TE Vwgh Erkenntnis 2000/11/30 98/20/0441

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Veröffentlicht am 30.11.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1968 §7;
AsylG 1997 §23;
AsylG 1997 §27 Abs1;
AsylG 1997 §38;
AVG §67d;
EGVG Art2 Abs2 D Z43a;
FlKonv Art1 AbschnC Z5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über die Beschwerde des am 19. Februar 1972 geborenen PL in M, vertreten durch Dr. Richard Krist, Rechtsanwalt in 2340 Mödling, Freiheitsplatz 8, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 15. Juli 1998, Zl. 203.730/0- XI/35/98, betreffend Asylgewährung (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundeskanzleramt) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Republik Kongo, reiste am 15. Februar 1998 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 19. Februar 1998 die Gewährung von Asyl. Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt gab er (zusammengefasst) an, er sei seit 1992 Mitglied der UPADS und hätte seit 1993 die Funktion eines "Mobilisateurs" ausgeübt. Seine Aufgabe habe darin bestanden, junge Leute seines Viertels im Auftrag der Partei zu motivieren und zu informieren; manchmal hätte er auch Versammlungen abgehalten. Die UPADS sei 1990 von Lissouba in Frankreich gegründet worden und hätte 1992 ihre Aktivitäten auch auf den Kongo ausgeweitet. Ihr Ziel sei es gewesen, vom damaligen Präsidenten Sassou Nguesso die Macht zu übernehmen. Dies sei bei den Wahlen 1992 oder 1993 auch gelungen. Er selbst habe sich aber nie für Politik interessiert, sondern hätte dies nur wegen seines in der Politik engagierten Vaters getan. Er habe lieber Fußball gespielt. So habe er sich nach den Wahlen 1993 auch nicht mehr politisch engagiert, sondern bis 1997 bei einem näher genannten Verein Fußball gespielt. 1997 sei er von seinem Vater aufgefordert worden, neuerlich Leute zu mobilisieren und eine Gruppe von 80 bis 100 Personen zusammen zu bringen. Die Partei habe gewollt, dass 25 bis 30 Leute nach Brazzaville oder nach Dolizi gehen und dort eine militärische Ausbildung erhalten sollten. Dies deshalb, weil Lissouba eine eigene Armee haben wollte, weil sein Gegenspieler Sassou Nguesso eine eigene Privatarmee ausgebildet habe, die - wenn auch nicht erfolgreich - einen Staatsstreich habe durchführen wollen.

Er habe sich dann von Pointe Noire nach Dolizi begeben, wo er in seinem Viertel sehr bekannt gewesen sei. Die Leute von Sassou seien zu ihnen gekommen, um ihnen etwas Böses anzutun. Anfang Februar 1998 habe er Schüsse vernommen und bemerkt, dass 16 oder 17 Personen bis zum Hause seines Vaters gekommen seien. Sein Vater und er seien festgenommen worden. Der Berufungswerber sei sodann in ein schwer beschädigtes Haus gebracht und dort in einem Zimmer ca. 9 Tage fest gehalten worden. Sein Vater sei woanders hingebracht worden, er wisse aber nicht, wohin. In der Zeit seiner Inhaftierung habe er nur Wasser und Brot erhalten, manchmal sei er geohrfeigt und getreten worden. Als am 13. Februar die Wachmannschaft ausgewechselt worden sei, habe er festgestellt, dass einer der neuen Wächter ein Schulkollege von ihm sei, welcher ihn noch am selben Tag freigelassen habe. Er sei festgenommen worden, weil sein Vater Politiker gewesen sei und man im Viertel des Beschwerdeführers gewusst habe, dass auch er sich für Politik interessiert und junge Leute für die militärische Ausbildung rekrutiert habe. Diese Aktivitäten für die UPADS habe er jedoch nicht freiwillig unternommen, sondern wegen seines Vaters; er hätte eigentlich nur Fußball spielen wollen. Im Fall einer Rückkehr in den Kongo würde man ihn töten. Während seiner Anhaltung durch die "Cobra-Milizen" des Sassou sei er nur deshalb nicht getötet worden, weil diese ihre Gefangenen erst nach zwei Wochen Haft töten wollten. Dies sei ihm von seinem Freund, der ihn freigelassen habe, mitgeteilt worden. Auch habe er die Ermordung anderer, ihm bekannter Inhaftierter beobachtet. Nach seiner Flucht habe er sich nach Brazzaville begeben und die Staatsgrenze nach Kinshasa überschritten. Von dort sei er nach Johannesburg und von Johannesburg aus nach Wien geflogen.

Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 22. Mai 1998 unter Spruchpunkt I den Asylantrag gemäß § 7 des Asylgesetzes 1997 (AsylG) ab und sprach unter Spruchpunkt II aus, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Republik Kongo sei gemäß § 8 AsylG zulässig. Dies wurde damit begründet, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers zur Gänze die Glaubwürdigkeit abgesprochen werden müsse. Dies deshalb, weil der Beschwerdeführer keine konkreten und detaillierten Angaben hinsichtlich seiner Festnahme, Festhaltung und seiner Flucht habe nennen können und einige, näher genannte Umstände seiner Schilderung nicht glaubhaft seien. Darüber hinaus läge auch ein Widerspruch in der Darstellung seiner politischen Tätigkeit vor, wenn er einerseits vorbringe, sich für Politik nicht interessiert zu haben, andererseits aber den Standpunkt vertrete, auf Grund seiner politischen Tätigkeit bekannt gewesen zu sein. Wegen der Unglaubwürdigkeit der Fluchtgründe sei dem Beschwerdeführer weder Asyl zu gewähren, noch eine Gefahr im Sinne des § 57 Abs. 1 und 2 des Fremdengesetzes 1997 festzustellen gewesen, weshalb gemäß § 8 AsylG die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Republik Kongo zulässig sei.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung widersprach der Beschwerdeführer den Argumenten der Behörde erster Instanz, mit denen diese die Unglaubwürdigkeit der Fluchtgründe des Beschwerdeführers begründete, in detaillierter Form und brachte weiters vor, Spruchpunkt II sei nicht ausreichend begründet worden, weil die tatsächliche politische Lage im Kongo nicht festgestellt worden sei. Weiters brachte er vor, dass es keine Rolle spiele, ob er tatsächlich ein eingeschworener Anhänger von Lissouba sei, es reiche der Umstand, dass er für einen derartigen Anhänger gehalten werde, aus, um wohlbegründete Furcht vor Verfolgung geltend zu machen. Schließlich beantragte er u.a. eine neuerliche Befragung seiner Person, um ihm Gelegenheit zu geben, seine Glaubwürdigkeit unter Beweis zu stellen.

Mit Schriftsatz vom 23. Juni 1998 brachte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer den Inhalt eines Berichtes von SOUTHSCAN, A bulletin of Southern African Affairs, zur Kenntnis, wonach am 5. April 1998 die Stadt Dolizi, zwischen Brazzaville und Pointe Noire, in die Hände der Truppen Lissoubas gefallen sei, welche die militärischen Anlagen, die Waffen und Munitionsbestände und den örtlichen Flughafen übernommen hätten, während die FAA-Truppen und die Cobras die Stadt aufgegeben und sich Richtung Angola zurück gezogen hätten. Über neue Vorstöße der Truppen Nguessos lägen keine Berichte vor, sodass davon auszugehen sei, dass sich Dolizi und Umgebung nach wie vor unter Lissoubas Kontrolle befänden. Auch ließen die Berichte derzeit eine Pattstellung zwischen den Bürgerkriegsparteien - allenfalls eine Wende zu Gunsten Lissoubas - erkennen, sodass der Beschwerdeführer in dem von Lissouba beherrschten Gebiet keine Verfolgung befürchten müsse.

Der Beschwerdeführer gab dazu keine Stellungnahme ab.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 7 AsylG ab und sprach aus, dass gemäß § 8 AsylG in Verbindung mit § 57 des Fremdengesetzes 1997 festgestellt werde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Kongo zulässig sei.

Nach Wiedergabe des Vorbringens des Beschwerdeführers und der Ermittlungsergebnisse der belangten Behörde (Bericht von SOUTHSCAN) wurde dies damit begründet, dass die Verfolgungsgefahr dem Heimatstaat des Asylwerbers zurechenbar sein müsse, was nicht nur eine Verursachung, sondern auch eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bedeute. Diese müsse aktuell sein, d.h. zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bestehen. Bereits gesetzte Verfolgungshandlungen stellten im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende, pro futuro zu erwartende Verfolgungsgefahr dar. Im Lichte der der Entscheidung der Berufungsbehörde zu Grunde zu legenden aktuellen Situation im Kongo/Brazzaville, die im Übrigen auch hinsichtlich ihrer Bewertung (Rückkehrsicherheit in die von Lissouba kontrollierten Gebiete) vom Asylwerber unwidersprochen geblieben sei, seien "die Ausführungen des Berufungswerbers nicht geeignet, Asylrelevanz zu entfalten". Insbesondere sei nicht zu erwarten, dass er als Anhänger Lissoubas von dessen Truppen verfolgt würde.

Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides wurde nach ausführlicher Darstellung der diesbezüglichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schließlich damit begründet, dass im konkreten Fall auf Grund der dargelegten Lagebeurteilung davon auszugehen sei, dass die Bürgerkriegspartei des Beschwerdeführers einen größeren Raum um die Stadt Dolizi unter ihrer Kontrolle habe und diesbezügliche Änderungen (etwa eine Eroberung durch die Gegenseite) derzeit nicht zu erwarten seien. Dies bedeute, dass für den Beschwerdeführer eine inländische Fluchtalternative bestehe und die außerhalb dieses Bereiches behauptete Gefährdung des Fremden der Zulässigkeit seiner Abschiebung nicht entgegenstehe.

Gemäß Art. II Abs. 2 Z. 43a EGVG habe von einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden können, weil der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung, in welcher keine neuen Tatsachenbehauptungen aufgestellt worden seien, zur Beurteilung ausreichend geklärt erschienen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrenvorschriften geltend gemacht wird. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach dem gemäß § 67 AVG auch von der Berufungsbehörde anzuwendenden § 60 leg. cit. sind in der Begründung des Berufungsbescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Demnach muss in der Bescheidbegründung in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zugänglichen Weise dargetan werden, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zu der Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 16. September 1999, Zl. 98/20/0543).

Die Darlegungen der belangten Behörde lassen nicht klar erkennen, in welchem Umfang sie den Angaben des Beschwerdeführers Glaubwürdigkeit zugemessen hat. Hatte noch die Behörde erster Instanz den Fluchtgründen des Beschwerdeführers die Glaubwürdigkeit zur Gänze aberkannt, so geht aus dem angefochtenen Bescheid nicht hervor, inwieweit ihr die belangte Behörde diesbezüglich folgte. Die belangte Behörde spricht von einem "nur teilweise objektivierbaren Sachverhalt" und stellt in weiterer Folge das wesentliche Vorbringen des Beschwerdeführers im Konjunktiv dar, erläutert aber nicht näher, welche Sachverhaltsteile nun objektiviert werden konnten und welche nicht. Implizit ist aber davon auszugehen, dass die belangte Behörde - zumindest hypothetisch - von der Glaubwürdigkeit derjenigen Teile der Fluchtgründe des Beschwerdeführers ausging, in denen sich dieser darauf berief, zu den Anhängern Lissoubas zu gehören und von den Cobra-Milizen des politischen Gegners Lissoubas verfolgt worden zu sein, weil die Begründung des angefochtenen Bescheides, wonach er in einem von Lissouba beherrschten Gebiet sicher vor Verfolgung sei, sonst nicht verständlich wäre.

Davon ausgehend hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid aber mit relevanten Verfahrensmängeln belastet:

Die belangte Behörde legte den Inhalt eines Berichtes von "SOUTHSCAN, A Bulletin of Southern African Affairs" über die politischen Entwicklungen und die (im Zeitpunkt der Bescheiderlassung aktuelle) Lage im Heimatland des Beschwerdeführers dem angefochtenen Bescheid als entscheidungswesentliche Feststellung zu Grunde und vertrat davon ausgehend die Ansicht, der Beschwerdeführer könne in sein Heimatland zurückkehren, ohne mit asylrelevanter Verfolgung rechnen zu müssen. Eine Überprüfung dieser Schlussfolgerungen bleibt allerdings dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt, weil der genannte Bericht - zu welchem im Übrigen weder ein Datum noch ein Erscheinungsort noch ein Hinweis auf seinen Verfasser oder Herausgeber angegeben wurde - im Akt nicht aufliegt. Mangels Vorhandenseins dieses Berichtes besteht für den Verwaltungsgerichtshof aber keine Möglichkeit, die von der belangten Behörde aus dem Bericht gezogene Schlussfolgerung auf ihre Richtigkeit hin nachprüfen zu können.

Schon aus diesem Grund leidet der angefochtene Bescheid an einem Verfahrensmangel.

