TE OGH 2017/12/14 2Ob206/16g

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Veröffentlicht am 14.12.2017
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Hon.-Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende, die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solè sowie den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch MM Metzler & Musel Rechtsanwälte GmbH in Linz, gegen die beklagte Partei Z***** Ges.m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Reinhold Gsöllpointner und Dr. Robert Pirker, Rechtsanwälte in Salzburg, sowie den Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei DI W***** G*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Stumpp, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 529.720,67 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 18. August 2016, GZ 1 R 37/16s-75, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 5. Jänner 2016, GZ 5 Cg 161/10p-67, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die klagende Partei betreibt das Kanalräumungsgewerbe. Im Jahr 1996 ließ sie am Sitz ihres Unternehmens eine Montagehalle samt integrierter Waschanlage und einer Tankstelle für ihre Betriebsfahrzeuge errichten. Im Jahr 2008 traten an der Halle Setzungsschäden auf. Eine Sanierung ist nur durch Neuerrichtung der Halle möglich. Die beklagte Partei (damals noch unter einer anderen Firma) hatte im Auftrag der klagenden Partei die Tiefengründung durchgeführt. Die klagende Partei begehrt von ihr Schadenersatz.

Von folgendem Sachverhalt ist auszugehen (die Überschriften wurden zwecks besserer Lesbarkeit durch den Obersten Gerichtshof eingefügt):

Verträge:

Weitere Auftragnehmer waren ua ein Zivilingenieurbüro, das mit der „statisch konstruktiven Bearbeitung des Entwurfs“ beauftragt war, und der Nebenintervenient, dem die Ausschreibungs- und Ausführungsplanung sowie die Bauleitung oblag.

Der (auch mit 27. 7. 1995 datierte) Werkvertrag mit der beklagten Partei über die Tiefengründung wurde am 7. 11. 1995 abgeschlossen. Die Auftragssumme belief sich auf 574.560 S brutto. Dem Vertrag lag ein Anbot der beklagten Partei vom 11. 9. 1995 über die Durchführung von „Pfahlarbeiten“ zugrunde, welches mit dem dabei für die klagende Partei auftretenden Nebenintervenienten noch nachverhandelt worden war. Laut Punkt 4. des Vertragstextes („Gewährleistung“) wurde vereinbart, dass für den Nachweis der Tragfähigkeit der Pfähle ein in den Einheitspreisen enthaltener Zugversuch durchgeführt werden sollte. Als Vertragsgrundlagen wurden – in dieser Reihenfolge – a) der Werkvertrag mit allen darin enthaltenen Abmachungen, b) das Angebot des Auftragnehmers, c) die Ö-Normen in ihrer jeweils neuesten Fassung bzw, soweit nicht vorhanden, die entsprechenden DIN-Normen und d) die gesetzlichen Bestimmungen festgelegt.

Bereits am 29. 6. 1995 hatte die beklagte Partei überdies ein Anbot über die Durchführung von Aufschlussbohrungen zur Bodenerkundung gelegt. Darin waren neben den Kernbohrungen auch die Entnahme von Bodenproben und „SPT-Tests“ („Standard Penetration Tests“) vorgesehen. Eine Kernbohrung wurde bis zu einer Tiefe von 20 m durchgeführt. Daneben wurden von der klagenden Partei aus Gründen der Kostenersparnis keine weiteren Maßnahmen mit Ausnahme des von der beklagten Partei angebotenen Zugversuchs beauftragt.

Versäumnisse:

Laut Ö-Norm (offenbar B4430) hätte ein Geotechniker beigezogen werden müssen. Wäre dies geschehen, wären – mit entsprechenden Mehrkosten – „ausreichende“ Untersuchungen und Prüfungen vorgenommen worden. Ein Geotechniker hätte ein anderes – ebenfalls mit Mehrkosten verbundenes – Pfahlsystem vorgeschlagen oder den einzelnen Pfählen eine geringere Gebrauchslast zugeordnet, womit mehr Pfähle erforderlich gewesen wären. In diesem Fall wäre der Schaden nicht eingetreten.

Obwohl zu erkennen war, dass „keine einfachen Untergrundverhältnisse“ vorlagen, verabsäumten es sowohl das Zivilingenieurbüro als auch der Nebenintervenient, einen Geotechniker beizuziehen. Die beklagte Partei verabsäumte es, ein geotechnisches Gutachten zu verlangen. Der Nebenintervenient „löste die Frage selbst“, indem er von der beklagten Partei eine Probebohrung und einen Zugversuch durchführen ließ und „die Ergebnisse selbst interpretierte“.

Leistungen der beklagten Partei und deren Bewertung:

Auch die beklagte Partei „interpretierte die eigenen Bohrergebnisse selbst und begnügte sich mit den Aussagen aus einer Kernbohrung“. Sie ließ auch unwidersprochen, dass sie von der klagenden Partei nicht mit den von ihr vorgeschlagenen Laborversuchen beauftragt wurde.

Ferner war der von ihr durchgeführte Zugversuch für die Beurteilung von Druckpfählen mit Spitzendruckbelastung ungeeignet. Statt der laut Ö-Norm (offenbar B4430) vorgesehenen Pfahlprobebelastung bis zur doppelten Gebrauchslast, dies wären im vorliegenden Fall 100 t gewesen, wurde der Zugversuch von der beklagten Partei (nur) bis zu einer Last von 53 t ausgeführt.

Schließlich wurde die Kernbohrung statt der in der DIN 4020 für Pfahlgründungen vorgesehenen Aufschlusstiefe von zumindest 4 m unterhalb der Pfahlspitze, das wären bei den 22 m langen Pfählen 26 m gewesen, nur bis zu einer Tiefe von 20 m durchgeführt.

Das von der beklagten Partei vorgeschlagene Pfahlsystem erwies sich als ungeeignet. Zwar war die Wahl einer Pfahlgründung zur Tiefengründung bis in den tragfähigen Untergrund grundsätzlich richtig. Auch die Herstellung der Pfähle war „ohne Ausführungsfehler“. Das konkret ausgeführte System war jedoch „bei den angetroffenen Untergrundverhältnissen zumindest grenzwertig einsetzbar“.

Nachträgliche Änderungen:

Die Baubehörde schrieb der klagenden Partei zusätzlich die Errichtung eines Ölabscheiders und eines Retentionsbeckens vor. Diese Einrichtungen wurden auf einer Betonplatte in ca 3 m Tiefe neben der Halle ebenfalls „auf einer Pfahlgründung“ errichtet. Bei einer Besichtigung der Baustelle am 2. 10. 1998 wurde festgestellt, dass über den Anlagenteilen Ölabscheider, Retentionsbecken und Kanalschacht eine Bodenplatte angebracht worden war, auf der sich ein 10.000 l fassender Öltank befand und die mit Lkws befahren wurde. An der Platte waren bereits Setzungen bis zu 13 cm eingetreten, die Halle selbst wies aber keine Setzungserscheinungen auf.

