TE OGH 2018/5/17 12Os45/18m

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Veröffentlicht am 17.05.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Mai 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Gschiel, LL.M., als Schriftführerin in der Strafsache gegen Dusan S***** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 3, 130 Abs 2 StGB, AZ 6 HR 82/16x des Landesgerichts Eisenstadt, über die Grundrechtsbeschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom 29. März 2018, AZ 131 Bs 72/18b, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Grundrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Bei der Staatsanwaltschaft Eisenstadt wird zu AZ 9 St 37/16v gegen Dusan S***** ein Ermittlungsverfahren geführt.

Mit Beschluss vom 15. September 2017 wurde über ihn vom Landesgericht Eisenstadt die Untersuchungshaft verhängt, welche in der Folge aus den Haftgründen der Flucht- und der Tatbegehungsgefahr gemäß § 173 Abs 2 Z 1 und Z 3 lit b StPO wiederholt fortgesetzt wurde.

Mit der angefochtenen Entscheidung gab das Oberlandesgericht Wien der Beschwerde des Beschuldigten gegen den zuletzt ergangenen Beschluss auf Fortsetzung der Untersuchungshaft durch das Landesgericht Eisenstadt vom 2. März 2018, GZ 6 HR 82/16x-94, nicht Folge und ordnete die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO an.

Dabei erachtete es den Beschuldigten als dringend verdächtig, er habe zum Teil gemeinsam mit weiteren Mittätern anderen fremde bewegliche Sachen, nämlich Fahrräder, mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, gewerbsmäßig durch Einbruch weggenommen oder wegzunehmen versucht, wobei er in der überwiegenden Anzahl der Fälle zur Ausführung der Taten Sperrvorrichtungen aufbrach, und zwar

1. in der Nacht zum 16. November auf den 17. November 2015 in N***** dem Andreas H***** ein Fahrrad der Marke KTM durch Aufzwicken eines Fahrradschlosses,

2. am 17. November 2015 in N***** der Sonja R***** ein Fahrrad der Marke Genesis und der Corinna S***** ein Fahrrad der Marke Fuji jeweils durch Aufzwicken eines Fahrradschlosses,

3. in der Nacht vom 13. September auf den 14. September 2017

a) in M***** einem nicht bekannten Gewahrsamsträger ein Fahrrad der Marke Kilimanjaro,

b) in W***** der Eva T***** ein Fahrrad der Marke Kalkhoff und

c) in L***** dem Gerald M***** ein Fahrrad der Marke Focus,

4. im Zeitraum von November 2015 bis 14. September 2017 in W***** und anderen Orten diversen Gewahrsamsträgern in 31 Fällen weitere Fahrräder.

In rechtlicher Hinsicht subsumierte das Oberlandesgericht dieses Verhalten dem Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 3, 130 Abs 2 StGB.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss des Oberlandesgerichts Wien richtet sich die fristgerecht erhobene Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten, welche den gesetzlichen Bezugspunkt verfehlt.

Im Grundrechtsbeschwerdeverfahren kann die Begründung des dringenden Tatverdachts in sinngemäßer Anwendung von § 281 Abs 1 Z 5 und Z 5a StPO bekämpft werden (RIS-Justiz RS0110146). Somit können unter Beachtung sämtlicher Erwägungen des Beschwerdegerichts (vgl RIS-Justiz RS0116504, RS0119370) formale Mängel der Begründung der Konstatierungen entscheidender Tatsachen releviert werden, und es kann nach Maßgabe deutlich und bestimmt bezeichneter Aktenteile und der in Z 5a genannten Erheblichkeitsschwelle der Versuch unternommen werden, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der Feststellungen zu wecken.

Das Oberlandesgericht stützt den dringenden Tatverdacht auf die Erhebungsergebnisse des Bezirkspolizeikommandos N***** und des LKA Niederösterreich (BS 5).

Der zu 1./ bis 3./ geständige Beschuldigte führt zu Punkt 4./ der dargestellten dringenden Verdachtslage aus, die Erhebungsergebnisse im polizeilichen Bericht ON 90 wären „bei näherer Betrachtung weniger umfangreich und aussagekräftig“ als bei einem „außenstehenden, nicht aktenkundigen Leser“ der Eindruck entstehen könnte, zumal von den 1.700 Seiten nur die ungeraden Seitenzahlen bedruckt und bloß alte Ermittlungsergebnisse aus dem Jahr 2017 und eine Telefonauswertung mit „waghalsigen Vermutungen über Tatortnähe und -zeit“ enthalten wären. Bei den „unzähligen Fahrradfotos“ wisse niemand, ob es sich tatsächlich um gestohlene Fahrräder handelte, aus einer Einloggung eines Mobiltelefons des Beschuldigten im Umkreis von mehreren Kilometern zu einem der in Punkt 4./ aufgezählten Tatorte könne man keinen Tatverdacht ableiten, zumal im Jahr 2017 insgesamt 24.795 Fahrraddiebstähle gemeldet worden wären. Der Polizeibericht enthalte reine Spekulationen.

Dieses Vorbringen unterlässt es, auf die Erwägungen des Oberlandesgerichts einzugehen, und entzieht sich damit einer meritorischen Erledigung (RIS-Justiz RS0112012).

Der vom Oberlandesgericht angenommene Haftgrund der Tatbegehungsgefahr wird von der Grundrechtsbeschwerde ohne Begründung lediglich bestritten, womit sie jede Auseinandersetzung mit der Argumentation des Beschwerdegerichts (BS 6) vermissen lässt. Willkür wird somit nicht dargetan (vgl RIS-Justiz RS0117806).

Die Behauptung, der gegenständliche Fall wäre nicht so kompliziert, dass „ein Verfahren von mehr als sechs Monaten gerechtfertigt“ wäre, übergeht die Begründung des Beschwerdegerichts zu § 178 Abs 2 StPO, wonach sich aus dem Zwischenbericht des Bezirkspolizeikommandos N***** vom 12. Jänner 2018 (ON 90) eine neue Verdachtslage hinsichtlich zahlreicher weiterer Taten ergeben habe (BS 7).

Die unsubstantiierte Behauptung, die Dauer der Untersuchungshaft wäre nicht mehr verhältnismäßig, wird dem Begründungsgebot des § 3 Abs 1 Satz 1 GRBG nicht gerecht, sodass auch dieses Vorbringen einer inhaltlichen Erwiderung nicht zugänglich ist (RIS-Justiz RS0120790 [T1]).

Die Grundrechtsbeschwerde war daher ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) zurückzuweisen.

Textnummer

E121506

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0120OS00045.18M.0517.000

Im RIS seit

01.06.2018

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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