TE AsylGH Erkenntnis 2013/07/15 D12 306207-4/2013

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Veröffentlicht am 15.07.2013
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Spruch

D12 306207-4/2013/2E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Auttrit als Vorsitzenden und den Richter Dr. Dajani als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.03.2013, FZ. 12 13.986-BAT, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z 1 und 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I 38/2011 als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation sowie Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe, reiste am 26.08.2006 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Dazu wurde er am 26.08.2006 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und gab an, dass er über die Slowakei nach Österreich gelangt sei. In der Slowakei sei er zwar aufgegriffen worden, habe aber keinen Asylantrag gestellt. Er habe seinen Herkunftsstaat verlassen, weil bei ihnen zu Hause noch immer Kriegszustände herrschen. Arbeit gebe es auch keine.

 

Mit Bescheid der BH Bruck an der Leitha vom 26.08.2006 wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z 4 und Abs. 3 FPH 2005 sowie § 113 Abs. 1 FPG 2005 die Schubhaft über den Beschwerdeführer verhängt.

 

Mit Schreiben vom 29.08.2006 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da DUBLIN- Konsultationen mit der Slowakei geführt werden.

 

Der Beschwerdeführer wurde am 19.09.2006 vom Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die russische Sprache niederschriftlich einvernommen und gab an, dass er in der Slowakei einen Asylantrag gestellt habe. Im Herkunftsstaat habe er zuletzt als Flüchtling in einem Rot- Kreuz-Lager in Inguschetien gelebt. Er habe die Russische Föderation wegen des Krieges verlassen. Am 07. oder 08.07.2006 seien maskierte Russen in ihr Haus in XXXX eingedrungen, haben den Beschwerdeführer abgeführt und zehn Tage lang festgehalten. Er sei misshandelt worden und habe drei Tage lang nichts gesehen, weil man ihm eine schwarze Kappe übergezogen habe. Dann sei er sieben Tage lang in einem Eisencontainer festgehalten worden. Dann habe man ihn irgendwo im Wald ausgesetzt. Er sei zu Fuß zurück zum Dorf gegangen. Nachgefragt gab er an, dass er mit Strom gefoltert worden sei. Er sei getreten worden und man habe ihn mit leeren Glasflaschen geschlagen. Narben habe er keine. Sie machen es so, dass keine Spuren bleiben. Er habe nur blaue Flecken gehabt.

 

In die Slowakei möchte er nicht zurück. Dort sei kein normales Leben möglich. In Österreich leben ein Bruder und eine Schwester des Beschwerdeführers. Er habe sie vor zwei Jahren zuletzt gesehen.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.09.2006, Fz. 06 08.944- EAST Ost, wurde der Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und festgehalten, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 16/1/c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates die Slowakei zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Slowakei ausgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 10 Abs. 4 AsylG für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.).

 

Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde (vormals Berufung) erhoben und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt.

 

Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 20.10.2006, GZ. 306.207-C1/Z1-X/47/06, wurde der Berufung gemäß § 37 Abs. 1 AsylG hinsichtlich des Spruchpunktes II. die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

 

Am 02.11.2006 wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen.

 

Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 10.11.2006, GZ. 306.207-C1/E1-X/47/06, wurde der Berufung gemäß § 41 Abs. 3 AsylG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

 

Am 08.01.2007 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die russische Sprache niederschriftlich einvernommen und gab an, dass ein Bruder und eine Schwester seit ungefähr zwei Jahren in Österreich leben. Eine andere Schwester sei derzeit in der Slowakei. Er habe Kontakt zu seinen in Österreich aufhältigen Geschwistern, wohne aber nicht mit ihnen zusammen.

 

Der Beschwerdeführer habe an beiden Tschetschenienkriegen nie aktiv teilgenommen. Er sei nur einmal mitgenommen worden. Die Anhaltung habe am 09.oder 10.07.2006 in der Früh im Elternhaus stattgefunden. Maskierte Unbekannte haben ihm einen Sack über den Kopf gestülpt, ihn in ein Auto gezerrt und an einen unbekannten Ort gebracht. Dort sei ihm der Sack drei Tage lang nicht vom Kopf genommen worden. Man habe ihn geschlagen, gefoltert und verhört. Vier weitere Tage lang sei er ohne Sack auf dem Kopf angehalten worden. Insgesamt habe die Anhaltung eine Woche lang gedauert. Er sei mit Strom gefoltert und mit Flaschen geschlagen worden. Dann habe man ihn in der Nähe seines Dorfes aus dem Auto geworfen. Die Anhaltung habe gezielt den Beschwerdeführer betroffen. Es sei keine gewöhnliche Säuberungsaktion gewesen. Warum er mitgenommen worden sei, wisse er nicht. Sie haben ihn nur gefragt, wo die Kämpfer seien. Angeblich habe er die Kämpfer mit Essen versorgt. Das stimme aber nicht. Dazu hätte er gar kein Geld gehabt. Vor diesem Vorfall habe es nie gezielte Maßnahmen gegen die Person des Beschwerdeführers gegeben. Auch seine Brüder seien nie verfolgt worden.

 

Auf Vorhalt, der Beschwerdeführer habe in einer früheren Einvernahme, anders als heute angegeben, dass die Anhaltung am 07.oder 08.Juli stattgefunden und 10 Tage gedauert habe, entgegnete der Beschwerdeführer, dass er sich um den einen oder anderen Tag irren könne. Er habe aber schon bei früheren Einvernahmen gesagt, dass die Anhaltung eine Woche gedauert habe. Warum jetzt 10 Tage angeführt seien wisse er nicht.

