TE OGH 2018/10/25 6Ob173/18m

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Veröffentlicht am 25.10.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** A*****, vertreten durch Dr. Hannes Lederer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. Z***** GmbH, *****, vertreten durch Pallauf Meissnitzer Staindl & Partner Rechtsanwälte in Zell am See, sowie 2. Dr. G***** S*****, vertreten durch Musey rechtsanwalt gmbH in Salzburg, wegen 100.047,09 EUR sA und Feststellung, über die Revision der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 25. Mai 2018, GZ 53 R 46/18y-26, womit das Teilurteil des Bezirksgerichts Zell am See vom 1. November 2017, GZ 15 C 334/17i-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 626,52 EUR (darin 104,42 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei begehrt – soweit für das Revisionsverfahren von Belang – die Feststellung der Haftung der zweitbeklagten Partei für alle Schäden, die ihr aufgrund der mangelhaften Abwicklung der Treuhandschaft, insbesondere der vorzeitigen Auszahlungen von Kaufpreisteilzahlungen aus dem Kaufvertrag vom 13. August 2012 entstehen. Der zweitbeklagte Treuhänder habe vorzeitig das Geld vom Treuhandkonto weitergeleitet ohne auf schuldrechtliche oder grundbücherliche Sicherstellung zu achten. Das BTVG sei zwingend anzuwenden, weil der Kläger jedenfalls als Konsument anzusehen sei. Es sei voraussehbar, dass den Kläger Zusatzkosten treffen werden. Der Zweitbeklagte habe seine Verpflichtungen nicht erfüllt, sodass er dem Kläger gegenüber für allfällige Nachteile aus der mangelhaften Abwicklung der Treuhandschaft zu haften habe. Es bestehe kein Schutz für die Vorauszahlungen des Klägers auf das Treuhandkonto, obwohl die notwendige grundverkehrsbehördliche Genehmigung zur Einverleibung des Eigentumsrechts für den Kläger nach wie vor nicht vorliege. Bei gesetzeskonformem Vorgehen würden sich die geleisteten Vorauszahlungen noch auf dem Treuhandkonto befinden. Das Treuhandkonto habe weder den Bestimmungen des BTVG noch dem Statut der Treuhand-Revision der Rechtsanwaltskammer S***** entsprochen. Der Zweitbeklagte habe es unterlassen, den Kläger über Probleme mit der Grundverkehrsbehörde zu informieren oder über Rückforderungsansprüche bei vorzeitiger Zahlung nach § 14 BTVG aufzuklären. Er hafte daher für Schäden aus der mangelhaften Vertragserstellung und Vertragsabwicklung sowie aus der Verletzung von Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten.

Die zweitbeklagte Partei wandte ein, sie habe keine vorzeitigen Auszahlungen vorgenommen. Die grundverkehrsbehördliche Genehmigung werde erteilt werden; ihr Fehlen begründe kein Feststellungsinteresse. Die Geltung der BTVG sei schlüssig abbedungen worden. Der Kläger habe keinen Schaden erlitten, weil er Einnahmen aus der Vermietung der Wohnung lukriere und an der Wertsteigerung der Liegenschaft teilhabe. Ansprüche nach § 14 BTVG seien zudem verjährt.

Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren statt. Der Kläger sei nicht im Sinne des § 9 BTVG abgesichert gewesen, als der Zweitbeklagte Zahlungen vom Treuhandkonto geleistet habe. Dem Kläger sei schon dadurch ein Primärschaden entstanden. Der Kläger sei nun dem Risiko ausgesetzt, knapp 300.000 EUR bezahlt zu haben, ohne jemals grundbücherlicher Eigentümer werden zu können.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Im vorliegenden Fall liege das sogenannte grundbücherliche Sicherungsmodell in Verbindung mit der Zahlung nach Ratenplan vor. Dieses Modell werde in den §§ 9 und 10 BTVG geregelt; ergänzende Vorschriften fänden sich in den §§ 7 und 12 BTVG. Die Bestellung eines Treuhänders und dessen Aufgaben seien zwingend. Der Zweitbeklagte habe die vom Kläger geleisteten Kaufpreisraten verfrüht weitergeleitet und die Freistellungsverpflichtung des vorrangig gesicherten Hypothekargläubigers zugunsten des Erwerbers nicht ausreichend geprüft. Dadurch sei dem Kläger ein Anspruch nach § 14 BTVG entstanden, von dem derzeit nicht feststehe, ob er gegen den Bauträger einbringlich gemacht werden könne. Vor allem aber hätte der Treuhänder keinen treuhändig erlegten Kaufpreis herausgeben dürfen, weil vor der ersten Zahlung an den Bauträger auch erforderliche grundverkehrsbehördliche Genehmigungen vorliegen müssten.

Die Revision sei zulässig, zumal es keine hinreichend deutliche Judikatur zum Beginn der Verjährungsfrist des Anspruchs nach § 14 BTVG gebe.

Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

1. Dass auf den gegenständlichen Kaufvertrag das BTVG anzuwenden ist, wird von der Revision nicht mehr bestritten. Gemäß § 1 Abs 2 BTVG kann von den Bestimmungen des BTVG zum Nachteil eines Verbrauchers als Erwerber nicht abgewichen werden. Vorrangiges Ziel des BTVG ist die Verstärkung des Konsumentenschutzes in einem Bereich der Immobilienbranche, und zwar primär die Absicherung des Vorauszahlungsrisikos (RIS-Justiz RS0113312 [T1]).

2.1. Gemäß § 7 BTVG hat der Bauträger den Erwerber gegen den Verlust der von diesem auf Grund des Bauträgervertrags geleisteten Zahlungen mit Ausnahme seiner Zahlungen für Abgaben und Steuern sowie für die Kosten der Vertragserrichtung und -abwicklung zu sichern. Diese Sicherung kann ua in der Form einer grundbücherlichen Sicherstellung des Rechtserwerbs auf der zu bebauenden Liegenschaft in Verbindung mit der Zahlung nach Ratenplan (§§ 9 und 10 BTVG) erfolgen. Gemäß § 7 Abs 4 BTVG werden Ansprüche des Bauträgers erst fällig, wenn und soweit die vorgesehenen Sicherungen des Erwerbers vorliegen. Dies bedeutet, dass im jeweiligen Zahlungszeitpunkt stets ein Sicherungsmodell gewährleistet sein muss (Prader in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 7 BTVG Rz 7); vor Herstellung der Sicherung durch den Bauträger werden die Zahlungen des Erwerbers aus dem Bauträgervertrag nicht fällig (Gartner, BTVG4 § 7 Rz 2). Gemäß § 14 Abs 1 BTVG kann der Erwerber alle Leistungen, die er oder der Treuhänder für ihn entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erbracht hat, zuzüglich Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zurückfordern.

2.2. Was das Sicherungsmittel der grundbücherlichen Sicherstellung betrifft, so sieht § 9 Abs 2 BTVG vor, dass bei einem Bauträgervertrag über den Erwerb von Wohnungseigentum die Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 40 Abs 2 WEG 2002 eine ausreichende bücherliche Sicherstellung des Erwerbers darstellt. Dies bedeutet aber nicht, dass diese Anmerkung für sich genommen ausreichend ist: Vielmehr stellt sie nur ein Element der Sicherung dar, zu dem zahlreiche weitere, wie insbesondere die Einhaltung des Ratenplans, das Vorliegen der behördlichen Genehmigungen, der Besitz einer zur grundbücherlichen Durchführung des Rechtserwerbs geeigneten Titelurkunde sowie die Sicherstellung der Lastenfreiheit nach § 9 Abs 3 BTVG gehören (Gartner, BTVG4 § 9 Rz 18; Böhm, Die Freistellungsverpflichtung nach § 9 Abs 3 BTVG, immolex 1998, 270; Würth in Rummel, ABGB³ § 9 BTVG Rz 1 f; Prader in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 9 BTVG Rz 1 und 3; Kieweler, Zur Rechtsnatur der Aufsandungserklärung, NZ 2013/110 [265 f]). Der „erste Euro“ darf also erst ausgezahlt werden, wenn all diese Voraussetzungen erfüllt sind (Böhm, immolex 1998, 270; Kieweler, NZ 2013, 265). Fehlt es auch nur an einer einzigen Voraussetzung, so ist das grundbücherliche Sicherungsmodell nicht verwirklicht, alle Zahlungen des Erwerbers werden nicht fällig (Gartner, BTVG4 § 9 Rz 18).