Schäden:

Im Sommer 2008 wurden im Auftrag der klagenden Partei Setzungsmessungen und Rissbildaufnahmen an der Halle und am Ölabscheider gemacht. Die Messungen ergaben, dass die nordöstliche Ecke des Hallenfußbodens um 20 cm tiefer lag, als der diagonal gegenüberliegende Eckpunkt. Dass bereits vor diesem Zeitpunkt (Mitte 2008) Setzungsschäden und Risse an der Halle sichtbar waren, konnte nicht festgestellt werden.

Mittlerweile hat die Halle „eine erhebliche Schiefstellung erlitten“. Die Setzungen vergrößern sich um mehrere Milimeter pro Jahr und werden voraussichtlich nicht von selbst zum Stillstand kommen, sodass in absehbarer Zeit mit Einsturzgefahr zu rechnen ist.

Ursachen:

Die Ursache für die Setzungen und die Schiefstellung der Halle liegt im Versagen der von der beklagten Partei eingesetzten Pfähle. Wodurch dieses Versagen ausgelöst wurde, kann nicht festgestellt werden. Es kann insbesondere nicht festgestellt werden, dass die Ursache des Pfahlversagens bei der von der beklagten Partei durchgeführten Tiefengründung liegt. Zum einen kann eine „Überbelastung von oben“ vorliegen, andererseits können auch seitliche Belastungen des Untergrundes zum Einknicken der Pfähle geführt haben. Es ist also „genauso gut möglich“, dass die Setzungserscheinungen durch die von der klagenden Partei am Ölabscheider neben der Halle durchgeführten Arbeiten verursacht wurden und dass ohne ein Versagen der Pfähle beim Ölabscheider der Schaden an der Halle gar nicht entstanden wäre.

Sanierung:

Eine wirtschaftlich sinnvolle und zumutbare Sanierung erfordert einen Neubau der Halle. Die voraussichtlich damit verbundenen Kosten belaufen sich auf 433.324,93 EUR netto, wobei im Falle der bei schonender Abtragung der Bestandteile möglichen Verwendung von Altteilen eine Ersparnis von 44.708,84 EUR netto erzielt werden könnte (dann Kostenaufwand von 388.616,09 EUR). Dazu kommen Kosten für die Miete einer gleichartigen Halle für die Dauer von sechs Monaten in Höhe von monatlich 1.703,15 EUR netto (insgesamt also 10.218,90 EUR), Über- und Rücksiedlungskosten von 9.040 EUR sowie Kosten für den teureren Ankauf von Diesel in Höhe von 1.000 EUR.

Die normale Gesamtnutzungsdauer einer Halle wie der gegenständlichen beträgt 50 Jahre; es tritt eine jährliche Wertminderung von 2 % ein.

Die klagende Partei begehrt mit ihrer am 24. 9. 2010 eingebrachten Klage Zahlung von 529.720,67 EUR sA. Seit Mitte 2008 seien Setzungsschäden an der Halle eingetreten, die zu Rissen in der Stahlbetonkonstruktion geführt hätten. Der Schaden falle in den Verantwortungsbereich der beklagten Partei. Diese sei vertraglich zur umfassenden Bodenprüfung verpflichtet gewesen. Sie hätte vor Ausführung der Tiefengründung abklären müssen, mit welchen Lasten durch die Montagehalle konkret zu rechnen sei, in welcher Tiefe sich tragfähiger Untergrund befinde und aufgrund dieser Erkenntnisse über Art, Anzahl und Dimensionierung der Pfähle zu entscheiden gehabt. Sie habe als Erfolg die Ausführung einer Tiefengründung geschuldet, die Setzungsschäden an der Montagehalle verhindern hätte sollen.

Die beklagte Partei sei ihrer vertraglichen Pflicht rechtswidrig und schuldhaft nicht bzw nur mangelhaft nachgekommen. Sie habe die Aufschlussbohrung statt bis zu einer Tiefe von knapp 26  nur bis zu einer solchen von 20 m durchgeführt, wodurch sie keine ausreichenden Kenntnisse darüber gewonnen habe, ob die dort befindliche Bodenschicht ausreichend tragfähig sei. Der Zugversuch habe weder den einschlägigen Normen noch dem Stand der Technik entsprochen und ebenfalls keine taugliche Entscheidungsgrundlage geschaffen. Die beklagte Partei hätte diesbezüglich gemäß § 1168a ABGB warnen müssen. Im Rahmen des Prüfungsvorgangs hätten die Pfähle mindestens der doppelten der zu erwartenden Gebrauchslast ausgesetzt werden müssen, statt dessen habe die beklagte Partei nur den Faktor 1,4 angesetzt. Die Pfähle hätten eine zu geringe Tragfähigkeit aufgewiesen.

Die klagende Partei habe nach der maßgeblichen Rechtslage vor dem GewRÄG 2001 Anspruch auf das Deckungskapital für die Mängelbehebung. Die Sanierungskosten würden sich auf 699.612,05 EUR netto belaufen, wobei dieser Betrag unter Berücksichtigung des Vorteilsausgleichs („neu für alt“) um 28 %, demnach auf 503.720,67 EUR netto, zu reduzieren sei. Dazu kämen 15.000 EUR für die Miete einer Ersatzhalle, Über- und Rücksiedlungskosten von 10.000 EUR und Kosten für Betriebserschwernisse wegen der fehlenden Tankstelle von 1.000 EUR.

Die neben der Halle errichtete Abscheideanlage habe zu keiner zusätzlichen Belastung der Hallenfundamente und Pfähle geführt und sei für die Setzungen der Halle nicht ursächlich. Mehrere Schädiger würden solidarisch haften. Die Ö-Norm B2110 mit der darin enthaltenen Haftungsbeschränkung sei nicht wirksam vereinbart worden. Der Verweis im Werkvertrag beziehe sich nur auf die technischen Ö-Normen. Selbst wenn von einer wirksamen Vereinbarung der Ö-Norm B2110 auszugehen wäre, wäre davon ein Haftungsausschluss für ein Totalversagen der Pfähle nicht umfasst.

