TE OGH 2018/12/21 10Ob97/18i

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Veröffentlicht am 21.12.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr

als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann, den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. R*****, und 2. L*****, beide *****, Slowenien, beide vertreten durch Dr. Karl-Heinz Plankel, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei R***** eGen, *****, vertreten durch Muhri & Werschitz Partnerschaft von Rechtsanwälten GmbH in Graz, wegen 1. Herausgabe (Streitwert 10.000 EUR), in eventu Rechnungslegung und Leistung, sowie 2. Feststellung (Streitwert 15.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 26. September 2018, GZ 4 R 101/18g-53, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Am 15. 12. 2003 schlossen die Kläger zur Finanzierung eines Hauskaufs in Slowenien mit der beklagten Bank einen einmal ausnützbaren Abstattungskreditvertrag über 65.000 EUR, auf den (unstrittig) österreichisches Recht anwendbar ist. Der Kredit sollte in 180 monatlichen Pauschalraten à 621 EUR beginnend mit 20. 12. 2003 bis 20. 11. 2018 rückzahlbar sein. Vereinbart wurden Sollzinsen von 7,5 % p.a. und Verzugszinsen von 5 % p.a. sowie eine Zinsgleitklausel. Zur Besicherung der Kreditforderung schlossen die Streitteile eine Vereinbarung in Form eines vollstreckbaren Notariatsakts, in dem die Kläger (ua) der Exekution auf ihr gesamtes Vermögen zustimmten. Da sie trotz Mahnungen die Kreditraten nicht bedient hatten, bewilligten slowenische Gerichte auf Antrag der beklagten Partei die Einleitung von Exekutionsverfahren. Nachdem von dritter Seite Teilzahlungen zwecks Kreditrückführung geleistet worden waren, wurden die Exekutionsverfahren zum Teil wieder eingeschränkt. Als die beklagte Partei von der am 21. 11. 2011 erfolgten Insolvenzeröffnung über das Vermögen derjenigen Person erfahren hatte, die die Teilzahlungen geleistet hatte, sah sie die nach diesem Zeitpunkt geleisteten Teilzahlungen nicht mehr als schuldtilgend an und buchte diese Zahlungen auf ein Sonderkonto um. Am 4. 2. 2016 konnte mit dem Masseverwalter eine Einigung dahin erzielt werden, dass lediglich 12.400 EUR als massezugehörig zurückgezahlt werden mussten. Zum Stichtag 17. 2. 2016 ergab sich daraufhin auf dem Kreditkonto ein offener Saldo in Höhe von 25.320,60 EUR sA, über den die Kläger einen entsprechenden Kontoauszug erhielten.

Die Kläger begehrten, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihnen einen aktuellen Kontoauszug des Kreditverrechnungskontos mit sämtlichen kredittilgenden Zahlungen und dem ausstehenden Saldo auszuhändigen; in eventu erhoben sie ein Rechnungslegungsbegehren hinsichtlich der in Rechnung gestellten Zinsen. Weiters beantragten sie, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihnen die sich aus der Rechnungslegung ergebenden vereinbarungswidrig verrechneten Zinsen zurückzuzahlen. Letztlich erhoben sie ein Festellungsbegehren, es möge zwischen den Streitteilen festgestellt werden, dass der Saldo aus dem Abstattungskreditvertrag per 31. 12. 2014 Null betrage.

Nur dieses Eventualfeststellungsbegehren ist noch Gegenstand des Revisionsverfahrens.

Im Verfahren erster Instanz begründeten die Kläger das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung damit, dass die Abrechnungen unrichtig seien, die beklagte Partei gegen sie in Slowenien ungerechtfertigt Exekution führe und in diesen Exekutionsverfahren ein Rechtsbehelf ohne Vorlage eines Feststellungsurteils nicht möglich sei.

Das Erstgericht wies sämtliche Klagebegehren ab.

Zur Feststellungsklage führte es rechtlich aus, den Klägern fehle das erforderliche Feststellungsinteresse, weil sie – ähnlich wie nach der österreichischen Rechtslage – in den in Slowenien anhängigen Exekutionsverfahren nach Art 56 der slowenischen Exekutionsordnung (ZIZ) Oppositions- und Impugnationsgründe geltend machen könnten und sie über die dazu notwendigen Kontoauszüge bereits verfügten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger nicht Folge. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ die Revision nicht zu.

Rechtlich ging es davon aus, die Kläger hätten in ihrer Berufung ihr rechtliches Interesse nur mehr damit begründet, dass nach dem Inhalt der Kontoauszüge der von der beklagten Partei geltend gemachte Betrag nicht in der behaupteten Höhe vorliegen könne. Aus diesem Vorbringen lasse sich nicht nachvollziehen, welches rechtliche Interesse iSd § 228 ZPO an der alsbaldigen Feststellung des Saldos genau zum 31. 12. 2014 gegeben sein könnte. Das Feststellungsbegehren scheitere außerdem daran, dass die von den Klägern begehrte Feststellung eine nicht feststellungsfähige Tatsache darstelle. Unabhängig von der Frage des Feststellungsinteresses sei das Feststellungsbegehren auch inhaltlich unberechtigt, weil die Forderung der beklagten Partei weder zum 31. 12. 2014 noch zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz zur Gänze getilgt gewesen sei. Aus den vorgelegten Kontoauszügen ergebe sich, dass zum 31. 12. 2014 ein unberichtigt gebliebener Saldo von 12.900,60 EUR bestanden habe. Erst nach diesem Datum habe die beklagte Partei Kenntnis davon erlangt, dass über jene Person, die die Teilzahlungen geleistet hatte, bereits am 21. 11. 2011 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war. Da an den Masseverwalter nur 12.420 EUR als massezugehörig zurückgezahlt werden mussten, bestehe – unter Bedachtnahme auf den offenen Saldo von 12.900,60 EUR – ein offenes Obligo von insgesamt 25.320,60 EUR. Die (interne) Vorgangsweise, dass die beklagte Partei die Forderung von 12.900 EUR gegen die Kläger am 23. 1. 2014 als Forderungsabschreibung ausgebucht habe, habe zwar dazu geführt, dass (intern) zum 31. 12. 2014 ein „neuer Kontostand“ von Null aufgeschienen sei. Mangels entsprechender Vereinbarung zwischen den Streitteilen sei darin aber kein Forderungsverzicht zu erblicken.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

