TE OGH 2019/2/27 15Os168/18x

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Veröffentlicht am 27.02.2019
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Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Februar 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Kontr. Ziegler als Schriftführerin im Verfahren zur Unterbringung des Tomas S***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 19. Oktober 2018, GZ 39 Hv 78/18a-39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung werden zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Betroffene Tomas S***** nach § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

Danach hat er am 17. August 2018 in St. P***** am Gelände des Frequency Festivals unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich einer paranoiden Schizophrenie beruht, Marcel Si***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) fremde bewegliche Sachen geringen Werts, und zwar erhoffte Suchtmittel im Gesamtwert von unter 100 Euro, mit dem Vorsatz wegzunehmen oder abzunötigen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er zu ihm sagte „I kill you, when you don’t give me drugs“ (sohin: „Ich werde dich töten, wenn du mir keine Drogen gibst“), wobei es beim Versuch blieb, weil Marcel Si***** keine Suchtmittel bei sich führte, und die Tat nur unbedeutende Folgen nach sich zog und es sich um keinen schweren Raub im Sinn des § 143 StGB handelte, sohin eine Tat begangen, die als das Verbrechen des Raubes nach §§ 15, 142 Abs 2 StGB mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist.

Unmittelbar nach Urteilsverkündung, Rechtsmittelbelehrung und Beratung mit seinem Verteidiger meldete der Betroffene ohne weitere Ausführungen „ein Rechtsmittel“ an (ON 38 S 18). Innerhalb der dreitägigen Anmeldefrist (§ 284 Abs 1 erster Satz StPO, § 294 Abs 1 StPO) wurden sonst keine Erklärungen abgegeben.

Nach Zustellung einer Urteilsausfertigung an den Verteidiger am 9. November 2018 (ON 39, unjournalisiertes letztes Blatt) führte dieser mit am 7. Dezember 2018 elektronisch eingebrachtem Schriftsatz eine „insbesondere“ auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde und eine gegen die „Strafe“ gerichtete Berufung aus (ON 45).

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 284 Abs 1 erster Satz StPO ist die Nichtigkeitsbeschwerde binnen drei Tagen nach Verkündung des Urteils anzumelden. Bei der Anmeldung eines Rechtsmittels kommt es zwar – abgesehen von den aktuell nicht relevanten Vorgaben des § 84 Abs 2 StPO – weder auf die Wortwahl noch auf die Einhaltung einer bestimmten Form an (RIS-Justiz RS0101785, RS0099951).

Zur Rechtzeitigkeit und Beachtlichkeit einer Nichtigkeitsbeschwerde ist jedoch die deutliche und bestimmte Erklärung erforderlich, ein bezeichnetes Urteil wegen vorliegender Nichtigkeitsgründe anzufechten (RIS-Justiz RS0100007, RS0100000).

Die allgemeine, nichtigkeitsbegründende Umstände nicht einmal im Ansatz behauptende (RIS-Justiz RS0099013; RS0099067 [T12 und T16]) Erklärung, „ein Rechtsmittel“ anzumelden, wird dem nicht gerecht. Sie ist vielmehr als Absichtsäußerung zu werten, innerhalb der dafür gesetzlich vorgesehenen Frist eine dem Bestimmtheitserfordernis entsprechende Rechtsmittel-erklärung abgeben zu wollen. Entsprechendes gilt für die Anmeldung einer Berufung (13 Os 157/95; 13 Os 2/08f).

Da der Betroffene erstmals in der Rechtsmittelausführung – sohin nach Ablauf der Fristen des § 284 Abs 1 erster Satz StPO und des § 294 Abs 1 StPO – erklärt hatte, Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung zu erheben, war erstere gemäß § 285d Abs 1 Z 1 iVm § 285a Z 1 StPO (RIS-Justiz RS0100010) und zweitere gemäß § 296 Abs 2 StPO (RIS-Justiz RS0090208) schon bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen.

Bleibt anzumerken, dass auch kein Anlass zu amtswegigem Vorgehen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall oder § 362 Abs 1 Z 1 StPO) besteht.

Textnummer

E124243

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0150OS00168.18X.0227.000

Im RIS seit

13.03.2019

Zuletzt aktualisiert am

13.03.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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