TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/11 W275 2155154-11

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Veröffentlicht am 11.02.2020
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Entscheidungsdatum

11.02.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W275 2155154-11/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Stella VAN AKEN als Einzelrichterin im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl 1081172110-19105950 über die weitere Anhaltung von XXXX , geb. XXXX , StA. Marokko (alias Algerien alias Tunesien alias staatenlos), in Schubhaft zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 04.08.2015 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.

Mit (rechtskräftigem) Urteil eines Landesgerichtes vom 04.12.2015 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB, des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127 und 130 erster Fall StGB, des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs. 3 StGB, des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB und wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten, davon zwölf Monate bedingt, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt. Die dieser Verurteilung zu Grunde liegenden Taten hat der Beschwerdeführer am 18.08.2015 sowie in der Nacht von 21.08.2015 auf 22.08.2015 begangen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.02.2016 wurde der (erste) Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 04.08.2015 vollinhaltlich abgewiesen und gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung getroffen. Weiters wurde gegen ihn ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt. Da der Beschwerdeführer untergetaucht war, wurde dieser Bescheid durch Hinterlegung im Akt zugestellt. Ein vom Beschwerdeführer in der Folge eingebrachter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 19.04.2016 abgewiesen, die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.06.2016 abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, dass der Beschwerdeführer zwischen 25.09.2015 und 13.04.2016 über keinen gemeldeten Wohnsitz im Bundesgebiet verfügte.

Mit (rechtskräftigem) Urteil eines Landesgerichtes vom 29.06.2016 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls teilweise durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Abs. 2 Z 1, 130 Abs. 1 erster Fall, 15 StGB und wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt. Die dieser Verurteilung zu Grunde liegenden Taten hat der Beschwerdeführer am 27.12.2015, 24.02.2016, 19.03.2016, 10.04.2016 und 12.04.2016 begangen.

Mit (rechtskräftigem) Urteil eines Landesgerichtes vom 12.09.2016 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach den §§ 15, 127, 129 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Z 1, 130 Abs. 1 erster Fall StGB zu einer Zusatzstrafe von einem Monat verurteilt. Die dieser Verurteilung zu Grunde liegende Tat hat der Beschwerdeführer am 20.03.2016 begangen.

Am 12.07.2017 wurde der Beschwerdeführer aus der Strafhaft entlassen und die mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.03.2017 zur Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers angeordnete Schubhaft in Vollzug gesetzt. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde war zuvor mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.06.2017 abgewiesen worden.

Am 20.07.2017 stellte der Beschwerdeführer während seiner Anhaltung in Schubhaft einen weiteren (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.08.2017 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 18.09.2017 statt und behob diesen Bescheid.

Am 18.09.2017 wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen.

Am 04.10.2017 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz in den Niederlanden.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.02.2018 wurde der (zweite) Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 20.07.2017 vollinhaltlich abgewiesen und gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde wurde aberkannt. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer kein Rechtsmittel ergriffen.

Mit (rechtskräftigem) Urteil eines Landesgerichtes vom 26.02.2018 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach den §§ 125 und 126 Abs. 1 Z 5 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt. Die dieser Verurteilung zu Grunde liegende Tat hat der Beschwerdeführer am 23.07.2017 während seiner Anhaltung in Schubhaft begangen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.05.2018 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.06.2018 abgewiesen. Der Beschwerdeführer wurde bis 20.03.2019 in Schubhaft angehalten und danach in gerichtliche Strafhaft überstellt.

Der Beschwerdeführer stellte am 03.08.2018 neuerlich einen (dritten) Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Der faktische Abschiebeschutz aufgrund dieses Antrages wurde mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.08.2018 aufgehoben. Das Bundesverwaltungsgericht stellte mit Beschluss vom 14.08.2018 fest, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes zu Recht erfolgt ist.

Mit (rechtskräftigem) Urteil eines Bezirksgerichtes vom 31.05.2019 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt. Dieser Verurteilung liegt eine Tat zu Grunde, die der Beschwerdeführer am 26.09.2018 während seiner Anhaltung in Schubhaft begangen hat.

Mit Schreiben vom 23.09.2019 teilte die marokkanische Vertretungsbehörde mit, dass eine Identifikation des Beschwerdeführers lediglich aufgrund seines Namens nicht möglich sei und ersuchte um Übermittlung seiner Fingerabdrücke in guter Qualität.

