TE AsylGH Erkenntnis 2013/07/05 E13 422686-2/2013

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Veröffentlicht am 05.07.2013
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Spruch

E13 422.686-2/2013-3E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Steininger, als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX alias SXXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA. Pakistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.05.2013, Zl. 13 04.442-EASt-Ost, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 68 Abs. 1 AVG 1991, BGBl. I Nr. 51/1991 idgF, iVm § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. Der Asylgerichtshof nimmt den nachfolgenden Sachverhalt als erwiesen an:

 

1. Bisheriger Verfahrenshergang

 

1.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge kurz als "bP" bezeichnet), ein männlicher Staatsangehöriger der Islamischen Republik Pakistan (im Folgenden "Pakistan" genannt), brachte am 3.11.2011 beim Bundesasylamt (BAA) einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

 

Als Begründung für das Verlassen des Herkunftsstaates brachte die bP im Rahmen der Einvernahme vor einem Organwalter des Bundesasylamts (im Folgenden "BAA") im Wesentlichen vor, dass sie sich in ein Mädchen, mit welchem sie aufgewachsen sei und mit deren Familie sie auch verwandt sei, verliebt und mit ihr eine zweijährige Beziehung gehabt habe. Die Familie des Mädchens sei gegen eine Heirat gewesen und hätte ihr einen anderen Ehegatten ausgesucht, welchen sie jedoch abgelehnt habe. Weil sie mit der bP gemeinsam weglaufen wollte, sei sie von einem ihrer Brüder getötet worden. Fortan sei auf die bP zwei Mal geschossen, jedoch nie getroffen worden, weshalb sie sich im März 2009 zur Ausreise entschlossen habe. Bevor die bP nach Österreich gekommen sei, habe sie sich im Iran, in der Türkei und zweieinhalb Jahre in Griechenland auf gehalten.

 

1.2. Der Antrag der bP auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid des BAA vom 14.11.2011 gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Pakistan verfügt (Spruchpunkt III).

 

Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen der bP weder als stimmig noch in essentiellen Bereichen plausibel nachvollziehbar. Aufgrund der vagen, unschlüssigen und auch widersprüchlichen Angaben sei davon auszugehen, dass das Vorbringen eine gedankliche Konstruktion darstelle, welche jeglicher Realität entbehre.

 

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan traf das Bundesasylamt ausführliche Feststellungen.

 

Rechtlich führte das Bundesasylamt aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK, noch § 8 (1) AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Auch stelle eine Ausweisung keinen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben dar.

 

1.3. Gegen den Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 21.11.2011 innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben und darin im Wesentlichen der Sachverhalt wiederholt.

 

1.4. Mit im Akt ersichtlichen Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 08.03.2012 wurde die Beschwerde der bP gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 Z 1, 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 BGBl I 2005/100 als unbegründet abgewiesen und ist dieses in Rechtskraft erwachsen.

 

Die vom BAA getätigten Argumente stellten sich für den Asylgerichtshof für die vom BAA gezogenen Schlussfolgerungen als ausreichend tragfähig dar. Das BAA hat richtig erkannt, dass dem Vorbringen der bP jegliches Detail fehlte und in essentiellen Bereichen höchst unplausibel war. So habe die bP die beiden Schussattentate auf ihn trotz Nachfrage nur oberflächlich geschildert. Wie er den Attentaten lebend entkommen habe können, habe die bP letztlich nicht plausibel und nachvollziehbar erklären können. Eine plausible Erklärung, wie es ihm gelungen war, die Beziehung zwei Jahre geheim halten zu können, sei die bP schuldig geblieben. Einerseits sei es zu keinen Vorfällen gekommen, als er bei seinen Freunden gelebt habe. Andererseits habe er wiederum behauptet, dass er nach dem Tod seiner Freundin immer in Lebensgefahr gewesen sei. Für das BAA war es auch nicht plausibel, dass die Polizei aufgrund der Bestechung durch den Mörder den Mord an der Freundin der bP als Selbstmord qualifiziert hat. Dass die bP seine Verfolgung nicht angezeigt hat, weil er sonst vor Gericht aussagen hätte müssen und dabei von den Brüdern getötet hätte werden können, sei nicht plausibel. Aus der Gesamtheit der Angaben dränge sich zweifelsfrei der Schluss auf, dass die behauptete Bedrohungssituation nicht den Tatsachen entspreche und das Vorbringen eine konstruierte Fluchtgeschichte sei.

 

Diesen Ausführungen wurde seitens des AsylGH nicht entgegen getreten und wurden zusätzlich zahlreiche Widersprüche der bP hinsichtlich des Fluchtvorbringens angeführt. Weiters wurde die Unglaubwürdigkeit der Angaben der bP durch Anführung von diversen Steigerungen des Vorbringens belegt.

 

Auszugsweise wird hierzu aus dem Erkenntnis des Asylgerichtshofes aus der Beweiswürdigung zitiert:

 

"Dem Bruder der Ermordeten war es durch Bestechung der Polizei möglich, den von ihm an seiner Schwester verübten Mord letztlich als Selbstmord darzustellen. Aufgrund dessen ist es geradezu denkunmöglich, dass die Polizei eine Anzeige wegen einer Verfolgung der bP durch den Bruder der Getöteten aufnimmt bzw. an das Gericht weiter leitet. Ist doch auch für diesen Fall vielmehr anzunehmen, dass der Täter die Polizei bezahlt und diese von einer Weiterleitung an das Gericht Abstand nimmt.

