TE Bvwg Beschluss 2018/12/27 W240 2158018-2

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Veröffentlicht am 27.12.2018
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Entscheidungsdatum

27.12.2018

Norm

AsylG 2005 §35 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

W240 2158018-2/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 28.05.2018, Zl. Damaskus -OB/KONS/0424/2018, aufgrund des Vorlageantrages von XXXX, staatenlos, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damakus vom 03.04.2018, Zl. Damaskus-ÖB/KONS/0284/2018, beschlossen:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, der

bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Österreichische Botschaft Damaskus zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Die nunmehrige Beschwerdeführerin stellte mit Schreiben vom 13.10.2016 bei der Österreichischen Botschaft (ÖB) Damaskus einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß

§ 35 Abs. 1 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde der angebliche Ehegatte der Beschwerdeführerin namens XXXX, bezeichnet, dem durch Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 06.09.2016 der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde. Dem Antrags- und Befragungsformular wurden eine Kopie relevanter Seiten des Reisepasses der Beschwerdeführerin, ein Auszug aus dem Zivilstandsregister der syrischen arabischen Republik vom 30.08.2016, wonach die Beschwerdeführerin verheiratet ist, ein am 20.09.2016 erstellter Auszug aus dem Familienzivilregister der arabischen Palästinenser, wonach die Beschwerdeführerin und die Bezugsperson verheiratet sind, eine Heiratsurkunde, ausgestellt vom Direktorat für Zivilstandsangelegenheiten in Syrien vom XXXX2015, wonach die Eheschließung der Beschwerdeführerin mit der Bezugsperson am XXXX2014 erfolgt sei, als Behörde, die die Heirat vollzog, wurde Scharia Damaskus angeführt, der Eheschließungsvorgang sei ins Zivilregister am XXXX2015 eingetragen worden, Bescheinigung über die Bestätigung einer Eheschließung am XXXX2014 durch das Scharia-Gericht zu Damaskus, ausgestellt vom Schariagericht zu Damaskus am XXXX2015, neben zwei Trauzeugen sei die Beschwerdeführerin und als Vertreter des Ehemannes sei XXXX bei der Registrierung anwesend gewesen.

Mit Schreiben vom 21.02.2017 gab das BFA bekannt, dass eine Gewährung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die behauptete Gültigkeit der Ehe nicht vorliege, weil diese gegen den ordre-public-Grundsatz verstoße (Doppelehen, Zwangsehen, Kinderehen, Stellvertreter- bzw. Telefonehen) und eine gültige Ehe auch nach den Grundsätzen des Herkunftslandes nicht geschlossen worden sei.

Dazu wurde in der angeschlossenen Stellungnahme des BFA vom 21.02.2017 näher ausgeführt, dass sich im vorliegenden Fall derart gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten Familienverhältnisses ergeben hätten, da die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe bzw. ein Fortsetzen eines bestehenden Familienlebens nicht hätte nachgewiesen werden können. Eine gültige Ehe sei auch nach den Grundsätzen des Herkunftslandes nicht geschlossen worden. Die Ehe sei am XXXX2015, somit nach Ausreise der Bezugsperson aus Syrien, eingetragen worden, dabei sei die Bezugsperson nicht anwesend gewesen, sondern sei vertreten worden. Gemäß einer Anfragebeantwortung der ÖB Amman aus dem Jahr 2009 müsse das Ehepaar die Heiratspapiere, die es vom Schariagericht erhalte, an die Zivilstandsbehörde (Meldeamt) schicken, damit die Ehe staatlich anerkannt werde. Traditionelle Eheschließungen (zB nur vor dem Scheich) würden nicht anerkannt werden. Die Ehe sei am XXXX2015, sohin nach Ausreise der Bezugsperson, die am XXXX2015 in Österreich einen Asylantrag stellte, und vor Statuszuerkennung der Bezugsperson am XXXX2016 eingetragen worden, dies jedoch ohne Beisein des Mannes, zumal dieser bereits in Österreich aufhältig gewesen sei und widerspreche dies daher dem ordre public gemäß § 6 IPR-Gesetz. Eine "Stellvertreter-Ehe" widerspreche eindeutig den Grundwerten der Österreichischen Rechtsordnung. Es folgte die Wiedergabe von § 6 IPRG und die Feststellung, wonach die von der Antragstellerin angegebene - in Abwesenheit des Mannes in Syrien geschlossene - Ehe in Österreich keinen Rechtsbestand habe.

Diese vorzitierte Einschätzung teilte die Österreichische Botschaft Damaskus der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 23.02.2017 mit und räumte die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme binnen einer Woche ein.