Der Beschwerdeführer wurde am 18.10.2019 aus der Strafhaft entlassen, aufgrund eines vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 02.10.2019 erlassenen Festnahmeauftrages festgenommen, dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgeführt und noch am selben Tag vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu den Voraussetzungen der Schubhaft einvernommen. Die Unterfertigung der darüber aufgenommenen Niederschrift verweigerte der Beschwerdeführer.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.10.2019 wurde der (dritte) Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 03.08.2018 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Weiters wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Über die dagegen erhobene Beschwerde hat das Bundesverwaltungsgericht bisher noch nicht entschieden.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.10.2019 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 18.10.2019 durch persönliche Übernahme zugestellt. Die Unterschrift zur Bestätigung der Übernahme verweigerte der Beschwerdeführer.

Am 18.10.2019 wurde der Beschwerdeführer erkennungsdienstlich behandelt. Mit Schreiben vom 21.10.2019 suchte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl neuerlich um Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bei der marokkanischen Vertretungsbehörde an. Diesem Ansuchen wurden unter anderem die Fingerabdrücke des Beschwerdeführers angeschlossen. Am 06.11.2019 wurde die Ausstellung des Heimreisezertifikates urgiert.

Am 18.11.2019 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid vom 18.10.2019. Mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 22.11.2019 gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde statt und erklärte den Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.10.2019 sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 18.10.2019 für rechtswidrig. Weiters stellte es mit näherer Begründung fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

In der Folge legte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Verwaltungsakt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft bzw. zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft:

Der Beschwerdeführer hat keine Dokumente vorgelegt, die seine Identität bescheinigen. In seinen bisherigen Verfahren hat er unterschiedliche Angaben zu seiner Identität gemacht. Der Beschwerdeführer wurde als Staatsangehöriger Marokkos identifiziert. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Der Beschwerdeführer wurde von 12.07.2017 bis 18.09.2017 und von 25.05.2018 bis 20.03.2019 in Schubhaft angehalten. Nunmehr wird der Beschwerdeführer seit 18.10.2019 in Schubhaft angehalten.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ordnete die Schubhaft (ursprünglich) mit Bescheid vom 18.10.2019, Zahl 1081172110-19105950, über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zum Zweck der Sicherung der Abschiebung an.

Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 22.11.2019 statt und erklärte den Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.10.2019 sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 18.10.2019 für rechtswidrig. Weiters stellte es mit näherer Begründung fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen Krankheiten; er ist haftfähig. Aufgrund seiner Benzodiazepinabhängigkeit nimmt er Medikamente ein.

Der Beschwerdeführer hat sich dem Verfahren über seinen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz vom 04.08.2015 durch Untertauchen entzogen. Der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.02.2016, mit dem über diesen Antrag entschieden wurde, konnte dem Beschwerdeführer nur durch Hinterlegung im Akt zugestellt werden, da der Beschwerdeführer über keine Meldeadresse verfügte und auch sonst keine Zustelladresse bekannt gegeben hatte.

Der Beschwerdeführer hat sich dem Verfahren über seinen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz vom 20.07.2017 entzogen. Er tauchte nach seiner Entlassung aus der Schubhaft am 18.09.2017 unter, reiste unrechtmäßig in die Niederlande und stellte dort am 04.10.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.02.2018 wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer kein Rechtsmittel erhoben. Es liegt somit eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

Der Beschwerdeführer stellte am 20.07.2017 einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Zu diesem Zeitpunkt war die mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.02.2016 erlassene Rückkehrentscheidung rechtskräftig und durchsetzbar. Der Beschwerdeführer wurde im Zeitpunkt der Antragstellung in Schubhaft angehalten.

Der Beschwerdeführer stellte am 03.08.2018 einen (dritten) Antrag auf internationalen Schutz. Zu diesem Zeitpunkt war die mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.02.2018 erlassene Rückkehrentscheidung rechtskräftig und durchsetzbar. Der Beschwerdeführer wurde im Zeitpunkt der Antragstellung in Schubhaft angehalten.

Der faktische Abschiebeschutz aufgrund des (dritten) Antrages auf internationalen Schutz in Österreich vom 03.08.2018 wurde mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.08.2018 aufgehoben. Das Bundesverwaltungsgericht stellte mit Beschluss vom 14.08.2018 fest, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes zu Recht erfolgt ist.

