TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/10 W171 2222116-1

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Veröffentlicht am 10.09.2019
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Entscheidungsdatum

10.09.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs1 Z1
BFA-VG §34
BFA-VG §40
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W171 2222116-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Serbien, vertreten durch RA Mag. Franz Karl Juraczka, gegen die Festnahme des Beschwerdeführers am 07.08.2019 und die Anhaltung durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 07.08.2019, 09:34 Uhr, bis 08.08.2019, 21:31, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 1 und 2 iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.12.2017 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen. Gemäß § 46 FPG wurde die Abschiebung nach Serbien für zulässig erklärt. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise. Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde ein auf vier Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und beantragte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Das Verfahren ist am Bundesverwaltungsgericht zu XXXX anhängig, aufschiebende Wirkung wurde nicht zuerkannt.

Am 02.08.2019 erteilte das BFA den Auftrag, den Beschwerdeführer festzunehmen und ins PAZ zu überstellen. Am selben Tag wurde ein Abschiebeauftrag - Luftweg erteilt. Die Festnahme erfolgte am 07.08.2019.

Mit Schreiben vom 07.08.2019 brachte der Beschwerdeführer über die rechtsfreundliche Vertretung eine Beschwerde gegen die Festnahme und Anhaltung ein. Darin wurde vorgebracht, dass die Rückkehrentscheidung nicht rechtswirksam und durchsetzbar sei, da bis dato keine Entscheidung über den Antrag auf aufschiebende Wirkung ergangen sei. Zudem sei dem Beschwerdeführer nicht wie in § 34 Abs. 6 BFA-VG vorgesehen binnen 24 Stunden nach der Festnahme eine Durchschrift des Festnahmeauftrags zugestellt worden. Weiters sei über seinen Antrag auf Strafvollzug in Form des elektronischen Hausarrests nicht abgesprochen worden, weshalb er sich nicht unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Der Ersatz des Schriftsatz- und Vorlageaufwands in gesetzlicher Höhe und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde wurden beantragt.

Am 08.08.2019 wurde der Beschwerdeführer auf dem Luftweg nach Serbien abgeschoben.

Das BFA erstattete am 08.08.2019 eine Stellungnahme, in der nach Wiedergabe des Verfahrensgangs vorgebracht wurde, dass der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt worden war. Somit sei die Rückkehrentscheidung durchsetzbar. Nach Rücksprache mit der zuständigen Justizvollzugsanstalt sei dem BFA mitgeteilt worden, dass ein offener Antrag über elektronisch überwachten Hausarrest kein Hindernisgrund für eine Abschiebung sei. Weiters sei dem Beschwerdeführer eine Information über die bevorstehende Abschiebung ausgehändigt worden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Serbiens und besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft. Er ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.

Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.12.2017 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen. Gemäß § 46 FPG wurde die Abschiebung nach Serbien für zulässig erklärt. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise. Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde ein auf vier Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und beantragte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Das Verfahren ist am Bundesverwaltungsgericht zu XXXX anhängig, aufschiebende Wirkung wurde nicht zuerkannt.

Am 02.08.2019 wurde gegen den Beschwerdeführer ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG erlassen. Am 07.08.2019 um 05:15 Uhr wurde der Beschwerdeführer festgenommen und um 09:34 Uhr in ein Polizeianhaltezentrum überstellt.

Der Beschwerdeführer befand sich von 07.08.2019, 09:34 Uhr, bis 08.08.2019, 21:31 Uhr, in einem Polizeianhaltezentrum. Am 08.08.2019 wurde der Beschwerdeführer per Flugzeug nach Serbien abgeschoben.

Ihm wurde am 07.08.2019 eine Information über die bevorstehende Abschiebung persönlich übergeben.

Gegen den Beschwerdeführer wurde keine Schubhaft verhängt.

2. Beweiswürdigung:

Die Angaben zum Verfahrensgang ergeben sich aus den Verwaltungs- und Gerichtsakten.

Die gegen den Beschwerdeführer ergangene Anordnung zur Außerlandesbringung ergibt sich aus den im Akt aufliegenden Bescheid des BFA.

