TE OGH 2018/5/29 8ObA16/18p

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Veröffentlicht am 29.05.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Harald Stelzer und Wolfgang Cadilek als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Mag. Andreas Wimmer, Rechtsanwalt in Hallein, gegen die beklagte Partei Dr. M*****, vertreten durch Dr. Christoph Gernerth M.M., Dr. Gabriele Gernerth M.M., Dr. Alexander Schalwich, Rechtsanwälte in Hallein, wegen 4.006,51 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. Februar 2018, GZ 11 Ra 63/17i-16, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der Oberste Gerichtshof ist nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz (RIS-Justiz RS0002399). Eine bloß mangelhafte und unzureichende Beweiswürdigung kann im Revisionsverfahren nicht angefochten werden (RIS-Justiz RS0043371). Die Entscheidung des Berufungsgerichts über eine Beweisrüge ist mängelfrei, wenn es sich mit dieser überhaupt befasst, die Beweiswürdigung des Erstgerichts überprüft und nachvollziehbare Überlegungen über die Beweiswürdigung anstellt und in seinem Urteil festhält (RIS-Justiz RS0043150), wovon im vorliegenden Fall auszugehen ist.

2. Nach ständiger Rechtsprechung stellt die Beurteilung, ob im Einzelfall ein Kündigungs- oder Entlassungsgrund verwirklicht wurde, keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS-Justiz RS0106298), es sei denn, dem Berufungsgericht wäre bei seiner Entscheidung eine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen.

Der Entlassungsgrund nach dem ersten Fall des § 27 Z 4 AngG setzt nicht nur eine erhebliche und pflichtwidrige, sondern auch eine schuldhafte, also entweder vorsätzliche oder doch zumindest fahrlässige Arbeitsversäumnis voraus (RIS-Justiz RS0029518). Ein unverschuldeter Irrtum des Angestellten über die Verpflichtung zur Arbeit, schließt die Berechtigung zur Entlassung dagegen aus. Kein pflichtwidriges Unterlassen der Dienstleistung liegt daher auch dann vor, wenn der Angestellte berechtigter- bzw von ihm nicht verschuldeter Weise annehmen durfte, dass der Arbeitgeber zum relevanten Zeitpunkt seine Arbeitsleistung nicht verlangt (vgl RIS-Justiz RS0029518). Konnte der Dienstnehmer das Verhalten des Dienstgebers nur im Sinne eines Verzichts auf weitere Arbeitsleistung deuten, dann darf vom Dienstnehmer auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Übung des redlichen Verkehrs oder der besonderen Treuepflicht eine besondere Initiative zur Klärung der Rechtslage verlangt werden; er kann in diesem Fall vielmehr damit rechnen, dass ihn der Dienstgeber entweder zur Wiederaufnahme der Arbeit auffordern oder aber das Dienstverhältnis auf die im Gesetz vorgesehene Art beenden werde (RIS-Justiz RS0029674).

3. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte der Klägerin zunächst eine einvernehmliche Vertragsauflösung zum Monatsende mit Dienstfreistellung vorgeschlagen. Als sie dies bei einer weiteren Besprechung zwei Tage später ablehnte, sprach er die Kündigung (zum darauffolgenden Monatsende) aus und stellte sie jedenfalls für die folgenden zwei Arbeitstage dienstfrei. Auf ihre schriftliche Mitteilung, arbeitsbereits zu sein, reagierte er nicht.

Wenn das Berufungsgericht diesen Sachverhalt dahingehend beurteilte, dass die Klägerin aufgrund des Gesamtverhaltens des Beklagten zumindest berechtigt Zweifel daran haben konnte, dass der Beklagte an einer weiteren Arbeitsleistung interessiert ist, und – nachdem er auf ihren Versuch eine Klarstellung herbeizuführen – nicht reagierte auch davon ausgehen durfte, dass er darauf verzichtet, ist das nicht korrekturbedürftig. Auch wenn die Annahme der Klägerin unrichtig war, ist die Beurteilung der Vorinstanzen, dass ihr das nicht als schuldhaft vorzuwerfen ist, jedenfalls nicht unvertretbar.

4. Die außerordentliche Revision ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Entscheidung nicht.

Textnummer

E121962

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:008OBA00016.18P.0529.000

Im RIS seit

11.07.2018

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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