Die Beschwerdeführerin erstattete eine Stellungnahme vom 28.02.2017 und führte darin aus, dass sie und ihr Ehemann staatenlose Plästinenser seien, die beide in Syrien geboren worden und dort aufgewachsen seien. Die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson sei am XXXX geschlossen worden, es handle sich um eine religiöse Eheschließung. Da XXXX zu dieser Zeit belagert gewesen sei, sei es den Ehepartner nicht möglich gewesen, ihre Ehe gerichtlich registrieren zu lassen. Als Beweis wurde auf die Heiratsurkunde und den Auszug aus dem Familienregister verwiesen. Das Ehepaar habe nach der Eheschließung bei den Eltern der Beschwerdeführerin gelebt. In dieser Zeit sei die Beschwerdeführerin schwanger geworden, habe jedoch im XXXX 2015 eine Fehlgeburt erlitten. Dazu wurde eine mit 10.12.2015 datierte ärztliche Bestätigung eines Facharztes für Geburtshilfe und Gynäkologie vorgelegt, wonach die Beschwerdeführerin im XXXX 2015 im fünften Schwangerschaftsmonat eine Fehlgeburt erlitten habe. Am 11.09.2015 sei der Ehemann und dessen Schwester aus Syrien geflüchtet und hätten am XXXX2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Am selben Tag sei die Ehe gerichtlich registriert worden, um die Registrierung vorzunehmen, habe die Bezugsperson seine Mutter, XXXX, bevollmächtigt. Verwiesen wurde auf die Spezialvollmacht zur Bestätigung einer Eheschließung. Nach Statusgewährung an den Ehemann habe die Beschwerdeführerin schließlich am 13.10.2016 den gegenständlichen Einreiseantrag an die ÖB Damaskus gestellt. Das Bundesamt führte aus, dass die Ehe der Beschwerdeführerin nicht als gültig anzusehen sei, weil es sich um eine Stellvertreterehe handle, die weder nach syrischen Rechtsvorschriften noch in Österreich als gültig anzusehen sei. Das Bundesamt untermauere diese Einschätzung durch eine Anfragebeantwortung der ÖB Amman aus dem Jahre 2009, wonach eine traditionell geschlossene syrische Ehe offiziell registriert werden müsse, um Gültigkeit zu erlangen. Da diese Registrierung im gegenständlichen Fall nach Ausreise der Bezugsperson aus Syrien und durch einen Stellvertreter erfolgt sei, sei sie nicht anzuerkennen. Damit verkenne das Bundesamt die relevante Rechtslage in Syrien. Werde eine Ehe in Syrien rein nach religiösen Regeln geschlossen, müsse diese, um staatliche Gültigkeit zu erlangen, gerichtlich bewilligt werden. Das Gericht prüfe, ob die Formvorschriften der Eheschließung eingehalten worden seien und erteile schließlich die Bewilligung der Ehe. Diese Bewilligung erfolgt rückwirkend, dh die Ehe sei ab religiöser Eheschließung als gültig anzusehen. Während bei der Eheschließung beide Ehepartner anwesend sein müssten, handle es sich bei der Registrierung lediglich um einen Formalakt und sei es möglich, sich bei diesem vertreten zu lassen. Im vorliegenden Fall habe die Beschwerdeführerin ihren Ehemann nach den religiösen Vorschriften geheiratet. Diese Ehe sei später durch eine gewählte Vertretung gerichtlich registriert und rückwirkend bewilligt worden. Den syrischen Vorschriften sei somit Rechnung getragen worden, weshalb es sich um eine in Syrien gültige Ehe handle, die bereits vor Ausreise der Bezugsperson bestanden habe. Da es sich bei der Registrierung der Ehe nicht um die Eheschließung selbst handle, könne der Antragstellerin auch keine Stellvertreterehe unterstellt werden. Zum Zeitpunkt der Eheschließung selbst - am XXXX2014 - seien beide Ehepartner anwesend gewesen. Somit widerspreche die geschlossene Ehe auch nicht dem Grundsatz des ordre public.

Es wurde mit ihrer Stellungnahme vom 28.02.2017 eine Anfragebeantwortung von Accord vom 20.11.2015 vorgelegt (in der Folge wurde auch die Accord-Anfragebeantwortung zu Syrien vom 02.12.2015 vorgelegt, in dieser werden wesentliche Passagen aus der Anfragebeantwortung vom 20.11.2015 ebenfalls wiedergegeben). In der Anfragebeantwortung vom 20.11.2015 wurde insbesondere auch ausgeführt, dass zufolge einer zitierten niederländischen Studie (Universität Leiden) traditionell geschlossene Ehen in Syrien mit ihrer staatlichen Registrierung rückwirkend für den staatlichen Bereich gültig sind. Weiters wurde eine Auskunftserteilung des deutschen Bundesverwaltungsamtes vom Oktober 2011 zitiert, wonach die die Anerkennung eines formfrei geschlossenen Ehevertrages mit der Anerkennung durch das zuständige syrische Gericht von seinem Abschluss an für gültig erklärt werde. Es wurde vorgebracht, dass die gerichtliche Bewilligung von nach religiösen Regeln geschlossenen Ehen in Syrien rückwirkend erfolge. Es liege im gegenständlichen Fall keine "Stellvertreter-Ehe" vor, da die Ehepartner zum Zeitpunkt der Eheschließung anwesend gewesen seien.

Per Email vom 08.03.2017 teilte das BFA der ÖB Damaskus mit, dass die Stellungnahme samt Unterlagen zur Kenntnis genommen werde. Die Entscheidung bleibe aufrecht. Es wurde darauf verwiesen, dass selbst, wenn man den Ausführungen der Stellungnahme zustimmen würde, zum Zeitpunkt der Ausreise der Bezugsperson keine aufrechte, gültige Ehe bestanden habe und diese erst nachträglich durch Registrierung überhaupt gültig geworden sei.

