TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/10 W214 2188411-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.07.2019
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Entscheidungsdatum

10.07.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7 Abs1 Z2
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs3a
AsylG 2005 §9 Abs2
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W214 2188411-1/37E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , staatenlos, vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.01.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und der Bescheid wird ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am XXXX 10.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) vom 04.11.2014, Zl. XXXX , wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG 2005 stattgegeben und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass dem Beschwerdeführer kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

3. Mit Urteil vom 01.08.2016 wurde der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen XXXX wegen der Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 erster und zweiter Fall SMG und des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt. Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wurde die verhängte Freiheitsstrafe unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

4. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 18.04.2017, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der Schlepperei nach § 114 Abs. 1, Abs. 3 Z 2 und Abs. 4 erster Fall FPG zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von zwei Jahren verurteilt. Weiters wurde gemäß § 20 Abs. 1 und Abs. 3 StGB ein Betrag von EUR 102,97 für verfallen erklärt. Gemäß § 19a Abs. 1 StGB wurden die Mobiltelefone der Marke LG Smartphone des Beschwerdeführers konfisziert. Weiters fasste das Landesgericht den Beschluss, dass die bedingte Strafnachsicht der Freiheitsstrafe von 10 Monaten (siehe Punkt 3. des Verfahrensganges) widerrufen werde. Das Urteil und der Beschluss des Landesgerichtes erwuchsen in Rechtskraft.

5. Mit Schreiben vom 23.11.2017 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass aufgrund der strafrechtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers eine Aberkennung seines Asylstatus geprüft werde. Weiters wurde dem Beschwerdeführer ein Länderinformationsblatt zur Lage in Syrien übermittelt. Dem Beschwerdeführer wurde eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

6. Mit Schreiben vom 12.12.2017 teilte der Soziale Dienst der Justizanstalt XXXX mit, dass der Beschwerdeführer sich im Zusammenhang mit der Aufforderung im schriftlichen Parteiengehör an den sozialen Dienst gewandt habe. Die persönliche Lage des Beschwerdeführers habe sich in Bezug auf Syrien nicht verändert. So etwa sei der Punkt 18. der Länderinformation "Rückkehr" eins zu eins auf den Beschwerdeführer übertragbar. Gegen die Aberkennung des Asylstatus wandte der Beschwerdeführer ein, dass sich seine gesamte Familie in Europa befinde (ein Bruder plus Frau und Kinder zwei Onkel in Österreich; Eltern, Schwester undBruder in Schweden), dass er staatenlos und syrischer Kurde und damit keiner politischen Gruppe zugehörig sei; folglich sei keinerlei persönlicher politischen Schutz vorhanden und er befinde sich zwischen den Kriegsbeteiligten. Eine Rückkehr nach Syrien bedeute Angst um Leib und Leben; die Asylgründe hätten sich nicht geändert.

In einem in der Anlage dazu befindlichen "Bericht des Sozialen Dienstes" über den Beschwerdeführer wurde mitgeteilt, dass sich der Beschwerdeführer erstmalig in Strafhaft befinde. Seine Verurteilungen würden 24 und 10 Monate betragen. Er sei dem Erstvollzug unterstellt. Er habe eine tadellose Führung und Arbeitsleistung vorzuweisen. Seitens der Justizanstalt werde eine bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe (28.07.2018) angenommen. Seit September 2017 erhalte der Beschwerdeführer Vollzugslockerungen in Form von 24-Stunden-Ausgängen. Bis dato habe er vier Ausgänge mit keinerlei negativen Vorkommnissen gehabt. Der Beschwerdeführer wirke bemüht und schuldeinsichtig. Er arbeite an der Verbesserung seiner Deutschkenntnisse und nütze dafür die vorhandenen Möglichkeiten. Bei der Wiedereingliederung sei ihm familiäre Unterstützung zugesagt worden und durch die bedingte Entlassung habe er die Möglichkeit der Bestellung eines Bewährungshelfers. Beim Beschwerdeführer handle es sich um einen 32-jährigen Mann, der über gutes Benehmen verfüge. Vom Beruf sei er Fliesenleger und er erhoffe sich, eine neue Existenz durch ein geregeltes Leben (Wohnen, Arbeit) in Österreich aufbauen zu können.

7. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid der belangten Behörde vom 31.01.2018 wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 wurde ihm der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV). Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Syrien wurde gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 und § 52 Abs. 9 FPG für unzulässig erklärt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

Zu Spruchpunkt I. (Aberkennung des Status eines Asylberechtigten) wurde im Wesentlichen auf das Urteil des Landesgerichtes XXXX Zl. XXXX , verwiesen. Bei einem derartigen Verbrechen sei von einem besonders schweren Verbrechen im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 auszugehen. Es genüge allerdings nicht, dass ein als "schwer" einzustufendes Delikt verübt worden sei, sondern es müsse sich die Tat im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweisen, es sei u. a. auf Milderungsgründe Bedacht zu nehmen und der Entscheidung eine Zukunftsprognose zugrundezulegen. Andererseits setze die Entscheidung über das Vorliegen eines Asyl-Ausschlussgrundes eine Güterabwägung, ob die Interessen des Zufluchtsstaates jene des Flüchtlings überwiesen, voraus, wobei zu betonen sei, dass die Güterabwägung erst dann erfolgen könne, wenn die dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat drohenden Rückkehrgefährdung ausreichend geklärt sei. Im Fall des Beschwerdeführers käme erschwerend hinzu, dass ihm die Schleusung einer bedeutenden Anzahl von Personen und diese auch über einen ununterbrochenen Zeitraum von mehreren Monaten nachgewiesen werden konnte und es als wahrscheinlich anzunehmen sei, dass seine weitere Beteiligung an Schleppereigeschäften lediglich allein durch die Betretung verhindert werden habe können. Der Beschwerdeführer hätte andernfalls ungeahndet weiterhin in einem dementsprechend für ihn "lukrativen Sinne" agiert. Es sei unumstritten, dass dies eine Gefährdung für die Allgemeinheit des Aufenthaltslandes darstelle. Zum anderen habe er versucht, sich über Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz sein Leben und seine eigene Sucht zu finanzieren.

Aufgrund der mangelnden Integrationsbemühungen des Beschwerdeführers sowie keiner geregelten Lebensführung vor der Haft und eines besonders schweren Verbrechens, weswegen der Beschwerdeführer in Österreich verurteilt worden sei, bestünden auch erhebliche Zweifel, ob der Beschwerdeführer in Zukunft gewillt sein werde, sich an die in Österreich herrschenden Gesetze zu halten. Daher sei die Zukunftsprognose des Beschwerdeführers negativ und die Behörde erwarte kein gesetzeskonformes Verhalten für die Zukunft. Es seien alle Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten gegeben und die Aberkennung daher geboten.

Zu Spruchpunkt II. (Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten) führte die belangte Behörde aus, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat des Beschwerdeführers eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK und Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für den Beschwerdeführer als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde, sodass der Status des subsidiären Schutzberechtigten nicht schon mangels Erfüllung der Voraussetzungen gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht zuzuerkennen gewesen sei. In diesen Fällen sei gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 jedoch der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen, wenn eine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliege. In diesem Zusammenhang wurde erneut auf die Verurteilung durch das Landesgericht XXXX verwiesen. Der Beschwerdeführer stelle eine Gefahr für die Allgemeinheit oder die Sicherheit der Republik Österreich dar. Es sei daher der Status des subsidiären Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen gewesen.

Zu Spruchpunkt III. führte die belangte Behörde Folgendes aus: Bei Aberkennung des Status eines Asylberechtigten ohne nachfolgende Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten habe das BFA gemäß § 58 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AlsyG 2005 von Amts wegen zu prüfen. Es sei im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen, wenn der Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 AsylG 2005 seit mindestens einem Jahr geduldet sei und die Voraussetzungen für diese Duldung weiter vorlägen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stelle eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich dar oder sei wegen eines Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden. Eine Erteilung sei auch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von mit diesen im Zusammenhang stehenden zivilrechtlichen Ansprüchen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitenden Prostitutionshandel möglich. Die Aufenthaltsberechtigung werde auch an Opfer von Gewalt erteilt, sofern eine einstweilige Verfügung nach § 382b oder 382e EO erlassen worden sei oder hätte werden können und der Erteilung zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich sei.

