TE OGH 2017/10/25 6Ob185/17z

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Veröffentlicht am 25.10.2017
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei e***** GmbH, *****, vertreten durch MMag. Dr. Susanne Binder-Novak, Rechtsanwältin in St. Pölten, gegen die beklagte Partei Dr. W***** S*****, vertreten durch Dr. Gerhard Ebenbichler, Rechtsanwalt in Wien, wegen 376.669,66 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 300.783,76 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 6. September 2017, GZ 15 R 75/17k-141, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

B e g r ü n d u n g :

Rechtliche Beurteilung

1.1. Wenn ein Pauschalbetrag eingeklagt wird, der entgegen § 226 ZPO nicht ausreichend aufgegliedert wurde, muss dem Kläger eine Verbesserungsmöglichkeit eingeräumt werden (6 Ob 51/05a). Um die Verjährung zu unterbrechen, reicht allerdings ein ergänzungsbedürftiges Vorbringen aus, wenn die Unvollständigkeit in der Folge behoben wird, sodass auch eine unschlüssige Klage, sofern sie noch vor Ablauf der Verjährungsfrist eingebracht wurde, in der Folge verbessert werden kann (RIS-Justiz RS0034836). Wenngleich manche Entscheidungen in diesem Zusammenhang nur von einer „im Auftrag des Gerichts“ vorgenommenen „Präzisierung des Begehrens“ oder einer „aufgetragenen Verbesserung“ sprechen (8 Ob 135/03s; 10 Ob 37/13h), kann für den Fall, dass der Kläger von sich aus ein mangelhaftes Begehren präzisiert, nichts anderes gelten (vgl 8 Ob 129/08s). Zudem hat die klagende Partei ihr Vorbringen schon im Schriftsatz ON 9 vom 16. 4. 2009 dahin präzisiert, dass sich das Zahlungsbegehren daraus ergebe, dass der Beklagte der Klägerin durch die Kündigung die Nutzung des Produkts „unmöglich gemacht“ habe. Im Schriftsatz ON 18 vom 2. 4. 2010 wird ausdrücklich die Formulierung verwendet, der Schadenersatzanspruch sei darauf gestützt, dass nunmehr die Leistungen, die zur Entwicklung der Produkte investiert wurden, „frustriert“ seien.

1.2. Damit ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, die Klägerin habe durch diese Ausführungen noch innerhalb der Verjährungsfrist den Beklagten im Sinne des § 1497 ABGB durch eine Klage „belangt“, deren Rechtsschutzziel ausreichend erkennbar war (Kodek in Fasching/Konecny3 §§ 84, 85 ZPO Rz 153; Madl in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.04 § 1497 Rz 26; vgl auch RIS-Justiz RS0034875).

1.3. Soweit die Revision geltend macht, eine Unschlüssigkeit sei dann nicht verbesserungsfähig, wenn eine Entscheidung – wenn auch nicht in klagsstattgebenden Sinn – möglich sei, so wird diese Auffassung in der neueren Rechtsprechung nicht mehr vertreten. Vielmehr entspricht es seit der Entscheidung 1 Ob 73/03x der ständigen Judikatur, dass vor der Abweisung eines unschlüssigen Klagebegehrens stets ein Verbesserungsversuch vorzunehmen ist (RIS-Justiz RS0117576; Gitschthaler in Rechberger ZPO4 §§ 84, 85 ZPO Rz 12 mwN).

2. Ob Teile eines einheitlichen Anspruchs eingeklagt sind oder zu unterscheidende, einem unterschiedlichen rechtlichen Schicksal zugängliche Teile, hängt jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0037907 [T10]). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin im Sinne dieser Rechtsprechung zwei Beträge von 288.000 EUR und 259.992 EUR geltend gemacht, die sich auf die erste bzw zweite Projektphase bezogen. Davon wurden gewährte Förderungen von 56.000 EUR bzw 65.000 EUR abgezogen; weiters wurden die von einer anderen Gesellschaft bezahlten Beträge von 5.217 EUR und 45.105,34 EUR abgezogen, woraus sich der zuletzt noch offene Klagsbetrag von 376.669,66 EUR ergibt, über den die Vorinstanzen abgesprochen haben. Das Erstgericht hat die zugesprochenen Beträge detailliert begründet. Entgegen den Revisionsausführungen bestehen auch keine Probleme, den Umfang der Rechtskraft der Teilabweisung zu beurteilen (RIS-Justiz RS0031014 [T15]), weil sich aus der Begründung des Ersturteils zweifelsfrei ergibt, wofür welche Beträge zugesprochen wurden und dass beim eigenen Personalaufwand der Klägerin ein Abstrich gegenüber den behaupteten Kosten vorgenommen wurde.