Mit Bescheid der Österreichischen Botschaft Damakus vom 10.03.2017 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin im Wege der ausgewiesenen Vertreterin fristgerecht Beschwerde. Darin wurde insbesondere vorgebrach, dass weder das Bundesamt noch die Botschaft Ermittlungen hinsichtlich des syrischen Eherechts getätigt hätten. Andernfalls hätten auch sie feststellen müssen, dass den syrischen Scharia-Gerichten in Bezug auf Eheschließungen lediglich die Möglichkeit zugesprochen werde, diese zu bewilligen oder dagegen Einspruch zu erheben. Die Eheschließung selbst erfolge stets nach den religiösen Regelungen. Sich im Rahmen des Bewilligungsverfahrens vertreten zu lassen, könne somit keineswegs als "Stellvertreter-Ehe" ausgelegt werden. In der Stellungnahme vom 28.02.2017 sei umfassend das bisherige Familienleben angegeben worden und es seien Beweismittel, die diese Ausführungen belegen, übermittelt worden. Das Bundesamt und die Botschaft hätten es in der Folge allerdings unterlassen, sich damit auseinanderzusetzen. Nicht erkennbar sei, ob die Ausführungen der Stellungnahme ignoriert oder aber in der Bescheidbegründung allfällig getroffene Erwägungen nicht dargestellt worden seien. Dies stelle eine Verletzung des Rechts auf Parteiengehör bzw. einen Begründungsmangel dar, der nicht nur eine Verletzung von Verfahrensvorschriften, sondern sogar ein willkürliches Verhalten der Behörde dar und belaste dies den Bescheid mit Rechtswidrigkeit.

Aufgrund der seitens der Behörde begangenen Verletzung von Verfahrensvorschriften gelange diese schließlich zu einem inhaltlich rechtswidrigen Ergebnis. Die Stellungnahme habe umfassend dargestellt, dass es sich bei der Ehe der Beschwerdeführerin um eine gültige Ehe handle, welche bereits im Herkunftsstaat bestanden habe und nicht den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung widerspreche. Die Beschwerdeführerin entspreche somit der Definition des § 35 Abs. 5 AsylG, weshalb ihr die Einreise zu gewähren sei. Der angefochtene Bescheid sei somit das Resultat mehrfacher Verletzungen der Verfahrensvorschriften sowie Verkennungen der Rechtslage. Hätte die Behörde die genannten Fehler nicht begangen, hätte sie zu einem günstigeren Ergebnis gelangen müssen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 26.04.2017 wies die ÖB Damaskus die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG nach Wiederholung des Verfahrensganges im Wesentlichen mit Verweis auf die Bindungswirkung der Vertretungsbehörde an die Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl als unbegründet ab. Es sei nicht nachvollziehbar, dass eine Verletzung des Parteiengehörs behauptet werde. In der Beschwerde werde verkannt, dass nach ständiger Rechtsprechung des VwGH zu Fragen der Beweiswürdigung und der rechtlichen Beurteilung kein Parteiengehör gewährt zu werden brauche. Im Übrigen teile die belangte Behörde die rechtliche Beurteilung des BFA in der Stellungnahme vom 21.02.2017.

Mit Eingabe vom 31.05.2017 wurde eine Berichtigung zum gegenständlichen Fall vom ÖRK übermittelt. Die Bezugsperson sei nicht - wie in der Stellungnahme vom 28.02.2017 irrtümlich angegeben - am 11.09.2015 aus Syrien gereist, sondern erst Anfang Oktober 2015. Dies habe sowohl die Bezugsperson wie auch ihre Schwester vor dem BFA zu Protokoll gegeben. Verwiesen wurde darauf, dass die Bezugsperson bereits in der Einvernahme vom 06.09.2016 die Beschwerdeführerin als Ehefrau und deren erlittene Fehlgeburt angegeben habe. Als Beweis dafür wurden die Niederschriften der Bezugsperson vom 07.11.2015 und vom 06.09.2016 übermittelt.

Aus der übermittelten Einvernahme der Bezugsperson vom 06.09.2016 ergibt sich, dass die Bezugsperson angegeben hatte, mit der Beschwerdeführerin seit XXXX verheiratet zu sein und dass diese im vierten Monat schwanger sei.

Am 27.04.2017 stellte die Beschwerdeführerin durch ihre ausgewiesene Vertreterin gemäß

§ 15 VwGVG einen Vorlageantrag, in welchem im Wesentlichen auf das bisherige Vorbringen verwiesen wurde.

Per Email vom 27.06.2017 wurden hinsichtlich der Beschwerdeführerin eine Bestätigung der UNO Organisation "UNRWA", wonach die Beschwerdeführerin und die Bezugsperson verheiratet seien, weiters wurde eine Wohnortbestätigung betreffend die Bezugsperson übermittelt.

Hinsichtlich der Beschwerdeführerin wurde eine Unterstützungserklärung einer österreichischen Juristin übermittelt, welche darauf verwies, dass die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann anerkannte UNHCR-Flüchtlinge aus Palästina und somit staatenlos seien. Das BFA sei nicht darauf eingegangen, dass die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann staatenlose Personen seien. Aufgrund der Sicherheitslage im Flüchtlingslager sei es nicht früher möglich gewesen, die staatliche Eintragung der Ehe durchzuführen. Auch der Umstand, dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Eintragung schwanger gewesen sei, was im Ehedokument niedergeschrieben worden sei, sei ein evidenter Hinweis darauf, dass es sich um keine Stellvertreterehe handle. Weiters habe die Bezugsperson bei der Einvernahme vor dem BFA am 06.09.2016 bejaht, verheiratet zu sein und die Beschwerdeführerin namentlich genannt. Weiters wurde eine Accord-Anfragebeantwortung zu Syrien hinsichtlich Eheschließungen vom 02.12.2015 vorgelegt.