Im Fall des Beschwerdeführers hätten sich keinerlei Anhaltspunkte ergeben, welche die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 rechtfertigten würden. Daher sei ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht zu erteilen gewesen.

Zu Spruchpunkt IV. führte die belangte Behörde aus, dass dem Beschwerdeführer der Status des subsidiären Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen gewesen sei, da ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 (AsylG 2005) vorliege.

Gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 sei dies jedenfalls mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig sei, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK und Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG sowie gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG sei eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden, wenn einem Drittstaatsangehörigen des Status des Asylberechtigten aberkannt werde, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiären Schutzberechtigten komme und ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht zu erteilen sei.

Es hätten sich im gegenständlichen Verfahren keine Hinweise ergeben, dass durch eine Außerlandesbringung in unzulässiger Weise in das im Sinne des Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Privatlebens des Beschwerdeführers eingegriffen werde. Daher sei eine Rückkehrentscheidung zu erlassen gewesen.

Zu Spruchpunkt V. führte die belangte Behörde aus, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers gemäß § 46a Abs. 1 Z 2 FPG geduldet werde. Seine Ausreiseverpflichtung bleibe unberührt.

Zu Spruchpunkt VI. führte die belangte Behörde aus, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft (der Rückkehrentscheidung) betrage, sofern nicht im Rahmen einer vom BFA vorzunehmenden Abwägung festgestellt werde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehr Entscheidung geführt haben, überwiegen. Im Fall des Beschwerdeführers hätten solche Gründe nicht festgestellt werden können. Daher sei er ab Rechtskraft dieser Rückkehrentscheidung zur freiwilligen Ausreise binnen 14 Tagen verpflichtet.

8. Gegen den oben genannten Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, welche am 22.02.2018 bei der belangten Behörde einlangte.

In dieser wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: der Argumentation der belangten Behörde, dass die Straftat des Beschwerdeführers unter den Tatbestand eines besonders schweren Verbrechens falle, sei das Erkenntnis des VwGH vom 03.12.2002, ZL. 99/01/0449, entgegenzuhalten. Der VwGH habe darauf hingewiesen, dass etwa in der Bundesrepublik Deutschland für einen Fall wie diesen das Erfordernis einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren normiert worden sei. Eine Abschiebung eines Flüchtlings in den Verfolgerstaat komme von vornherein nicht infrage. Die Begründung der belangten Behörde stehe nicht im Einklang mit höchstgerichtliche Rechtsprechung. Selbst wenn dem nicht gefolgt werden sollte, wäre zu beachten, dass das verurteilende Gericht sich im unteren Bereich des Strafmaßes bewegt habe, wodurch in einer erforderlichen Einzelfallbetrachtung nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Beschwerdeführer ein besonders schweres Verbrechen begangen habe, respektive er eine nachhaltige Gefahr für die Republik Österreich darstelle.

9. Die Beschwerde wurde - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

10. Aufgrund eines Beschlusses des Landesgerichtes XXXX vom 13.07.2018 wurde der Beschwerdeführer am 28.07.2018 aus der Haft vorzeitig bedingt entlassen.

11. Am 14.05.2019 fand in Abwesenheit des Beschwerdeführers, jedoch in Anwesenheit eines bevollmächtigten Vertreters des Beschwerdeführers, eine öffentliche mündliche Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht statt.

Nachdem sich herausgestellt hatte, dass dem Beschwerdeführer die Ladung von der Rechtsvertretung an die falsche Meldeadresse zugestellt worden und der Beschwerdeführer deshalb nicht erschienen war, fand am 03.06.2019 eine Fortsetzung der Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht im Beisein des Beschwerdeführers statt.

12. Mit Schreiben vom 17.06.2019 übermittelte der Beschwerdeführer einen Entlassungsbrief Innere Medizin (vorläufig) der XXXX vom 07.02.2019 und einen Befundbericht des behandelnden psychiatrischen Arztes.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist ein staatenloser Kurde syrischer Herkunft. Er lebte vor seiner Flucht in XXXX , Syrien.