Die beklagte Partei wandte ein, die Statik und die Angaben über die Lasten der Pfähle stammten von dem von der klagenden Partei beauftragten Zivilingenieurbüro. Die dabei durch den Nebenintervenienten vertretene klagende Partei habe auf Basis dieser Unterlagen von der beklagten Partei ein Anbot eingeholt, aufgrund dessen der Werkvertrag abgeschlossen worden sei. Über Wunsch des Nebenintervenienten als verantwortlichem Planer sei für den Nachweis der Tragfähigkeit am 20. 11. 1995 ein Zugversuch durchgeführt worden, der eine „bestätigte Belastbarkeit“ von 53 t ergeben habe.

Die Aufschlussbohrung habe die beklagte Partei aufgrund eines separaten Auftrags durchgeführt. Die Bohrung habe zu dem Ergebnis geführt, dass sich die Moräne in einer Tiefe von ca 17,5 m bis 20 m Tiefe befinde, worauf eine Ausführung mit 22 m langen Pfählen mit einer Einbindung von jeweils 5 m in die Endmoräne gewählt worden sei. Die umfassende Bodenprüfung sei aber jedenfalls Aufgabe des Projektanten oder eines beizuziehenden Bodengutachters und nicht jene der ausführenden beklagten Partei gewesen.

Das Anbot der beklagten Partei habe eine Erkundungsbohrung bis zu 16 m Tiefe vorgesehen, während der Ausführung habe man sich mit der klagenden Partei auf die Erkundungstiefe von 20 m geeinigt. Aus Kostengründen habe die klagende Partei auf die angebotenen weiteren Laborversuche verzichtet. Die beklagte Partei habe auf ein diesbezügliches Restrisiko hingewiesen.

Ebenso habe sie anlässlich der Auftragsverhandlungen auf die Möglichkeit eines Pfahldruckversuchs hingewiesen, auch darauf habe die Bauherrschaft aus Kostengründen verzichtet. Der Nebenintervenient habe die „Pfahlprüfung“ in der dann auch ausgeführten Form ausdrücklich gefordert. Angesichts der professionellen Bauleitung sei der Vorwurf einer Warnpflichtverletzung gegenüber der klagenden Partei nicht nachvollziehbar.

Davon abgesehen stehe das Gewerk in keinem ursächlichen Zusammenhang mit den Setzungen der Montagehalle, die auf die nachträglichen Änderungen nach Abschluss der Tiefengründungsarbeiten zurückzuführen und vom Planer der Ölabscheideanlage zu verantworten seien. Die begehrten Mängelbehebungskosten seien überhöht. Punkt 2.46 der Ö-Norm B2110 in der damaligen Fassung (1. 3. 1995) sehe bei der gegenständlichen Auftragssumme eine Haftungshöchstgrenze von 100.000 S vor. Die beklagte Partei habe bestenfalls leichte Fahrlässigkeit zu vertreten. Fehler des Statikers und des Planers seien der klagenden Partei zuzurechnen. Die Klagsforderung sei überdies verjährt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es ging vom eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt aus und gelangte in seinen Ausführungen zur Beweiswürdigung unter Anwendung des Anscheinsbeweises zu der Auffassung, dass die „äußerst grenzwertige“ Dimensionierung der Tiefengründungspfähle und der Eintritt späterer Setzungsschäden einen „durchaus typischen Kausalverlauf“ darstellten. Hätten allerdings die Pfähle beim Ölabscheider nicht versagt und wäre es nicht zu einem Ausknicken der Pfähle beim Ölabscheider gekommen, wäre vermutlich auch keine seitliche Belastung auf die Pfähle der Halle gekommen und somit der Schaden dort möglicherweise gar nicht entstanden. Die Möglichkeit, dass ein durch nicht der beklagten Partei zuzurechnende Betonierarbeiten oder andere mit dem Ölabscheider zusammenhängende Umstände hervorgerufenes Einknicken der dortigen Pfähle als Ursache des Schadens gelte und die Pfähle unter der Halle ohne Einwirkungen von der Seite nach wie vor standhalten würden, müsse daher als ähnlich wahrscheinlich eingestuft werden. Damit sei der Anscheinsbeweis widerlegt.

In rechtlicher Hinsicht verneinte das Erstgericht zunächst die Berechtigung des Verjährungseinwands der beklagten Partei. Da aber die klagende Partei „den geforderten Kausalitätsbeweis“ nicht erbracht habe, bestehe kein Anspruch auf Schadenersatz.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Es hielt die Mängel- und Beweisrüge für unberechtigt und erörterte rechtlich, „für das Berufungsgericht“ stehe nicht fest, dass ein ordnungsgemäß hergestelltes Pfahlsystem vom Ölabscheider ausgehende seitliche Belastungen aufnehmen hätte können. Die klagende Partei habe nach den erstgerichtlichen Feststellungen den Beweis der Kausalität des Versagens des Pfahlsystems nicht erbracht. Ein Fall der alternativen Kausalität liege nicht vor, weil die Verursachung des Schadens durch die beklagte Partei nicht feststehe und die klagende Partei auch nicht nachweisen habe können, dass sie den Schaden sicher nicht verursacht habe. Im Übrigen wäre eine Schadenersatzpflicht der beklagten Partei gemäß Punkt 2.46 der Ö-Norm B2110 zu beschränken, weil die Geltung der Ö-Norm wirksam vereinbart worden und der eingetretene Schaden angesichts der den Parteien bekannten problematischen Untergrundverhältnisse weder als gänzlich unvorhersehbar noch als atypisch zu werten sei.

Gegen dieses Berufungsurteil richtet sich die außerordentliche Revision der klagenden Partei wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei und der Nebenintervenient beantragen in den ihnen durch den Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortungen, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs unberücksichtigt ließ. Das Rechtsmittel ist auch im Sinne des Aufhebungsantrags berechtigt.