Dass der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung und die Zulässigkeit der Abschiebung keine aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde und das Verfahren nach wie vor am Bundesverwaltungsgericht anhängig ist, ergibt sich durch Nachschau in den elektronischen Verwaltungsakt des Bundesverwaltungsgerichts.

Die Angaben zur Festnahme, Anhaltung und Abschiebung des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Akteninhalt und einem Auszug aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

Die vom Beschwerdeführer unterschriebene Information über die bevorstehende Abschiebung liegt im Akt auf.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt I.:

3.1.1. Gemäß § 9 Abs. 2 FPG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl; über Beschwerden gegen Entscheidungen der Landespolizeidirektionen entscheiden, soweit nicht anderes bestimmt ist, gemäß § 9 Abs. 1 FPG die Verwaltungsgerichte der Länder.

Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht u. a. über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z 1) sowie über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG (§§ 34 - 47 BFA-VG) und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG (Z 3).

Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2) oder wenn gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3).

Während der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung VwGH 26.1.2001, 2000/02/0340, zu § 72 Abs. 1 FrG 1997 noch davon ausging, dass mit Anhaltung nur die Anhaltung in Schubhaft gemeint war, subsumierte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VwGH 19.5.2011, 2009/21/0214, zu § 82 Abs. 1 FPG aF eine Anhaltung ohne Erlassung eines Schubhaftbescheides ausdrücklich unter § 82 Abs. 1 Z 2 FPG, weil diese Bestimmung nicht nur für Beschwerden gegen die Anhaltung in Schubhaft, "sondern für jede Beschwerde, die sich gegen eine auf das FPG gestützte Anhaltung richtet," zur Verfügung stand. Gleiches hat auch für die Anfechtungsbefugnis gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG zu gelten, der ausweislich der Erläuterungen (RV 2144 BlgNR 24. GP) § 82 Abs. 1 FPG aF entspricht (vgl. Szymansiki, § 22a BFA-VG Anm. 1, in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht, 2014).

Die Beschwerde richtet sich ausdrücklich gegen Festnahme und Anhaltung des Beschwerdeführers; es liegt daher eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 2 BFA-VG vor.

3.1.2. Gemäß § 39 FPG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen Fremden unter bestimmten Voraussetzungen zum Zwecke der Vorführung vor die Landespolizeidirektion festzunehmen und bis zu 24 Stunden anzuhalten.

Der Fremde hat gemäß § 82 FPG das Recht, das Landesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1) oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wurde oder wird (Z 2). Zur Entscheidung ist gemäß § 83 FPG in den Fällen des § 82 Z 2 FPG das Landesverwaltungsgericht zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Z 1 FPG richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme (vgl. Schmalzl in Schrefler-König/Szymanski [Hrsg.], Fremdenpolizei- und Asylrecht, FPG § 82 Anm. 5; § 83 Anm. 2; VwGH 27.05.2010, 2008/21/0602).

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind nach § 40 Abs. 1 BFA-VG ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen, gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 34) besteht (Z 1), wenn dieser Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt (Z 2) oder der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 3). In den Fällen der Abs. 1 und 2 kann gemäß § 40 Abs. 3 BFA-VG die Festnahme unterbleiben, wenn gewährleistet ist, dass der Fremde das Bundesgebiet unverzüglich über eine Außengrenze verlässt. Das Bundesamt ist gemäß § 40 Abs. 4 BFA-VG ohne unnötigen Aufschub über die erfolgte Festnahme zu verständigen. Die Anhaltung eines Fremden ist in den Fällen der Abs. 1 Z 2 und 3 und Abs. 2 bis zu 48 Stunden und in den Fällen des Abs. 1 Z 1 bis zu 72 Stunden zulässig; darüber hinaus ist Freiheitsentziehung nur gemäß § 77 Abs. 5 FPG oder in Schubhaft gemäß § 76 FPG möglich. Dem festgenommenen Fremden ist die Vornahme der Festnahme über sein Verlangen schriftlich zu bestätigen.