Mit Beschluss vom 14.11.2017 behob das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Österreichische Botschaft Damaskus zurück. Ausgeführt wurde insbesondere, dass es das BFA unterlassen hat, das gesamte Vorbringen der Beschwerdeführerin sowie die von ihr vorgelegten Unterlagen zur Gänze zu würdigen. Insbesondere stimmen die Angaben der Beschwerdeführerin mit den Ausführungen der Bezugsperson in deren Asylverfahren in Österreich sowie mit den vorgelegten Unterlagen im Wesentlichen überein, wesentliche Widersprüche oder Ungereimtheiten konnten nicht festgestellt werden. In der Folge sind wesentliche Ermittlungen unterblieben und das Verfahren wurde mit Mangelhaftigkeit belastet.

Nachdem das BFA über diesen Beschluss in Kenntnis gesetzt wurde und um Übermittlung einer neuerlichen Wahrscheinlichkeitsprognose ersucht wurde, teilte das BFA der belangten Behörde am 12.03.2018 mit, dass die Gewährung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten im Rahmen des Familienverfahrens nicht wahrscheinlich sei. Begründet wurde dies damit, dass die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren nicht vorliegen würden, da die behauptete Gültigkeit der Ehe nicht vorliege, da diese gegen den ordre-public-Grundsatz verstoße und eine gültige Ehe sei auch nach den Grundsätzen des Herkunftslandes nicht geschlossen worden. Es sei der Beschwerdeführerin nicht gelungen, einen Nachweis dafür zu erbringen, dass die Ehe tatsächlich - wie behauptet - bereits im August 2014 geschlossen worden sei. Nach Aufforderung den Heiratsvertrag vom XXXX2014 vorzulegen, sei zwar eine Urkunde zur Bestätigung einer Eheschließung (außerhalb des Gerichts) vorgelegt worden, doch sei darin weder der Ort, noch das Ausstellungsdatum angegeben worden. Es sei jedoch amtsbekannt, dass bei traditionellen Eheschließungen ein Heiratsvertrag aufgesetzt werde. Zudem sei auch die mit Stellungnahme vom 28.02.2017 vorgelegte Spezialvollmacht zur Bestätigung einer Eheschließung vom 21.09.2017 bemerkenswert. Dies insofern, als in dieser die Bezugsperson der Mutter eine Bestätigung ausgestellt habe, in welcher er diese berechtigt habe, diese bei der Durchführung und Bestätigung seiner Eheschließung "mit einem geeigneten Mädchen" zu vertreten. Weiters sei sie berechtigt, die Brautgabe zu bestimmen. Hätte eine Eheschließung - wie behauptet - tatsächlich bereits im August 2014 stattgefunden, so sei davon auszugehen, dass einerseits die Brautgabe bereits festgestanden hätte (zumal dies bereits bei der traditionellen Eheschließung feststehe) und aber auch die Ehefrau festgestanden wäre. Auch sei es nicht gelungen, einen Beweis für die Eheschließung im August 2014 zu erbringen. Sohin gehe das BFA davon aus, dass ein Eheverhältnis nicht bestanden habe, die Ehe nach der Ausreise der Bezugsperson geschlossen worden sei und ein Familienleben nicht bestanden habe. Anschließend sei noch anzuführen, dass bezüglich der ärztlichen Bestätigung vom 10.12.2015 naturgemäß auch nicht feststehe, wer der Vater des angeblich verlorenen Kindes gewesen sei.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 15.03.2018, wurde der Beschwerdeführerin die Gelegenheit gegeben, innerhalb einer Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch ein unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.

In der Stellungnahme vom 22.03.2018 wiederholte die Beschwerdeführerin abermals ihr Vorbringen vom 28.02.2017 und erklärte, dass sie bereits, durch Beweismittel untermauert, die rechtlichen Rahmenbedingungen in Syrien dargestellt und geltend gemacht habe, dass eine nachträglich registrierte Ehe in Syrien rückwirkend ab Datum der Eheschließung gültig sei. Ebenso entspreche die Registrierung nicht der Eheschließung selbst, weshalb sich die Eheleute bei dieser auch vertreten lassen könnten. Darin werde kein Verstoß gegen den ordre-public erkannt. Unter Verweis auf den bisherigen Verfahrensgang, insbesondere dem Zurückverweisungsbeschluss, wurde festgehalten, die Botschaft habe der Beschwerdeführerin nun neuerlich mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ihren Einreiseantrag abzuweisen. Begründend sei dem eine Mitteilung und Stellungnahme des BFA vom 12.03.2018 beigelegt worden. Diese Stellungnahme sei insbesondere das syrische Eherecht betreffend über weite Strecken wortident mit der - durch das BVwG bemängelten - Stellungnahme vom 21.02.2017. Das BFA gehe weiter vom Vorliegen einer Stellvertreterehe aus, welche den Grundsätzen des ordre-public widersprechen würden. Ergänzend habe das BFA angeführt, dass es der Beschwerdeführerin nicht gelungen sei, eine Eheschließung mit XXXX2014 nachzuweisen, zudem habe das BFA bemängelt, dass die eingereihte Bestätigung einer Eheschließung nicht datiert sei, die Spezialvollmacht der Mutter des Ehemannes diese zur Registrierung einer Eheschließung mit "einem geeignetem Mädchen" bevollmächtige und aus der ärztlichen Bestätigung nicht feststellbar sei, wer der Vater des verlorenen Kindes gewesen sei. Erneut habe es das BFA unterlassen, die rechtlichen Umstände in Syrien korrekt zu ermitteln, die widerspruchsfreien Angaben zu beachten und auf die spezifische Lage der Beschwerdeführerin als staatenlose Palästinenserin einzugehen.