 

Nach seiner Freilassung sei er nach Hause gegangen, dann aber gleich zu einem Cousin nach XXXX gefahren. Dort habe er sich eine Woche lang aufgehalten. Dann sei er schon ausgereist. Eine Schwester habe ihn beim Cousin besucht und ihm erzählt, dass nochmals nach ihm gefragt worden sei. Nach der Freilassung sei er nicht in ärztlicher Behandlung gewesen. Er habe auch nur blaue Flecken gehabt. Er wisse nicht warum er freigelassen worden sei. Lösegeld sei nicht bezahlt worden. Eine Schwester des Beschwerdeführers und deren Ehemann seien gemeinsam mit dem Beschwerdeführer ausgereist. Auf Vorhalt, dass der Beschwerdeführer in der letzten Einvernahme angegeben habe, dass er zuletzt in einem Rot-Kreuz-Lager in Inguschetien gelebt habe, sagte der Beschwerdeführer, er habe sich 2001 oder 2002 einen Monat lang bei Verwandten in Inguschetien aufgehalten. Sein älterer Bruder sei nie mitgenommen worden. Der jüngere Bruder sei 2004 bei einem Kontrollposten mitgenommen worden. Auch seine Geschwister haben sich nie in einem Rot-Kreuz-Lager aufgehalten.

 

In einem anderen Teil der Russischen Föderation hätte sich der Beschwerdeführer nicht aufhalten können. Er wäre dort überprüft worden. Ob er von den Behörden gesucht werde, wisse er nicht.

 

Abschließend wurden dem Beschwerdeführer Länderberichte zur Lage im Herkunftsstaat zur Kenntnis gebracht. Der Beschwerdeführer entgegnete, er wisse nicht woher diese Informationen stammen. Aus diesen Berichten könne man herauslesen, dass man in Russland gut leben könne und dazu möchte er nichts sagen.

 

Mit Schreiben vom 10.07.2007 übermittelte das Bundesasylamt, Grundsatz- und Dublinabteilung den Inlandsreisepass des Beschwerdeführers an die Außenstelle Traiskirchen. Eine Kopie des Inlandsreisepasses findet sich auf Aktenseite 35.

 

Am 20.08.2007 stellte der Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 2 AVG einen Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über seinen Asylantrag auf den Unabhängigen Bundesasylsenat.

 

Mit Urteil des BG XXXX vom 10.12.2007 (Rechtskraft: 14.12.2007), XXXX, wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 15, 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Wochen, bedingt, Probezeit drei Jahre, verurteilt.

 

Einem vom Bundesasylamt in Auftrag gegebenen linguistischen Gutachten vom 30.09.2009 ist zu entnehmen, dass die Hauptsozialisation des Beschwerdeführers eindeutig in einem tschetschenischen Milieu in Tschetschenien stattgefunden habe. Die Angaben des Beschwerdeführers werden somit bestätigt.

 

Am 11.06.2010 stellte der Asylgerichtshof das Verfahren des Beschwerdeführers zur GZ. C5 306207-3/2008/15E gemäß § 24 Abs. 2 AsylG 2005 ein.

 

Mit Schreiben vom 29.06.2011 beantragte der Beschwerdeführer die Weiterführung des Verfahrens. Er habe hier in Wien eine Frau namens

XXXX (AIS-Zl. 0801.413). Mit dieser Frau habe er ein Kind namens

XXXX

 

Mit Verfahrensanordnung des Asylgerichtshofes vom 21.07.2011, GZ. D12 306207-3/2008/23Z, wurde das eingestellte Verfahren des Beschwerdeführers fortgesetzt.

 

Am 23.02.2012 fand eine mündliche Verhandlung (Gegenstand: Devolutionsantrag vom 20.08.2007) statt, zu welcher der Beschwerdeführer nicht erschienen ist.

 

Mit Verfahrensanordnung des Asylgerichtshofes vom 03.05.2012, GZ. D12 306207-3/2008/33E, wurde das Verfahren des Beschwerdeführers erneut gemäß § 24 AsylG 2005 eingestellt.

 

Aufgrund der Mitteilung vom 18.06.2012 über eine nunmehrige neue Zustelladresse des Beschwerdeführers war die Feststellung des Sachverhaltes möglich. Laut Verfahrensanordnung des Asylgerichtshofes vom 03.05.2012, GZ. D12 306207-3/2008/33E, wurde das Verfahren daher am 22.06.2012 fortgesetzt.

 

Am 25.09.2012 führte der erkennende Senat des Asylgerichtshofes eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer und ein Dolmetscher für die russische Sprache teilgenommen haben. Gegenstand war der Devolutionsantrag vom 20.08.2007/ Asylantrag vom 26.08.2006.

 

Dabei gab der Beschwerdeführer Folgendes zu Protokoll:

 

(...)

 

VR: Sie haben am 26.08.2006 beim BAA einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Sie sind am 19.09.2006 und am 08.01.2007 dazu einvernommen worden. In weiterer Folge wurde ein Devolutionsantrag gestellt. Wissen Sie, was das bedeutet?

 

BF: Nein, diesen hat wahrscheinlich mein Rechtsvertreter gestellt, ich weiß nicht was das bedeutet.

 

VR: Die Stellung eines Devolutionsantrages bedeutet, dass die Zuständigkeit zur Entscheidung vom BAA, welche 1. Instanz ist, auf die 2. Instanz (damals UBAS) übergeht. Rechtlich ergibt sich daraus, dass nur mehr eine Instanz über ihren Antrag entscheidet und es dagegen kein ordentliches Rechtsmittel mehr gibt. Wenn hingegen das BAA entschieden hätte, dann gibt es dagegen ein ordentliches Rechtsmittel und wäre dagegen eine Beschwerde möglich und würde als

2. Instanz der AsylGH zuständig werden. Möchten Sie Ihren Devolutionsantrag aufrecht erhalten oder möchten Sie diesen zurückziehen?