 

Der Beschwerdeführer führte in seiner Beschwerde die Höhe einer auf seinen Kopf ausgesetzte Belohnung widersprüchlich an. Zunächst war von 100.000 Rupien die Rede. In der nächsten Zeile hat er dann 500.000 Rupien ins Treffen geführt.

 

Vor dem Bundesasylamt hat der BF hinsichtlich des ersten Schussattentats angegeben, dass bei einem Toilettengang bei seiner Schwester gegen 23 Uhr auf ihn geschossen worden wäre und er Glück gehabt habe und sich hinter einer Wand verstecken konnte (AS 79). In der Beschwerde brachte er widersprüchlich vor, dass er, als er bei seiner Schwester aufhältig war, eines frühen Morgens angeschossen wurde, in eine Grube stürzte, weshalb die Männer annahmen dass er tot sei und sich entfernten.

 

Vor dem Bundesasylamt hat der BF betreffend des zweiten Attentats angegeben, dass er ganz früh unterwegs gewesen sei und auf ihn, als er das Haus eines Freundes verließ, zwei Männer mit Maschinenpistolen geschossen hätten und nur weil er in einen Graben gefallen ist, haben ihn die Männer für tot gehalten und sich entfernten (AS 79). In der Beschwerde brachte er widersprüchlich vor, dass er bei einem Freund des Onkels aufhältig war, gegen 23 Uhr spazieren ging, angegriffen worden sei und sich folglich hinter einer Mauer versteckt habe, daraufhin sei er zu seiner Schwester geflohen, wo sich oben bezeichneter Vorfall ereignete. In Folge sei er nach L zu einem Freund gegangen, welcher ihm erlaubt habe einige Tage bei ihm zu wohnen. Das Problem jedoch war, dass die Familie des Freundes dem BF nicht erlauben wollte, bei ihnen zu wohnen, denn sollten die Gegner von dieser Unterkunftgewährung erfahren, wäre die ganze Familie in Gefahr.

 

Insoweit der Beschwerdeführer anlässlich der vor dem BAA erfolgten Befragung nicht angab, angeschossen worden zu sein, sondern vielmehr ausführte, Glück gehabt zu haben, da er sich beim ersten Vorfall hinter einer kleinen Wand verstecken konnte und beim zweiten Vorfall in einen Graben hineingefallen sei, in der Beschwerdeschrift jedoch angesichts des ersten Vorfalles erstmals vermeinte, angeschossen worden zu sein, so war darin eine Steigerung seines Vorbringens zu erblicken.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Vorbringen insbesondere auch dann nicht als glaubwürdig anzusehen, wenn dieses im Laufe des Instanzenzuges gesteigert wird (VwGH v. 7.12.1988, 88/01/0276,0284, VwGH v. 2.2.1994, 93/01/1035 auch VwGH vom 10.10.1996, ZI 96/20/0361; vgl. auch VwGH vom 17.6.1993, ZI 92/01/0776, vom 30.6.1994, ZI 93/01/1138, oder vom 19.5.1994, ZI 94/19/0049).

 

Angemerkt sei auch, dass der BF am 11.11.2011 im Zuge seiner Einvernahme - abgesehen des Umstandes, dass der BF die beiden Vorfälle nicht konkret zu datieren vermochte, so gab er nach konkretem Nachfragen an, dass sich das letzte Schussattentat im Februar 2009 ereignet habe (AS 81) - chronologisch derart darlegte, dass der erste Vorfall sich bei seiner Schwester und der zweite Vorfall sich bei seinem Freund ereignet habe, während er in der Beschwerdeschrift die Ereignisse so darlegte, dass sich zuerst der Anschlag beim Freund seines Onkels ereignet haben soll und er sich folglich zu seiner Schwester begab, wo neuerlich ein Attentat auf den BF verübt worden sei.

 

Ebenso widersprüchlich erweisen sich die Angaben des BF, wenn dieser in der Beschwerdeschrift anführt, dass er beim Freund seines Onkels von einem Maschinengewehr angegriffen worden sei, während er in der Einvernahme vermeinte, dass er das Haus seines Freundes verlassen habe und zwei Männer mit Maschinenpistolen aus dem Gebüsch gekommen seien und auf den BF feuerten.

 

Es ist davon auszugehen, dass dermaßen eingreifende Handlungen, wie Angriffe mit Maschinenpistolen, so einprägsam sind, dass der Sachverhalt im Wesentlichen gleichlautend vorgebracht wird. Ebenfalls ist davon auszugehen, dass der BF die Schussverletzung - wie in der Beschwerde behauptet - schon in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt angibt, zumal eine solche sein Vorbringen untermauert. Auf Grund des späten und erst nach Abweisung erstatteten Vorbringens, wird hier von einem gesteigerten Sachverhalt ausgegangen, der nur der Asylgewährung um jeden Preis, auch wenn er auf Kosten der Wahrheit geht, erstattet wurde und nicht den Tatsachen entspricht, zumal kein vernünftiger Grund hervorleuchtet, dass der BF dies dann nicht schon bei der entscheidenden Behörde vorgebracht hätte, dient. Dass ihm dies dort nicht möglich war, kam im Verfahren nicht hervor.