Der Beschwerdeführer ist nicht verheiratet und hat keine Kinder. Er hat eine Freundin in XXXX . Der Beschwerdeführer hat zwei Onkel und mehrere Cousins in Österreich. Ein Bruder lebt in Deutschland, eine Schwester, ein Bruder und seine Eltern leben in Schweden und eine Schwester lebt in Kanada.

Der Beschwerdeführer stellte am XXXX 10.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 04.11.2014 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten stattgegeben und festgestellt, dass dem Beschwerdeführer kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Mit Urteil vom 01.08.2016 wurde der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen XXXX wegen der Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 erster und zweiter Fall SMG und des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt. Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wurde die verhängte Freiheitsstrafe unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 18.04.2017, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der Schlepperei nach §§ 114 Abs. 1, Abs. 3 Z 2 und Abs. 4 erster Fall FPG zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von zwei Jahren verurteilt. Weiters fasste das Landesgericht den Beschluss, dass die bedingte Strafnachsicht der Freiheitsstrafe von 10 Monaten (siehe Punkt 3. des Verfahrensganges) widerrufen werde. Das Urteil und der Beschluss des Landesgerichtes erwuchsen in Rechtskraft.

Der Beschwerdeführer wurde für schuldig erkannt, in XXXX , XXXX und anderen Orten als Mitglied einer kriminellen Vereinigung bestehend aus ihm selbst, zumindest einem weiteren unbekannten Organisator in Wien, einem in der Türkei befindlichen Organisator und mehreren weiteren unbekannten Personen, und zwar Fahrzeugschleppern und Unterkunftsgebern in Bulgarien und Rumänien, darunter XXXX und XXXX , im bewussten und gewollten arbeitsteiligen Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) die rechtswidrige Einreise von Fremden, die über keinen gültigen Reisedokumente für die Einreise oder den Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder den Schengenraum verfügten, in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Nachbarstaat Österreichs, nämlich nach Bulgarien, Rumänien, Ungarn, Österreich und Deutschland im Vorsatz, sich und Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, gefördert zu haben, indem er - wie schon vor Beginn der Schleppertätigkeit festgelegt und von ihm zugesagt - im Auftrag der kriminellen Vereinigung gemeinsam mit anderen die Geschleppten in XXXX bzw. XXXX in Empfang nahm, nach Wien brachte, wo ein Zwischenquartier eingerichtet bzw. ein Zwischenaufenthalt geplant war, und die Weiterreise nach Deutschland mitorganisierte, wobei er die Taten in Bezug auf mindestens drei Fremde beging, und zwar am 08.09.2016 die irakischen Staatsangehörigen [Anm. sechs Erwachsene und zwei Kinder namentlich genannt].

Als mildernd wurden vom Landesgericht XXXX das Geständnis, als erschwerend der rasche Rückfall und die einschlägige Vorstrafe des Beschwerdeführers gewertet.

Der Beschwerdeführer war nicht in führender Funktion an der Schlepperei beteiligt und wusste nichts davon, unter welchen Bedingungen die geschleppten Menschen befördert wurden.

Der Beschwerdeführer hat während der Haft als Schneider und als Frisör gearbeitet.

Der Beschwerdeführer hatte in Haft eine tadellose Führung und Arbeitsleistung aufzuweisen und wurde am 28.07.2018 nach Verbüßung von zwei Dritteln seiner Haftstrafe bedingt entlassen.

Der Beschwerdeführer besuchte nach seiner Entlassung aus der Haft etwa vier Monate lang einen Deutschkurs. Danach arbeitete er ca. vier Monate bis Anfang März 2019 als Abwäscher und Küchenhilfe in XXXX auf der XXXX und wurde wegen seiner Krankenstände (Anlass war ein langer Krankenstand aufgrund einer Lebensmittelvergiftung) gekündigt.

Der Beschwerdeführer hat ca. 1.700 EUR Schulden.

Der Beschwerdeführer leidet an Depressionen und ist in ärztlicher Behandlung.

Der Beschwerdeführer hat Deutschkurse und einen Werte- und Orientierungskurs besucht und spricht - wenn auch etwas gebrochen - Deutsch. Er hat den Wunsch wieder arbeiten zu gehen.

Der Beschwerdeführer ist geständig und bereut seine Straftaten.

