen, zu befürchten, deshalb von Ihrer(!) Familie getötet zu werden.

Nun spiele das keine Rolle mehr, da die Frau mit einem andere verheiratet sei.

In Ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt führten Sie zu Ihrem jetzigen Fluchtgrund, der Konversion zum Christentum aus, dass Sie sich, seit Sie in Deutschland gewesen wären, für die dortige Kultur und auch die Religion interessiert hätten und diese mit Ihrer Religion verglichen hätten. Als Sie als Taxifahrer tätig gewesen wären, hätten Fahrgäste, die Sie in die Kirche gebracht hätten, Ihr Interesse an der Religion geweckt. Diese hätten Ihnen viel über Jesus und die Religion erzählt.

Konkret befragt gaben Sie an, zwischen 2015 und 2018 als Taxifahrer tätig gewesen zu sein.

Ohne danach gefragt worden zu sein, gaben Sie an, Sie würden nachts und auch tagsüber beten und fragten, ob Sie ein Gebet auf Deutsch aufsagen könnten.

Sie gaben dann ein Gebet in deutscher Sprache an, welches Gefertigter nicht bekannt ist, das Sie jedoch gut auswendig gelernt hatten.

Auf Befragen gaben Sie an, das Gebet durch Fahrgäste gelernt zu haben. Auf Vorhalt gaben Sie dann aber an, dieses Gebet vor einem "Zentrum" gehört zu haben, als dort "religiöse Personen" das Gebet gesprochen hätten. Von ihnen hätten Sie dann auch

Informationsmaterial bekommen.

Befragt gaben Sie an, sich mehr für die evangelische Religion zu interessieren.

Was konkret Ihnen an dieser Richtung besser gefalle, beantworteten Sie damit, dass diese weniger Bücher habe, nämlich 66 statt 72 wie bei den Katholiken. Dort sei Vieles ergänzt worden, während die evangelische Religion der Stamm sei.

Sie hätten sich ja schon in Deutschland jahrelang mit dem Christentum beschäftigt. Sie hätten schon Ihren Namen ändern wollen, jedoch sei die Abschiebung Ihnen dazwischen gekommen.

Diese Behauptungen sind jedoch absolut nicht nachvollziehbar. Sie waren seit 2012 in Deutschland, Sie gaben an, sich bereits vor 2015, als Sie mit dem Taxifahren angefangen hätten, mit dem Christentum beschäftigt zu haben, bevor Ihre Kunden Sie darüber informiert hätten.

Es erscheint etwas befremdlich, da Sie erst 2018 abgeschoben wurden, dass Sie in Ihrem ganzen Asylverfahren (2012 - 2016) nie erwähnt hatten, sich damit zu beschäftigen oder gar konvertiert zu sein. Von Ihrer Ausreiseverpflichtung wussten Sie schon seit 2016 (Anm: Im

Auszug aus dem deutschen Ausländerzentralregister scheint folgender Eintrag auf:

Asylantrag abgelehnt am 19.10.2016), d.h. Sie hätten bereits sowohl in Ihrem Asylverfahren in Deutschland diese Hinwendung zu Christentum bekanntgeben können, zumindest aber einen weiteren Asylantrag stellen können, da Sie erst ca. weitere eineinhalb Jahre später, im Juni 2018 (!) tatsächlich abgeschoben wurden. Sie begründeten dies damit, dies nicht gewusst zu haben, was als reine Schutzbehauptung gewertet werden muss. Dass Sie in den sechs Jahren Ihres Aufenthaltes, besonders aber, nachdem Ihr Antrag schon 2014 in erster Instanz abgelehnt wurde, sich nicht informiert hätten, ist undenkbar. Nicht nur, dass es in

Deutschland, wie auch in Österreich zahlreiche Organisationen gibt, die sich mit

Flüchtlingsberatung beschäftigen, sondern auch Flüchtlingshelfer, Glaubensgemeinschaften,

Private, gibt es zudem hunderte Landsleute, die über die Chancen und Möglichkeiten, im Asylverfahren Bescheid wissen. Dass Sie während mehrerer Jahre- trotz vitalem Interesse am Christentum (!) - nicht versucht haben, sich zu informieren, ist schlichtweg eine absurde Behauptung.

Sie haben trotz dieses Interesses es nicht nur vor den Asylbehörden verheimlicht, sondern auch weder eine Taufvorbereitung besucht, noch sich taufen lassen.