2.3. Der Treuhänder darf daher Zahlungen ua erst dann weiterleiten, wenn eine durchsetzbare Freistellungsverpflichtung des Hypothekargläubigers (der finanzierenden Bank) vorliegt, die als solche durchsetzbar sein muss, also letztlich den Hypothekargläubiger zur Einwilligung in die Löschung in grundbuchsfähiger Form verpflichtet (5 Ob 193/10h). Beim grundbücherlichen Sicherungsmodell bei beabsichtigter Begründung von Wohnungseigentum hat der Treuhänder daher jedenfalls Erklärungen (einschließlich grundbuchsfähige Löschungserklärungen) jener Pfandgläubiger einzuholen, deren Grundbuchsrang dem Rang der Anmerkung gemäß § 40 Abs 2 WEG vorangeht (Gartner, BTVG4 § 9 Rz 30 und 38). Der Treuhänder muss vor der ersten Auszahlung einer Rate im Besitz einer derartigen Löschungserklärung der Bauträgerfinanzierungsbank sein, die auch eine Aufsandungsklausel enthält (8 Ob 57/15p; 3 Ob 113/16p).

2.4. Zu den behördlichen Genehmigungen, die daneben vorliegen müssen, gehört nicht nur beispielsweise die Baugenehmigung, sondern alle zur Einverleibung des Erwerbers notwendigen behördlichen Genehmigungen (ErläutRV 312 BlgNR 20. GP 22), wozu auch eine allenfalls erforderliche grundverkehrsbehördliche Genehmigung zählt (Böhm, immolex 1998, 270; Kieweler, NZ 2013, 266). Was die Baugenehmigung betrifft, kann allerdings gemäß § 10 Abs 3 BTVG die Fälligkeit der ersten Rate – auch ohne Vorliegen einer Baugenehmigung (RIS-Justiz RS0119704) – bereits vor Baubeginn vereinbart werden, wenn auf Grund des hohen Werts der zu bebauenden Liegenschaft die grundbücherliche Sicherstellung des Erwerbers bereits eine ausreichende Sicherheit bietet.

2.5. Für die beim Modell der grundbücherlichen Sicherstellung vorgesehenen Ratenpläne sieht § 10 BTVG zwei verschiedene Modelle vor, die als Ratenplan A und Ratenplan B bezeichnet werden. Gemäß § 10 Abs 1 und 2 BTVG werden erst nach Abschluss bestimmter Bauabschnitte höchstens die in den gesetzlich definierten Ratenplänen bestimmten Teile des Preises fällig. Da gemäß § 1 Abs 2 BTVG von den Bestimmungen des BTVG zum Nachteil eines Verbrauchers als Erwerber nicht abgewichen werden kann, sind diese Ratenpläne nicht etwa als unverbindliche Vorschläge des Gesetzgebers zu verstehen, sondern zwingend, sodass die gesetzlich definierten Prozentwerte vertraglich nicht höher zugunsten des Bauträgers vereinbart werden können (vgl Gartner, BTVG4 § 10 Rz 40): Mit der Schaffung des BTVG wurde nämlich ein jedenfalls für Verbraucher zwingender Mindeststandard für die Gestaltung des Bauträgervertrags festgelegt (Markl in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 1 BTVG Rz 1).