Der Beschwerdeführer hat zu einer Sozialarbeiterin Kontakt, die ihn unterstützt.

Der Beschwerdeführer ist nicht gemeingefährlich.

2. Beweiswürdigung:

Die Identität des Beschwerdeführers (siehe den Namen und das Geburtsdatum im Spruchkopf) wurde bereits seitens der belangten Behörde im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung des Status eines Asylberechtigten festgestellt und es bestehen keine Zweifel an diesen Feststellungen.

Die Feststellungen zur persönlichen Situation des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben im Rahmen des Verfahrens vor der belangten Behörde und der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, wobei dem Beschwerdeführer zwar geglaubt wird, dass er eine Freundin in XXXX hat; Feststellungen dazu, dass der Beschwerdeführer diese Freundin heiraten wird, konnten schon deshalb nicht getroffen werden, weil der Beschwerdeführer weder den Familiennamen noch die Adresse dieser Freundin auswendig wusste, sondern diese Daten erst am Handy suchen musste (siehe S. 8 und 9 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht). Die Feststellungen zu den bisherigen Tätigkeiten des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem hg. Gerichtsakt, insbesondere auch aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung. Die Feststellungen zu den Schulden des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung und den dort vorgelegten Unterlagen.

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und Gerichtsakt.

Die Feststellungen zur Verurteilung des Beschwerdeführers wegen eines Suchtgiftdelikts gehen aus dem im Verwaltungsakt befindlichen Urteil hervor.

Die Feststellungen zur Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Schlepperei und die Details diese betreffend ergeben sich aus dem beigeschafften Strafgerichtakt des Landesgerichts XXXX zu Zl. XXXX , dem Strafregisterauszug und aus den Angaben des Beschwerdeführers. Die Feststellung der vorzeitigen Haftentlassung ergibt sich aus dem Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom 13.07.2018.

Die Feststellungen zum gesundheitlichen Zustand (Depressionen) gründen sich auf die Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und dem von ihm vorgelegten Befundbericht seines behandelnden Arztes.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Haft eine tadellose Führung hatte, beruht auf einem Bericht des Sozialen Dienstes der Justizanstalt XXXX vom 12.12.2017. Dass der Beschwerdeführer reumütig und geständig ist, kommt ebenfalls aus dem Schreiben der Justizanstalt XXXX zum Ausdruck und entspricht den diesbezüglich glaubwürdigen Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer von einer Sozialarbeiterin betreut wird, geht aus den Korrespondenzen im Gerichtsakt hervor. Überdies war diese bei der mündlichen Verhandlung anwesend. Ebenso hat der Beschwerdeführer Nachweise für seine Deutschkurse vorgelegt und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zum Ausdruck gebracht, dass er wieder arbeiten gehen möchte.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einfachgesetzlicher materienspezifischer Sonderregelung liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

3.1.2. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 idgF (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes, BGBl. Nr. 173/1950 idgF (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29/1984 idgF (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.1.3. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer eheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Zu Spruchpunkt A) Behebung des Bescheides:

3.2.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005), ist einem Fremden der Status des Asylberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt (Z 1), einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist (Z 2) oder der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat (Z 3).

Gemäß § 6 Abs. 1 AsylG 2005 ist ein Fremder von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn und solange er Schutz gemäß Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt (Z 1), einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Ausschlussgründe vorliegt (Z 2), er aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt (Z 3) oder er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. 60/1974, entspricht (Z 4).

3.2.2. Die belangte Behörde hat im gegenständlichen Fall die Aberkennung des dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 19.09.2014 zuerkannten Status des Asylberechtigten spruchmäßig auf die Bestimmung des § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 - sohin auf die Bestimmung, dass der Status des Asylberechtigten einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen ist, wenn einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist - gestützt. Zu diesen Gründen gehört die freiwillige Unterschutzstellung unter den Schutz des Heimatlandes (Z1), der freiwillige Wiedererwerb der verlorenen Staatsbürgerschaft (Z 2), der Erwerb einer anderen Staatsbürgerschaft und der Genuss des Schutzes dieses Staates (Z 3), die freiwillige Niederlassung im Verfolgerstaat (Z 4), der Wegfall der asylbegründenden Umstände (Z 5) sowie bei Staatenlosen, dass sie aufgrund des Wegfalls der asylbegründenden Umstände und Gründe in den früheren Aufenthaltsstaat zurückkehren können (Z 6).