Warum Sie Ihren Namen zuerst ändern wollten, ist unklar. Dies wird nirgends als Vorbereitung oder Folge der Taufe verlangt.

Sie gaben an, im Herzen Christ seien, jedoch hätten bisher nicht konvertieren können, dies sei in Pakistan nicht möglich.

Dort haben Sie sich unzweifelhaft - nach Ihrer Abschiebung und daher in Kenntnis, dass die bisherigen Asylgründe nicht ausreichten - mehr mit dem Christentum beschäftigt. Sie wiesen jedoch zurück, als Ihnen vorgehalten wurde, sich gezielt vorbereitet zu haben, denn dann hätten Sie viel mehr angeben können. Sie zeigten der Einvernehmenden aber eine Website, in der man alle möglichen Bibelstellen auf Urdu abrufen konnte.

Es zeigte sich im Laufe der Einvernahme, dass Sie sich zwar mit dem Christentum beschäftigt haben, eine Konvertierung konnten Sie jedoch nicht glaubhaft machen.

Zweifellos haben Sie sich damit etwas beschäftigt, Ihre Kenntnisse sind jedoch nicht dergestalt, und schon gar nicht für sich alleine ausreichend, dass man von einer religiösen Überzeugung ausgehen kann. Vorauszuschicken ist, dass sich heute jeder jederzeit kurzfristig mit allen möglichen Informationen versorgen kann, was Sie ja auch damit zeigten, als Sie auf die Website verwiesen, in der Bibelstellen in Urdu erläutert sind.

Sie wussten, dass zu Ostern die Auferstehung gefeiert wird, dass Jesus für die Sünden der

Menschen gestorben ist, auf Befragen gaben Sie auch die Geschichte betr. Adam und Eva an, die allerdings auch im Koran vorkommt. Sie erwähnten aber, dass Jesus den Kontakt zwischen Adam und Gott herstellen wollte, darüber gäbe es eine Sure, Maryam.

Fraglich ist, wieso Sie im Zusammenhang mit dieser Geschichte eine Sure zitieren, und die nicht Bibelstelle, die im Übrigen nicht bekannt ist. Weder ist auch "Maryam" die Sure, in der die Geschichte vorkommt, aber auch nicht in Sure 20 kommt die erwähnte

Kontaktherstellung durch Jesus vor.

Sie beteuerten zwar immer wieder, Christ zu sein, jedoch ist Ihr Wissen, vor allem in Hinblick auf Ihre Behauptung, sich schon seit Jahren mit dem Christentum zu beschäftigen, äußerst dürftig.

Die zehn Gebote sind Ihnen nicht einmal ansatzweise bekannt, Sie beantworteten die Frage damit, dass man Kranken, Bedürftigen und Unschuldigen helfen sollte. Dass Sie nach sechs Jahren in Deutschland mitbekommen haben, was zu Ostern gefeiert wird, und dass es unterschiedliche Glaubensrichtungen im Christentum gibt, dazu ist weder eine besondere Begabung und schon gar kein Glaubenswechsel erforderlich.

Es ist insgesamt aufgrund des oben Gesagten nicht glaubhaft, dass Sie sich bereits in Deutschland mit dem Christentum beschäftigt haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie nach Ihrer Abschiebung einen weiteren - anderen - Asylgrund brauchten, um einen weiteren Antrag zu stellen.

Dass Sie sich in Pakistan verstärkt mit dem Christentum beschäftigt haben, ist durchaus glaubhaft. Da Sie im letzten Jahr nur drei Monate gearbeitet haben, haben Sie auch ausreichend Zeit dazu gehabt.

Tatsache ist, dass Sie in Deutschland unter verschiedenen Namen und Geburtsdaten auftraten, was bei einer Person, die einen tatsächlichen, asylrevanten Grund hat, nicht nötig wäre. Ihren echten Familiennamen XXXX haben Sie nicht verwendet.

Sie wussten seit 2016, dass Sie das Land verlassen müssten, Ihre Abschiebung wurde nur aus dem Grund ausgesetzt, weil Sie angeblich keinen Reisepass hatten bzw. sich keinen ausstellen ließen, was Sie durchaus hätten tun können und auch unmittelbar nach Ihrer Rückkehr nach Pakistan getan haben. Sie versuchten auch jetzt wieder mit einem gefälschten Reisepass und einem gefälschten, d.h. gestohlenen Blankodokument in den Schengen-Raum einzureisen.