2.6. Die vom Gesetz geforderte notwendige Sicherung des Erwerbers liegt auch dann nicht vor, wenn der Treuhänder die vorgegebenen Treuhandkriterien nicht einhält und bloß ein „Sammelanderkonto“ anstatt getrennter Anderkonten für jeden Erwerber verwendet (Prader in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 12 BTVG Rz 13).

2.7. Gemäß § 12 Abs 1 BTVG ist der Bauträger verpflichtet, spätestens bei der Unterfertigung des Bauträgervertrags einen Treuhänder zu bestellen. Der Treuhänder hat gemäß § 12 Abs 3 BTVG „außer den Verpflichtungen aus diesem Bundesgesetz, aus anderen Vorschriften oder aus Vertrag“ insbesondere die Pflicht, die Erfüllung der Sicherungspflicht des Bauträgers zu überwachen und dem Erwerber über die von ihm entgegengenommenen Zahlungen entweder laufend, mindestens aber jährlich nach Abschluss des Kalenderjahrs spätestens zum 31. Jänner des Folgejahrs Rechnung zu legen (§ 12 Abs 3 Z 2 und 3 BTVG). Bei der grundbücherlichen Sicherstellung (§ 9 BTVG) hat der Treuhänder gemäß § 12 Abs 4 BTVG die vertraglichen und grundbuchsrechtlichen Voraussetzungen, insbesondere das Vorhandensein von Freistellungsverpflichtungen der Hypothekargläubiger (§ 9 Abs 3 BTVG), zu prüfen und den Erwerber bei der Einhaltung des Ratenplans durch Überwachung des Baufortschritts zu unterstützen. Konkret hat der Treuhänder daher nicht nur die Überwachung der Erfüllung der Lastenfreistellungsverpflichtung des Bauträgers gemäß § 9 Abs 3 BTVG, sondern auch die Prüfung und Überwachung sicherzustellen, ob die Sicherung, die vom Bauträger angeboten wird, tatsächlich „tauglich“ ist und bleibt (Gartner, BTVG4 § 12 Rz 17).

3.1. Gerade die Verletzung dieser Pflichten macht der Kläger hier geltend: Wenn der Treuhänder Zahlungen vor Fälligkeit weiterleitet, wird er dem Erwerber gegenüber schadenersatzpflichtig (1 Ob 190/12s). Der Schaden des Erwerbers liegt bereits im Verlust der vorgeschriebenen Sicherheit durch Verminderung des Treuhanderlags und tritt nicht erst in dem Zeitpunkt ein, in dem endgültig feststeht, dass die Forderung uneinbringlich ist; dabei ist es unerheblich, ob den vorzeitigen Zahlungen ohnehin ein ausreichender Gegenwert in Form bisher erreichter Bauleistungen gegenübersteht, solange nicht feststeht, dass der Bauträgervertrag endgültig nicht mehr erfüllt werden kann (4 Ob 3/14s).

3.2. Im vorliegenden Fall hat der Zweitbeklagte gegen die Bestimmungen des BTVG in mehrfacher Hinsicht verstoßen: Zum einen weicht der gewählte Ratenplan erheblich von den Modellen des § 10 Abs 2 BTVG ab, weil etwa bei Baubeginn bereits 25 % des Kaufpreises fällig sein sollen, während das Gesetz maximal 15 % vorsieht. Des weiteren führte der Zweitbeklagte lediglich ein Sammelanderkonto, sodass nicht mehr zuordenbar ist, welche Zahlungen an welche Personen in welcher Höhe die Wohnung des Klägers betreffen. Die Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum nach § 40 Abs 2 WEG ist im Grundbuch nach der Ranganmerkung für das Pfandrecht zugunsten der finanzierenden Bank einverleibt; während des Zeitraums, in dem der Zweitbeklagte Zahlungen des Klägers an die Handwerker weitergeleitet hat, bestand das Pfandrecht im Range dieser Pfandrechtsrangordnung. Nach den Feststellungen des Erstgerichts lag eine Zusage der Lastenfreistellung im Zeitpunkt der Auszahlung nicht vor. Der Kläger ist bis heute nicht Eigentümer, zumal die grundverkehrsbehördliche Genehmigung für den Eigentumserwerb noch nicht vorliegt.