Die klagende Partei macht geltend, dass sie bereits durch die Schlechterfüllung einen ersatzfähigen Schaden erlitten habe. Sie habe Anspruch auf ein mängelfreies Pfahlsystem und müsse nicht warten, bis es irgendwann versagt. Schon die mangelhafte Werkleistung an sich (ungeeignetes Pfahlsystem; unzureichende Aufschlussbohrung) begründe daher unabhängig vom Versagen der Pfähle, der Schiefstellung der Halle oder deren Einsturzgefahr einen ersatzfähigen Schaden einschließlich seiner Mangelfolgeschäden. In der Frage der Kausalität habe das Berufungsgericht zu Unrecht darauf abgestellt, ob das Versagen der mangelhaften Pfahlgründung auch andere Ursachen haben könnte. Richtigerweise komme es nur darauf an, ob ein vertraglich und technisch mangelfreies Pfahlsystem auch seitliche Belastungen vom Ölabscheider aufnehmen hätte können. Im Werkvertragsrecht sei der Kausalitätsbeweis bereits dann erbracht, wenn die Vertragsverletzung des Werkunternehmers als ernstlich mögliche Schadensursache bewiesen sei. Der Unternehmer komme dem ihm obliegenden Erschütterungsbeweis erst durch den Nachweis nach, dass eine andere mögliche Schadensursache nach dem typischen Geschehensablauf die Wahrscheinlichkeit der Vertragsverletzung als Schadensursache in den Hintergrund dränge. Davon könne hier keine Rede sein. Die angefochtene Entscheidung widerspreche überdies den Grundsätzen der alternativen Kausalität. Eine ausdrückliche Vereinbarung der Ö-Norm B2110, wie sie von der Rechtsprechung gefordert werde, sei nicht festgestellt, weshalb die darin enthaltene Haftungsbeschränkung nicht wirksam sei. Die Haftungsbeschränkung halte auch einer Inhaltskontrolle nicht stand. Sie komme auch deshalb nicht zur Anwendung, weil die beklagte Partei grobe Fahrlässigkeit zu verantworten habe.

Hiezu wurde erwogen:

I. Zu den Verfahrensrügen:

1. Die in einer Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes erblickte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Richtig ist zwar, dass es nicht darauf ankommt, ob „für das Berufungsgericht“ etwas feststeht oder nicht. Das Berufungsgericht hat mit dieser Formulierung jedoch erkennbar keine neue Negativfeststellung getroffen, sondern nur zum Ausdruck gebracht, dass das Erstgericht eine bestimmte Feststellung nicht getroffen hat.

2. Auch die in diesem Zusammenhang gerügte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO).

II. Zu den (möglichen) Haftungsvoraussetzungen:

1. Die Streitteile haben die Werkverträge vor dem 31. 12. 2001 abgeschlossen, weshalb die Rechtslage vor dem Inkrafttreten des GewRÄG 2001 maßgeblich ist.

2. Die klagende Partei hat sich in erster Instanz einerseits auf die Mangelhaftigkeit der Werkleistung und andererseits auf die Verletzung der Warnpflicht nach § 1168a letzter Satz ABGB gestützt. Wenngleich sie letztere (nur) auf den untauglichen Zugversuch bezogen hat, käme die Warnpflichtverletzung als Anspruchsgrundlage auch im Zusammenhang mit der zu geringen Tiefe der Kernbohrung in Betracht. Die klagende Partei hat ihr Begehren schon in der Klage ganz allgemein auf vertraglichen Schadenersatz und „alle denkmöglichen Anspruchsgrundlagen“ gestützt, sodass sich ihrem Prozessvorbringen eine – im Zweifel ohnedies nicht anzunehmende – Absicht der Beschränkung auf bestimmte, nach ihrem Sachvortrag in Frage kommende Rechtsgründe nicht entnehmen lässt (vgl RIS-Justiz RS0037610 [T36 und T43]).

3. Die Vorinstanzen befassten sich nur mit der (verneinten) Ursächlichkeit einer unterstellten, aber nicht näher geprüften Schlechterfüllung für die Mangelfolgeschäden. Wie nachstehend zu zeigen ist, kann aber auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen von einer Schlechterfüllung (noch) nicht ausgegangen werden. Die ermittelte Tatsachengrundlage reicht auch noch nicht für die Beurteilung, ob der beklagten Partei die Verletzung einer Warnpflicht anzulasten ist.

4. Entscheidend dafür ist der Vertragsinhalt. Welche Leistungen die beklagte Partei der klagenden Partei konkret schuldete, ergibt sich aus dem Vertrag (oder den Verträgen; dazu sogleich). Nur wenn die Leistung der beklagten Partei hinter dem vertraglich Geschuldeten zurückblieb, war sie mangelhaft (RIS-Justiz RS0018547; Reischauer in Rummel, ABGB³ §§ 922, 923 Rz 3).

Nach den vorliegenden Feststellungen war die beklagte Partei mit der Tiefengründung und mit „Pfahlarbeiten“, also mit einer Pfahlgründung (der Herstellung eines „Pfahlsystems“) beauftragt. Es war ferner vertraglich vereinbart, dass für den Nachweis der Tragfähigkeit der vorgesehenen Pfähle ein Zugversuch durchgeführt werden sollte. Außerdem wurde eine Kernbohrung durchgeführt. Auch diese Maßnahme, deren Grundlage ein gesonderter Vertrag zwischen den Streitteilen gewesen sein dürfte – eine Feststellung liegt dazu nicht vor –, wurde von der klagenden Partei „beauftragt“. Denn es steht auch fest, dass die klagende Partei aus Kostenersparnisgründen „daneben“ (dh neben der Kernbohrung und dem Zugversuch) „keine weiteren Maßnahmen“ beauftragt hat, insbesondere also auch keine „umfassende Bodenprüfung“, wie dies die klagende Partei in erster Instanz behauptet hat.

5. Diese Vertragslage könnte zunächst dafür sprechen, dass sich die beklagte Partei in allen Punkten vertragskonform verhielt. Dass die vereinbarte Vorgangsweise von einer Ö-Norm und/oder einer DIN abwich, machte die erbrachten Leistungen per se noch nicht mangelhaft, weil nach den vereinbarten Auftragsgrundlagen der Werkvertrag „mit allen darin enthaltenen Abmachungen“ Priorität vor den Ö-Normen und den DIN genießen sollte.

6. Nun lag der den Vertragsparteien bekannte Zweck einer derartigen Pfahlgründung samt allen Vor- und Begleitmaßnahmen zweifellos in der Herstellung eines tragfähigen und standsicheren „Unterbaues“ für das zu errichtende Bauwerk. Es kann daher als stillschweigend bedungener Vertragsinhalt vorausgesetzt werden, dass das „Pfahlsystem“ von einer Beschaffenheit sein sollte, in der es den vorhersehbar „von oben“ einwirkenden Lasten jedenfalls standhalten wird (vgl 2 Ob 135/10g SZ 2011/45; 3 Ob 191/13d ZVB 2014/65 [Oppel] = ZRB 2014, 182 [Wenusch]).

Auf die Abwehr unvorhersehbarer seitlicher Einwirkungen musste das System hingegen nicht ausgerichtet sein. Weder die Feststellungen noch die Prozessbehauptungen der klagenden Partei bieten einen Anhaltspunkt dafür, dass die beklagte Partei bei Vertragsabschluss mit den nachträglichen Änderungen (Ölabscheider; Bodenplatte) rechnen konnte. Auf die von der klagenden Partei für „prozessentscheidend“ gehaltene Feststellung, „ob ein ordnungsgemäß errichtetes Pfahlsystem seitlichen Belastungen standgehalten hätte“ kommt es schon aus diesem Grund nicht an.