 

BF: Ich möchte diesen Devolutionsantrag zurückziehen. Dieser wurde offensichtlich von XXXX, meinem damaligen Vertreter, gemacht, ich wusste nichts davon. Ich habe auch von den Rechtsfolgen heute erfahren und möchte natürlich, falls die 1. Instanz negativ entscheidet noch ein Rechtsmittel haben.

 

VR: Dem BF wird mitgeteilt, dass damit die Zuständigkeit wieder an das BAA zurückgeht.

 

VR: Das BAA wird jetzt, da Sie bereits zweimal einvernommen worden sind, über Ihren Antrag auf internationalen Schutz zu entscheiden haben, es obliegt jedoch dem zuständigen Referenten, ob Sie neuerlich geladen werden, oder ob Ihnen das BAA die aktuellen Länderberichte zur Situation in der RF/Tschetschenien zusendet und Ihnen gemäß § 45 Abs. 3 AVG die Möglichkeit gibt, dazu eine Stellungnahme abzugeben. Da seit Ihrer letzten Einvernahme mehrere Jahre vergangen sind, befrage ich Sie jetzt noch zu Veränderungen in Ihrem Privat- und Familienleben.

 

VR: Sie sind derzeit in XXXX (Verein Ute Bock) als obdachlos gemeldet. Wo wohnen Sie tatsächlich?

 

BF: Ich übernachte bei verschiedenen Freunden. Ich würde gerne bei meiner Lebensgefährtin, XXXX, mit der ich ein gemeinsames Kind, XXXX, habe, wohnen. Diese lebt in XXXX, in einem Haus der Volkshilfe, jedoch wurde mir nicht erlaubt, mich dort anzumelden, da ich einen privaten PKW mit Wiener Kennzeichen besitze - das genaue KZ fällt mir jetzt nicht ein. Meine Lebensgefährtin und mein Sohn besitzen den Status eines subsidiär Schutzberechtigten.

 

VR: Haben Sie aktuelle gesundheitliche Probleme?

 

BF: Nein.

 

VR: Haben Sie irgendwelche Verwandten innerhalb der Russischen Föderation?

 

BF: Ja, Vater, Mutter, einen Bruder namens XXXX, dieser hat auch in Österreich um internationalen Schutz angesucht, wurde aber nach Polen zurückgeschickt.

 

VR: Haben Sie noch andere Geschwister in Österreich?

 

BF: Ja, drei Schwestern, zwei XXXX haben ein Konventionsreisdokument bekommen. Die dritte Schwester XXXX ist erst vor 2 Monaten gekommen und ist noch im Asylverfahren. Mein Bruder XXXX, befindet sich auch in Österreich, ich weiß aber nicht welchen Status er hat.

 

VR: Haben Sie in Österreich einen Deutschkurs besucht?

 

BF: Nein.

 

VR: Sind Sie jemals einer Beschäftigung in Österreich nachgegangen?

 

BF: Ich habe auf Baustellen gearbeitet. Es wurde mir gesagt, es sei legal, ich weiß aber nicht, ob ich eine Beschäftigungsbewilligung habe. Mein Auto habe ich mir jedenfalls durch illegale Arbeit finanziert.

 

VR: Sind Sie in Österreich vorbestraft?

 

BF: Ja, derzeit befinde ich mich in U-Haft, am 1.Oktober findet die Gerichtsverhandlung statt.

 

VR Sie sind beim Verein Ute Bock als obdachlos gemeldet. Wissen Sie, dass Sie sich alle 14 Tage bei der zuständigen PI melden müssen?

 

BF: Ja, ich werde da auch zuverlässig machen. Das BAA wird Ihnen wahrscheinlich Länderberichte zusenden, wenn Sie diese nicht beheben, wird ohne Ihre Stellungnahme entschieden werden.

 

VR fragt den BF, ob er noch etwas Ergänzendes vorbringen möchte.

 

BF: Nein.

 

VR fragt den BF, ob er die Dolmetscherin gut verstanden habe; dies wird bejaht.

 

Der Beschwerdeführer zog somit im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof am 25.09.2012 seinen Devolutionsantrag zurück. Nach der Judikatur des VwGH erlischt die Entscheidungspflicht der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde. Mit Zurückziehung des Devolutionsantrages lebt die Zuständigkeit der Vorinstanz wieder auf.

 

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 01.10.2012 (Rechtskraft: 01.10.2012), XXXX, wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 127, 130

1. Fall StGB, § 15 StGB, § 125 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, davon sechs Monate bedingt, Probezeit drei Jahre, verurteilt.

 

Der Beschwerdeführer wurde am 21.11.2012 vom Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die russische Sprache niederschriftlich einvernommen und gab zu seiner privaten und familiären Situation befragt an, dass er traditionell verheiratet sei und mit seiner Freu ein gemeinsames Kind habe. Er lebe derzeit nicht mit seiner Familie zusammen. Er sei 2006 mit seiner Schwester nach Österreich gekommen. Diese habe vor ungefähr sieben Monaten einen positiven Bescheid bekommen. Auf Vorhalt, er habe in früheren Einvernahmen angegeben, dass die Schwester mit ihrem Mann ausgereist sei, sagte der Beschwerdeführer, er habe Tschetschenien gemeinsam mit seiner Schwester verlassen. Er sei von der Slowakei weiter nach Österreich gereist. Die Schwester sei in der Slowakei geblieben. Dort habe sie ihren Mann kennengelernt und geheiratet und beide seien nach Österreich weitergefahren. Insgesamt leben ein Bruder und drei Schwestern in Österreich. Er stehe mit seinen Geschwistern in ständigem Kontakt. Finanziell unterstützt werde er von diesen aber nur mit kleinen Beträgen. Die Eltern des Beschwerdeführers leben nach wie vor im Herkunftsstaat.