Aufgrund der allein normativen Wirkung des Spruches, wobei jedoch im vorliegenden Fall keiner der soeben genannten Endigungsgründe nach Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention zutrifft, ist der Bescheid jedenfalls schon deshalb mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet.

3.2.3. Im Widerspruch zur im Spruch bezeichneten Bestimmung stützt sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides einerseits auf § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005, im Wesentlichen also darauf, dass der Beschwerdeführer ein besonders schweres Verbrechen begangen habe und als gemeingefährlich anzusehen sei. Aus folgenden Gründen ist der Bescheid jedoch auch aus diesem Blickwinkel mit Rechtswidrigkeit behaftet:

Gemäß Art. 33 Z 1 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) darf kein vertragsschließender Staat einen Flüchtling in irgendeiner Form in ein Gebiet ausweisen oder zurückweisen, wo sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre.

Nach Art. 33 Z 2 GFK kann der Vorteil dieser Bestimmung jedoch von einem Flüchtling dann nicht in Anspruch genommen werden, wenn der Flüchtling aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit seines Aufenthaltslandes darstellt oder der Flüchtling, wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt, eine Gefahr für die Gemeinschaft des betreffenden Landes bedeutet.

Für den hier vorliegenden Fall, der gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 zu beurteilen wäre, müssen wegen der wörtlich gleichen Voraussetzungen die gleichen Maßstäbe gelten, auf die sich die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in den bisherigen Vorerkenntnissen (VwGH 06.10.1999, 99/01/0288; 24.11.1999, Z 99/01/0314; 12.09.2002, 99/20/0532) zu § 13 Abs. 2 zweiter Fall AsylG 1997 bezogen haben (vgl. VwGH 03.12.2002, Z 99/01/0449).

Wie der Verwaltungsgerichtshof - erstmals - in seinem Erkenntnis vom 06.10.1999, Zl. 99/01/0288, unter Hinweis auf Art. 33 Z 2 GFK ausgeführt hat, müssen nach "internationaler Literatur und Judikatur" kumulativ vier Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Flüchtling trotz drohender Verfolgung in den Heimat- oder Herkunftsstaat verbracht werden darf. Er muss

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ein besonders schweres Verbrechen verübt haben,

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dafür rechtskräftig verurteilt worden,

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sowie gemeingefährlich sein und

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es müssen die öffentlichen Interessen an der Rückschiebung die Interessen des Flüchtlings am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtsstaat überwiegen (Güterabwägung).

Zur nunmehr anzunehmenden Bedeutung des Begriffs "besonders schweres Verbrechen" verwies der Verwaltungsgerichtshof in dem genannten Erkenntnis auf einschlägige Literatur (Kälin, Grundriss des Asylverfahrens, [1990] S 227 ff. und Rohrböck, Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, [1999] Rz 455), wonach "typischerweise schwere Verbrechen" "etwa Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung, Drogenhandel, bewaffneter Raub und dergleichen" seien. Es müsse sich um Straftaten handeln, die objektiv besonders wichtige Rechtsgüter verletzen. Allerdings genüge es nicht, wenn ein abstrakt als "schwer" einzustufendes Delikt verübt worden sei. Die Tat müsse sich im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweisen. Unter anderem sei auf Milderungsgründe Bedacht zu nehmen und der Entscheidung eine Zukunftsprognose zugrunde zu legen (so auch die Judikatur des VwGH zu § 13 Abs. 2 AsylG 1997, der Vorgängerregelung des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005, VwGH 03.12.2002, 99/01/0449; 27.04.2006, 2003/20/0050; 05.10.2007, 2007/20/0416). Andererseits setze die Entscheidung eine Güterabwägung, ob die Interessen des Zufluchtsstaates jene des Flüchtlings überwiegen, voraus (VwGH 15.12.2006, 2006/19/0299; 05.10.2007, 2007/20/0416).

