TE OGH 2020/5/19 5Ob22/20a

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Veröffentlicht am 19.05.2020
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. H***** G***** sen *****, 2. H***** G***** jun *****, beide vertreten durch Dr. Michael Battlogg, Rechtsanwalt in Schruns, wegen Einverleibung der Löschung eines Vorkaufsrechts in EZ ***** KG *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller, gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 21. November 2019, AZ 2 R 260/19d, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Bludenz vom 19. September 2019, TZ 4277/2019, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs der Antragsteller wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts, welcher hinsichtlich seines antragsstattgebenden Teils als in Rechtskraft erwachsen unberührt bleibt, im übrigen Umfang, nämlich hinsichtlich des Antrags auf Einverleibung der Löschung des zu C-LNR 3a einverleibten Vorkaufsrechts für J***** G***** wie folgt zu lauten hat:

„Aufgrund der Löschungsquittung vom 8. 5. 2019 wird in der EZ ***** KG ***** die Vormerkung der Löschung des zu C-LNR 3a einverleibten Vorkaufsrechts gemäß Einantwortungsurkunde 1967-02-2016 für d) G***** J*****

bewilligt.

Das Mehrbegehren der Antragsteller auf Einverleibung dieser Löschung wird abgewiesen.

Hievon werden verständigt:

1.       Dr. Michael Battlogg, Rechtsanwalt

                  Gerichtsweg 2, 6780 Schruns

2.       J***** G*****“

Der Vollzug und die Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.

Text

Begründung:

Die Antragsteller sind die (Mit-)Eigentümer einer Liegenschaft. Zum Zeitpunkt der Antragstellung war im Grundbuch zu C-LNR 3a ein Vorkaufsrecht für O***** G***** und J***** G***** eingetragen. Unter Berufung auf die Sterbeurkunde vom 24. 4. 2019 (O***** G*****) einerseits und die Löschungsquittung vom 8. 5. 2019 (J***** G*****) andererseits beantragten die Antragsteller die einfache Löschung des Vorkaufsrechts für O***** G***** und die Einverleibung der Löschung des Vorkaufsrechts für J***** G*****.

Das Erstgericht gab (nur) dem Gesuch auf Löschung des Vorkaufsrechts hinsichtlich des verstorbenen O***** G***** statt. Den Antrag auf Einverleibung der Löschung des Vorkaufsrechts für J***** G***** wies es ab.

Die Löschungsquittung des J***** G***** sei vom tribunal d‘ instance in N*****/Schweiz beglaubigt worden. In diesem Beglaubigungsvermerk fehle das Geburtsdatum des J***** G*****. Da österreichisches Grundbuchsrecht anzuwenden sei, müsse der Beglaubigungsvermerk gemäß § 31 Abs 1 GBG zwingend das Geburtsdatum enthalten.

         Das Rekursgericht gab dem gegen den abweisenden Teil des Beschlusses erhobenen Rekurs der Antragsteller nicht Folge, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu, weil sich das Rekursgericht an der gesicherten höchstgerichtlichen Rechtsprechung orientiert habe.

Die Einverleibung der Löschung des Vorkaufsrechts des J***** G***** könne nach § 31 Abs 1 GBG nur aufgrund öffentlicher Urkunden oder solcher Privaturkunden geschehen, auf denen die Unterschriften der Parteien gerichtlich oder notariell beglaubigt seien und der Beglaubigungsvermerk bei natürlichen Personen auch das Geburtsdatum enthalte. Entgegen den Rekursausführungen lasse sich weder aus § 31 Abs 2 GBG noch aus § 98 GBG ableiten, dass bei natürlichen Personen das Geburtsdatum nur dann anzuführen sei, wenn für diese ein Recht eingetragen werde. Art 1 des Staatsvertrags vom 21. August 1916 zwischen der österreichisch-ungarischen Monarchie und der Schweiz über die Beglaubigung der von öffentlichen Behörden Österreichs oder der Schweiz ausgestellten oder beglaubigten Urkunden (RGBl Nr 340/1917) ändere an diesem Formerfordernis des § 31 Abs 1 GBG nichts. Über die notwendige Form der die Eintragungsgrundlage bildenden Urkunden entscheide das Recht am Registerort. Die für die Einverleibung in das inländische Grundbuch erforderlichen Urkunden müssten daher immer den besonderen Vorschriften des österreichischen Rechts genügen, auch wenn sie im Ausland errichtet worden seien. Das GBG bilde insofern gegenüber dem zitierten Staatsvertrag mit der Schweiz eine lex specialis für Einverleibungen in das inländische Grundbuch, sodass es weder darauf ankomme, ob die vorliegende Beglaubigungsklausel die Anforderungen des schweizerischen Rechts für eine solche Einverleibung erfülle, noch darauf, ob anzunehmen sei, dass die Schweizer Behörde die Unterschrift jenes J***** G***** beglaubigt habe, der in der Urkunde angeführt sei. Da der Beglaubigungsvermerk auf der Löschungsquittung des J***** G***** nicht auch sein Geburtsdatum enthalte, liege das Eintragungshindernis des § 94 Abs 1 Z 4 GBG vor.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller. Sie beantragen, die Entscheidungen der Vorinstanzen abzuändern und den Antrag auf Einverleibung der Löschung des Vorkaufsrechts für J***** G***** zu bewilligen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsteller ist zulässig und teilweise berechtigt.