Gem. § 16 Abs. 2 IPRG sei die Form einer Eheschließung im Ausland nach dem Personalstatus jedes der Verlobten zu beurteilen, es genüge jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung. § 16 Abs. 1 IPRG könne hierbei außer Acht gelassen werden, da sich die Bestimmung ausschließlich auf Eheschließung im Inland beziehen würde. Unwidersprochen und durch sämtliche eingereichten Unterlagen belegt sei die Tatsache, dass rein religiöse Eheschließungen weder in Syrien noch in Österreich rechtliche Wirkungen entfalten würden. Jedoch könne eine religiöse Eheschließung in Syrien gerichtlich bewilligt und in das Personenstandsregister eingetragen werden, womit sie rückwirkend ab Tag der Eheschließung gültig werde. Hierzu seien bereits umfangreiche Angaben in den Schriftsätzen vom 28.02.2017 und 30.11.2017 getätigt und durch Beweismittel untermauert worden.

Die Bestimmung des § 16 Abs. 2 IPRG stehe unter der Vorbehaltsklausel des § 6 IPRG, wonach eine Bestimmung des fremden Rechts nicht anzuwenden sei, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar sei.

Nach der Rechtsprechung des OGH und des VwGH sei von dieser Ausnahme "sparsamer Gebrauch" zu machen. Ein Abweichen von zwingenden österreichischen Vorschriften sei keinesfalls bereits ein ordre-public Verstoß. Abgezielt werden müsse vor allem darauf, dass die Anwendung der fremden Norm im Ergebnis den ordre-public verletze. Eine ausreichend starke Inlandsbeziehung werde daher vorausgesetzt.

Die persönliche Anwesenheit beider Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung sei insbesondere deshalb von Bedeutung, um Zwangsehen zu verhindern und eine persönliche Willenserklärung der Ehegatten zu erhalten. Diese Willenserklärung sei mit der religiösen Eheschließung am XXXX2014 abgegeben worden und äußere sich darüber hinaus im Wunsch, dem Ehemann nachzuziehen, weshalb schon deshalb kein ordre-public Verstoß vorliege.

Darüber hinaus müsse bereits abermals darauf verwiesen werden, dass es sich bei der Registrierung eben nicht um die Eheschließung handle und eine Vertretung daher auch im Lichte des § 6 IPRG zulässig sei.

Das BFA bezweifle nun in der Stellungnahme vom 12.03.2018 erstmals, dass die Eheschließung am XXXX2014 stattgefunden habe. Als Beleg dafür ziehe es heran, dass kein Heiratsvertrag vorgelegt worden sei und die Bestätigung der Eheschließung kein Datum aufweise. Des Weiteren bemängle es, dass in der Spezialvollmacht nur von "einem geeigneten Mädchen" die Rede, nicht aber von der Beschwerdeführerin. Aus diesen Gründen erachte das BFA die Eheschließung als nicht bewiesen und verneine die Familieneigenschaft der Beschwerdeführerin.

Vorauszuschicken sei, dass diese Argumentation schon deshalb nicht nachvollziehbar erscheine, da dem BFA bereits im ersten Verfahrensgang alle Dokumente bekannt gewesen seien und weder durch das BFA noch durch das BVwG die Eheschließung in Zweifel gezogen worden sei.

Des Weiteren gehe das BFA von einem falschen Beweismaßstab aus, wenn es den vollen Beweis für das Verwandtschaftsverhältnis fordere. In seinem Erkenntnis vom 01.03.2016 stelle der VwGH fest, dass es sich beim Verfahren gem. § 35 AsylG um eine relativ formalisierte Vorabprüfung handle, bei der lediglich die Wahrscheinlichkeit einer Gewährung desselben Schutzes geprüft werde. Nur wenn das Verwandtschaftsverhältnis ausgeschlossen werden könne, also nicht einmal wahrscheinlich sei, könne der Antrag abgewiesen werde. Die seitens des BFA angeführten Argumente würde es nicht vermögen, die Eheschließung mit XXXX2014 als ausgeschlossen zu betrachten. Es existiere zwar tatsächlich der ursprüngliche Ehevertrag nicht mehr, jedoch würden sämtliche eingereichte Dokumente die Eheschließung widerspruchsfrei bezeugen.

Hinsichtlich der Spezialvollmacht an die Mutter des Ehemannes sollte diese ausschließlich zur Registrierung der Ehe bei den syrischen Behörden und nicht als Beweismittel in einem Visaverfahren dienen.

Sollte das BFA Zweifel an der Eheschließung haben, müsste es den Sachverhalt - insbesondere im Hinblick auf die Ausführungen im zurückweisenden Beschluss des BVwG - konkret ermitteln und etwa eine (parallele) Befragung der Ehepartner durchführen, welche sich auf die Eheschließung und das gemeinsame Familienleben bis zur Flucht beziehe.

Die Stellungnahme wurde dem BFA zur neuerlichen Beurteilung der Prognoseentscheidung weitergeleitet worden. Es teilte nach deren Prüfung mit, dass das Vorbringen keine Änderung der ursprünglichen Wahrscheinlichkeitsprognose bewirke.