3. Nicht berechtigt sind auch die Revisionsausführungen, wonach die frustrierten Kosten aus der ersten Projektphase dem Beklagten nicht zugerechnet werden könnten, weil er zu einem Abschluss eines Vertrags über die zweite Projektphase nicht verpflichtet gewesen sei. Schon im Lizenz- und Know-how-Vertrag, dessen Abschluss den Beginn der ersten Projektphase bedeutete, war als Ziel die Entwicklung eines galvanischen kathodischen Korrosionsschutzsystems vorgesehen. In diesem Vertrag hat sich der Beklage ua zur Erteilung einer Lizenz zur Nutzung des Patents verpflichtet, wobei der Vertrag auf unbestimmte Zeit bei einem 40-jährigen Kündigungsverzicht abgeschlossen wurde. Bei dieser Sachlage konnte der Beklagte aber die Zusammenarbeit nicht einfach ohne Grund einstellen. Zutreffend gingen die Vorinstanzen daher im Ergebnis davon aus, dass für die vom Beklagten angestrebte getrennte Beurteilung der beiden Projektphasen keine Grundlage besteht, zumal die erste Projektphase allein für die Klägerin wirtschaftlich nicht verwertbar gewesen wäre.

4. Entgegen den Revisionsausführungen liegen auch keine überschießenden Feststellungen vor. Abgesehen davon, dass auch überschießende Beweisergebnisse verwertbar sind, sofern sie noch in den Rahmen eines geltend gemachten Klagegrundes oder einer bestimmten Einwendung fallen (RIS-Justiz RS0037964 [T1, T2]), führt die Revision nicht konkret an, welche Feststellungen die Vorinstanzen hier unzulässigerweise berücksichtigt haben sollten.

5. Aufgrund des Charakters der gegenständlichen Vereinbarung als Dauerschuldverhältnis und der daraus erfließenden Treuepflicht ist auch die Rechtsansicht der Vorinstanzen, die bloße Forderung der Klägerin nach einer Frosttausalzbeständigkeit, die in Wahrheit nicht vereinbart war, hätte dem Beklagten die weitere Fortsetzung des Vertrags noch nicht unzumutbar gemacht (vgl RIS-Justiz RS0027780), wenn sich dies durch einen Hinweis darauf aus der Welt schaffen hätte lassen, dass die Frosttausalzbeständigkeit eben kein Vertragsbestandteil war und die Frist für die Entwicklung zu kurz sei, nicht zu beanstanden.

6. Die Beweislast dafür, dass sich der Vertrag auch bei ordnungsgemäßer Erfüllung als Verlustgeschäft erwiesen hätte, trifft den Schuldner, also den Beklagten (RIS-Justiz RS0018499). Das Erstgericht ist diesbezüglich jedoch ausdrücklich davon ausgegangen, dass dieser Nachweis dem Beklagten nicht gelungen ist, sodass sich daraus für den Rechtsstandpunkt des Beklagten nichts ableiten lässt.

7. Wieso die Nichtannahme eines Vergleichsangebots schuldhaft gewesen sein sollte, ist nicht zu sehen (vgl auch 2 Ob 238/12g).

8. Entgegen den Revisionsausführungen ist auch die Formulierung des Zinsenbegehrens „376.669,66 EUR samt Zinsen aus Unternehmen ab 1. 11. 2010“ ausreichend, wird dadurch doch erkennbar auf § 352 UGB aF (nunmehr § 456 UGB) Bezug genommen. Diese Bestimmung gilt aber generell für jede verspätete Zahlung von Geldforderungen zwischen Unternehmern aus einem unternehmerischen Geschäft und damit auch für Schadenersatzforderungen, und zwar unabhängig davon, um welchen Vertragstyp es sich handelt (RIS-Justiz RS0120608).

9. Zusammenfassend bringt die Revision daher keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass sie spruchgemäß zurückzuweisen war.

Schlagworte

1 Generalabonnement

Textnummer

E119934

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2017:0060OB00185.17Z.1025.000

Im RIS seit

05.12.2017

Zuletzt aktualisiert am

05.12.2017
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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