1.1. Die Grundbuchseintragung, die die unbedingte Löschung (Extabulation) bücherlicher Rechte bewirkt, ist eine Einverleibung (§ 8 Z 1 GBG). Neben einer solchen Einverleibung der Löschung, die die Aufhebung eines Rechts zum Gegenstand hat, kennt das Gesetz auch Fälle der schlichten Löschung mit geringeren Rechtsfolgewirkungen, etwa zur Beseitigung gegenstandslos gewordener Grundbuchseintragungen (5 Ob 76/07y).

1.2. Eine Einverleibung kann gemäß § 31 Abs 1 GBG nur aufgrund öffentlicher Urkunden oder solcher Privaturkunden geschehen, auf denen die Unterschriften der Parteien gerichtlich oder notariell beglaubigt sind und der Beglaubigungsvermerk bei natürlichen Personen auch das Geburtsdatum enthält. „Parteien“ iSd § 31 Abs 1 GBG sind jene Beteiligten, deren unmittelbare Mitwirkung bei der Errichtung jener Grundbuchsurkunde notwendig ist, die die beabsichtigte Rechtsänderung im Grundbuch herbeiführen soll. Parteien sind daher sowohl diejenigen Personen, deren bücherliche Rechte beschränkt, belastet, aufgehoben oder auf eine andere Person übertragen werden sollen, als auch jene Personen, denen ein bücherliches Recht eingeräumt wird (Feil/Friedl in Feil/Friedl/Bayer, § 31 GBG Rz 1, 4).

1.3. § 31 Abs 1 GBG verlangt für den Beglaubigungsvermerk – wie § 27 Abs 2 GBG für die Bezeichnung der an dem Rechtsgeschäft beteiligten Personen in den Grundbuchsurkunden und § 98 GBG für die eine Eintragung bewilligenden Beschlüsse – bei natürlichen Personen die Angabe des Geburtsdatums. Der Zweck dieser Gebote besteht darin, eine eindeutige Identifizierung der Personen zu ermöglichen (RIS-Justiz RS0060482 [T7]; 5 Ob 78/15d; 5 Ob 144/13g mwN). Das Gesetz enthält zwar keine näheren Vorschriften über die vom Grundbuchsgericht vorzunehmende Identitätsprüfung (5 Ob 128/11a). Die Notwendigkeit der Anführung des Geburtsdatums soll diese Frage aber weitgehend entschärfen (5 Ob 261/15s; 5 Ob 195/08z; RS0060604 [T15]; Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 94 GBG Rz 25 mwN). Dies gilt in besonderem Maße für die Aufnahme des Geburtsdatums in den Beglaubigungsvermerk als Teil der Identitätsprüfung durch die Urkundsperson (Weigand in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 31 GBG Rz 16). In dem Fall, dass eine bücherliche Eintragung gegen eine Person begehrt wird, die ohne Geburtsdatum eingetragen ist (vgl § 30 Abs 2 GUG), mag die Effektivität dieses Form- und Inhaltserfordernisses zwar reduziert sein, dessen Zweck ist aber nicht gänzlich verfehlt. Für eine entsprechende teleologische Reduktion des § 31 Abs 1 GBG besteht daher kein Raum.

2.1. Bei der hier beantragten Löschung des bücherlichen Vorkaufsrechts (§ 9 GBG) aufgrund einer Zustimmungserklärung des Verbotsberechtigten handelt es sich um eine Einverleibung. Privaturkunden, aufgrund deren eine solche Einverleibung stattfinden soll, müssen neben den Erfordernissen der §§ 26, 27 GBG auch die in § 32 Abs 1 GBG genannten Angaben enthalten. Dazu zählt die ausdrückliche Erklärung desjenigen, dessen Recht beschränkt, belastet, aufgehoben oder auf eine andere Person übertragen werden soll, dass er in die Einverleibung zustimmt (5 Ob 261/15s). Soll also – wie hier – die Einverleibung der Löschung eines Vorkaufsrechts aufgrund einer Privaturkunde erfolgen, muss die Unterschrift des Vorkaufsberechtigten nach § 31 Abs 1 GBG gerichtlich oder notariell beglaubigt werden und der Beglaubigungsvermerk bei natürlichen Personen deren Geburtsdatum enthalten.