 

Sofern der BF ins Treffen führt, dass sein Bruder entführt werden sollte um ihn zu erpressen und ausfindig zu machen, sowie dass sein Bruder geflüchtet ist und er keinen Kontakt mehr hat, sowie dass seine Schwester wegen ihm getötet wurde und dass auf den BF eine Belohnung ausgesetzt ist, handelt es sich dabei um eine neues und zum Teil auch um ein steigerndes und widersprüchliches Vorbringen."

 

Weiters hatte der Asylgerichtshof betreffend der vom BAA herangezogenen hilfsweisen Begründung hinsichtlich einer innerstaatlichen Fluchtalternative keine Bedenken.

 

1.5. Die bP stellte am 09.04.2013 einen zweiten Antrag auf internationalem Schutz. Dazu wurde sie in den im Akt ersichtlichen Daten von einem Organwalter des Bundesasylamtes niederschriftlich einvernommen.

 

Die bP brachte erstbefragt vor, dass sie vor ca. 10 Tagen einen Freund in Pakistan angerufen habe. Dieser hätte der bP mitgeteilt, dass die Mutter und ein Bruder in XXXX getötet worden wären. Ein weiterer Bruder sei in XXXX getötet worden. Es sei der bP nicht bekannt, ob sie von der pakistanischen Regierung, von den Taliban oder von den Feinden ermordet worden wären. Der Vater sei mit einer anderen Frau verheiratet und habe sich nicht um die Familie der bP gekümmert. Die bP habe nunmehr niemanden mehr im Heimatland und sei das Leben dort sehr gefährlich.

 

Vor dem BAA berichtigte die bP ihre Personalien und führte aus, dass es ihrer Familie nicht möglich gewesen sei, den Reisepass zu übermitteln. Konkret nach den Gründen für die neuerliche

Asylantragstellung befragt gab die bP an:

 

F: Sie haben unter der Az. 11 13.279-BAT einen Asylantrag gestellt, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes abgewiesen wurde. Sie brachten gegen diesen Bescheid eine Beschwerde ein, diese wurde ebenfalls rechtskräftig negativ entschieden und Sie wurden nach Pakistan ausgewiesen. Warum stellen Sie nun einen neuen Asylantrag?

 

A: Wie ich gesagt habe, meine Mutter und meine Brüder wurden getötet, wenn ich in die Heimat zurückkehre, dann werde ich auch getötet. Sie werden mich nicht am Leben lassen, wenn ich zurückkehre.

 

F: Wen meinen Sie mit "sie"?

 

A: Damit meine ich die Leute mit denen wir die Feindschaft haben.

 

F: Können Sie neue Beweismittel vorlegen oder neue Gründe anführen, die Ihren nunmehrigen Asylantrag begründen?

 

A: Wenn in XXXX jemand getötet wird und vorallem wenn es unsere Leute sind, dann kümmert es niemanden. In XXXX ist es noch schlimmer. In XXXX sind die afghanischen Taliban, die eigentlich gegen uns Afghanen kämpfen, das pakistanische Militär und die Amerikaner. Die Bevölkerung ist schlimm dran, die werden von allen Seiten angegriffen.

 

F: Woher haben Sie die Informationen betreffend Ihrer Mutter und Ihren Brüdern?

 

A: Ca. 10 oder 12 Tage vor dem 09. April 2013 hat mich ein Bekannter namens XXXX aus XXXX angerufen und mir erzählt, was mit meiner Familie passiert ist. Er hat mich gefragt wie es mir geht und dann hat er gezögert und dann habe ich mich gleich nach meiner Mutter und meinen Brüdern erkundigt. Er erzählte mir zuerst, dass meine Mutter und mein Bruder in XXXX ums Leben gekommen sind. Danach habe ich nach meinem ältesten Bruder gefragt und darauf meinte er, dass dieser schon seit zwei Monaten tot wäre. Ich konnte dann nicht mehr weiterreden, ich habe dann aufgelegt.

 

F: Haben Sie zwischenzeitlich genauere Informationen zu den Todesfällen bekommen?

 

A: Ich habe dann den XXXX angerufen, aber er hebt jetzt nicht mehr ab. Meinen Bruder haben Sie glaube ich deshalb getötet, damit wir gezwungen sind ihn im Dorf beizusetzen und zurückzukommen.

 

F: Wer sollte das gewesen sein?

 

A: Der Bruder von dem Mädchen.

 

F: Was noch immer unverständlich ist, was war an dem Heiratsantrag den Ihre Mutter überbracht hat derart unehrenhaft, dass zwischenzeitlich Ihren Angaben zur Folge mindestens vier Personen umgebracht wurden?

 

A: Wir haben uns heimlich getroffen, das haben die Leute rausgefunden und aus Schande haben sie sie getötet und als Rache weil wir Schande über sie gebracht haben, haben sie versucht uns auszulöschen.

 

F: Was hätten Sie im Fall der Rückkehr in Ihr Heimatland zu befürchten?

 

A: Sie werden mich nicht am Leben lassen, die töten mich. Ich bin der einzige in meiner Familie der noch am Leben ist.

 

F: Was steht einer Ausweisung Ihrer Person nach Pakistan entgegen?

 

A: Ich möchte das nicht noch einmal alles erzählen wie meine Mutter und mein Bruder gestorben ist. Wer kann in Wahrheit seine Mutter und seinen Bruder töten. Meine Familie wurde getötet und die erwarten auch, dass ich zurück komme um mich dann zu töten. Man kann dort jemanden für 2.000 oder 2.500 in unserer Währung bezahlt, dann kann man jemanden umbringen lassen. Aus diesen Gründen bin ich hierher nach Österreich geflüchtet.