Im Erkenntnis vom 03.12.2002, 99/01/0449, führte der Verwaltungsgerichtshof zur Frage, wann ein "typischerweise schweres Verbrechen" ausreichend sei, um "besonders schwer" zu sein, "illustrativ" an, dass in der Bundesrepublik Deutschland etwa für den auf Art. 33 Abs. 2 zweiter Fall Genfer Flüchtlingskonvention bezogenen Tatbestand in § 51 Abs. 3 dAuslG das Erfordernis einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren normiert worden sei.

In der Regierungsvorlage zu § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 (RV 952 BlgNR 22. GP, 36), auf welchen § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 verweist, wird erläuternd Folgendes ausgeführt:

"Die Z 3 und 4 des Abs. 1 entsprechen inhaltlich dem bisherigen § 13 Abs. 2 AsylG. Unter den Begriff ‚besonders schweres Verbrechen' fallen nach Kälin, Grundriss des Asylverfahrens (1990), S 182 und 228 (ua. mit Hinweis auf den UNHCR) und Rohrböck, (Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (1999) Rz 455, mit weiteren Hinweisen auf die internationale Lehre), nach herrschender Lehre des Völkerrechts nur Straftaten, die objektiv besonders wichtige Rechtsgüter verletzen. Typischerweise schwere Verbrechen sind etwa Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung, Drogenhandel, bewaffneter Raub und dergleichen (vgl. VwGH 10.06.1999, 99/01/0288). Zu denken wäre aber auch - auf Grund der Gefährlichkeit und Verwerflichkeit - an besondere Formen der Schlepperei, bei der es zu einer erheblichen Gefährdung, nicht unbedeutenden Verletzung oder gar Tötung oder während der es zu erheblichen mit Folter vergleichbaren Eingriffen in die Rechte der Geschleppten kommt. Die aktuelle Judikatur in Österreich, wie in anderen Mitgliedstaaten der Genfer Flüchtlingskonvention, verdeutlicht, dass der aus dem Jahre 1951 stammende Begriff des ‚besonders schweren Verbrechens' des Art. 33 Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention einer Anpassung an sich ändernde gesellschaftliche Normenvorstellungen zugänglich ist."

Bei der Beurteilung, ob ein "besonders schweres Verbrechen" nach § 13 Abs. 2 zweiter Fall AsylG vorliegt, ist eine konkrete fallbezogene Prüfung vorzunehmen und sind insbesondere die Tatumstände zu berücksichtigen (vgl. das zum Asylgesetz 2005 ergangene hg. Erkenntnis vom 23. September 2009, Zl. 2006/01/0626, mwN). Bei dem Verbrechen der gewerbsmäßigen Schlepperei und jenem der kriminellen Organisation handelt es sich nicht per se, ohne Hinzutreten besonderer Umstände, aus denen sich ergeben würde, dass sich die vom Fremden begangenen Delikte auch subjektiv als besonders schwerwiegend erweisen würden, um ein "besonders schweres Verbrechen" im Sinne des § 13 Abs. 2 zweiter Fall AsylG (Hinweis E 27. April 2006, Zl. 2003/20/0050), (VwGH 24.03.2011, Zl. 2011/23/0061).

Aus der genannten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geht hervor, dass bei der Beurteilung, ob ein besonders schweres Verbrechen vorliegt, folgende Maßstäbe heranzuziehen sind:

* (teil)bedingte oder unbedingte Strafe

* Höhe der konkret verhängten Strafe im Vergleich zum Strafrahmen (eine verhängte Strafe im unteren Bereich spricht gegen ein besonders schweres Verbrechen;)

* Erschwerungsgründe (aber diese werden nicht doppelt berücksichtigt, wenn sie schon in die Höhe eingeflossen sind)

* Ausmaß der Beteiligung des Beschwerdeführers an den Straftaten ("Kopf der Bande" oder nur untergeordnete Stellung).

