TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/21 W247 1315211-4

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Veröffentlicht am 21.08.2019
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Entscheidungsdatum

21.08.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z2
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W247 1315211-4/20E

TEILERKENNTNIS:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HOFER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch RA XXXX , gegen Spruchpunkt V. des Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 17.07.2018, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Verfahren über den ersten Asylantrag:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe muslimischen Glaubens, reiste am 03.12.2004 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 04.12.2004 seinen ersten Asylantrag.

1.2. Mit Urteil des zuständigen Bezirksgerichtes vom 30.08.2005 (rechtskräftig seit 27.04.2006) wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des Diebstahls gemäß § 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren verurteilt.

1.3. Mit Bescheid vom 25.09.2007, Zl. XXXX , wies das Bundesasylamt den ersten Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997 ab (Spruchpunkt I.), erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. jedoch für nicht zulässig (Spruchpunkt II.) und erteilte dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 3 iVm § 15 Abs. 2 leg. cit. eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 25.09.2008 (Spruchpunkt III.).

1.4. Eine gegen Spruchpunkt I. (Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten) erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 30.01.2012, Zl. XXXX , gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 7 AsylG 1997 als unbegründet abgewiesen.

2. Verfahren über die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten:

2.1. Mit Schreiben vom 08.09.2008 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung.

2.2. Mit Schreiben des Bundesasylamtes vom 23.09.2008 wurde dem Beschwerdeführer die Absicht mitgeteilt, ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen, wobei ihm die Möglichkeit eingeräumt wurde, dazu eine Stellungnahme abzugeben. In weiterer Folge wurden eine Reihe von Stellungnahmen des Beschwerdeführers beim Bundesasylamt eingebracht, in denen im Wesentlichen darauf hingewiesen wurde, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten beim Beschwerdeführer weiterhin vorliegen würden. Eine Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung erfolgte seitens des Bundesasylamtes nicht.

2.3. Mit Urteil des zuständigen Landesgerichtes vom 15.04.2010 (rechtskräftig seit 20.04.2010) wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls und Betruges gemäß § 15 Abs. 1, § 127 und § 146 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat und zwei Wochen, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

2.4. Mit Urteil des Oberlandesgerichtes vom Februar 2011 wurde der BF rechtskräftig wegen des Verbrechens des schweren Raubes gemäß § 142 Abs. 1 und § 143 1. Satz 2. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren, 10 Monaten und 16 Tagen verurteilt.

2.5. Mit Urteil des zuständigen Landesgerichtes vom 25.03.2011 (rechtskräftig seit 29.03.2011) wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Nötigung gemäß § 105 Abs. 1 StGB und der Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Wochen verurteilt.

2.6. Mit Bescheid vom 04.03.2015, Zl. XXXX , erkannte das Bundesamt den dem Beschwerdeführer zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005, von Amts wegen ab (Spruchpunkt I.) und stellte gleichzeitig fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF aus dem österreichischen Bundesgebiet in die russische Föderation gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig sei (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 und § 55 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.).

2.7. Die dagegen fristgerecht erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 26.06.2015, GZ. XXXX , gemäß § 9 Abs. 2, § 55 und § 57 AsylG 2005 als unbegründet ab.

3. Verfahren über den gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz:

3.1. Nachdem der Beschwerdeführer am 29.04.2017 aus der Strafhaft bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren entlassen wurde, stellte er am 08.05.2017 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Hierzu wurde er am 08.05.2017 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und am 09.05.2018 vor dem Bundesamt niederschriftlich einvernommen.

3.2. Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 17.07.2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den zweiten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab, erkannte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 55, 57 AsylG 2005 zu und erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52. Abs. 2 Z 2 FPG idgF. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gegen den Beschwerdeführer wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Weiters wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.).

3.3. Die Behörde hielt im Wesentlichen fest, dass das Fluchtvorbringen des BF von Behörden in seinem Herkunftsland gesucht zu werden, nicht glaubhaft sei. Laut einer Abfrage vom 17.07.2018 sei der BF von Interpol in Moskau gar nicht zur Fahndung ausgeschrieben. Ein konkreter Anlass für das Verlassen des Herkunftsstaates könne nicht festgestellt werden. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass der BF im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer landesweiten Verfolgungsgefahr ausgesetzt sei. Die Entscheidung betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung stützte das Bundesamt spruchgemäß im Wesentlichen darauf, dass im Fall des BF schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er aufgrund seines strafrechtswidrigen Verhaltens eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellte.