Ein Festnahmeauftrag kann gemäß § 34 Abs. 3 BFA-VG gegen einen Fremden auch dann erlassen werden, wenn die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft nach § 76 FPG oder zur Anordnung gelinderer Mittel gemäß § 77 Abs. 1 FPG vorliegen und nicht aus anderen Gründen die Vorführung vor das Bundesamt erfolgt (Z 1), wenn er seiner Verpflichtung zur Ausreise (§§ 52 Abs. 8 und 70 Abs. 1 FPG) nicht nachgekommen ist (Z 2), wenn gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen werden soll (Z 3) oder wenn er, ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung gemäß § 46 Abs. 2a FPG, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, zur Befragung zur Klärung seiner Identität und Herkunft, insbesondere zum Zweck der Einholung eines Ersatzreisedokumentes bei der zuständigen ausländischen Behörde durch die Behörde, nicht Folge geleistet hat (Z 4). Der Festnahmeauftrag ergeht laut § 34 Abs. 5 BFA-VG in Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt; er ist aktenkundig zu machen. Die Anhaltung auf Grund eines Festnahmeauftrages darf 72 Stunden nicht übersteigen und ist nach Durchführung der erforderlichen Verfahrenshandlungen zu beenden. In den Fällen der Abs. 1 bis 4 ist dem Beteiligten gemäß § 34 Abs. 6 BFA-VG auf sein Verlangen sogleich oder binnen der nächsten 24 Stunden eine Durchschrift des Festnahmeauftrages zuzustellen. Das Bundesamt hat die Erlassung und den Widerruf eines Festnahmeauftrags gemäß § 34 Abs. 9 BFA-VG den Landespolizeidirektionen bekannt zu geben.

Der Beschwerdeführer wurde am 07.08.2019 um 05:15 Uhr auf Basis eines Festnahmeauftrags gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG festgenommen und in ein Polizeianhaltezentrum überstellt. Es besteht daher kein Zweifel, dass die Sicherheitsorgane mit der Anhaltung des Beschwerdeführers bis zur Abschiebung am 08.08.2019 sowie mit der Verbringung zum Flughafen XXXX am 08.08.2019 entsprechend den Aufträgen des Bundesamtes gehandelt haben (VwGH 03.09.2015, Ro 2015/21/0025) und sich die in Beschwerde gezogene Anhaltung durch das Bundesamt gestützt auf die Bestimmungen der §§ 34, 40 BFA-VG auf den Zeitraum 07.08.2019, 05:15 Uhr, bis 08.08.2019, 21:31 Uhr, bezieht.

3.1.3. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zur Prüfung der Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 2 BFA-VG gegen die dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurechenbare Anhaltung gemäß § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG iVm § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG vom 07.08.2019, 05:15 Uhr, bis 08.08.2019, 21:31 Uhr, zuständig.

3.1.4. Die gesonderte Anfechtung eines Festnahmeauftrages kommt jedenfalls nach vollzogener Festnahme schon zur Vermeidung von Doppelgleisigkeiten nicht in Betracht (VwGH 03.09.2015, Ro 2015/21/0025); bei der Überprüfung der Festnahme ist allerdings zu prüfen, ob die Festnahme rechtswidrig war, weil der zugrundeliegende Festnahmeauftrag nicht hätte ergehen dürfen oder weil er jedenfalls vor seinem Vollzug zu widerrufen gewesen wäre (VwGH 25.10.2012, 2010/21/0378).

Das Bundesamt erließ am 02.08.2019 einen Festnahmeauftrag gegen den Beschwerdeführer, der nicht österreichischer Staatsbürger und serbischer Staatsangehöriger ist, weil gegen den Beschwerdeführer eine durchsetzbare Ausweisung bestand (siehe dazu Punkt 3.1.6.). Die Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG sind somit erfüllt.

3.1.5. Nach Art. 5 Abs. 1 EMRK hat jedermann ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf einem Menschen nur in den Fällen des Abs. 1 lit. a bis f und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden.