 

Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer an, dass es eine lange Geschichte sei, die er schon einmal erzählt habe. Er sei im Jahr 2006 einmal von zu Hause mitgenommen worden. Bis dahin habe er nie Schwierigkeiten gehabt. Man habe ihm eine schwarze Haube über den Kopf gestülpt, weggebracht und bis zu zehn Tage lang festgehalten. Dann sei er freigelassen worden und sofort ausgereist. Er sei ungefähr eine halbe Stunde zu Hause gewesen, dann zu einem Onkel nach XXXX gefahren. Dort sei er maximal zwei Tage gewesen. Er sei mit seiner Schwester ausgereist. Diese sei damals auch festgenommen und verhört worden. Im Falle seiner Rückkehr befürchte er, dass die Leute, gegen die er ausgesagt habe, zu ihm kommen. Dies sei aber gar nicht wahr. Er habe niemanden beschuldigt. Einer, den er angeblich verraten habe, arbeite bei der Polizei. Auch ein anderer sei mitgenommen und zusammengeschlagen worden. Der Beschwerdeführer habe Angst vor der Rache dieser beiden. Von den Behörden habe er nicht unbedingt etwas zu befürchten. Sein Problem seien eben diese beiden anderen Männer. Mehr möchte er zu seinen Fluchtgründen nicht hinzuzufügen. Er habe schon alles erzählt. Er habe nicht vor, nach Tschetschenien zurückzukehren.

 

Er sei in Österreich schon rechtskräftig verurteilt worden, bereue dies aber. Er sei derzeit obdachlos gemeldet und bekomme keine finanzielle Unterstützung. Er verstehe schon etwas Deutsch, spreche aber kaum Deutsch. Er habe keine besonderen Kontakte in Österreich. Er sei gesund.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.03.2013, Fz. 12 13.986-BAT, wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, idgF, abgewiesen (Spruchpunkt I.) und der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III.). Die belangte Behörde stellte die Identität und Nationalität des Beschwerdeführers fest und traf umfangreiche Länderfeststellungen zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers.

 

Beweiswürdigend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft entnommen werden könne, dass er tatsächlich aus den von ihm genannten Gründen die Heimat verlassen habe. Seine Angaben seien aufgrund diverser Widersprüche und zahlreicher grundlegender Ungereimtheiten nicht glaubhaft. Wie sich aus der eingangs ersichtlichen Niederschrift ergebe, habe er bei oberflächlicher Betrachtungsweise eine plausibel erscheinende Rahmengeschichte vorgebracht. Bei der Erstbefragung am 26.08.2006 habe er noch sehr allgemein gesagt, geflohen zu sein, weil noch Kriegszustand herrsche und es auch keine Arbeit gebe. Mit keinem Wort habe er irgendwelche persönlichen Bedrohungsszenarien erwähnt. Erst in der Einvernahme am 08.01.2007 habe er eine Mitnahme durch unbekannte maskierte Männer und eine Anhaltung erwähnt. Am 21.11.2012 habe er zu den Fluchtgründen nicht mehr hinzufügen wollen, als er schon gesagt habe. Das Wenige habe aber trotzdem Widersprüche zu Vorangegangenem aufgewiesen. So habe er am 08.01.2007 gesagt, nach seiner Freilassung nach XXXX gefahren zu sein und dort noch mehrere Tage aufhältig gewesen zu sein. Am 21.11.2012 aber habe er gemeint, maximal zwei Tage in XXXX geblieben zu sein. Darüber hinaus sei die extrem vage Art und Weise, wie er den behaupteten Fluchtgrund geschildert habe, völlig ungeeignet, um sein Vorbringen für glaubhaft zu befinden. Unabhängig davon muss eine Bedrohung aktuell sein. Daran mangle es seinem Vorbringen auf jeden Fall. All seine Angaben liegen schon mehrere Jahre zurück. Eine gegenwärtige Gefahr sei daher nicht zu erkennen gewesen. Während der Einvernahme am 21.11.2012 habe er sogar gesagt, dass er von den Behörden nicht unbedingt etwas befürchte. Es sei daher auch nicht von einer staatlichen Verfolgung auszugehen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers sei also nur konstruiert, um eine Gefährdung vorzutäuschen.

 

Hinsichtlich des Privat- und Familienlebens hielt die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer zwar behauptet habe, Vater eines Sohnes zu sein, habe dies jedoch nicht belegen können. Daher könne von einer tatsächlichen Vaterschaft nicht ausgegangen werden. Gleichzeitig stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer mit seiner Partnerin und seinem Kind in keinem gemeinsamen Haushalt lebe.

 

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 10.04.2013 fristgerecht Beschwerde wegen grober Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, mangelhafter und unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhoben. Der Beschwerdeführer monierte, die Feststellung, dass der Fluchtgrund nicht glaubhaft gewesen sei, beruhe auf einer unrichtigen Würdigung der Ergebnisse des Beweisverfahrens. Der Beschwerdeführer habe in seinen Einvernahmen ausführlich, plausibel, widerspruchsfrei und nachvollziehbar seine Fluchtgründe dargelegt, auf die nochmals vollinhaltlich verwiesen werde. Der Beschwerdeführer habe die Entführung und die einzelnen Folterungen detailliert geschildert. Dem Argument der Behörde, der Beschwerdeführer hätte in der Erstbefragung nur angegeben, Tschetschenien aufgrund der Kriegszustände verlassen zu haben, sei entgegenzuhalten, dass die Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht die zentrale Ermittlungsquelle des maßgeblichen Sachverhaltes im Asylverfahren sein könne, da sie hauptsächlich der Aufnahme von Daten des Asylwerbers sowie der Ermittlung des Fluchtweges diene. Sonstige Widersprüche habe die Behörde nicht zu beschreiben vermocht, da keine im Vorbringen des Beschwerdeführers zu finden gewesen seien. Weiters wurde bemängelt, dass die Feststellungen der Behörde zum Herkunftsland dem Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt vorgehalten worden seien, sodass dem Beschwerdeführer nicht die Möglichkeit eingeräumt worden sei, zu den Feststellungen Stellung zu nehmen.