3.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung fristgerecht vollinhaltlich Beschwerde. Der BF führte zusammengefasst aus, die Behörde habe außer Acht gelassen, dass der BF wegen des - unbegründeten und bloß vorgeschobenen - Vorwurfes des Terrorismus seitens der Behörde der russischen Föderation gesucht wird und aus diesem Grund auch ein Auslieferungsbegehren an die Republik Österreich gestellt wurde. Dieses sei vom zuständigen österreichischen Gericht im Hinblick auf die imminente Gefahr einer Verletzung der EMRK zurückgewiesen worden. Die belangte Behörde habe sich über die ausführliche Begründung des Gerichtes dazu hinweggesetzt und ist auf die vom BF sogar vorgelegte Interpolausschreibung nur mit der Bemerkung eingegangen, dass laut Abfrage vom 17.07.2018 keine Ausschreibung betreffend dem BF vorläge. Diese Ausführungen seien aktenwidrig, da ja gerade wegen dieser Interpolausschreibung seitens der russischen Föderation das österreichische Gericht die Auslieferung zurückgewiesen hat. Im Übrigen habe die belangte Behörde dem Beschwerdeführer das Ergebnis der Abfrage vom 17.07.2018 nicht zur Kenntnis gebracht, somit liege eine gravierende Verletzung des Parteiengehörs.

3.5. Zusätzlich habe die belangte Behörde auch ignoriert, dass mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.09.2007 Zahl: XXXX die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gemäß § 8 Abs 1 AsylG für nicht zulässig erklärt wurde (Spruchpunkt II.). und ihm daher gemäß § 8 Abs 3 ivm § 15 Abs 2 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt worden war (Spruchpunkt III.). Auch diese Entscheidung basiere darauf, dass relevante Rückkehrhindernisse vorliegen, die befürchten ließen, dass der Beschwerdeführer einer menschenrechtswidrigen Behandlung unterworfen würde.

3.6. Mit Teilerkenntnis vom 22.08.2018, XXXX , gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) vor dem Hintergrund des Urteils des EuGH vom 19.06.2018, C-181/16, Gnandi gg. Belgien, statt und behob Spruchpunkt V. ersatzlos, ließ jedoch die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu. Gegen diese Entscheidung erhob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 13.09.2018 eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

3.7. Mit rechtskräftigen Erkenntnis vom 24.09.2018, XXXX , zugestellt am 24.09.2018, wies das BVwG die Beschwerde gegen die Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides ab (Spruchpunkt I. des Erkenntnisses). Dem BF wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen. Gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 wird festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation nicht zulässig ist (Spruchpunkt II. des Erkenntnisses). Das verhängte Einreiseverbot wurde auf sieben Jahre herabgesetzt (Spruchpunkt III. des Erkenntnisses).

3.8. Begründend hielt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass gegen den BF laut Auskunft des Bundeskriminalamtes vom 10.09.2018 eine aufrechte Interpolfahndung aus Moskau nach wie vor aufrecht sei. Die dem Beschwerdeführer in der Russischen Föderation aufgrund der gegen ihn bestehenden Interpolfahndung möglicherweise drohende Behandlung im Zuge eines gegen ihn geführten Strafprozesses, sowie der damit im Zusammenhang stehenden möglichen Behandlung in Strafkolonien sowie russischen Gefängnisse, stellt vor dem Hintergrund der gegebenen Länderberichtslage somit nach wie vor ein "real risk" einer Verletzung von Art. 3 EMRK dar. Eine Rückverbringung des Beschwerdeführers würde nach dem Gesagten also in Widerspruch zu § 8 Abs. 1 AsylG 2005 stehen, weshalb ihm dieser Bestimmung zufolge der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat russische Föderation zuzuerkennen wäre. Der BF habe jedoch einen Ausschlussgrund gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 gesetzt. Eine Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz wegen § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005. Der Aufenthalt des Fremden ist somit gem. § 46a Abs. 1 FPG geduldet.

3.9. Mit Erkenntnis des VwGH vom 13.12.2018, Ra 2018/18/0008-3, wurde das Teilerkenntnis des BVwG vom 22.08.2018, Zl. XXXX , wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Die in diesem Teilerkenntnis zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht des BVwG, wonach die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 BFA-VG generell unionsrechtswidrig sei, hat sich als rechtlich unzutreffend erwiesen.

3.10. Mit Schreiben vom 21.01.2019 wurde beschwerdeseitig der Antrag gestellt, die Rechtskraft des Erkenntnisses vom 24.09.2018 zu Handen des Beschwerdeführers zu bestätigen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Das Bundesverwaltungsgericht stellt den Verfahrensgang fest, wie dieser unter Pkt. I wiedergegeben ist.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang folgen unzweifelhaft aus den Verwaltungs- und Gerichtsakten.