3.3. Damit führte bereits der Umstand, dass der Zweitbeklagte eine Auszahlung vornahm, ohne dass die Zusage der Lastenfreistellung vorlag, weiters dass der Ratenplan unzulässigerweise von den gesetzlichen Modellen abwich, sowie schließlich, dass er lediglich ein Sammelanderkonto führte, jeweils für sich dazu, dass nicht ausgezahlt werden durfte. Was zusätzlich die grundverkehrsbehördliche Genehmigung betrifft, so hat das Erstgericht im vorliegenden Fall nur festgestellt, dass die Chancen für eine Genehmigung nach der Verpflichtung des Klägers, die Wohnung nicht selbst zu nützen, nun „deutlich höher“ sind; aufgrund der komplexen Rechtslage kann aber keine sichere Prognose darüber abgegeben werden, ob die Genehmigung tatsächlich erteilt wird.

3.4. Das Argument der Revision, wonach das Gericht selbst zu beurteilen habe, ob die grundverkehrsrechtliche Genehmigung erteilt werde, geht ins Leere: Selbst wenn davon ausgegangen werden könnte, dass die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zu erteilen sein wird, würde dies nichts daran ändern, dass im vorliegenden Fall Zahlungen bereits geleistet wurden, obwohl im Auszahlungszeitpunkt noch nicht alle Voraussetzungen für den Eigentumserwerb vorlagen, sodass die Zahlungen damals jedenfalls verfrüht waren. Gerade dies widerspricht aber dem Normzweck des BTVG, das auf den Erwerberschutz ausgerichtet ist.

3.5. Aufgrund der nach wie vor fehlenden grundverkehrsbehördlichen Genehmigung ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach in Wahrheit bis heute gar nicht ausgezahlt werden dürfte, vollkommen zutreffend: Der Kläger ist nach wie vor dem Risiko ausgesetzt, 300.000 EUR für ein Wohnungsobjekt gezahlt zu haben, ohne jemals Eigentümer zu werden, wobei sich das Geld nicht mehr in der Verfügungsmacht des Treuhänders befindet. Genau dieses Risiko zu vermeiden ist aber Sinn und Zweck der Erwerberschutzbestimmungen des BTVG.

3.6. Soweit der Zweitbeklagte darauf verweist, dass Ansprüche auf Zinsen nach § 14 BTVG bereits verjährt seien, ändert das am rechtlichen Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung nichts: Das rechtliche Interesse ergibt sich nämlich nicht aus dem Anspruch auf „Strafzinsen“ nach § 14 BTVG, der sich nicht gegen den Treuhänder richtet (10 Ob 64/17k). Vielmehr ergibt sich dieses daraus, dass nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass dem Kläger vermögensrechtliche Nachteile entstehen, zumal die Erstbeklagte nicht zahlen kann und das Eigentumsrecht des Klägers bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung immer noch nicht einverleibt war und unklar ist, ob er überhaupt jemals Eigentümer wird. Die Sicherungspflicht des Bauträgers endet gemäß § 7 Abs 5 BTVG erst mit Erlangung der vereinbarten Rechtsstellung. In vergleichbaren Fällen hatte die Rechtsprechung keine Bedenken gegen das Feststellungsinteresse (vgl 5 Ob 193/10h; 1 Ob 190/12s).

4.1. Soweit die Revision die unterlassene Einholung eines Sachverständigengutachtens bemängelt, wurde diese Rüge bereits vom Berufungsgericht geprüft und verworfen; die erneute Geltendmachung in der Revision ist nicht zulässig (RIS-Justiz RS0042963). Ob für die Immobilie ein ausreichender Erlös erzielbar ist, ist nicht relevant, weil ein möglicher Verkauf der Immobilie durch den Bauträger für sich kein taugliches Sicherungsmittel zugunsten des Erwerbs im Sinn der BTVG darstellt, zumal damit zu rechnen ist, dass der Kläger nicht der einzige Gläubiger der Erstbeklagten ist.