3.2.4. Wie sich aus dem Verwaltungsakt und dem beigeschafften Strafakt ergibt, wurde der Beschwerdeführer mit Urteil vom 01.08.2016 vom Landesgericht für Strafsachen XXXX wegen der Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 erster und zweiter Fall SMG und des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt. Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wurde die verhängte Freiheitsstrafe Untersetzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 18.04.2017, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der Schlepperei nach dem § 114 Abs. 1, Abs. 3 Z 2 und Abs. 4 erster Fall FPG zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von zwei Jahren verurteilt. Weiters wurde gemäß § 20 Abs. 1 und Abs. 3 StGB ein Betrag von EUR 102,97 für verfallen erklärt. Gemäß § 19a Abs. 1 StGB wurden die Mobiltelefone der Marke LG Smartphone des Beschwerdeführers konfisziert. Weiters fasst das Landesgericht den Beschluss, dass die bedingte Strafnachsicht der Freiheitsstrafe von 10 Monaten (siehe Punkt 3. des Verfahrensganges) widerrufen werde. Als mildernd wurden vom Landesgericht XXXX das Geständnis, als erschwerend der rasche Rückfall und die einschlägige Vorstrafe des Beschwerdeführers gewertet.

Das Urteil und der Beschluss des Landesgerichtes erwuchsen in Rechtskraft.

Dass der Beschwerdeführer (zweimal) rechtskräftig verurteilt wurde, ist somit unbestritten.

3.2.5. Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführer zunächst wegen zwei Suchtmitteldelikten (die jedenfalls schon aufgrund der Einordnung nach § 17 StGB als Vergehen keine "besonders schweren Verbrechen" darstellen) zu einer bedingten Haftstrafe von 10 Monaten verurteilt; die mit dem zweiten Urteil wegen Schlepperei verhängte Haftstrafe bewegte sich im unteren Bereich der möglichen Strafdrohung (von bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe). Der als erschwerend angenommene Umstand (rascher Rückfall) kam dabei bereits in der Höhe der verhängten Strafe zum Ausdruck. Weiters ist aus dem Strafakt ersichtlich bzw. wurde auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgebrachten, dass der Beschwerdeführer lediglich in untergeordneter Stellung und jedenfalls nicht als "Kopf der kriminellen Organisation" tätig war und von der Gefährdung der geschleppten Personen nichts gewusst hat. Weiters konnte dem Beschwerdeführer "nur" die Schleppung von acht Personen an einem bestimmten Tag nachgewiesen werden. Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid konnte dem Beschwerdeführer daher weder die "Schleusung einer bedeutenden Anzahl von Personen" nachgewiesen werden, noch, dass diese Schleusung "über einen ununterbrochenen Zeitraum von mehreren Monaten" erfolgte.

Schon aus den genannten Gründen ist im vorliegenden Fall nicht von der Begehung eines "besonders schweren Verbrechens" auszugehen (vgl. auch VwGH 6.2.1996, Zl. 95/20/0079, wonach fortgesetzte Schlepperei von zahlreichen Personen auf Dauer geeignet sein kann, die Grundlagen der staatlichen Ordnung oder gar die Existenz des Aufenthaltslandes (durch schwerste Beeinträchtigung der guten Beziehungen zu einem anderen Staat) zu gefährden, was auf den vorliegenden Fall nach den Feststellungen jedoch gerade nicht zutrifft

Überdies kann der Beschwerdeführer auch nicht als "gemeingefährlich" bezeichnet werden: Der Beschwerdeführer ist - wie ihm auch die Justizanstalt XXXX bescheinigte - bereits in der Haft durch gute Führung aufgefallen, hat eine entsprechende Arbeitsleistung erbracht und wirkte bemüht und schuldeinsichtig. Er arbeitete an der Verbesserung seiner Deutschkenntnisse und nützte dafür die vorhandenen Möglichkeiten. Er hat in der Vergangenheit den Willen gezeigt zu arbeiten und hat diese Absicht auch wieder bekundet. Der Beschwerdeführer leidet an Depressionen, auch deshalb, weil er zurzeit "keine Zukunftsperspektive" sieht.

Der Beschwerdeführer wird bei seinen Bemühungen einer Integration auch von einer Sozialarbeiterin betreut.

Mangels Vorliegen eines besonders schweren Verbrechens und des Fehlens einer Gefährdungsprognose bzw. negativen Zukunftsprognose war daher der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG zu beheben.

3.3 Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe dazu die Ausführungen unter Punkt 3.2.); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Voraussetzungen, Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W214.2188411.1.00

Zuletzt aktualisiert am

15.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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