7. In diesem Zusammenhang steht nun fest, dass

- das vorgeschlagene Pfahlsystem „ungeeignet“ war,

- der Zugversuch ebenfalls „ungeeignet“ war und einer Ö-Norm widersprach,

- die Aufschlusstiefe von 20 m zu gering war und einer DIN widersprach.

Das wiederum würde auf ein Misslingen des Werks hindeuten, obwohl die beklagte Partei die vereinbarten Maßnahmen fachgerecht ausgeführt haben könnte (bei der Kernbohrung ist dies noch nicht beurteilbar).

8. Nun ist es aber durchaus denkbar, dass zwischen den Parteien eine mindere, mit gewissen Risken behaftete Qualität der Leistung vereinbart wurde (vgl 2 Ob 135/10g). Die Feststellungen lassen nämlich auch darauf schließen, dass die klagende Partei eine „kostengünstige“ Ausführung wünschte. Ob die klagende Partei damit auch das mit einer billigeren Lösung verbundene Risiko vertraglich übernommen hat, hängt davon ab, ob sie von der beklagten Partei schon im Zuge der Vertragsverhandlungen über die möglichen Folgen dieses Risikos (insbesondere die Gefahr möglicher Setzungsschäden) aufgeklärt worden ist (vgl 4 Ob 582/89).

9. Die beklagte Partei hat dazu vorgebracht,

- sie habe sich mit der Bauherrschaft, die aus Kostengründen auf weitere Laborversuche verzichtet habe, auf die Erkundungstiefe von 20 m geeinigt; sie habe die klagende Partei „auf das Restrisiko hingewiesen“; die 20 m tiefe Kernbohrung war „ausdrücklich gewünscht“ (AS 215).

- der Zugversuch sei auf ausdrücklichen Wunsch des für die klagende Partei auftretenden Nebenintervenienten durchgeführt worden, obwohl sie anlässlich der Auftragsverhandlungen auf die Möglichkeit eines Druckversuchs hingewiesen habe.

9.1 Zu diesem Vorbringen, vor allem zu den behaupteten „Hinweisen“ der beklagten Partei, liegen keine Feststellungen vor. Es blieb bisher auch ungeklärt, ob und auf wessen Betreiben tatsächlich eine „Einigung“ auf eine Erkundungstiefe von 20 m zustandekam oder ob die beklagte Partei diese Tiefe in Eigenregie wählte. Ebenso ist von Interesse, welche Erkenntnisse aus den von der beklagten Partei angebotenen Laborversuchen (und „SPT-Tests“) zu gewinnen gewesen wären, auf welche die klagende Partei aber aus Kostengründen verzichtet hat.

9.2 Schließlich geben die bisherigen Feststellungen auch keinen Aufschluss darüber, ob und inwiefern es sich bei dem behaupteten „Wunsch“ des Nebenintervenienten um eine Anweisung iSd § 1168a dritter Satz ABGB gehandelt haben könnte. Einerseits wurde zwar festgestellt, dass die beklagte Partei den Zugversuch „angeboten“ hat, andererseits jedoch, dass der Nebenintervenient von der beklagten Partei eine Probebohrung und einen Zugversuch „durchführen ließ“ (und die Ergebnisse selbst interpretierte). Aus den nachstehenden Gründen sind zu allen diesen Fragen klarstellende Feststellungen erforderlich.

10. Der Verlauf und der Inhalt der vorvertraglichen Gespräche sind für die Klärung des Vertragsinhalts von Bedeutung. Wurde etwa die klagende Partei schon im Vorfeld der Vertragsabschlüsse über das Risiko von Setzungsschäden aufgeklärt und blieb sie dennoch bei der kostengünstigeren Variante, nahm sie also das damit verbundene Risiko bewusst in Kauf, so wäre Vertragsgegenstand die mit diesem Risiko behaftete Werkleistung geworden und die beklagte Partei hätte vertragsgemäß erfüllt. Eine derartige Vertragslage kann aufgrund der bisher unberücksichtigt gebliebenen Einwände der beklagten Partei nicht von vornherein ausgeschlossen werden.

11. Wurde dagegen ohne vorherige Aufklärung über das damit verbundene Risiko eine „kostengünstige“ Ausführung vereinbart, bestand das vertraglich geschuldete Werk in der Errichtung eines sicheren und tragfähigen Unterbaues für die projektierte Montagehalle (Punkt 6). Nimmt man die den Feststellungen zu entnehmenden Vorgaben von Ö-Norm und DIN zum Maßstab, so war das Erreichen dieses Ziels mit der vereinbarten Vorgehensweise bei der Ausführung der Werkleistung (zu geringe Aufschlusstiefe, untauglicher Zugversuch) nicht möglich. Dabei ist zu unterscheiden:

11.1 Beruhten die vereinbarten Ausführungsdetails auf Vorschlägen der beklagten Partei, so erwiesen sich diese als untauglich. Das Pfahlsystem entspricht nicht den geschuldeten Anforderungen – es ist „ungeeignet“ – und es läge daher ein Werkmangel vor.

11.2 Andernfalls, wenn die „Wünsche“ auf Durchführung des untauglichen Zugversuchs und der Kernbohrung in (nur) 20 m Tiefe nicht nur erwiesen, sondern auch – falls sie die Art der Durchführung konkret und verbindlich vorschrieben – als Anweisungen des Bestellers zu verstehen sein sollten (vgl RIS-Justiz RS0022214), wäre der beklagten Partei infolge der Unterlassung der gebotenen Warnung ein Verstoß gegen § 1168a letzter Satz ABGB anzulasten. Dasselbe gilt, wenn der allseits als problematisch erkannte Untergrund ohne Bodengutachten und bei Vorgabe einer erkennbar ungenügenden Aufschlusstiefe als offenbar untauglicher vom Besteller gegebener Stoff gewertet werden muss. Dabei ist zu beachten, dass die Warnpflicht auch gegenüber einem sachverständig beratenen Besteller besteht (RIS-Justiz RS0022243).

12. Die beklagte Partei, die als Sachverständige (§ 1299 ABGB) die von der „beauftragten“ Art der Durchführung ausgehende Gefahr von Setzungsschäden erkennen hätte müssen, könnte sich auf fehlende Fachkenntnisse nicht berufen (RIS-Justiz RS0022259; M. Bydlinski in KBB5 § 1168a Rz 7). Den ihr – auch im Falle einer Warnpflichtverletzung (vgl 9 Ob 133/98v) – nach § 1298 ABGB obliegenden Beweis mangelnden Verschuldens hätte sie nicht erbracht. Ein bei einer Warnpflichtverletzung allenfalls zu berücksichtigendes Mitverschulden des Bestellers hat die beklagte Partei nicht substanziiert eingewandt.