Der Beschwerdeführer verweigerte die Unterfertigung der am 18.10.2019 aufgenommenen Niederschrift ebenso wie die Unterfertigung der Bestätigung über die Zustellung des Schubhaftbescheides am 18.10.2019.

Der Beschwerdeführer versuchte durch zweimaligen Hungerstreik die Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen.

Mit (rechtskräftigem) Urteil eines Landesgerichtes vom 04.12.2015 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB, des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127 und 130 erster Fall StGB, des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs. 3 StGB, des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB und wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten, davon zwölf Monate bedingt, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt. Die dieser Verurteilung zu Grunde liegenden Taten hat der Beschwerdeführer am 18.08.2015 sowie in der Nacht von 21.08.2015 auf 22.08.2015 begangen. In der Folge wurde die Probezeit des bedingten Strafteils auf fünf Jahre verlängert.

Mit (rechtskräftigem) Urteil eines Landesgerichtes vom 29.06.2016 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls teilweise durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Abs. 2 Z 1, 130 Abs. 1 erster Fall, 15 StGB und wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt. Die dieser Verurteilung zu Grunde liegenden Taten hat der Beschwerdeführer am 27.12.2015, 24.02.2016, 19.03.2016, 10.04.2016 und 12.04.2016 begangen.

Mit (rechtskräftigem) Urteil eines Landesgerichtes vom 12.09.2016 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach den §§ 15, 127, 129 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Z 1, 130 Abs. 1 erster Fall StGB zu einer Zusatzstrafe von einem Monat verurteilt. Die dieser Verurteilung zu Grunde liegende Tat hat der Beschwerdeführer am 20.03.2016 begangen.

Mit (rechtskräftigem) Urteil eines Landesgerichtes vom 26.02.2018 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach den §§ 125 und 126 Abs. 1 Z 5 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt. Die dieser Verurteilung zu Grunde liegende Tat hat der Beschwerdeführer am 23.07.2017 während seiner Anhaltung in Schubhaft begangen.

Mit (rechtskräftigem) Urteil eines Bezirksgerichtes vom 31.05.2019 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt. Dieser Verurteilung liegt eine Tat zu Grunde, die der Beschwerdeführer am 26.09.2018 während seiner Anhaltung in Schubhaft begangen hat.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz. Er geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine eigenen finanziellen Mittel zur Existenzsicherung. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig. Der Beschwerdeführer, der Freunde im Bundesgebiet hat, ist in Österreich weder nennenswert sozial noch beruflich verankert. In Österreich leben keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist seiner Verpflichtung, auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, nachgekommen; es hat rechtzeitig und zielführend ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats für den Beschwerdeführer mit der marokkanischen Vertretungsbehörde eingeleitet und regelmäßig urgiert. Der Beschwerdeführer wurde mit Verbalnote vom 05.02.2020 als marokkanischer Staatsangehöriger identifiziert. Mit Schreiben vom 06.02.2020 teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit, dass für den Beschwerdeführer ein Heimreisezertifikat ausgestellt werden würde und die Behörde die zeitnahe begleitete Abschiebung des Beschwerdeführers plane. Mit Schreiben vom 10.02.2020 gab das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bekannt, dass die begleitete Abschiebung des Beschwerdeführers am 13.03.2020 erfolgen werde.

Eine (relevante) Änderung der Umstände hat sich im Verfahren nicht ergeben.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Zahlen 2155154-1, 2155154-2, 2155154-3, 2155154-4, 2155154-5, 2155154-6, 2155154-7, 2155154-8, 2155154-9, 2155154-10, 2155154-11, 2127236-1, 2127236-2, 2127236-3 und 2127236-4, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft bzw. zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft:

Aus dem Verwaltungsakt sowie den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes ergibt sich, dass der Beschwerdeführer keine Dokumente zum Nachweis seiner Identität vorgelegt und unterschiedliche Angaben zu seiner Identität gemacht hat. An seiner Volljährigkeit besteht jedoch kein Zweifel. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder Asylberechtigter bzw. subsidiär Schutzberechtigter ist, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Dass der Beschwerdeführer als Staatsangehöriger Marokkos identifiziert wurde, ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.02.2020 sowie der Verbalnote vom 05.02.2020.