Ihre Person ist aufgrund dessen unglaubwürdig.

Das zeigt sich auch in der Behauptung, dass Sie zu Hause Ihre Konversion bekannt gegeben hätten und deshalb flüchten hätten müssen. Bei genauerem Befragen gaben Sie dann an, die ganze Zeit seit Ihrer Abschiebung bei Ihren Eltern gelebt zu haben, was diese Behauptung unglaubwürdig machte.

Sie gaben dann gleich darauf an, doch nicht direkt gesagt zu haben, dass Sie konvertiert seien, denn dann wären Sie nicht mehr lebend herausgekommen. Sie hätten mit Verwandten und Freunden darüber gesprochen, manche seien sehr dagegen gewesen. Aus welchem Grund Sie sich mit allen möglichen Personen über das Christentum unterhalten hätten, ist unklar, zumal Sie gleich darauf erwähnten, wie sehr Christen in Pakistan verfolgt würden und in der Folge auch Berichte über Opfer der Blasphemie-Anschuldigungen vorlegten.

Nachdem Ihnen vorgehalten wurde, dass Sie nie öffentlich gesagt hätten bzw. auch nie zugegeben hätten, konvertiert zu sein, war die Frage, weshalb Sie nun verfolgt werden sollten, worauf Sie sagten, dies selbst zugegeben zu haben, allerdings erst, nachdem Sie nach Österreich gekommen seien. Sie hätten zu Hause angerufen und hätten Sie dann zugegeben, konvertiert zu sein. Dies sei weiter verbreitet worden und nun wüssten es auch andere. Deshalb würden Sie bei einer Rückkehr wahrscheinlich von jemandem getötet werden.

Es wird nicht bestritten, dass Christen bzw. Konvertiten im Besonderen, in Pakistan Verfolgung ausgesetzt sind. Dafür gibt es genügend Beispiele.

Dies hat alles mit Ihnen jedoch nichts zu tun. Ihre Fluchtgründe sind absolut unglaubwürdig.

Ihr Beweggrund, sich mit dem Christentum zu beschäftigen, ist offensichtlich der, nach

Europa einreisen zu können, hier durch die Antragstellung wieder -trotz Einreiseverbot in Deutschland - legal Aufenthalt nehmen und arbeiten zu können.

Nach Deutschland reisten Sie aufgrund des gegen Sie bestehenden Einreiseverbotes nicht.

Ihr sonstiges Verhalten- Ausreiseverweigerung, Verwendung falscher Namen und Geburtsdaten, Gebrauch gefälschter Ausweise, Reisepass und Aufenthaltstitel, zeigt deutlich, dass Ihre Motivation die ist, wieder in Europa zu leben.

Was eine Rückkehr nach Pakistan betrifft, so sind aufgrund mangelnder Verfolgung auch sonst keine Gründe hervorgekommen, aus denen Ihnen eine Rückkehr in Ihr Heimatland nicht zuzumuten wäre.

Es ist auch nicht davon auszugehen, dass Sie bei einer Rückkehr in die Heimat aus diesen Gründen mit Schwierigkeiten zu rechnen haben"

Die laut Spruchpunkt I auf § 33 Abs 1 Z 3 AsylG gestützte Abweisung des Antrages hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten begründete das BFA im Rahmen der rechtlichen Beurteilung im Wesentlichen wie folgt (AS 315; Bescheid 89):

"Ihre behaupteten Fluchtgründe sind sämtlich absolut unglaubwürdig.

Da Ihre Kenntnisse über das Christentum nur rudimentär sind und es aufgrund der sonstigen Umstände offensichtlich ist, dass Sie sich lediglich wegen der Wiedereinreise nach Europa mit dem Christentum beschäftigt haben, ist eine tatsächliche Konversion und in weiterer Folge eine Verfolgung im Herkunftsland absolut unglaubwürdig.

Insgesamt ist nicht davon auszugehen, dass eine asylrelevante Bedrohung in Pakistan besteht.

Nach Ansicht der Behörde ist daher § 33 Abs. 1 Z 2 AsylG verwirklicht."