 

Der Beschwerdeführer habe ein schützenswertes Familienleben in Österreich. Seine traditionell verehelichte Frau und sein Kind sowie seine Schwester leben als subsidiär Schutzberechtigte bzw. Asylberechtigte in Österreich. Das Verhältnis zu seiner in Österreich lebenden Schwester sei sehr eng. Sie unterstütze ihn moralisch, psychisch als auch finanziell. Die von der Behörde getroffenen lapidaren und unbegründeten Feststellungen zu seinem Privatleben auf den Seiten 17-18 des Bescheides beruhen daher auf einer unrichtigen Beweiswürdigung und seien aktenwidrig. Aktenwidrig sei demnach auch die Feststellung zum Familienleben auf Seite 57 des Bescheides, wo davon ausgegangen werde, dass "die Mitglieder der Kernfamilie...jedoch im selben Umfang wie Sie von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen" seien, weshalb diesbezüglich die Ausweisung keinen Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers darstelle. Sowohl die Frau als auch das Kind des Beschwerdeführers, also seine gesamte Kernfamilie, seien in Österreich subsidiär schutzberechtigt. Eine Ausweisung würde daher in massiver Weise in sein Recht auf Privat- und Familienleben eingreifen. Die Behörde habe es verabsäumt, eine individuelle Verhältnismäßigkeitsprüfung zwischen dem schützenswerten Familienleben des Beschwerdeführers und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durchzuführen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat dazu erwogen:

 

1. Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsicht in die dem Asylgerichtshof vorliegenden Verwaltungsakte des Beschwerdeführers sowie der im erstinstanzlichen Verfahren eingeführten Länderdokumente.

 

2. Der Asylgerichtshof geht von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus:

 

Zur Person und den Fluchtgründen:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe, am XXXX geboren und trägt den im Spruch genannten Namen. Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund der Vorlage eines russischen Inlandsreisepasses fest.

 

Der Beschwerdeführer reiste am 26.08.2006 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Der Beschwerdeführer ist gesund. Er leidet an keinen physischen oder psychischen Erkrankungen, die ein Hindernis für eine Rückführung in die Russische Föderation darstellen würden.

 

Der Beschwerdeführer ist Vater des minderjährigen XXXX, welchem mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.07.2011, 11 03.551-BAT, gemäß § 8 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Familienverfahren zuerkannt wurde.

 

Der Beschwerdeführer ist Lebensgefährte der XXXX, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.07.2009, 08 01.413-BAT, gemäß § 8 AsylG 2005 der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde.

 

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich zwei Mal strafrechtlich verurteilt.

 

Nicht festgestellt werden kann unter Zugrundelegung des Vorbringens des Beschwerdeführers, dass dem Beschwerdeführer in der Russischen Föderation Verfolgung aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten drohen würde.

 

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Asylgerichtshofes die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Gründen nicht gegeben.

 

Ebenfalls nicht festgestellt werden kann, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes drohen würde.

 

Es besteht in Österreich kein schützenswertes Privat- oder Familienleben im Sinne des Artikels 8 EMRK. Dem Beschwerdeführer kam zu keinem Zeitpunkt seines Aufenthaltes in Österreich ein nicht auf das Asylverfahren gestütztes Aufenthaltsrecht zu.

 

Es liegt ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG 2005 vor.

 

Mitglieder der Kernfamilie gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 sind:

 

XXXX

 

XXXX

 

Zur relevanten Situation in der Russischen Föderation/ Tschetschenien:

 

Der Asylgerichtshof schließt sich den Länderfeststellungen der belangten Behörde zur Russischen Föderation/ Tschetschenien (vgl. Seite 18 bis Seite 47 des erstinstanzlichen Bescheides) an. Bis zum Entscheidungsdatum sind dem Asylgerichtshof keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen der Ländersituation bekannt geworden.

 

Aus dem vom Bundesasylamt verwendeten Länderbericht ergibt sich eindeutig, dass eine Gruppenverfolgung ethnischer Tschetschenen nicht existiert. Auch hat sich die allgemeine Lage in Tschetschenien in gewissem Ausmaß stabilisiert, die Zahl von Übergriffen und Menschenrechtsverletzungen ist insgesamt gesehen eindeutig zurückgegangen, die Phase der aktuellen Krisensituation ist vorbei. Auch das Bestehen einer Grundversorgung ergibt sich aus den Quellen eindeutig, betrachtet man etwa die Aktivitäten verschiedener internationaler Organisationen bzw. Hilfsorganisationen. Diese Entwicklungen und die Tendenz hin zu einem inner-tschetschenischen Konflikt in den letzten Jahren zu leugnen, hieße die tatsächliche Lage zu ignorieren. Beleg ist dafür auch die Entscheidungspraxis in anderen europäischen Staaten, so liegt die Anerkennungsquote von Asylwerbern aus Tschetschenien nunmehr in der Mehrzahl der europäischen Staaten unter 10% (Irland, Schweden, Norwegen, Schweiz, Deutschland; vergleiche nur die öffentliche Statistik von UNHCR und Herzog- Liebminger in "Die innerstaatliche Fluchtalternative - ein Rechtsvergleich", Pro Libris Verlag).