Dass der Beschwerdeführer von 12.07.2017 bis 18.09.2017 und von 25.05.2018 bis 20.03.2019 in Schubhaft angehalten wurde sowie seit 18.10.2019 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres. Die Feststellung zu der behördlichen Anordnung der Schubhaft sowie der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.11.2019 ergeben sich zudem aus den zitierten Entscheidungen.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Haftfähigkeit des Beschwerdeführers beruhen auf den im Akt einliegenden (medizinischen) Unterlagen. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim Beschwerdeführer eine Haftunfähigkeit vorliegen würde.

Der Stand der Asylverfahren, der fremdenrechtliche Status des Beschwerdeführers, die Feststellungen zu seiner fehlenden Kooperation bzw. zu seinem Verhalten und zur mangelnden Integration sowie die Feststellungen zum zweimaligen Hungerstreik ergeben sich aus der Aktenlage. Die Feststellungen zu dem mangelnden sozialen Netz, dem fehlenden Wohnsitz, den fehlenden finanziellen Mittel sowie der mangelnden beruflichen Tätigkeit ergeben sich ebenso wie die Feststellung, dass in Österreich keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers leben, aber er hier Freunde hat, überdies insbesondere aus den bisherigen Angaben des Beschwerdeführers in seinen Verfahren.

Aus einer Einsichtnahme in das Strafregister ergeben sich die strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zu dem Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates ergeben sich insbesondere aus den vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegten Schriftstücken. Die diesbezüglichen Angaben und Schriftstücke sind schlüssig und nachvollziehbar, sodass die entsprechenden Feststellungen getroffen werden konnten. Die Feststellungen zur Verbalnote vom 05.02.2020 sowie den Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.02.2020 und 10.02.2020 ergeben sich aus den übermittelten Schreiben. Daraus geht insbesondere hervor, dass für den Beschwerdeführer ein Heimreisezertifikat ausgestellt werden würde und die Behörde die begleitete Abschiebung des Beschwerdeführers am 13.03.2020 plant.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A) - Fortsetzung der Schubhaft:

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 77 FPG - Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1

FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

§ 22a Abs. 4 BFA-VG lautet:

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

3.1.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

3.1.3. Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung vorzulegen. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Im gegenständlichen Fall liegt weiterhin Fluchtgefahr vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben, weil aus dem vergangenen und aktuellen Verhalten des Beschwerdeführers mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass der Beschwerdeführer seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt. Der Beschwerdeführer hat auch keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Der Beschwerdeführer wurde (teilweise als junger Erwachsener) bereits fünf Mal strafrechtlich verurteilt; er hat die Vergehen bzw. Verbrechen der schweren Sachbeschädigung, der Körperverletzung, der gefährlichen Drohung, des Raubes, der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel, der Urkundenunterdrückung, der Nötigung sowie des wiederholten gewerbsmäßigen und (teilweise) durch Einbruch begangenen (teilweise versuchten) Diebstahls verübt. Den beiden jüngsten Verurteilungen liegen Taten zu Grunde, die der Beschwerdeführer während seiner Anhaltung in Schubhaft begangen hat. Der Beschwerdeführer hat keine familiären oder nennenswerten sozialen Bindungen in Österreich. Einer legalen Erwerbstätigkeit geht der Beschwerdeführer in Österreich nicht nach. Er hat in Österreich auch keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers kommt daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen - insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung - zumal der Beschwerdeführer bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er sich nicht rechtskonform verhält und im Verfahren auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er dieses Verhalten in Zukunft ändert. Das Verhalten des Beschwerdeführers in der Vergangenheit schließt überdies die Anordnung gelinderer Mittel aus.

Die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände und vor dem Hintergrund, dass sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bemüht auch verhältnismäßig. Der Beschwerdeführer wurde mit Verbalnote vom 05.02.2020 als marokkanischer Staatsangehöriger identifiziert. Für den Beschwerdeführer wird daher mit ausreichender Sicherheit ein Heimreisezertifikat ausgestellt werden; das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl plant überdies die begleitete Abschiebung des Beschwerdeführers am 13.03.2020.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

3.2. Zu Spruchteil B) - Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Ob die weitere Anhaltung in Schubhaft verhältnismäßig ist, ist eine Frage des konkreten Einzelfalles, sodass keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung vorliegt.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot, Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, Identität,
öffentliche Interessen, Rückkehrentscheidung, Schubhaft,
Sicherungsbedarf, strafrechtliche Verurteilung, Überprüfung,
Untertauchen, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W275.2155154.11.00

Zuletzt aktualisiert am

24.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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