 

Die bP gab zusätzlich an, für ca. sieben oder acht Monate in einem indischen Restaurant gearbeitet zu haben und nunmehr als Zeitungszusteller ca. 480 Eur im Monat zu verdienen. Der bP wurden Feststellungen hinsichtlich Rückkehrfragen zur Stellungnahme ausgehändigt. In der Stellungnahme hierzu vom 03.05.2013 wurde ausgeführt, dass in Pakistan eine Unruhe aufgrund der kommenden Wahlen bestünde. Aus Medienberichten ginge hervor, dass das Leben der Bevölkerung in Pakistan sehr gefährdet sei. Jeden Tag würden Zivilisten in Karachi und den Grenzgebieten zu Afghanistan ermordet.

 

1.6. Mit im Spruch genannten Bescheid des Bundesasylamtes (in weiterer Folge als "Zweitbescheid" bezeichnet) wurde der Antrag gemäß § 68 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991 idgF (AVG) zurückgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 wurde die bP aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Pakistan ausgewiesen (Spruchpunkt II).

 

Es seien weder ein neuer, entscheidungsrelevanter Sachverhalt noch Umstände im Hinblick auf das Privat- und Familienleben im zweiten Asylverfahren hervorgekommen, welche zu einer anderen Beurteilung des Antrages auf internationalen Schutz führen bzw. ein Absehen von der Verfügung der Ausweisung gebieten würden. Die maßgebliche die bP betreffende allgemeine Lage im Herkunftsland habe sich seit rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens nicht geändert.

 

1.7. Gegen den im Spruch genannten Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 05.06.2013 innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben und ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt.

 

Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass die bP einen neuen Sachverhalt vorgebracht habe und der Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften angefochten werde.

 

Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde im Detail wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

 

1.8. Hinsichtlich des Verfahrensherganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

2. Beweiswürdigung

 

Der bisherige Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden und im Verfahren unbeanstandeten Aktenlage fest.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Anzuwendendes Verfahrensrecht, Umfang der Kognitionsbefugnis

 

1.1. Gem. § 23 (1) des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

1.2. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat das erkennende Gericht, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

2. Zuständigkeit

 

Gemäß § 61 (1) AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idgF entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes, weshalb im gegenständlichen Beschwerdefall die Zuständigkeit des erkennenden Gerichts gegeben ist.

 

3. Entscheidung durch den Einzelrichter

 

Gemäß § 61 (1) AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. [.....]

 

(2) [.....]

 

Abs. 3 und 4 leg. cit. lauten:

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

...

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

(4) ...

 

Aufgrund der zitierten Gesetzesbestimmung war in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Geschäftverteilung des AsylGH durch den erkennenden Einzelrichter zu entscheiden.

 

4. Verweise, Wiederholungen

 

4.1. Das erkennende ist Gericht berechtigt, auf die außer Zweifel stehende Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) zu verweisen, weshalb auch hierauf im gegenständlichen Umfang verwiesen wird.

 

4.2. Ebenso ist es nicht unzulässig, Teile der Begründung der Bescheide der Verwaltungsbehörde wörtlich wiederzugeben. Es widerspricht aber grundlegenden rechtsstaatlichen Anforderungen an die Begründung von Entscheidungen eines (insoweit erstinstanzlich entscheidenden) Gerichts, wenn sich der Sachverhalt, Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung nicht aus der Gerichtsentscheidung selbst, sondern erst aus einer Zusammenschau mit der Begründung der Bescheide ergibt. Die für die bekämpfte Entscheidung maßgeblichen Erwägungen müssen aus der Begründung der Entscheidung hervorgehen, da nur auf diese Weise die rechtsstaatlich gebotene Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof möglich ist (Erk. d. VfGH v. 7.11.2008, U67/08-9 mwN).

 

4.3. Grundsätzlich ist im gegenständlichen Fall anzuführen, dass das Bundesasylamt ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchführte und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenfasste. Die Erstbehörde hat sich mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt und auch die von der bP in ihrem Herkunftsstaat vorzufindende allgemeine Lage mit jener, die welche die bP bei Erlassung des Erstbescheides vorfand, verglichen.

 

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan wird auf die, der Akte beigeschlossenen Feststellungen der belangten Behörde sowie die im rechtskräftigen Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 09.03.2012 festgehaltenen Länderfeststellungen verwiesen. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass sich aus den amtswegigen Ermittlungen des erkennenden Richters - wie bereits vom BAA festgestellt - bei Berücksichtigung sämtlicher Tatsachen keine solchen Hinweise ergaben, dass sich seit dem rechtskräftigen Abschluss der Erstverfahren die maßgebliche Lage in Pakistan zum Nachteil der bP geändert hätte, wobei festzustellen ist, dass die bereits in den Erkenntnissen des AsylGH vom 08.03.2012 getroffenen Feststellungen nach wie vor als aktuell anzusehen sind und vom Asylgerichtshof seinen Überlegungen zu Grunde gelegt werden (Erk. d. VwGHs vom 11.11.1998, GZ. 98/01/0283, 12.5.1999, GZ. 98/01/0365, 6.7.1999, GZ. 98/01/0602, speziell zur Anforderung der Aktualität vgl. Erk. d. VwGHs. vom 9. März 1999, Zl. 98/01/0287 und sinngemäß -im Zusammenhang mit Entscheidungen nach § 4 AsylG 1997- das E. vom 11. November 1998, 98/01/0284, bzw. auch E. vom 7. Juni 2000, Zl. 99/01/0210). Weiters hat das BAA hinsichtlich des subsidiären Schutzes der Entscheidung aktuelle Feststellungen zugrunde gelegt, um feststellen zu können, ob vor diesem Hintergrund aktuell die Zurückschiebung der bP rechtmäßig und ohne Gefährdung iSd Art. 3 EMRK erfolgen kann.