Mit dem Bescheid vom 03.04.2018 der Österreichischen Botschaft Damakus wurde gem. § 26 FPG iVm § 35 Abs .4 AsylG der Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 24.04.2018. Darin wurde unter anderem auf den bisherigen Verfahrensgang verwiesen und ausgeführt, dass weder das BFA noch die Botschaft Ermittlungen hinsichtlich des syrischen Eherechts getätigt hätten. Andernfalls hätten auch sie feststellen müssen, dass den syrischen Scharia-Gerichten in Bezug auf Eheschließungen lediglich die Möglichkeit zugesprochen werde, diese zu bewilligen oder dagegen Einspruch zu erheben. Die Eheschließung selbst erfolge stets nach den religiösen Regelungen. Sich im Rahmen des Bewilligungsverfahrens vertreten zu lassen, könne somit keineswegs als "Stellvertreter-Ehe" ausgelegt werden. In weiterer Folge wurden abermals die Argumente in der Stellungnahme vorgebracht und ausgeführt, dass das BFA jedenfalls den Sachverhalt- insbesondre im Hinblick auf die Ausführungen im zurückweisenden Beschluss des BVwG- konkret ermitteln hätte müssen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 28.05.2018 wies die ÖB Damaskus die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG nach Wiedergabe des Verfahrensganges im Wesentlichen mit Verweis auf die Bindungswirkung der Vertretungsbehörde an die Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl als unbegründet ab. Es entspreche der Rechtsprechung des BVwG, wenn das BFA davon ausgegangen sei, dass die (bei der Registrierung) in Abwesenheit der Bezugsperson in Syrien geschlossene Ehe, allein darauf aufbauend in Österreich keinen Rechtsbestand habe. Vor der Ausreise der Bezugsperson habe diese Ehe nach der Rechtsprechung des BVwG eben noch nicht bestanden und liege damit alleine aufgrund dieser durch Stellvertretung (bei der Registrierung) erfolgten Eheschließung auch keine rechtlich relevante Ehe vor der Ausreise der Bezugsperson vor. Im Übrigen habe der VwGH in seiner Entscheidung Ra 2016/20/0068-12 vom 19.09.2017 ausgesprochen, dass eine "Ferntrauung" den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung iSd § 6 IPRG entgegenstehe. Hinsichtlich der Verfahrensrüge (Verletzung des Parteiengehörs) sei zu bemerken, dass die abgegebene Stellungnahme der Beschwerdeführerin ordnungsgemäß dem BFA zur neuerlichen Beurteilung der Prognoseentscheidung vorgelegt und erst in der Folge bescheidmäßig abgesprochen worden sei. Auch werde in der Beschwerde verkannt, dass nach ständiger Rechtsprechung des VwGH zu Fragen der Beweiswürdigung und der rechtlichen Beurteilung kein Parteiengehör gewährt zu werden brauche.

Es sei nicht nachvollziehbar, dass eine Verletzung des Parteiengehörs behauptet werde. In der Beschwerde werde verkannt, dass nach ständiger Rechtsprechung des VwGH zu Fragen der Beweiswürdigung und der rechtlichen Beurteilung kein Parteiengehör gewährt zu werden brauche. Im Übrigen teile die belangte Behörde die rechtliche Beurteilung des BFA in der Stellungnahme vom 21.02.2017.

Am 11.06.2018 stellte die Beschwerdeführerin durch ihren ausgewiesenen Vertreter gem.

§ 15 VwGVG einen Vorlageantrag, in welchem auf die Ausführungen in der Stellungnahme und der Beschwerde verwiesen wurde. Erneut bekräftigt wurde, dass es sich bei der Registrierung der Ehe nicht um die Eheschließung gehandelt habe, dies gehe aus den Schriftsätzen und eingereichten Unterlagen hervor. Daher gehe der Einwand einer Stellvertreterehe ins Leere. Ebenso bestehe ein Unterschied zwischen einer Stellvertreterehe und einer Fernehe, welche idR fernmündlich und nicht über einen Vertreter geschlossen werde.

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 9 Abs. 3 FPG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen der Vertretungsbehörden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG durch Beschluss.

2. Zu A) Stattgebung der Beschwerde

2.1. Gesetzliche Grundlagen:

2.1.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

2.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des FPG lauten:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

[...]

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

[...]

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

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Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

§ 26. Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Familienangehörigen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."

2.1.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG lauten:

Angesichts der am 13.10.2016 erfolgten Einreiseantragstellung ist die geltende, zuletzt durch BGBl. I Nr. 145/2017 - FrÄG 2017 - geänderte und am 1.11.2017 in Kraft getretene Rechtslage maßgeblich (die in der Novelle BGBl. I Nr. 24/2016 normierten begünstigenden Übergangsbestimmungen im AsylG 2005 für Einreiseantragsteller gemäß § 35 AsylG 2005 kommen im Beschwerdefall angesichts des nicht innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten der Novelle mit 1. Juni 2016 gestellten Einreiseantrags nicht zur Anwendung, vgl. § 75 Abs. 23 und Abs. 24 AsylG 2005).

Der mit "Familienverfahren im Inland" übertitelte § 34 AsylG 2005 idgF lautet:

§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von

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-1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

-2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

-3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

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-1. dieser nicht straffällig geworden ist und

-(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

-3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

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-1. dieser nicht straffällig geworden ist;

-(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

-3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

-4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

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-1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

-auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der

2. Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

-3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).

§ 35 AsylG 2005 idgF lautet:

"Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

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-1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

-2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

-3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."

Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 6 und 17) des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) idgF lauten wie folgt:

Form der Eheschließung:

§ 16. (1) Die Form einer Eheschließung im Inland ist nach den inländischen Formvorschriften zu beurteilen.