Art. 1 PersFrBVG gewährleistet dieses Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) ebenfalls. Nach Art. 1 Abs. 2 PersFrBVG darf niemand aus anderen als den in diesem BVG genannten Gründen oder auf andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nach Art. 1 Abs. 3 PersFrBVG nur vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist. Er ist nur zulässig, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht. Nach Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG darf die persönliche Freiheit einem Menschen auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden, wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern.

Die Anhaltung eines Fremden ist in den Fällen der § 40 Abs. 1 Z 1 gemäß Abs. 4 BFA-VG bis zu 72 Stunden zulässig.

Dabei handelt es sich aber - wie bei § 39 FPG (vgl. VwGH 12.09.2013, 2012/21/0204) - um eine Maximalfrist. Auch im Bereich fremdenpolizeilicher Festnahmen ist die Behörde schon aus verfassungsrechtlichen Gründen verpflichtet, die Anhaltedauer so kurz als möglich zu halten und im Interesse einer kurzen Haftdauer die dafür notwendigen und ihr zumutbaren organisatorischen und personellen Maßnahmen zu treffen.

Der Beschwerdeführer wurde am 07.08.2019 um 05:15 Uhr auf Basis eines Festnahmeauftrags gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG festgenommen. Das Bundesamt hatte zum Zeitpunkt der Erlassung des Festnahmeauftrags am 02.08.2019 bereits den (nächstmöglichen) Flug und die Abschiebung organisiert; das Verfahren wurde sohin sehr zügig geführt. Die Anhaltung im Rahmen des § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG dauerte insgesamt weniger als 48 Stunden. Die Dauer der Anhaltung war damit nicht unverhältnismäßig.

Es ist daher - auch vor dem Hintergrund der tatsächlich erfolgten Abschiebung innerhalb der für die Anhaltung im Rahmen der Festnahme vorgesehenen Höchstfrist - der belangten Behörde nicht vorzuwerfen, wenn sie davon ausging, dass die Abschiebung tatsächlich in Frage kommt und innerhalb der vorgesehenen Frist bewerkstelligt werden konnte (vgl. zur Schubhaft VwGH 26.09.2007, 2007/21/0253; 23.10.2008, 2006/21/0128; 11.06.2013, 2013/21/0024).

3.1.6. Die gegenständliche Beschwerde wird im Wesentlichen damit begründet, dass die gegen den Beschwerdeführer erlassene Rückkehrentscheidung nicht rechtswirksam und durchsetzbar sei, da das Bundesverwaltungsgericht über den Antrag auf aufschiebende Wirkung der Beschwerde bisher nicht entscheiden habe. Aufgrund welcher rechtlicher Überlegungen oder höchstgerichtlicher Judikatur der Beschwerdeführer davon ausgeht, dass die Entscheidung des BFA nicht durchsetzbar sei, obwohl das Bundesverwaltungsgericht innerhalb der in § 18 Abs. 5 BFA-VG vorgesehenen Frist von einer Woche die aufschiebende Wirkung nicht zugesprochen hat, wurde im Beschwerdeschriftsatz nicht dargelegt. Sowohl aus dem Wortlaut des § 18 Abs. 5 BFA-VG als auch aus der Regierungsvorlage (RV 2144 XXIV. GP) geht klar hervor, dass die Durchsetzung einer Rückkehrentscheidung im Fall der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bis zu einer Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht ausgesetzt ist. Dem Bundesverwaltungsgericht kommt die Möglichkeit einer Korrektur binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde zu. Nach Ablauf dieser Frist ist die Entscheidung durchsetzbar.