 

Der Asylgerichtshof verkennt dabei andererseits nicht, dass das Regime von KADYROW eindeutig diktatorische Züge hat und dass weiterhin mannigfaltige Bedrohungsszenarien in Tschetschenien bestehen und (auch schwere) Menschenrechtsverletzungen geschehen können. Diese Szenarien rechtfertigen in vielen Fällen die Gewährung von Asyl und entspricht dies der ständigen Praxis der entscheidenden Richter des Asylgerichtshofes. In diesem Zusammenhang wurde auch wiederholt in diesen Entscheidungen ausgeführt, dass das Bundesasylamt diese mannigfaltigen Bedrohungsszenarien in der derzeitigen Situation oftmals nicht hinreichend würdigt und dass die diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes in vielen (negativen) Bescheiden betreffend tschetschenischer AntragstellerInnen zu oberflächlich bleiben, daher verfehlt sind und neuerlichen Ermittlungsaufwand auslösen. Im Ergebnis ist die aktuelle Situation in Tschetschenien daher dergestalt, dass weder von vorneherein Asylgewährung generell zu erfolgen hat, noch dass eine solche nunmehr regelmäßig auszuschließen sein wird. Die allgemeine Lage in Tschetschenien erlaubt nunmehr auch die Erlassung von negativen Entscheidungen zur Abschiebung in Fällen, in denen eine solche individuelle Verfolgung nicht besteht.

 

Im vorliegenden Verfahren konnten individuelle Fluchtgründe, wie unter der Beweiswürdigung aufgezeigt, nicht glaubhaft gemacht werden. Die allgemeine Situation in Tschetschenien ist so, dass dem Beschwerdeführer eine gefahrlose Rückkehr zumutbar sein wird. Wäre eine Situation einer systematischen Verfolgung weiter Bevölkerungsschichten derzeit gegeben, wäre jedenfalls anzunehmen, das vor Ort tätige Organisationen, wie jene der Vereinten Nationen, diesbezügliche Informationen an die Öffentlichkeit gegeben hätten. Eine allgemeine Gefährdung von allen Rückkehrern wegen des Faktums ihrer Rückkehr lässt sich aus den Quellen ebenso wenig folgern.

 

3. Die Feststellungen beruhen auf folgender Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers beruhen auf den von ihm vorgelegten unbedenklichen Personenstandsdokumenten sowie seiner diesbezüglich glaubhaften Angaben.

 

Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Der Asylgerichtshof schließt sich den Feststellungen zur Situation in der Russischen Föderation/ Tschetschenien, die sich auf verschiedene aktuelle Länderberichte unterschiedlichster Quellen stützen können, an. Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde behauptet, die belangte Behörde habe dem Beschwerdeführer die Länderfeststellungen zu keinem Zeitpunkt vorgehalten, so entspricht dies nicht den Tatsachen und geht die Kritik daher ins Leere. Im Rahmen der Einvernahme am 08.01.2007 wurden dem Beschwerdeführer Länderberichte zur Lage im Herkunftsstaat zur Kenntnis gebracht. Der Beschwerdeführer entgegnete damals aber lediglich, er wisse nicht woher diese Informationen stammen. Aus diesen Berichten könne man herauslesen, dass man in Russland gut leben könne und dazu möchte er nichts sagen. In der letzten Einvernahme am 21.11.2012 wurde der Beschwerdeführer informiert, dass es die Möglichkeit gebe, einen Allgemeinen Teil zu Tschetschenien zu übersetzen. Der Beschwerdeführer erklärte, er verzichte auf diesen Teil. Die Leute leiden trotzdem, egal was auch gemacht werde. Abgesehen davon ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen. Insoweit die Erstbehörde dem Beschwerdeführer das Parteiengehör - durch Nichtvorhaltung der entsprechenden Länderfeststellungen zur Russischen Föderation respektive Tschetschenien - versagt hat, ist gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 27.02.2003, Zl. 2000/18/0040) eine solche Verletzung des Parteiengehörs saniert, wenn im Bescheid die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens dargelegt werden und die Partei die Möglichkeit hat, in ihrer Berufung/ Beschwerde dagegen Stellung zu nehmen. Voraussetzung einer solchen Sanierung ist aber, dass in der erstinstanzlichen Bescheidbegründung tatsächlich alle Beweisergebnisse dargelegt werden, da ansonsten die Berufungsbehörde das Parteiengehör einräumen müsste (VwGH 25.03.2004, Zl. 2003/07/0062). Diese Anforderungen an den erstbehördlichen Bescheid sind erfüllt, eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs ist daher durch die Stellungnahmemöglichkeit in der Beschwerde als saniert anzusehen. Der Beschwerdeführer hat auch von der Möglichkeit einer Stellungnahme zu den Länderfeststellungen aber keinen Gebrauch gemacht.

 

Wie das Bundesasylamt richtig ausgeführt hat, war der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen nicht in der Lage, eine asylrelevante Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat glaubhaft zu machen. Die Angaben des Beschwerdeführers sind vage, widersprüchlich und es treten Ungereimtheiten auf.

 

Der Beschwerdeführer stützt sein Fluchtvorbringen in den Einvernahmen beim Bundesasylamt kurz zusammengefasst darauf, dass er im Sommer vor seiner Ausreise einmal von unbekannten Maskierten mitgenommen, einige Tage festgehalten, misshandelt und befragt worden sei. Man habe ihm unterstellt, Rebellen zu unterstützten. Unmittelbar nach seiner Freilassung habe er seinen Herkunftsstaat verlassen.

 

Die belangte Behörde hat zu Recht bemängelt, dass der Beschwerdeführer dieses Vorbringen - nämlich einmal festgenommen und angehalten worden zu sein - in der Erstbefragung mit keinem Wort erwähnt hat, sondern lediglich angegeben hat, seinen Herkunftsstaat wegen des Kriegszustandes und mangelnder Arbeitsplätze verlassen zu haben. Es ist zwar richtig, dass die Erstbefragung - wie vom Beschwerdeführer in der Beschwerde vorgebracht - nicht die zentrale Ermittlungsquelle des maßgeblichen Sachverhaltes im Asylverfahren ist und dass der Beschwerdeführer im Rahmen der Erstbefragung auch nicht alle Details seines Fluchtvorbringens schildern kann und muss. Wäre der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat aber tatsächlich verfolgt worden, dann hätte er die Festnahme und Anhaltung durch maskierte Unbekannte in der Erstbefragung zumindest kurz erwähnt und nicht nur auf die allgemeine Lage im Herkunftsstaat verwiesen.