2. Beweiswürdigung

2.1 Die Sachverhaltsfeststellungen beruhen auf dem vom BFA vorgelegten Verwaltungsverfahrensakt, wobei zu den jeweiligen Feststellungen die Fundquellen angeführt sind.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

Ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides

Rechtsgrundlagen

3.1 Gemäß § 33 Abs 1 AsylG ist in der Erstaufnahmestelle am Flughafen die Abweisung eines Antrages nur zulässig, wenn sich kein begründeter Hinweis findet, dass dem Asylwerber der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen wäre und (1.) der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat; (2.) das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht; (3.) der Asylwerber keine Verfolgung im Herkunftsstaat geltend gemacht hat oder (4.) der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19 BFA-VG) stammt.

Zum gegenständlichen Verfahren

3.2 Zunächst ist festzustellen, dass fallbezogen ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung des angefochtenen Bescheides insofern vorliegt, als das BFA dabei die Abweisung des Antrages hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten in Spruchpunkt I auf die Ziffer 3 des § 33 Abs 1 AsylG stützte, hingegen im Rahmen der rechtlichen Beurteilung ausschließlich auf die Ziffer 2 des § 33 Abs 1 AsylG.

3.3 Soweit das BFA die Abweisung des Antrages hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten in Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides auf die Ziffer 3 des § 33 Abs 1 AsylG stützte, setzt dies voraus, dass der Beschwerdeführer keine Verfolgung im Herkunftsstaat geltend gemacht hat. Das BFA hat jedoch selbst die Sachverhaltsfeststellung getroffen, dass der Beschwerdeführer eine "Verfolgung wegen Konversion zum Christentum-Religion" vorgebracht hat, was ausschließt, dass die im Spruch herangezogene Ziffer 3 vorliegt (vgl VwGH 28.06.2011, 2011/01/0099). Bereits aus diesem Grund erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig.

3.4 Soweit sich das BFA hingegen im Rahmen der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Bescheides ausschließlich auf die Ziffer 2 des § 33 Abs 1 AsylG stützte, setzt dies voraus, dass " das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht".

§ 33 Abs 1 Z 2 AsylG entspricht § 6 Abs 1 Z 4 AsylG idF AsylG 1997 BGBl. I Nr. 101/2003; diese wiederum entspricht § 6 Z 3 AsylG 1997 in der Stammfassung des AsylG 1997. Aufgrund der nur unmaßgeblich veränderten, im wesentlich aber nahezu wortidenten Formulierungen dieser Bestimmungen ist bei der Prüfung des Vorliegens dieses Tatbestands - somit als Prüfungsmaßstab für die Frage, ob ein Vorbringen offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht - jedenfalls die Judikatur des VwGH zu den Vorgängerbestimmungen heranzuziehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits zu § 6 Z 3 AsylG 1997 in der Stammfassung ausgesprochen, dass bei einem von der Behörde als unglaubwürdig angenommenen Vorbringen noch nichts darüber ausgesagt wird, ob es ein solches Maß an Unglaubwürdigkeit erreicht, dass der Tatbestand des § 6 Z 3 AsylG 1997 in der Stammfassung als erfüllt angesehen werden kann. Bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen des § 6 Z 3 AsylG 1997 erfüllt sind, ist das Vorbringen des Asylwerbers zur Bedrohungssituation in seiner Gesamtheit zu würdigen. § 6 Z 3 AsylG 1997 darf nur herangezogen werden, wenn dieses Vorbringen in seiner Gesamtheit "offensichtlich" nicht den Tatsachen entspricht. Eine bloß "schlichte Unglaubwürdigkeit" des Vorbringens reicht nicht aus (VwGH 22.10.2003, 2002/20/0084). Es muss unmittelbar einsichtig ("eindeutig", "offensichtlich") sein, dass die abgegebene Schilderung tatsächlich wahrheitswidrig ist. Dieses Urteil muss sich quasi "aufdrängen", die dazu führenden Gesichtspunkte müssen klar auf der Hand liegen, sei es allenfalls auch deshalb, weil nach einem Ermittlungsverfahren "Hilfstatsachen" (z.B. fehlende Kenntnis der behaupteten Stammessprache) substantiell unbestritten bleiben. Im Ergebnis setzt die im gegebenen Zusammenhang erforderliche "qualifizierte Unglaubwürdigkeit" somit voraus, dass es weder weitwendiger Überlegungen noch einer langen Argumentationskette bedarf, um zu erkennen, dass das Vorbringen eines Asylwerbers nicht den Tatsachen entspricht (VwGH 21.8.2001, 2000/01/0214; 31.1.2002, 2001/20/0381; 11.6.2002, 2001/01/0266). Nur dann, wenn es "unmittelbar einsichtig" ist und sich das Urteil quasi "aufdrängt", die Schilderungen des Asylwerbers, die für die Beurteilung seines Asylansuchens maßgeblich sind, seien tatsächlich wahrheitswidrig, erreicht das Vorbringen ein solches Maß an Unglaubwürdigkeit, dass der Tatbestand des § 6 Z 3 AsylG 1997 erfüllt ist (VwGH 27.9.2001, 2001/20/0393). Bei der Anwendung des § 6 AsylG 1997 kann es typischerweise nur um die Klarstellung einfacher Fragen, aber nicht um diffizile Beweiswürdigungsprobleme gehen (VwGH 19.12.2001, 2001/20/0442).