 

Die genannten Quellen geben die aktuelle, seit der Erlassung des oa. Erkenntnis unverändert gebliebene Lage - in Bezug auf die bP - in Pakistan wieder.

 

5. Anzuwendendes Verfahrensrecht

 

Gem. § 73 (1) Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF tritt dieses Gesetz mit der Maßgabe des § 75 (1) leg. cit in Kraft, wonach alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen sind, weshalb das Verfahren aufgrund der Antragstellung nach den Bestimmungen des AsylG 2005 in der aktuellen Fassung zu führen ist.

 

6. Abweisung der Beschwerde gem. § 68 AVG

 

6.1.1. Prüfungsumfang der "Entschiedenen Sache"

 

Einleitend ist festzustellen, dass gem. dem. Erk. des VwGH vom 24.11.2000, Zahl 96/19/3212 für die Beurteilung des Charakters eines Anbringens sein wesentlicher Inhalt, der sich aus den gestellten Antrag erkennen lässt und die Art des in diesem gestellten Begehrens maßgebend ist. Es kommt nämlich nicht auf die Bezeichnungen und zufällige Verbalform an, sondern auf den Inhalt des Anbringens oder erkennbar oder zu schließende Ziel des Parteischrittes. Ist etwa erkennbar, dass ein Antrag entgegen seinem Wortlaut auf etwas anderes abzielt, kommt es auf die erkennbare Absicht des Einschreiters an (Vgl. auch Erk d. VwGHs vom 24.4.1985, 85/11/035, E. v. 22.12.1998, 87/17/0197, E. v. 8.4.1992, 91/13/0123, E. v. 21.5.2003, 2003/17/0089, E. v. 26.2.2003, 2002/17/0279, E. v. 21.4.1998, 98/11/0019, E. v. 21.5.1997, 95/19/1137 mwN).

 

Im gegenständlichen Fall liegt der klar erkennbare Wille der bP in der Einbringung eines weiteren Antrages auf internationalen Schutz, weshalb nicht festgestellt werden kann, dass sie abweichend von der allfällig zufällig gewählten Wortwahl mit seinem Einschreiten etwas anderes Bezweckte als die (neuerliche) Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz, weshalb eine "Umdeutung" des Asylantrages auf ein anderes Begehren aufgrund dieses klar erkennbaren Parteienwillens ausscheidet. Das erkennende Gericht hat daher zu prüfen, ob in Bezug auf jene Entscheidung, als der Antrag der bP letztmalig inhaltlich geprüft wurde, entschiedene Sache vorliegt:

 

Im gegenständlichen Fall behauptet die bP, es liege nunmehr ein Sachverhalt vor, welcher die Rückverbringung in ihren Herkunftsstaat nicht zulässig erscheinen ließe. Hierzu wird im Lichte des Erk. d. VwGH vom 19.2.2009, Zl. 2008/01/0344 (vgl. aber auch VfGH U 1533/10-12, U 1534/10-12; VfGH U 1518/11-15) Folgendes erwogen:

 

Die bP stellte einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Antrag auf Internationalen Schutz ist das - auf welche Weise auch immer artikulierte - Ersuchen eines Fremden in Österreich, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen; der Antrag gilt als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bei Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 2 Z. 13 AsylG). Im gegenständlichen Fall ist daher neben dem asylrelevanten Sachverhalt gem. Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK (Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen der politischen Gesinnung) als auch im Hinblick auf dir subsidiären Schutzgründe gem. Art. 15 RL 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen ("wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde") zu prüfen, ob entschiedene Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vorliegt.

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.9.1994, 94/08/0183; 30.5.1995, 93/08/0207; 9.9.1999, 97/21/0913; 7.6.2000, 99/01/0321).

 

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9.9.1999, 97/21/0913; 27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2002, 2000/07/0235).

 

Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.6.1998, 96/20/0266). Selbiges gilt, wenn sich das neue Parteibegehren mit dem früheren deckt (etwa das Begehren der Gewährung von internationalem Schutz), die Partei dieses Begehren bei gleich gebliebener Sach- und Rechtslage jedoch anders begründet (vgl. ho. Erk. v. 6.10.2011, Zl. E10 417.640-2/2011/3E, E10 417.639-2/2011/3E, Zl. E10 417.641-2/2011/3E).

 

Ob der nunmehr vorgetragene Sachverhalt, der sich vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag zugetragen haben soll, im Erstverfahren auch vorgetragen wurde oder nicht ist im Folgeverfahren bei der Prüfung der Rechtskraft ohne belange. Auch ein Sachverhalt, der nicht vorgetragen wurde, ist von der Rechtskraftwirkung des Vorbescheides mitumfasst (vgl. auch Erk. d. VwGH vom 17.9.2008, 2008/23/0684, ho. Erk. vom 17.4.2009, GZ. E10 316.192-2/2009-8E).

 

"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.5.1995, 93/08/0207).