4.2. Dass der Kläger die Wohnung möglicherweise behalten und den Vertrag derzeit nicht rückabwickeln möchte, ist ebenso nicht relevant, weil dies einem Schadenersatzanpruch aufgrund der verfrühten Auszahlungen durch den Treuhänder nicht entgegensteht. Auch der Rückforderungsanspruch nach § 14 BTVG ist von einem Rücktritt des Erwerbers oder Bauträgers vom Bauträgervertrag unabhängig; der Erwerber kann somit derartige Zahlungen auch dann zurückfordern, wenn er am Bauträgervertrag festhält und nur die (noch) nicht fälligen Zahlungen zurückfordert (Gartner, BTVG4 § 14 Rz 5). Ebenso kann er bei nachträglichem Eintritt der Sicherung auch bloß die Zinsen nach § 14 BTVG fordern, auch wenn er am Kaufvertrag festhält (RIS-Justiz RS0129152; Prader in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 14 BTVG Rz 4 mwN).

5.1. Nicht gefolgt werden kann auch dem weiteren Argument der Revision, Verstöße gegen Verpflichtungen aus dem BTVG seien vom Urteilsbegehren nicht erfasst.

5.2. Das Klagebegehren ist so zu verstehen, wie es im Zusammenhalt mit der Klagserzählung vom Kläger gemeint ist (RIS-Justiz RS0037440). Bei anderen als Geldleistungsklagen ist dem Erfordernis des § 226 ZPO hinsichtlich der Bestimmtheit des Klagebegehrens jedenfalls dann Genüge getan, wenn man unter Berücksichtigung des Sprachgebrauchs und Ortsgebrauchs und nach den Regeln des Verkehrs daraus entnehmen kann, was begehrt ist (RIS-Justiz RS0037874). In Feststellungsklagen muss das festzustellende Recht inhaltlich und umfänglich genau und zweifelsfrei bezeichnet werden (RIS-Justiz RS0037437 [T7]). Die Anforderungen nach einer entsprechenden Individualisierung dürfen aber nicht überspannt werden (RIS-Justiz RS0037874 [T3]). Die ausreichende Bestimmtheit eines Begehrens einer Feststellungsklage hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab; eine erhebliche Rechtsfrage liegt daher nur dann vor, wenn die Entscheidung des Berufungsgerichts von den vom Obersten Gerichtshof entwickelten Grundsätzen abweicht (RIS-Justiz RS0037437 [T5]).

5.3. Im vorliegenden Fall ist die Klagsstattgebung nicht zu beanstanden: Der Kläger hat mit der Erstbeklagten einen dem BTVG unterliegenden Bauträgervertrag abgeschlossen, wobei der Zweitbeklagte in diesem Zusammenhang zum Treuhänder bestellt wurde. Davon ausgehend kann kein Zweifel daran bestehen, dass den Treuhänder in diesem Fall genau die Verpflichtungen nach § 12 BTVG treffen, zu denen wie dargestellt auch die Überwachung der Sicherungspflicht des Bauträgers gehört. Diese Pflicht ist somit unzweifelhaft Teil der vom Zweitbeklagten übernommenen „Treuhandschaft“, auf die das Klagebegehren abzielt. Die Verpflichtungen aus der Treuhandschaft und jenen nach dem BTVG können nicht im Sinne der Revisionsausführungen voneinander getrennt werden, weil die Einhaltung der Pflichten nach dem BTVG gerade eine wesentliche Aufgabe des Zweitbeklagten aus der Treuhandschaft ist.

6. Zusammenfassend erweist sich das angefochtene Urteil daher als frei von Rechtsirrtum, sodass der unbegründeten Revision ein Erfolg zu versagen war.

7. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Textnummer

E123443

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0060OB00173.18M.1025.000

Im RIS seit

11.12.2018

Zuletzt aktualisiert am

19.03.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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