13. Träfe die beklagte Partei eine Verletzung der Warnpflicht und war die Erbringung der geschuldeten Leistung (tragfähiges, stabiles Pfahlsystem) auf die vereinbarte Art und Weise nicht möglich (vgl Punkt 11.), hätte sie nur den Vertrauensschaden zu ersetzen. Der Besteller ist in einem solchen Fall so zu stellen, wie er stünde, wenn der Unternehmer seiner Warnpflicht entsprochen hätte (8 Ob 75/13g ZVB 2014/148 [Wagner]; RIS-Justiz RS0102085). Der Besteller kann aber nicht jene Kosten begehren, die er bei entsprechender Warnung „sowieso“ zu tragen gehabt hätte. Zu ersetzen sind nur solche Verbesserungskosten, die zur Verbesserung des Werks im Sinn der Herstellung des vertragsmäßig geschuldeten Zustands aufzuwenden sind (vgl 8 Ob 75/13g zu einer ähnlichen Konstellation; s auch 2 Ob 135/10g; RIS-Justiz RS0117792).

14. Hätte die klagende Partei im Falle einer Warnung die mit einer fachgerechten Tiefengründung verbundenen Mehrkosten in Kauf genommen – was ebenso wie die Höhe dieser Kosten noch nicht feststeht –, so würde nach den vorstehenden Kriterien die Ersatzpflicht der beklagten Partei die Kosten für die Neuherstellung einer tauglichen Pfahlgründung umfassen, jedoch abzüglich der Mehrkosten für eine ausreichend tiefe Kernbohrung (falls tatsächlich nur 20 m vereinbart waren) und der nötigen Druckversuche sowie allfälliger sonstiger Mehrkosten (etwa für die Leistungen eines Geotechnikers), die die klagende Partei bei entsprechender rechtzeitiger Warnung „sowieso“ zu tragen gehabt hätte.

15. Für das Misslingen des Werks und die damit zusammenhängenden Verbesserungskosten (nicht aber für die „Sowieso-Kosten“) wäre eine Warnpflichtverletzung jedenfalls kausal. Ob dies auch für die Folgeschäden, also die Setzungen der Montagehalle und die dadurch verursachten Kosten der Neuerrichtung der Halle sowie die damit verbundenen Nebenkosten (Aus- und Rücksiedlung; Miete einer Ersatzhalle; Mehraufwand für Treibstoff) zutrifft, ist noch zu prüfen.

16. Letzteres gilt auch für den Fall, dass die beklagte Partei das Erfüllungsinteresse schulden sollte, weil ihre Leistung dem Geschuldeten nicht entsprach und deshalb mangelhaft war (Punkt 11.1). Der dann jedenfalls zu ersetzende Mangelschaden umfasste die Kosten einer vertragsgemäßen, dh jedenfalls sicheren und tragfähigen Pfahlgründung. Die Kosten für den Abbruch und die Wiedererrichtung der Halle sowie die Nebenkosten (Aus- und Rücksiedlung; Miete einer Ersatzhalle; Mehraufwand für Treibstoff) sind als Mangelfolgeschäden aber nur dann zu ersetzen, wenn der Mangelschaden hiefür ursächlich war.

17. All diese Ausführungen zum Umfang der (möglichen) Ersatzpflicht verstehen sich vorbehaltlich der noch zu erörternden Haftungsbeschränkung nach der Ö-Norm B2110.

18. Die Verneinung der Verjährung durch das Erstgericht ist schon angesichts der Negativfeststellung zur Erkennbarkeit der Setzungsschäden erst ab Mitte des Jahres 2008 nicht zu beanstanden. Es gibt auch keine stichhältigen Hinweise darauf, dass die klagende Partei vor diesem Zeitpunkt davon Kenntnis hatte, dass die Tiefengründung durch das errichtete „Pfahlsystem“ untauglich war und nicht die (stillschweigend) vereinbarten Eigenschaften aufwies. Der Einwand der Verjährung ist somit abschließend geklärt.

III. Zur Kausalität einer Warnpflichtverletzung oder eines Mangelschadens für die Setzung der Halle:

1. Das Erstgericht löste diese Frage nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises. Das Berufungsgericht scheint dem beizupflichten, ohne dass es sich bei Behandlung der Rechtsrüge mit den revisiblen Grundsätzen des Anscheinsbeweises (zB RIS-Justiz RS0040196) näher befasste.

1.1 Der Anscheinsbeweis beruht darauf, dass bestimmte Geschehensabläufe typisch sind und es daher wahrscheinlich ist, dass auch im konkreten Fall ein derartiger Ablauf und nicht ein atypischer gegeben ist. Die Möglichkeit der Dartuung von Geschehensabläufen aufgrund von Erfahrungssätzen stellt eine Beweiserleichterung für denjenigen dar, der anspruchsbegründende Tatsachen zu beweisen hat; der Anscheinsbeweis kann dann vom Gegner damit entkräftet werden, dass er Tatsachen darlegt und unter Beweis stellt, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs als des typischen ergibt (vgl 1 Ob 1/88 SZ 61/61; RIS-Justiz RS0040196; Karner in KBB5 § 1296 Rz 4; Reischauer in Rummel, ABGB³ § 1296 Rz 4b).

1.2 Das Erstgericht hat einen „durchaus typischen Kausalverlauf“ darin gesehen, dass eine mangels ausreichender Belastungsproben äußerst „grenzwertige“ Dimensionierung von Tiefengründungspfählen zu späteren Setzungsschäden führen kann. Dies bleibt in der Revision (naturgemäß) unwidersprochen. Für die Entkräftung des Anscheinsbeweises ging das Erstgericht davon aus, dass die zur Widerlegung des ersten Anscheins nachgewiesene ernstlich in Betracht zu ziehende andere Möglichkeit nicht noch wahrscheinlicher als der erste Anschein sein muss (so etwa 7 Ob 237/12x; auch 8 Ob 68/14d [„zumindest gleich wahrscheinlich“]; RIS-Justiz RS0040196 [T1, T3]). Weil es von einer „zumindest ähnlichen Wahrscheinlichkeit“ ausging, hielt es den Anscheinsbeweis für widerlegt und traf
– folgerichtig – eine Negativfeststellung zur Ursächlichkeit der Tiefengründung für die Folgeschäden.