 

Sache des vorliegenden Berufungsverfahrens iSd § 66 Abs. 4 AVG ist somit nur die Frage, ob das Bundesasylamt zu Recht den neuerlichen Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

 

Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrecht erhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.3.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit dem zweiten Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 7.6.2000, 99/01/0321).

 

Ob ein neuerlicher Antrag wegen geänderten Sachverhaltes zulässig ist, darf nur anhand jener Gründe geprüft werden, welche die Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht hat (bzw. welche als allgemein bekannt anzusehen sind, vgl. z.B. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321); in der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid dürfen derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (vgl. zB VwSlg. 5642 A/1961; 23.05.1995, 94/04/0081; 15.10.1999, 96/21/0097; 04.04.2001, 98/09/0041; 25.04.2002, 2000/07/0235), wobei für die Prüfung der Zulässigkeit des Zweitantrages von der Rechtsanschauung auszugehen ist, auf die sich die rechtskräftige Erledigung des Erstantrages gründete (VwGH 16.7.2003, 2000/01/0237, mwN).

 

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen (Hinweis EB E 26.4.1995, 92/07/0197, VwSlg 14248 A/1995); die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Entschiedene Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus § 69 Abs 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens auf Grund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen. Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss. Erk. d. VwGH v.26.2.2004, 2004/07/0014; 12.12.2002, 2002/07/0016; 15.10.1999; 9621/9997). Identität der Sache i.S.d. § 68 Abs. 1 AVG liegt selbst dann vor, wenn die Behörde in einem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren etwa eine Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hätte (vgl. etwa das Erkenntnis des VwGH vom 08.04.1992, Zl. 88/12/0169, ebenso Erk. d. VwGH v. 15.11.2000, 2000/01/0184).

 

6.1.2. Entschiedene Sache in Bezug auf den asylrelevanten Sachverhalt

 

Der erste Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz der bP vom 03.11.2011 wurde mit Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 08.03.2012 rechtskräftig negativ abgeschlossen und wurde das Vorbringen zur Gänze als unglaubwürdig beurteilt.

 

Die bP behauptete im Rahmen des zweiten Antrages auf Gewährung von internationalem Schutz vom 09.04.2013, dass sie nunmehr durch einen Anruf bei einem Freund im Heimatland erfahren habe, dass die Mutter sowie zwei Brüder ermordet worden wären. Während die bP noch im Rahmen der Erstbefragung angegeben hat, nicht genau zu wissen, von wem (Regierung, Taliban, verfeindete Familie) die Verwandten umgebracht worden wären, behauptete sie vor dem Bundesasylamt, dass die Mörder der gegnerischen Familie zuzuordnen wären. Schon im ersten Asylverfahren gab die bP an, aufgrund einer Familienfeindschaft bzw. der Verfolgung durch die Familie seiner ermordeten Freundin Pakistan verlassen zu haben. Der bP würde aus diesem Grund noch Gefahr drohen und halte sie überdies die Gründe aus dem ersten Asylverfahren aufrecht.

 

Der Asylgerichtshof schließt sich der wiedergegebenen Würdigung des BAA an. Das Vorbringen der bP im zweiten Verfahren entbehrt jedoch schon jeglichen glaubwürdigen Kerns. Die behauptete Familienfeindschaft würde gemäß den Angaben der bP schon jahrelang bestehen und sei die Freundin bereits Ende 2008 ermordet worden. Die bP ist im Rahmen ihrer ersten Antragstellung ausführlich einvernommen und aufgefordert worden, Probleme die sie zum Verlassen ihres Herkunftslandes bewegt haben, zu schildern. Dass die bP damals sprachliche Probleme gehabt habe, da sie in Urdu und nicht in Pashtu einvernommen worden wäre, vermag keinen relevanten Verfahrensmangel darzustellen. Dies einerseits, da die bP selbst angegeben hat, Urdu und Pashtu zu sprechen und andererseits auch Verständigungsprobleme verneint hat. Vor allem hat die bP auch in keinem Stadium der zwei Asylverfahrens dargelegt, welche konkreten Übersetzungsfehler passiert wären bzw. welches Vorbringen aus Verständigungsschwierigkeiten nicht bzw. nicht ausreichend erstattet werden hätte können. Auch die zahlreichen, vom Asylgerichtshof im rechtskräftigen Erkenntnis aufgezählten Widersprüche lassen sich nicht alleine durch etwaige Verständigungsschwierigkeiten erklären und hat die bP auch im nunmehrigen Verfahren ein nicht glaubwürdiges Vorbringen erstattet.

 

Wie oben wiedergegeben ging der Asylgerichtshof im Erkenntnis vom 08.03.2012 aufgrund einer Fülle von Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten von der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens der bP aus. Vor diesem Hintergrund war dem nunmehr unbelegt und lediglich auf ein Telefonat mit einem Freund in Pakistan gestützten Vorbringen, dass die Mutter sowie zwei Brüder ermordet worden wären, keine Glaubwürdigkeit zuzuerkennen. Überdies hat die bP im Rahmen der Einvernahme im ersten Asylverfahren am 11.11.2011 noch behauptet, der Familie in Pakistan würde es gut gehen und würde diese von "den Onkeln" in Pakistan unterstützt werden. Warum es der Familie über zwei Jahre nach den behaupteten Vorfall hinsichtlich der Freundin der bP (Ermordung der Freundin Dezember 2008) in der Heimat gut gegangen sein soll und nunmehr wiederum eineinhalb Jahre später die gesamte Familie wegen gerade dieser Familienstreitigkeit im Jahr 2008 / 2009 die gegnerische Familie ein derartiges Interesse an einer Rache gehabt hätte, dass sie die Mutter und zwei Brüder der bP ermordet hätte, erscheint für den Asylgerichtshof nicht nachvollziehbar.