(2) Die Form einer Eheschließung im Ausland ist nach dem Personalstatus jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.

Vorbehaltsklausel (ordre public)

§ 6. Eine Bestimmung des fremden Rechtes ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden.

Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 17 und 21) des Ehegesetzes idgF lauten wie folgt:

§ 17 Form der Eheschließung

(1) Die Ehe wird dadurch geschlossen, dass die Verlobten vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen.

(2) Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben werden.

§ 21 Mangel der Form

(1) Eine Ehe ist nichtig, wenn die Eheschließung nicht in der durch

§ 17 vorgeschriebenen Form stattgefunden hat.

(2) Die Ehe ist jedoch als von Anfang an gültig anzusehen, wenn die Ehegatten nach der Eheschließung fünf Jahre oder, falls einer von ihnen vorher verstorben ist, bis zu dessen Tode, jedoch mindestens drei Jahre, als Ehegatten miteinander gelebt haben, es sei denn, dass bei Ablauf der fünf Jahre oder zur Zeit des Todes des einen Ehegatten die Nichtigkeitsklage erhoben ist.

Gemäß § 9 Abs. 1 erster Satz internationales Privatrecht, BGBl. Nr. 304/1978 (IPRG), ist das Personalstatut einer natürlichen Person das Recht des Staates, dem die Person angehört. § 9 Abs. 3 IPRG regelt, dass das Personalstatut einer Person, die Flüchtling im Sinn der für Österreich geltenden internationalen Übereinkommen ist oder deren Beziehungen zu ihrem Heimatstaat aus vergleichbar schwerwiegenden Gründen abgebrochen sind, das Recht des Staates ist, in dem sie ihren Wohnsitz, mangels eines solchen ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat; eine Verweisung dieses Rechtes auf das Recht des Heimatstaates (§ 5 IPRG) ist unbeachtlich. Gemäß § 12 IPRG sind die Rechts- und Handlungsfähigkeit einer Person nach deren Personalstatut zu beurteilen. Gemäß § 16 Abs. 2 IPRG ist die Form einer Eheschließung im Ausland nach dem Personalstatut jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.

Gemäß Art. 1 syrisches Personalstatutgesetz, Gesetz Nr. 59 vom 17.09.1953, geändert durch Gesetz Nr. 34 vom 31.12.1975 (sPSG), ist die Eheschließung ein Vertrag zwischen einem Mann und einer Frau, die zu heiraten ihm gesetzlich erlaubt ist, zum Zwecke der Gründung einer Lebensgemeinschaft und der Zeugung von Nachkommen. Gemäß Art. 8 Abs. 1 sPSG ist beim Abschluss des Ehevertrages die Stellvertretung zulässig (Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Ordner XVIII, Syrien-Tunesien, S. 11f). Die Eheschließung zwischen Muslimen kann von jedem bekannten Imam oder einem Scharia-Gelehrten durchgeführt werden. Damit ein Eintrag der Eheschließung ins Familienbuch erfolgen kann, muss eine Registrierung bzw. Anmeldung oder staatliche Anerkennung der Eheschließung erfolgen. Eheschließungen, die von einer religiösen Stelle vollzogen wurden, müssen bei den Behörden für zivilrechtliche Angelegenheiten registriert werden, um staatlich anerkannt zu sein. Wurde die Hochzeit vor einem Scharia-Gericht durchführt, besteht die Möglichkeit, das vom Scharia-Gericht erhaltene Zertifikat an die Behörde zu schicken und die Ehe auf diese Weise zu registrieren. Erst durch die Registrierung durch die Behörde wird die Ehe staatlich anerkannt (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 15.12.2014 zur Frage der Wirkung einer Eheschließung in Syrien).

2.2. § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 12.11.2014, Zl. Ra 2014/20/0029 (unter Verweis auf sein Erkenntnis vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063) zur Anwendung des § 28 Abs. 3 VwGVG ausgeführt:

"Der Verwaltungsgerichtshof hat sich dort mit dieser Frage auseinandergesetzt und dargelegt, dass ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht durch die Verwaltungsgerichte gesetzlich festgelegt ist. Die nach § 28 VwGVG von der meritorischen Entscheidungspflicht verbleibenden Ausnahmen sind strikt auf den ihnen gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem genannten Ekenntnis insbesondere ausgeführt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden kann. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden."

Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof mehrfach ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, wenn in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außer-Acht-Lassens des konkreten Sachverhaltes. Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 mwN sowie VfSlg. 14.421/1996 und 15.743/2000).

Die Behörde hat die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Die Behörde darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. VwGH vom 10.04.2013, Zl. 2011/08/0169 sowie dazu Walter/Thienel:

"Verwaltungsverfahren Band I2", E 84 zu § 39 AVG).

Im vorliegenden Fall erweist sich die bekämpfte Entscheidung in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:

Mit Beschluss vom 14.11.2017 behob das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Österreichische Botschaft Damaskus zurück. Ausgeführt wurde, dass es das BFA unterlassen hat, das gesamte Vorbringen der Beschwerdeführerin sowie die von ihr vorgelegten Unterlagen zur Gänze zu würdigen. Insbesondere stimmen die Angaben der Beschwerdeführerin mit den Ausführungen der Bezugsperson in deren Asylverfahren in Österreich sowie mit den vorgelegten Unterlagen im Wesentlichen überein, wesentliche Widersprüche oder Ungereimtheiten konnten nicht festgestellt werden. In der Folge sind wesentliche Ermittlungen unterblieben und das Verfahren wurde mit Mangelhaftigkeit belastet.