Der Beschwerdeführer bezieht sich möglicherweise auf die Entscheidung des VwGH vom 13.12.2018, Ro 2018/18/0008. Darin stellte der VwGH klar, dass zur Erreichung einer unionsrechtskonformen, mit Art. 46 der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie) und der Entscheidung des EuGH vom 19.06.2018, Gnandi, C- 181/16, in Einklang stehenden Interpretation davon ausgegangen werden muss, dass sich die gesetzlich angeordnete Wartepflicht bis zur tatsächlichen Entscheidung des Gerichtes über die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung verlängert und die Wirkungen der Rückkehrentscheidung jedenfalls bis dahin ausgesetzt sind, wenn bei Ablauf der Frist gemäß § 16 Abs. 4 BFA-VG aber noch keine gerichtliche Entscheidung über die aufschiebende Wirkung ergangen ist. Diese Entscheidung betrifft jedoch § 16 Abs. 4 BFA-VG und damit Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz. Ein solcher liegt jedoch gegenständlich nicht vor. Der VwGH hat vielmehr in Ro 2019/21/0001-4 vom 07.03.2019 klargestellt, dass den Überlegungen in Ro 2018/18/0008 und Gnandi bei Rückkehrentscheidungen "außerhalb asylrechtlichen Kontextes" nach § 10 Abs. 2 AsylG 2005 bzw. § 52 Abs. 1 FPG und damit bei Anwendung von § 18 Abs. 2 BFA-VG nicht zum Tragen kommen.

Da das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannte und die Frist von einer Woche bereits verstrichen war, war diese daher durchsetzbar und die Festnahme zur Vorbereitung der Abschiebung nicht rechtswidrig.

3.1.7. § 34 Abs. 6 BFA-VG sieht vor, dass dem Beteiligten auf sein Verlangen sogleich oder binnen 24 Stunden eine Durchschrift des Festnahmeauftrags zuzustellen ist. Im Akt findet sich kein Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer eine solche Durchschrift verlangt hätte, und wurde ein solches Begehr in der Beschwerde auch nicht behauptet. Weiters wurde nicht dargelegt, weshalb das Unterlassen einer Aushändigung der Durchschrift zur Rechtswidrigkeit der Anhaltung führen sollte. Die diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde gehen daher ins Leere.

3.1.8. In der Beschwerde wird weiters ausgeführt, dass der Beschwerdeführer einen Antrag auf Strafvollzug in Form des elektronischen (gemeint wohl: elektronisch überwachten) Hausarrestes gestellt habe, über den noch nicht entscheiden worden sei. Der Beschwerdeführer halte sich daher nicht unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Auf welche gesetzliche Bestimmung der Beschwerdeführer diese Rechtsauffassung stützt, wurde im Beschwerdeschriftsatz ebenfalls nicht näher erläutert und ergeben sich auch sonst keine Hinweise darauf, weshalb ein Antrag auf elektronisch überwachten Hausarrest zur Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des Beschwerdeführers, dem bisher nie ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet zukam, führen sollte. Im Strafvollzugsgesetz konnte keine derartige Bestimmung gefunden werden. Der Beschwerdeführer befand sich zuletzt von 18.09.2017 bis 09.10.2017 in (Untersuchungs-)Haft und wurde am 21.11.2017 zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Am 16.07.2018 wurde er zu einer Zusatzstrafe von 24 Monaten, davon 16 Monate bedingt, verurteilt. Der unbedingte Teil dieser Freiheitsstrafe wurde jedoch offenbar bisher nicht in Vollzug gesetzt. Wie aus der Stellungnahme des BFA vom 08.08.2019 hervorgeht, bestehen auch seitens der zuständigen Justizvollzugsanstalt keine Hindernisgründe für eine Abschiebung und sind solche auch von Amts wegen nicht bekannt geworden.

3.1.9. Sonstige außergewöhnliche Umstände, die die Festnahme und Anhaltung des Beschwerdeführers unzulässig machen könnten, sind im gegenständlichen Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch in der Beschwerde nicht geltend gemacht.

3.1.10. Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 2 iVm § 40 Abs. 1 Z 1 und § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II., Kostenentscheidung:

3.2.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegene Partei daher kein Kostenersatz, die belangte Behörde stellte keinen Antrag auf Kostenersatz.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Da der Sachverhalt in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG im gegenständlichen Fall die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie zu Spruchpunkt I. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf Spruchpunkt I. nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.

Schlagworte

Anhaltung, Dauer, Festnahme, Rückkehrentscheidung,
Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W171.2222116.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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