 

Die bP sei überdies bei mehreren Freunden und Onkel in Pakistan aufhältig gewesen und sei ihrer Familie in Pakistan von den Onkeln gemäß Einvernahme vom 11.11.2011 in dieser Zeit unterstützt worden. Es erhellt sich vor diesem Hintergrund nunmehr nicht, dass die bP tatsächlich wie in der gegenständlichen Beschwerde behauptet über keinerlei familiäres Netz oder einen Freundeskreis verfügen würde, wodurch die Existenzsicherung nicht möglich sei.

 

Weiters hat die bP nunmehr im zweiten Asylverfahren andere Personalien als im ersten Verfahren bekannt gegeben und konnte diese Täuschung nicht begründen. Ein Reisepass oder andere Beweismittel wurden weiters von der bP nicht vorgelegt. Auch hinsichtlich des nunmehr behaupteten Telefonates wurde ausgeführt, dass dieser Freund, mit der die bP telefoniert habe, nunmehr nicht mehr erreichbar sei. Die bP stellt damit die Ermordung der Mutter und der Brüder völlig unbelegt in den Raum. Vor dem Hintergrund einer Ermordung dieser Familienangehörigen der bP erhellt sich für den Asylgerichtshof auch nicht, dass die bP im Rahmen dieses Telefonates nicht zumindest die genauen Umstände oder Todeszeitpunkte der Angehörigen erfragt hätte bzw. zumindest im Anschluss versucht hätte, genaueres hierzu zu erfahren. Diesem unsubstantiierten, unbelegten und undetaillierten Vorbringen fehlt es damit schon an einem glaubhaften Kern. Der bP war es schließlich auch mit der bloß apodiktisch in der Beschwerde aufgestellten und in keiner Weise konkretisierten Behauptung, dass das Verfahren mangelhaft sei, nicht möglich, dem Bescheid des BAA substantiiert entgegenzutreten. Vor allem zeigt der oben wiedergegebene Ausschnitt aus dem Einvernahmeprotokoll, dass das BAA bemüht war, den Sachverhalt zu ermitteln und die wesentlichen Elemente zu erfragen.

 

Wenn nunmehr behauptet wird, dass ein neuer - § 68 AVG nicht zugänglicher - Sachverhalt vorliege, vermag der AsylGH auch diese Rechtsmeinung nicht zu teilen, und ist insbesondere hinsichtlich dieser - als gänzlich unglaubwürdig zu beurteilenden Gründe - schon von einem Fortwirken des im ersten Asylverfahren vorgetragenen Sachverhaltes auszugehen, dem an sich schon keine Relevanz zukommt. Die Ermordungen der Familienmitglieder seien durch die gegnerische Familie erfolgt, und wurde schon an sich dem dieser behaupteten Verfolgung zugrunde liegendem Vorbringen hinsichtlich der Ermordung der Freundin der bP und einer Verfolgung durch deren Familienmitglieder die Glaubwürdigkeit im ersten Asylverfahren abgesprochen.

 

Im gegenständlichen Fall ergab sich vor dem Hintergrund der oa. Ausführungen weder eine maßgebliche Änderung in Bezug auf die die bP betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat, noch in den sonstigen in der bP gelegener Umstände.

 

Eine Änderung der Rechtslage konnte ebenfalls nicht festgestellt werden.

 

Weitere Hinweise auf das Bestehen eines Sachverhaltes, welcher die inhaltliche Prüfung des vorliegenden Antrages gebieten würde (insbes. gem. §§ 69, 71 AVG), kamen bei Berücksichtigung sämtlicher Tatsachen nicht hervor, weshalb die inhaltliche Prüfung des gegenständlichen Antrages ausscheidet.

 

6.2.1. Entschiedene Sache in Bezug auf den zur Prüfung der Voraussetzung der Zuerkennung des Statuts des subsidiär Schutzberechtigten relevanten Sachverhalt

 

Art. 2 EMRK lautet:

 

"(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.

 

(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:

 

a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen;

 

b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern;

 

c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken."

 

Während das 6. ZPEMRK die Todesstrafe weitestgehend abgeschafft wurde, erklärt das 13. ZPEMRK die Todesstrafe als vollständig abgeschafft.

 

Art. 2 EMRK lautet:

 

"(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.

 

(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:

 

a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen;

 

b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern;

 

c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken."

 

Während das 6. ZPEMRK die Todesstrafe weitestgehend abgeschafft wurde, erklärt das 13. ZPEMRK die Todesstrafe als vollständig abgeschafft.

 

Art. 3 EMRK lautet:

 

"Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."

 

Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).

 

Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).

 

Unter einer erniedrigenden Behandlung die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).

 

Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.

 

Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffene Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

 

Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele:

VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein "ausreichend reales Risiko" für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes ("high threshold") dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex "Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren"", derselbe in Migralex:

"Abschiebeschutz von Traumatisieren"; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova & Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.

 

Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964, oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).