Trotz des Hinweises im vorzitierten Beschluss, dass es die Behörde unterlassen hat weitere Ermittlungen zu tätigen und Feststellungen zu treffen, ob die behauptete Ehe nach der traditionellen Eheschließung im Herkunftsstaat bestanden hat, sind aus der nunmehr angefochtenen Entscheidung keine wesentlichen weiteren Ermittlungsschritte getätigt worden und ergibt sich für das erkennende Gericht keine nachvollziehbare und schlüssige Argumentation, weshalb im nunmehr angefochtenen Bescheid die von der Beschwerdeführerin und ihrer Bezugsperson behauptete Eheschließung, zu welcher zahlreiche Unterlagen vorgelegt wurden, erneut als eine "Stellvertreter-Ehe" ausgelegt wurde und unter anderem argumentiert wurde, eine Ferntrauung widerspreche den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung. Es erscheint auch nicht nachvollziehbar, warum im gegenständlich angefochtener Entscheidung argumentiert wurde, dass die behauptete Ehe vor der Ausreise der Bezugsperson nach der Rechtsprechung des BVwG eben noch nicht bestanden habe und damit alleine aufgrund dieser durch Stellvertretung (bei der Registrierung) erfolgten Eheschließung auch keine rechtlich relevante Ehe vor der Ausreise der Bezugsperson vorliege. Das BFA hat es in Summe verabsäumt den Sachverhalt - insbesondre im Hinblick auf die Ausführungen im zurückweisenden Beschluss des BVwG - konkret zu ermitteln.

Nicht nachvollzogen werden kann, dass sich die belangte Behörde auf das Vorliegen einer Stellvertreterehe stützt ohne weitere genauere Ausführung zu dieser Feststellung zu tätigen. Die belangte Behörde hätte sich mit dem syrischen Recht auseinandersetzen müssen um zu argumentieren, warum eine Stellvertreterehe vorliegen würde. Festzustellen ist, dass - wenn die Bestimmungen im Herkunftsland eine Rückwirkung der seinerzeit traditionell nach islamischen Ritus geschlossene Ehe vorsehen- die Ehe, sofern sie nach unserem Verständnis nicht ordre-public-wirdrig geschlossen wurde, mit als im Zeitpunkt des seinerzeitigen traditionellen Abschlusses wirksam zu beurteilen ist. Abschließend festzustellen ist im gegenständlichen Fall, ob es für das Vorliegen einer gültigen Ehe reicht, wenn beide Ehepartner bei der traditionellen Hochzeit anwesend sind und welche speziellen Voraussetzungen es für den Vorgang der - im gegenständlichen Fall behaupteten - nachträglichen Registrierung gibt.

Zudem ist ausdrücklich auf die Entscheidung des VwGH vom 06.09.2018, Ra 2018/18/0094, zu verweisen, aus dem hervorgeht, dass der bloße Umstand der Anerkennung einer traditionellen Eheschließung mit ihrer nachfolgenden staatlichen Registrierung bereits ab dem Zeitpunkt der traditionellen Eheschließung im ausländischen Recht nicht gegen die Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung im Sinne der zitierten Judikatur der Höchstgerichte verstößt. Weiters wurde festgehalten, dass ein Antragsteller bzw. eine Antragstellerin nur dann als Familienangehörige gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 anzusehen ist, wenn die Ehe bereits vor der Einreise der Bezugsperson in das österreichische Bundesgebiet bestanden hat.

Aus dem oben genannten Erkenntnis des VwGH ergibt sich, dass der bloße Umstand der Anerkennung einer traditionellen Eheschließung mit ihrer nachfolgenden staatlichen Registrierung bereits ab dem Zeitpunkt der traditionellen Eheschließung im ausländischen Recht nicht gegen die Grundierungen der österreichischen Rechtsordnung verstößt.

Im gegenständlichen Fall ist aufgrund der besonderen Konstellation des Einzelfalls auch zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin eine Fehlgeburt nach Schwangerschaft von der Bezugsperson behauptet hatte sowie eine Bestätigung darüber vorgelegt hatte. Hinsichtlich der Beschwerdeführerin wurde zudem in der Unterstützungserklärung einer österreichischen Juristin darauf verwiesen, dass die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann anerkannte UNHCR-Flüchtlinge aus Palästina und somit staatenlos sind.

Es sind im gegenständlichen Fall weitere Ermittlungen und Feststellungen erforderlich. Es ist insbesondere abzuklären, ob und wann nach den Formvorschriften des Ortes der Eheschließung im gegenständlichen Fall eine nachfolgende Registrierung korrekt erfolgt ist und ab wann die Ehe als gültig zustande gekommen anzusehen ist (Anmerkung BVwG: im gegenständlichen Fall erscheint einerseits als Datum der Registrierung der Ehe der XXXX2015 beispielsweise auf der Heiratsurkunde sowie auf der Bescheinigung über die Bestätigung einer Eheschließung und andererseits der XXXX2015, an dem der Eheschließungsvorgang eingetragen worden sein soll), sowie insbesondere, ob die Ehe vor Einreise des Ehemannes gültig zustande gekommen ist. Abzuklären ist insbesondere, bei welcher Behörde bzw. welchen Gericht die nachträgliche Registrierung vorzunehmen, welche Voraussetzungen zu erfüllen, welche Fristen allenfalls einzuhalten sind und ob dies im gegenständlichen Fall korrekt erfolgt ist und ab wann die Ehe g

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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