 

Im Rahmen der Einvernahme beim Bundesasylamt am 19.09.2006 gab der Beschwerdeführer noch an, dass er im Herkunftsstaat zuletzt als Flüchtling in einem Rot- Kreuz- Lager in Inguschetien gelebt habe. In der Einvernahme am 08.01.2007 erwähnte der Beschwerdeführer diesen Umstand aber gar nicht. Darauf angesprochen sagte der Beschwerdeführer, dass weder er noch seine Geschwister jemals in einem Rot- Kreuz- Lager aufhältig gewesen seien. Er sei lediglich im Jahr 2001 oder 2002 einen Monat lang bei Verwandten in Inguschetien gewesen. Auch diese widersprüchlichen Angaben deuten darauf hin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht den Tatsachen entspricht.

 

Widersprüchlich sind auch die Aussagen des Beschwerdeführers bezüglich der angeblichen Festnahme und Anhaltung. Während der Beschwerdeführer in der Einvernahme am 19.09.2006 angab, dass er am 07.oder 08.07.2006 festgenommen und insgesamt 10 Tage angehalten worden sei, sagte er in der Einvernahme am 08.01.2007, die Festnahme sei am 09.oder 10.07.2006 erfolgt und er sei sieben Tage angehalten worden. Auf Vorhalt dieser unterschiedlichen Angaben erklärte der Beschwerdeführer in der Einvernahme am 08.01.2007, dass er sich um den einen oder anderen Tag irren könne. Er habe schon bei früheren Einvernahmen gesagt, dass die Anhaltung eine Woche gedauert habe. Warum jetzt 10 Tage angeführt seien wisse er nicht.

 

Auch die Angaben, wie lange sich der Beschwerdeführer von seiner Freilassung bis zur Ausreise noch im Herkunftsstaat aufgehalten hat, variieren von Einvernahme zu Einvernahme. Gab der Beschwerdeführer am 21.11.2012 noch zu Protokoll, dass er nach Beendigung der Anhaltung kurz zu Hause gewesen sei, sich dann zwei Tage bei einem Onkel in XXXX aufgehalten habe und schließlich ausgereist sei, sagte er am 08.01.2007, er sei eine Woche lange bei einem Cousin in XXXX geblieben.

 

Besonders hervorzuheben ist, dass der Beschwerdeführer in der Einvernahme am 21.11.2012 erstmals angegeben hat, er befürchte im Falle seiner Rückkehr, dass die Leute, gegen die er ausgesagt habe, zu ihm kommen. Dies sei aber gar nicht wahr. Er habe niemanden beschuldigt. Einer, den er angeblich verraten habe, arbeite bei der Polizei. Auch ein anderer sei mitgenommen und zusammengeschlagen worden. Der Beschwerdeführer habe Angst vor der Rache dieser beiden. Von den Behörden habe er nicht unbedingt etwas zu befürchten. Sein Problem seien eben diese beiden anderen Männer. Von diesen zwei Männern war aber bisher nie die Rede. Der Beschwerdeführer war auch nicht gewillt, dieses Vorbringen näher auszuführen, da er in der Einvernahme am 21.11.2012 angab, er möchte zu seinen Fluchtgründen nichts mehr hinzufügen. Er habe schon alles erzählt. Das neue, gesteigerte Vorbringen des Beschwerdeführers kann auch der erkennende Senat nur als unglaubwürdig werten. Auch der VwGH geht davon aus, dass ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann, denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250).

 

Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer in der Einvernahme am 21.11.2012 - wie bereits erwähnt - explizit angibt, dass er im Falle seiner Rückkehr Angst vor der Rache dieser beiden Männer habe, von den russischen Behörden aber nichts zu befürchten habe. Der Beschwerdeführer bringt somit klar zum Ausdruck, dass er keine Angst vor staatlicher Verfolgung hat und gesteht gleichzeitig ein, dass sein bisheriges Vorbringen - die Mitnahme durch Angehöriger russischer Behörden - nicht der Wahrheit entspricht bzw. jedenfalls keinerlei aktuelle asylrelevante Gefahr beinhaltet.

 

Insgesamt muss daher auch der erkennende Senat zum dem Schluss kommen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers aufgrund von vagen und widersprüchlichen Angaben nicht glaubwürdig ist und der Beschwerdeführer in der Russischen Föderation nicht verfolgt wurde, sondern privaten Gründen ausgereist ist und seinen Herkunftsstaats somit aus asylfremden Motiven verlassen hat.

 

Auch der Beschwerde konnte kein weiteres glaubwürdiges asylrelevantes Vorbringen entnommen werden und war der Beschwerdeführer somit nicht in der Lage, ein asylrelevantes Vorbringen glaubhaft zu machen. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass das Bundesasylamt zu Recht von einem nicht asylrelevanten Vorbringen des Beschwerdeführers ausgegangen ist.

 

4. Rechtliche Beurteilung:

 

Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005 idF BGBL. I Nr. 100/2005) und ist somit auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I. Nr. 100/2005, außer Kraft.

 

Mit 1. Juli 2008 entscheidet der Asylgerichtshof gemäß Art. 129c Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, idgF, in Verbindung mit § 61 Abs. 1 Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, in der geltenden Fassung in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 oder 3a leg. cit. vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

Durch Einzelrichter/Einzelrichterin entscheidet der Asylgerichtshof gemäß § 61 Abs. 3 Z 1 AsylG 2005 ausnahmslos über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4 leg. cit.;

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 leg. cit. sowie

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG.