2.2. Die Unterschrift auf der dem Grundbuchsgesuch zugrunde liegenden Löschungsquittung wurde von einem Gericht in der Schweiz beglaubigt. Grundsätzlich bedarf jede im Ausland beglaubigte Urkunde einer (diplomatischen) Überbeglaubigung oder im Fall der Anwendbarkeit des Haager Beglaubigungsübereinkommens vom 5. 10. 1961 der Beisetzung der Apostille. In einer Reihe von bilateralen Staatsverträgen ist jedoch vorgesehen, dass öffentliche Urkunden oder beglaubigte Privaturkunden keiner weiteren Überbeglaubigung oder Apostille bedürfen (Weigand in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 31 GBG Rz 57, 60; Feil/Friedl in Feil/Friedl/Bayer, § 31 GBG Rz 9). Gemäß Art 1 des Staatsvertrags vom 21. August 1916 zwischen der österreichisch-ungarischen Monarchie und der Schweiz über die Beglaubigung der von öffentlichen Behörden Österreichs oder der Schweiz ausgestellten oder beglaubigten Urkunden (RGBl Nr 340/1917) bedürfen etwa österreichische Urkunden zum Gebrauch in der Schweiz und schweizerische Urkunden zum Gebrauch in Österreich keiner weiteren Beglaubigung, wenn sie von einem Gericht aufgenommen, ausgestellt oder beglaubigt und mit dem Siegel oder Stempel des Gerichts versehen sind.

2.3. Über die notwendige Form der die Eintragungsgrundlage bildenden Urkunden entscheidet aber das Registerrecht, also das Recht am Registerort (5 Ob 120/16g; 5 Ob 261/15s; 5 Ob 199/05h; RS0076777 [T2]; RS0076712 [T1]). Die für die Einverleibung in das inländische Grundbuch erforderlichen Urkunden müssen daher immer den besonderen Vorschriften des österreichischen Rechts genügen, auch wenn sie, wie die Löschungsquittung hier, im Ausland errichtet wurden. Ob die Beglaubigungsklausel den Anforderungen des Schweizer Rechts entspricht, ist daher unbeachtlich (vgl 5 Ob 120/16g). Für ausländische Urkunden hält § 31 Abs 3 GBG in seinem ersten Satz zwar fest, dass die Beglaubigung ausländischer Urkunden durch Staatsverträge geregelt wird. Die Frage des Verhältnisses dieser Bestimmung zum Erfordernis nach § 31 Abs 1 letzter Satz GBG, das Geburtsdatum in den Beglaubigungsvermerk aufzunehmen, stellt sich hier schon deshalb nicht, weil in den Staaten – im Allgemeinen oder für das Grundbuchsverfahren im Besonderen – normierte Inhaltserfordernisse an den Beglaubigungsvermerk kein Regelungsgegenstand des Staatsvertrags zwischen der Schweiz und Österreich sind. Dessen Inhalt beschränkt sich vielmehr auf die Erleichterung des Beglaubigungswesens durch Entfall der Notwendigkeit einer Überbeglaubigung oder Apostille.

3.1. Die Einverleibung der Löschung des Vorkaufsrechts aufgrund einer Aufsandungserklärung des Verbotsberechtigten (vgl 5 Ob 76/07y; RS0060694 [T1]) setzt daher gemäß § 31 Abs 1 GBG voraus, dass die Unterschrift auf der Löschungserklärung beglaubigt ist und der Beglaubigungsvermerk dessen Geburtsdatum enthält. Diese Anforderungen sind hier im Hinblick auf das fehlende Geburtsdatum im Beglaubigungsvermerk nicht erfüllt. Das führt jedoch entgegen der Auffassung der Vorinstanzen nicht zur Abweisung des gesamten Antrags.

3.2. Wenn die beigebrachte Urkunde nicht alle in den §§ 31 bis 34 GBG festgesetzten besonderen Erfordernisse zur Einverleibung, wohl aber die allgemeinen Erfordernisse (§§ 26, 27 GBG) zur grundbücherlichen Eintragung besitzt, kann aufgrund der Urkunde gemäß § 35 GBG die Vormerkung (§ 8 Z 2 GBG) bewilligt werden (5 Ob 76/07y; vgl RS0060474). Das Begehren um Einverleibung begreift jenes um Vormerkung stillschweigend in sich, wenn der Antragsteller die Vormerkung nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat (§ 85 Abs 3 GBG). Fehlt es daher – wie hier – nur an einem Erfordernis nach § 31 Abs 1 GBG, dann darf dies nicht zur gänzlichen Abweisung des Gesuchs, sondern nur des Einverleibungsbegehrens führen, während als Minus (vgl § 96 GBG) die Vormerkung zu bewilligen ist.

4. In diesem Sinn war dem Revisionsrekurs teilweise Folge zu geben. Zur Rechtfertigung der Vormerkung wird eine Löschungserklärung des Vorkaufsberechtigten vorzulegen sein, auf der die Unterschrift gerichtlich oder notariell beglaubigt ist und der Beglaubigungsvermerk auch das Geburtsdatum enthält.

Textnummer

E128699

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0050OB00022.20A.0519.000

Im RIS seit

12.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

19.11.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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