1.3 Dagegen führt nun die klagende Partei Aussagen aus der Entscheidung 7 Ob 553/91 JBl 1992, 188 ins Treffen, wonach der dem Unternehmer obliegende Erschütterungsbeweis erst durch den Nachweis erbracht sein soll, „dass eine andere mögliche Schadensursache nach dem typischen Geschehensablauf die Wahrscheinlichkeit der Vertragsverletzung als Schadensursache in den Hintergrund drängt.“

Diese Aussage steht jedoch zur oben erörterten ständigen Rechtsprechung in Widerspruch, die schon das Aufzeigen (richtiger: den Beweis) einer „anderen ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeit“, allenfalls auch einer „zumindest gleichen Wahrscheinlichkeit“ genügen lässt (dazu näher Reischauer in Rummel, ABGB³ § 1296 Rz 4b). Die aus der zitierten Aussage zum Ausdruck kommende Rechtsansicht ist insoweit überholt und wird vom erkennenden Senat nicht geteilt.

1.4 Nach den teils disloziert in den Ausführungen zur Beweiswürdigung aufzufindenden Feststellungen des Erstgerichts kam als andere „ernstlich in Betracht zu ziehende Möglichkeit“ für den Eintritt der Setzungsschäden das als erwiesen angenommene Einknicken der Pfähle „beim Ölabscheider“ in Betracht. Ob der dem Kläger (vorläufig) gelungene Anscheinsbeweis dadurch entkräftet ist, betrifft die nicht revisible Beweiswürdigung (RIS-Justiz RS0040196). Somit ist die Kausalität einer allfälligen Schlechterfüllung für die Folgeschäden tatsächlich nicht erwiesen. Damit erlangt jedoch entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts die in zweiter Instanz aufgeworfene Frage der alternativen Kausalität wesentliche Bedeutung.

2. Zu Recht kritisiert die klagende Partei die Rechtsansicht des Berufungsgerichts zur alternativen Kausalität:

2.1 Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach die analoge Anwendung des § 1302 ABGB für jene Fälle anerkannt, in denen als Ursache für einen eingetretenen Schaden die schuldhaften oder sonst einen Haftungsgrund bildenden Handlungen mehrerer Personen in Betracht kommen, jedoch nicht festgestellt werden kann, welcher der in Betracht kommenden Schädiger den Schaden wirklich verursachte. Alternative Kausalität setzt somit voraus, dass mehrere potenzielle Schädiger vorhanden sind, von denen jeder ein Verhalten gesetzt hat, das bis auf den strikten Nachweis der Ursächlichkeit alle haftungsbegründenden Elemente enthält. Bei der Prüfung der möglichen Kausalität (des „Kausalitätsverdachts“) fordert die Rechtsprechung konkret gefährliche, „für den Schadenseintritt in höchstem Maße adäquate Handlungen“ der mit dem Kausalitätsverdacht Belasteten (vgl 2 Ob 120/08y; 2 Ob 85/11f; 4 Ob 204/13y; RIS-Justiz RS0022712, RS0022721).

2.2 Unterstellt man, dass bei der beklagten Partei ebenso wie bei dem (den) für die Mängel bei der Ölabscheideanlage Verantwortlichen alle sonstigen haftungsbegründenden Voraussetzungen zu bejahen wären, läge ein Fall der alternativen Kausalität vor. Denn dann stünden die potenziellen Verursacher unter konkretem „Kausalitätsverdacht“, wobei die dazu vorliegenden Feststellungen in ihrem Zusammenhalt im Sinne einer gleich hohen Wahrscheinlichkeit zu verstehen sind („genauso gut möglich“; „ähnlich hohe Wahrscheinlichkeit“). Ursächlich für das Versagen des Pfahlsystems war demnach entweder der Druck von oben (Verantwortlichkeit der beklagten Partei) oder die Einwirkung von der Seite (Verantwortlichkeit der mit der Planung und/oder Errichtung der Ölabscheideanlage betrauten Unternehmer oder der klagenden Partei selbst, sofern ihr die Überbelastung der oberhalb der Abscheideanlage errichteten Bodenplatte zuzurechnen ist).

2.3 Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass „die Verursachung des Schadens durch die Beklagte eben nicht feststeht“ und dass die Klägerin nicht nachweisen konnte, „dass sie den Schaden sicher nicht verursacht hat“, wie das Berufungsgericht formulierte. Denn nur dann, wenn einem der mit dem konkreten Kausalitätsverdacht Belasteten der Beweis gelänge, dass der andere Beteiligte jedenfalls kausal gehandelt hat oder aber das eigene Handeln jedenfalls nicht kausal war, läge kein Fall der alternativen Kausalität (mehr) vor (vgl 3 Ob 228/12v ZVB 2013/61 [Michl]; RIS-Justiz RS0022712 [T2, T9]).

2.4 Wären die von der Ölabscheideanlage ausgehenden konkret gefährlichen potenziellen Ursachen der klagenden Partei zurechenbar, wovon das Berufungsgericht auszugehen scheint, käme es im Zweifel zu einer gleichteiligen Schadenstragung (vgl 8 Ob 608/92; 6 Ob 2144/96d; 1 Ob 63/11p EvBl 2012/45 [Karner]; RIS-Justiz RS0107245).

3. Angemerkt sei noch, dass für eine analoge Anwendung der zur Arzthaftung entwickelten Beweislastregeln, wie dies die beklagte Partei in Erwägung zieht, im gegenständlichen Fall kein Anlass besteht. Nochmals ist aber zu betonen, dass die (sonstigen) Haftungsvoraussetzungen – wie oben aufgezeigt – noch nicht ausreichend geklärt wurden. Dies wird im fortgesetzten Verfahren nachzuholen sein. Sollte danach die Haftung der beklagten Partei zu bejahen sein, ist der geschuldete Betrag – da der Verbesserungsaufwand noch nicht entstanden ist – als zweckgebundener, die klagende Partei zur Rechnungslegung verpflichtender Vorschuss zu verstehen (vgl 2 Ob 135/10g; 3 Ob 191/13d). Zu berücksichtigen wäre bei der Schadensberechnung auch der von der klagenden Partei in unbeanstandeter Höhe vorgenommene Abzug „neu für alt“.