 

Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen {EGMR 02.05.1997 -146/1996/767/964 ("St. Kitts-Fall"), Europ. Kommission für Menschenrechte: B.B. gegen Frankreich, 9.3.1998, Nr. 30930/96; In seiner sonstigen, dem in die Literatur unter der "St. Kitts-Fall" bekannten Fall nachfolgenden Rechtsprechung hat der EGMR (unter Berücksichtigung der jeweils gegebenen konkreten Umstände) -bezogen auf eine Erkrankung des Beschwerdeführers- in keinem Fall eine derart außergewöhnliche - und damit vergleichbare - Situation angenommen (vgl. z.B. (S.C.C. gegen Schweden, Nr. 46553 /99 [HIV-Infektion beim Vorhandensein von Verwandten und grundsätzlicher Behandelbarkeit im Herkunftsstaat], EGMR 10.11.2005, Paramsothy gegen die Niederlande [Erkrankung an Posttraumatischem Stresssyndrom], EGMR 10.11.2005, Ramadan gegen die Niederlande, Nr. 35989/03 [Erkrankung an Depression, teils mit psychotischer Charakteristik], EGMR 27.09.2005, Hukic gegen Schweden, Nr. 17416/05 [Erkrankung am Down-Syndrom], EGMR 22.09.2005, Kaldik gegen Deutschland, Nr. 28526 [Erkrankung an Posttraumatischem Stresssyndrom mit Selbstmordgefahr], EGMR 31.05.2005, Ovdienko gegen Finnland, Nr. 1383/04 [Erkrankung an schwerer Depression mit Selbstmordgefahr], EGMR 25.11.2004, Amegnigan gegen die Niederlande, Nr. 25629/04 [HIV-Infektion], EGMR 29.06.2004, Salkic gegen Schweden, Nr. 7702/04 [psychische Beeinträchtigungen bzw. Erkrankungen], EGMR 22.06.2004, Ndangoya gegen Schweden, Nr. 17868/03 [HIV-Infektion], EGMR 06.02.2001, Bensaid gegen Vereinigtes Königreich [Erkrankung an Schizophrenie]) und zeigt somit -auch über den Themenbereich der Erkrankung des Beschwerdeführers hinaus die hohe Eintrittsschwelle von Art. 3 EMRK in jenen Fällen, in denen keine unmittelbare Verantwortung des Abschiebestaates vorliegt}.

 

Gem. der Judikatur des EGMR muss der Beschwerdeführer die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 - Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden.

 

Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289).

 

Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). So auch der EGMR in stRsp, welcher anführt, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)

 

Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).

 

Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist sohin auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in § 50 Abs. 1 FPG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).

 

Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Gewährung von subsidiärem Schutz somit aus.

 

Hinweise auf das sonstige Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige Elementarereignisse) liegen ebenfalls nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 und/oder 3 EMRK abgeleitet werden kann.

 

Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates des BF (die Todesstrafe wurde zwar nicht abgeschafft, es bestehen jedoch keine Hinweise, dass der BF einen Sachverhalt verwirklichte, welcher in Pakistan mit der Todesstrafe bedroht ist) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.

 

Da sich der Herkunftsstaat des Beschwerdeführers nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

 

Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers in wesentlichen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 50 FPG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.

 

Aus der sonstigen allgemeinen Lage kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 2 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.

 

Weitere, in der Person des Beschwerdeführers begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.

 

6.2.2. Soweit nunmehr in der Beschwerde ausgeführt wird, die allgemeine Sicherheitslage in Pakistan würde an sich schon die Zuerkennung von subsidiärem Schutz rechtfertigen und würde die Reisewarnung des Außenministeriums dies belegen, ist dazu auszuführen, dass damit nicht den in der rechtskräftigen Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 08.03.2012 festgehaltenen Länderfeststellungen fundiert entgegengetreten bzw. eine geänderte Lage geltend gemacht worden ist.

 

Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates über den berichtet wird zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um Sachverhalte geht, für die ausländische Regierungen verantwortlich zeichnen, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteiennahme weder für den potentiellen Verfolgerstaat, noch für die behauptetermaßen Verfolgten unterstellt werden kann. Hingegen findet sich hinsichtlich der Überlegungen zur diplomatischen Zurückhaltung bei Menschenrechtsorganisationen im Allgemeinen das gegenteilige Verhalten wie bei den oa. Quellen nationalen Ursprunges. Der Organisationszweck dieser Erkenntnisquellen liegt gerade darin, vermeintliche Defizite in der Lage der Menschenrechtslage aufzudecken und falls laut dem Dafürhalten -immer vor dem Hintergrund der hier vorzunehmenden inneren Quellenanalyseder Organisation ein solches Defizit vorliegt, dies unter der Heranziehung einer dem Organisationszweck entsprechenden Wortwahl ohne diplomatische Rücksichtnahme, sowie uU mit darin befindlichen Schlussfolgerungen und Wertungen -allenfalls unter teilweiser Außerachtlassung einer systematisch-analytischen wissenschaftlich fundierten Auswertung der Vorfälle, aus welchen gewisse Schlussfolgerungen und Wertungen abgeleitet werden- aufzuzeigen.

 

Soweit die bP in der Beschwerdeschrift Auszugsweise aus der Reisewarnung des Außenministeriums zitiert, und in dieser Problembereiche im Rahmen der Lage der Menschenrechte bzw. terroristische Gefährdungssituationen aufgezeigt werden, ist festzuhalten, dass auch das ho. Gericht nicht verkennt, dass in Pakistan Problembereiche in diesem Zusammenhang bestehen und finden diese auch in der der Entscheidung vom 08.03.2012 herangezogenen Beric

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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