1. Die Revisionswerber geben in ihrer Rechtsmittelerklärung an, das Berufungsurteil in vollem Umfang zu bekämpfen, thematisieren dann jedoch lediglich das Feststellungsbegehren, weshalb nur mehr dieses Gegenstand des Revisionsverfahrens ist (vgl RIS-Justiz RS0043338).

2.1 Bei der Feststellungsklage muss der Kläger das – sonst in der Regel gegebene – Rechtsschutzbedürfnis durch Geltendmachung konkreter Umstände behaupten und erforderlichenfalls beweisen (RIS-Justiz RS0037977; RS0039239). Das Bestehen eines rechtlichen Interesses an der alsbaldigen Feststellung iSd § 228 ZPO ist unter Zugrundelegung dieser Behauptungen zu prüfen und richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, denen regelmäßig keine über den konkreten Fall hinausgehende Bedeutung zukommt (RIS-Justiz RS0037977 [T2]).

2.2 Im vorliegenden Fall behaupten die Revisionswerber zur Darlegung ihres rechtlichen Interesses weiterhin die Unrichtigkeit der von der beklagten Partei erstellten Abrechnungen bzw die inhaltliche Richtigkeit der von ihnen begehrten Feststellung eines per 31. 12. 2014 gegebenen Saldostands mit Null. Der Schwerpunkt der Revisionsausführungen geht dahin, die Vorinstanzen hätten die begehrte Feststellung so verstehen müssen, dass infolge Tilgung kein Schuldverhältnis mehr bestehe und das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis bereits bereinigt sei. Auch mit diesem Vorbringen wird jedoch keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt:

3.1 Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist das Klagebegehren so zu verstehen wie es im Zusammenhalt mit der Klagserzählung vom Kläger gemeint ist. Das Gericht hat ein versehentlich unrichtig formuliertes Begehren richtig zu fassen (RIS-Justiz RS0037440), wobei es insbesondere nicht an die Formulierung eines Feststellungsbegehrens gebunden ist (RIS-Justiz RS0037440 [T11]). Maßgeblich ist, welchen Ausspruch des Gerichts der Kläger im Zusammenhalt mit dem Sachvorbringen seinem Sinngehalt nach begehrt (RIS-Justiz RS0041165 [T3]).

3.2 All dies gilt aber ausschließlich für ein versehentlich unrichtig formuliertes Begehren (RIS-Justiz RS0037440). Ein solches ist jedoch im vorliegenden Fall nicht gegeben, weil die beklagte Partei schon im erstinstanzlichen Verfahren auf das Fehlen der prozessualen Voraussetzungen des § 228 ZPO hingewiesen hat, insbesondere auch darauf, dass es am Feststellungsinteresse mangle. Dennoch hielten die Kläger ihr Begehren unverändert aufrecht, ohne ihr Feststellungsinteresse näher oder auf andere Weise darzulegen. Zudem bliebe offen, aus welchen Gründen das Kreditverhältnis bereits zum 31. 12. 2014 beendet gewesen sein sollte, obwohl zu diesem Zeitpunkt über das Vermögen des Drittzahlers das Insolvenzverfahren anhängig war und die schuldtilgende Wirkung der nach Insolvenzeröffnung getätigten Teilzahlungen in Frage stand.

3.3 Die Rechtsansicht, das Vorbringen der Kläger sei zur Darlegung ihres rechtlichen Interesses nicht geeignet, stellt somit – auch unter Berücksichtigung des Revisionsvorbringens – keine vom Obersten Gerichtshof zu korrigierende Fehlbeurteilung dar.

4.1 Letztlich wenden sich die Revisionswerber gegen die inhaltliche Begründung des Berufungsgerichts, nach der die aus dem Kreditvertrag offene Forderung weder zum 31. 12. 2014 noch zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung zur Gänze durch Rückzahlungen getilgt worden sei und verweisen dazu auf die zum aushaftenden Saldo in der Berufungsschrift enthaltenen Ausführungen und Berechnungen. Ein derartiger Verweis ist nach ständiger Rechtsprechung aber unzulässig und hat unbeachtlich zu bleiben (RIS-Justiz RS0043579, RS0043616). Das begründungslos verbleibende Revisionsvorbringen, die Darlegungen des Berufungsgerichts zum aushaftenden Saldo seien „nicht nachvollziehbar“, ist einer nicht erhobenen Rechtsrüge gleichzuhalten und kann für sich keine Überprüfung der im angefochtenen Urteil vertretenen Rechtsansicht bewirken (RIS-Justiz RS0043654 [T6]).

5. Mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision als unzulässig zurückzuweisen.

Textnummer

E123945

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0100OB00097.18I.1221.000

Im RIS seit

08.02.2019

Zuletzt aktualisiert am

08.02.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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