III. Zur Haftungsbeschränkung:

1. Die beklagte Partei stützt sich auf die in Punkt 2.46 der Ö-Norm B2110 idF 1. 3. 1995 enthaltene Haftungsbeschränkung. Die Regelung hat folgenden zwischen den Parteien unstrittigen Wortlaut:

„2.46.1 Hat ein Vertragspartner in Verletzung seiner vertraglichen Pflichten dem anderen schuldhaft einen Schaden zugefügt, so hat der Geschädigte Anspruch auf Schadenersatz wie folgt:

2.46.1.1 bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit auf Ersatz des wirklichen Schadens und des entgangenen Gewinns (volle Genugtuung);

2.46.1.2 bei leichter Fahrlässigkeit auf Ersatz des wirklichen Schadens:

(1) Bei Rücktritt ohne Begrenzung

(2) in allen anderen Fällen mit folgenden Begrenzungen:

- bei einer Auftragssumme bis 2,000.000,-- Schilling, höchstens 100.000,-- Schilling

- Bei einer Auftragssumme über 2,000.000,-- Schilling bis zu 5 % der Auftragssumme, jedoch höchstens 8,000.000 Schilling.

2.46.2 Die Beträge gemäß 2.46.1.2 sind zum Zeitpunkt der Entstehung des Anspruches wertgesichert nach dem Index der Verbraucherpreise 1986, beginnend mit dem 1. Jänner 1995.

[...]“

2. Entgegen der Auffassung der klagenden Partei wurde die Ö-Norm B2110 in der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültigen Fassung (3/1995), damit aber auch deren Punkt 2.46, im Werkvertrag vom 7. 11. 1995 wirksam vereinbart:

2.1 Ö-Normen, die nicht durch konkrete Rechtsvorschriften für verbindlich erklärt wurden, haben nur insoferne Bedeutung, als sie – konkludent – zum Gegenstand von Verträgen gemacht wurden (RIS-Justiz RS0038622, RS0062077). Dies gilt auch für die Ö-Norm B2110 (6 Ob 98/00f uva; Aicher in Straube/Aicher, Bauvertrags- und Bauhaftungsrecht I [Stand Juni 2016], 2.2.2.1). Der Oberste Gerichtshof enthält sich zwar grundsätzlich einer generellen Aussage dahin, dass schon jeder Verweis auf Ö-Normen des Verdingungswesens diese immer vollinhaltlich zum Vertragsbestandteil macht; maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls (1 Ob 359/98w; vgl Wenusch, ÖNORM B 2110² Rz II/26). Dennoch hat er bei gleichlautender (oder ähnlicher) Formulierung in den Auftragsgrundlagen („die Ö-Normen in ihrer jeweils neuesten Fassung ...“) ihre Einbeziehung in den Vertrag bereits bejaht (vgl 1 Ob 359/98w; 7 Ob 211/09v [„einschlägige Ö-Normen“]). Dabei betonte er, dass es sich bei der Ö-Norm B2110 um die maßgebliche Verdingungsnorm handle und es deshalb nicht an der Bestimmtheit bzw Bestimmbarkeit der entsprechenden Vertragserklärung (§ 869 ABGB) fehle.

2.2 Diese Erwägung gilt uneingeschränkt auch für den vorliegenden Fall. Dazu kommt, dass sich die klagende Partei in ihren Prozessbehauptungen selbst mehrfach auf die Regelungen einer bestimmten Ö-Norm (B4430) stützt. Warum nur diese, nicht aber auch alle anderen für Bauwerkverträge einschlägigen Ö-Normen, insbesondere die Ö-Norm B2110, wirksam vereinbart worden sein soll, erschließt sich dem Senat nicht. Da keine Ausnahmeregelung bezüglich der Haftungsbeschränkung getroffen wurde, wurde auch diese Inhalt des Vertrags. Dies gilt jedenfalls für den Werkvertrag vom 7. 11. 1995, in welchem die Ö-Norm vereinbart wurde.

3. Die Haftungsbeschränkung hält auch der Inhaltskontrolle stand:

3.1 Ihrer Rechtsnatur nach zählt die Ö-Norm B2110 zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (6 Ob 566/95; Aicher in Straube/Aicher I, 2.2.2.2). Obwohl sie in weiten Teilen einen ausgewogenen Kompromiss zwischen den Interessen der an Werkverträgen beteiligten Personen darstellen, der die Rechtsposition des Auftraggebers weder vernachlässigt noch unberücksichtigt lässt (1 Ob 144/04i SZ 2004/123), ist sie nicht nur selbst Maßstab für die „gröbliche Benachteiligung“ iSd § 879 Abs 3 ABGB, sondern ihre Bestimmungen unterliegen selbst der Inhaltskontrolle nach dieser Norm (Aicher in Straube/Aicher I, 2.2.2.2 und 2.5.2.2.1.4).

3.2 Die Privatautonomie gestattet es den Vertragsparteien, in den durch § 879 ABGB gezogenen Grenzen die im Gesetz geregelten Haftungsbestimmungen zu erweitern oder einzuschränken (6 Ob 98/00f; 8 Ob 46/17y; RIS-Justiz RS0016575). Vereinbarungen über den Ausschluss oder die Beschränkung der Haftung sind insofern wirksam, als ihr Abschluss oder doch ihre Anwendung im Einzelfall nicht gegen die guten Sitten verstößt (8 Ob 46/17y; RIS-Justiz RS0038178).

Vor diesem Hintergrund hat der Oberste Gerichtshof die Sittenwidrigkeit der in der Ö-Norm B2110 (nunmehr in Punkt 12.3.1) enthaltenen Haftungsbeschränkung bei leichter Fahrlässigkeit jüngst in einem Rechtsstreit aus einem Individualvertrag ausdrücklich verneint (8 Ob 46/17y; im Ergebnis auch 1 Ob 127/17h; diese Rechtsfrage noch offen lassend 7 Ob 211/09v; aA R. Welser in Straube/Aicher, Bauvertrags- und Bauhaftungsrecht II [Stand Oktober 2015], 6.11.3.2).

3.3 Daran hält auch der erkennende Senat mit folgender Einschränkung fest:

(a) Die Bestimmungen der Ö-Norm sind objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen. Sie sind so zu verstehen, wie sie sich einem durchschnittlichen Angehörigen des angesprochenen Adressatenkreises erschließen; im Zweifel bildet die Übung des redlichen Verkehrs einen wichtigen Auslegungsbehelf (vgl 6 Ob 566/95; 6 Ob 151/05g ecolex 2006/44 [Leitner]).

(b) Ganz grundsätzlich sind Vereinbarungen über den Ausschluss oder die Beschränkung der Haftung nur insoweit wirksam, als dadurch nicht auf den Ersatz gänzlich unvorhersehbarer oder atypischer Schäden verzichtet wird, mit denen nicht gerechnet werden konnte (vgl 8 Ob 46/17y mwN; RIS-Justiz

Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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