Fallbezogen hat sich das BFA im Rahmen der Beweiswürdigung zur Begründung der Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers im Rahmen der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides im Einzelnen mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und in einer rund viereinhalb Seiten erstreckenden Argumentationskette ausgeführt, weshalb es das Vorbringen des Beschwerdeführers im Detail für nicht glaubhaft erachtet. Dabei hielt das es BFA allerdings unter anderem auch für glaubhaft, dass sich der Beschwerdeführer mit dem Christentum beschäftigt und dass er sich auch "in Pakistan verstärkt mit dem Christentum beschäftigt" habe. Das BFA hat damit im Ergebnis nicht dargelegt, warum eine über die "schlichte Unglaubwürdigkeit" hinausgehende "offensichtliche Unglaubwürdigkeit" im Sinne der zuvor zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Herkunftsstaat anzunehmen ist. Eine bloß "schlichte Unglaubwürdigkeit" des Vorbringens reicht jedoch für die Heranziehung der Ziffer 2 des § 33 AsylG nicht aus. Dazu kommt, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zu den entsprechenden Vorfassungen dieses Tatbestandes auch ausgeführt hat, dass § 6 Z 3 AsylG 1997 idF BGBl I Nr. 76/1997 lediglich dann anwendbar ist, wenn das gesamte Vorbringen zu einer Bedrohungssituation den Tatsachen offensichtlich nicht entspricht; seine Anwendbarkeit scheidet aus, wenn das Vorbringen auch nur in einem Punkt möglicher Weise auf eine wahre Tatsache gestützt wird; auf Einzelaspekte gestützte Erwägungen - wie dies auch im vorliegenden Fall vom BFA vorgenommen wurde - erweisen sich somit für die Anwendung des Tatbestandes der offensichtlichen Tatsachenwidrigkeit des Vorbringens zur Bedrohungssituation als nicht tragfähig (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0214).

3.4 Die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers am Flughafen war daher sowohl nach Ziffer 3 als auch nach Ziffer 2 des § 33 AsylG Abs 1 unzulässig, weshalb der Beschwerde daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben war.

Für das vom BFA in weiterer Folge fortzusetzende Verfahren ergibt sich, dass durch die im vorliegenden Fall gebotene Aufhebung des angefochtenen Bescheides in der Sache der verfahrensgegenständliche Antrag des Beschwerdeführers wieder unerledigt ist und über diesen von der Behörde neuerlich abzusprechen sein wird. Das BFA wird jedenfalls im fortzusetzenden Verfahren das im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erstattete Parteivorbringen - im gegenständlichen Fall somit die Beschwerdeausführungen - sowie allfällig zwischenzeitig vorgelegte Beweismittel zu berücksichtigen und gemäß § 18 Abs 1 AsylG gegebenenfalls darauf hinzuwirken haben wird, dass getätigte Angaben ergänzt bzw vervollständigt werden.

Zu B)

Revision

3.5 Die Revision ist nicht zulässig, da die für den vorliegenden Fall relevante Rechtslage durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist.

3.6 Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Asylverfahren Behebung der Entscheidung Christentum ersatzlose Behebung Flughafenverfahren offenkundige Unrichtigkeit offensichtlich unbegründete Asylanträge Rechtsgrundlage Rechtswidrigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L516.2221770.1.00

Im RIS seit

07.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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