 

Der Asylgerichtshof entscheidet weiters durch Einzelrichter über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß § 41a AsylG 2005.

 

Eine mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung fällt gemäß § 61 Abs. 3 Z 2 leg. cit. ebenfalls in die Kompetenz des/der zuständigen Einzelrichters/ Einzelrichterin.

 

Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Rechtsmittelverfahren gegen einen abweisenden Bescheid. Daher ist das Verfahren des Beschwerdeführers von dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat des Asylgerichtshofes zu führen.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

§ 34 Abs. 1 AsylG lautet:

 

"Stellt ein Familienangehöriger (§ 2 Abs. 1 Z 22) von

 

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

 

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

 

3. einem Asylwerber einen Antrag auf internationalen Schutz,

 

gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

 

Gemäß Abs. 2 hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

 

1. dieser nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3);

 

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und

 

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

 

Gemäß Abs. 3 hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

 

1. dieser nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3);

 

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist;

 

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

 

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

 

Abs. 4 sieht vor, dass die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen hat; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

 

Laut Abs. 5 gelten die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Asylgerichtshof.

 

Gemäß Abs. 6 sind die Bestimmungen dieses Abschnitts nicht anzuwenden:

 

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

 

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind.

 

Familienangehörige sind gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

 

Entscheidungsrelevante Tatbestandsmerkmale sind "die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK" und der Umstand, dass dieses Familienleben mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht zumutbar ist.

 

Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention (vgl. EGMR, Urteil vom 13.06.1997, Fall MARCKX, Ser. A, VOL. 31, Seite 14, § 31).

 

Nach dem obzitierten EGMR-Urteil sind sowohl die Beziehungen der Eltern untereinander, als auch jeweils jener Kinder durch Art. 8 EMRK geschützte familiäre Bande. Bei einer diesbezüglichen Familie ergeben sich die von der EMRK-Rechtsprechung zusätzlich geforderten engen Bindungen der Familienmitglieder untereinander aus ihrem alltäglichen Zusammenleben, gemeinsamer Sorge und Verantwortung füreinander, sowie finanzieller und anderer Abhängigkeit.

 

Im gegenständlichen Fall hat keiner der anderen Familienangehörigen der Kernfamilie glaubhafte Gründe für seinen Antrag auf internationalen Schutz vorgebracht und konnte diesen deshalb aus eigenen Gründen die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt werden. Dem Sohn des Beschwerdeführers wurde aber subsidiärer Schutz zuerkannt.

 

Es bleibt zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer aus eigenen Gründen die Flüchtlingseigenschaft bzw. subsidiärer Schutz zuerkannt werden kann bzw. ob subsidiärer Schutz im Familienverfahren zuerkannt werden kann.

 

Zu Spruchteil I des angefochtenen Bescheides:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung".

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011).

 

Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.2.1997, 95/01/0454, 09.04.1997, Zl. 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH 18.4.1996, 95/20/0239; 16.02.2000, Zl. 99/01/0397), sondern erfordert eine Prognose. Verfolgungshandlungen die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0318).

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 15.03.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, 94/19/0183, 18.02.1999, 98/20/0468).

 

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

 

Da der Beschwerdeführer seine Gründe nicht hat glaubhaft machen können, liegt die Voraussetzung für die Gewährung von Asyl nicht vor, nämlich die Gefahr einer aktuellen Verfolgung aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe.

 

Das Bundesasylamt hat in der Begründung des Bescheides vom 19.03.2013, FZ. 12 13.986-BAT, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage hinsichtlich der behaupteten Flüchtlingseigenschaft klar und übersichtlich zusammengefasst und den rechtlich maßgeblichen Sachverhalt in völlig ausreichender Weise erhoben.

 

Auch der Beschwerde vermag der Asylgerichtshof keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffene Entscheidung in Frage zu stellen, weshalb die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof unterbleiben konnte, da der maßgebende Sachverhalt durch die Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war (vgl. § 41 Abs. 7 AsylG iVm § 67d AVG idgF).

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur außer Kraft getretenen Regelung des Art. II Abs. 2 lit. D Z 43a EGVG war der Sachverhalt nicht als geklärt anzusehen, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substantiiert bekämpft wird oder der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (VwGH 2.3.2006, Zl. 2003/20/0317 mit Hinweisen auf VwGH 23.1.2003, Zl. 2002/20/0533; 12.06.2003, Zl. 2002/20/0336).

 

Der Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerde keinerlei neue Ausführungen zu seinen Fluchtgründen gemacht. In seiner Beschwerde war er keineswegs in der Lage, die im Rahmen der Einvernahmen entstandenen und vom Bundesasylamt im angefochtenen Bescheid aufgezeigten vagen und widersprüchlichen Angaben aufzuklären.

 

Soweit der Beschwerdeführer die Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens rügt, ist einzuwenden, dass es grundsätzlich dem Asylwerber zukommt, dass dieser die Gründe seiner Furcht vor Verfolgung konkret und substantiiert vorbringe (VwGH 21.11.1996, Zahl 95/20/0334).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur erkannt, dass für die Glaubhaftmachung der Angaben des Fremden es erforderlich ist, dass er die für die ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert (vgl. VwGH 26.06.1997, 95/21/0294, 95/18/1291) und dass diese Gründe objektivierbar sind (vgl. VwGH 05.04.1995, 93/18/0289), wobei zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des "Glaubhaft-Seins" der Aussage des Asylwerbers selbst wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. auch VwGH 23.01.1997, 95/20/30303, 0304). Damit ist die Pflicht des Antragstellers verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der Voraussetzungen für eine Asylgewährung spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzungen liefern. Insoweit trifft den Antragsteller eine erhöhte Mitwirkungspflicht (s.a. VwGH 11.11.1991, 91/19/0143, 13.04.1988 86/01/0268). Die Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Beh

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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