3. Rechtliche Beurteilung:

1. Zuständigkeit und Verfahren

Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet gemäß § 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, unter anderem über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z 1).

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen nicht getroffen, weswegen gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vorliegt.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

2. Zu Spruchteil A): Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung

Mit der Aufhebung des Teilerkenntnisses des BVwG vom 22.08.2018, Zl. XXXX , mit Erkenntnis des VwGH vom 13.12.2018, Ra 2018/18/0008-3, war in casu durch das erkennende Gericht nochmals über den Spruchpunkt des V. des angefochtenen Bescheides abzusprechen.

Die belangte Behörde erkannte im Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides der Beschwerde gegen den Bescheid vom 17.07.2018 die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG ab und stützte sich damit auf den Tatbestand, dass im Fall des Beschwerdeführers schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Falle des Beschwerdeführers ist ein "real risk" einer Verletzung seiner Recht nach Art. 3 EMRK im Falle der Rückkehr in die Russische Föderation anzunehmen:

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.06.2015, GZ. XXXX , wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtskräftig aberkannt, seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 jedoch für unzulässig erklärt.

Im vorangegangenen Verfahren wurde damit entschieden, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation eine reale Gefahr einer Verletzung seiner Rechte nach Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde und er dieser Gefahr auch nicht durch Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative - also durch Niederlassung in anderen Landesteilen der Russischen Föderation - entgehen könnte.

Der Verwaltungsgerichtshof sprach in Zusammenhang mit der Gewährung von subsidiärem Schutz bereits wiederholt aus, dass eine rechtskräftig getroffene Refoulement-Prüfung Rechtskraftwirkungen entfaltet, deren Durchbrechung nur dann gerechtfertigt ist, wenn sich nach Erlassung der in Rechtskraft erwachsenen Entscheidung der Sachverhalt oder die Rechtsvorschriften wesentlich geändert haben, also eine neue Sache vorliegt, für die die Rechtskraftwirkung der ursprünglichen Entscheidung nicht mehr gelten wurde. Von einer nachträglichen Änderung der Sache ist der Fall zu unterscheiden, in dem der Sachverhalt anders rechtlich beurteilt wird oder neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die bereits im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung vorlagen, aber erst später bekannt wurden ("nova reperta"). Die schon vor Erlassung der Entscheidung bestehende Sachlage ist von der Rechtskraft des Bescheids erfasst und bindet Gerichte und Behörden, solange diese Entscheidung dem Rechtsbestand angehört (vgl. VwGH 28.02.2017, Ra 2016/01/0206; 18.01.2017, Ra 2016/18/0293 mwN).

Da in den der oa Beurteilung zugrundeliegenden Feststellungen nicht so weit eine Änderung eingetreten ist, dass in casu vom Vorliegen einer neuen Sache auszugehen war (eine weiterhin aufrechte Interpolfahndung aus Moskau gegen den BF. Es liegen weiterhin jene Gründe des § 28 Abs. 1 vierter Satz Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz (ARHG) vor, die das Unterbleiben eines Anbots zur Auslieferung an die russischen Behörden rechtfertigen und daher auch der Einleitung eines Auslieferungsverfahrens entgegenstünden) wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 24.09.2018, Zl. XXXX , gegen die Spruchpunkte I. bis IV. und VI. des angefochtenen Bescheides die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt A I.), dem BF wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen. Gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation nicht zulässig ist (Spruchpunkt II. des Erkenntnisses). Das verhängte Einreiseverbot wurde auf sieben Jahre herabgesetzt.

Wie im oben genannten Erkenntnis im Wesentlichen näher ausgeführt, stellt die dem Beschwerdeführer in der Russischen Föderation aufgrund der gegen ihn bestehenden Interpolfahndung möglicherweise drohende Behandlung im Zuge eines gegen ihn geführten Strafprozesses, sowie der damit im Zusammenhang stehenden möglichen Behandlung in Strafkolonien, sowie russischen Gefängnissen, vor dem Hintergrund der gegebenen Länderberichtslage, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit, somit nach wie vor ein real risk einer Verletzung von Art. 3 EMRK dar. Somit war der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Soweit von Beschwerdeseite der Antrag gestellt worden ist die Rechtskraft des Erkenntnisses vom 24.09.2018 zu Handen des Beschwerdeführers zu bestätigen, so wird diesem Antrag von Seiten des erkennenden Gerichts nicht Folge gegeben, da im Verwaltungsverfahren eine Rechtskraftbestätigung schlicht nicht vorgesehen ist.

3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision

3. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W247.1315211.4.00

Zuletzt aktualisiert am

21.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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