Darüber hinaus hätte die belangte Behörde eine mündliche Verhandlung durchführen müssen, weil sie selbst ein Ermittlungsverfahren führte und gestützt auf dessen Ergebnisse zusätzliche, neue Sachverhaltsfeststellungen traf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Juli 1999, Zl. 99/20/0156) und die Gewährung des Parteiengehörs an die Parteien des Verfahrens vor dem unabhängigen Bundesasylsenat von dieser Verpflichtung nicht befreit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. November 1999, Zl. 99/20/0162). Darüber hinaus ergibt sich die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch daraus, dass der Beschwerdeführer, der in der Berufung seine neuerliche Einvernahme beantragte, die Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz auch ausdrücklich bekämpfte und die belangte Behörde diesbezüglich offenbar eine zumindest teilweise andere Einschätzung als die Behörde erster Instanz vornahm.

Die angeführten Verfahrensmängel erweisen sich auch als wesentlich für den Verfahrensausgang:

Die belangte Behörde stützt die Abweisung des Asylantrages - unter Abgehen von der Argumentation der Behörde erster Instanz - nicht auf das gänzliche Fehlen glaubwürdiger Fluchtgründe, sondern ausschließlich darauf, dass auf Grund der seit der Flucht des Beschwerdeführers in der Republik Kongo geänderten politischen Verhältnisse für diesen keine aktuelle Verfolgungsgefahr (mehr) bestünde. Der belangten Behörde ist zwar grundsätzlich beizupflichten, dass grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, die Annahme begründen können, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht mehr (länger) bestehe. Allerdings reicht eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände im Sinne dieser Bestimmung (des Art. 1 C Z 5 Flkonv) mit sich brachte, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (vgl. - in Übernahme einer Formulierung aus Rz 135 des UNHCR-Handbuchs über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft - das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1999, Zl. 98/20/0399, und daran anschließend die Erkenntnisse vom 18. Februar 1999, Zl. 98/20/0450, vom 25. März 1999, Zl. 98/20/0475, vom 22. April 1999, Zl. 98/20/0567, vom 17. Juni 1999, Zl. 98/20/0579, vom 24. Juni 1999, Zl. 98/20/0246, vom 25. November 1999, Zl. 99/20/0207, und vom 3. Mai 2000, Zl. 99/01/0359; der in den meisten dieser Fälle mitübernommene Gebrauch des Ausdrucks "brachten" statt "brachte" ist ein Übersetzungsfehler in der deutschen Ausgabe des Handbuchs).

Um vom Vorliegen einer auf Grund einer Änderung der politischen Situation gegebenen inländischen Fluchtalternative ausgehen zu können, bedürfte es darüber hinaus auch der Prüfung der Erreichbarkeit des "sicheren Teilgebietes" des Heimatlandes des Asylwerbers für diesen.

Bei Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung, die (u.a.) auch dazu hätte dienen sollen, die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers unter Beweis zu stellen, wäre es nun aber möglich, dass die belangte Behörde den Fluchtgründen des Beschwerdeführers zur Gänze - unter ausdrücklichem Abgehen von der Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz - Glauben geschenkt hätte. Ausgehend von der Glaubwürdigkeit der Fluchtgründe des Beschwerdeführers wäre nicht auszuschließen, dass dieser als bekannter Parteigänger Lissoubas, der gezielt von den Cobra-Milizen des politischen Gegners gesucht, inhaftiert und mit dem Tode bedroht worden war, mit einer über die allgemeine Gefahrensituation in einem Bürgerkrieg hinausgehenden Verfolgung wegen (zumindest unterstellter) politischer Gesinnung hätte rechnen müssen.

Hätte sich nun die politische Lage nicht nachhaltig geändert und stabilisiert - abgesehen von der mangelnden Überprüfbarkeit des von der belangten Behörde herangezogenen Berichtes ergibt sich aus diesem eine instabile und von wechselnden Gebietsgewinnen gekennzeichnete Lage im Heimatland des Beschwerdeführers - , wäre aber nicht auszuschließen, dass der Beschwerdeführer trotz der politischen Veränderungen im Falle seiner Rückkehr mit asylrelevanter Verfolgung rechnen müsste.

Da somit nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Vermeidung der ihr unterlaufenen Verfahrensmängel zu einem anderen Bescheid gelangt wäre, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft geltend gemachte Barauslagen, die im Pauschalkostenersatz enthalten sind.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert werden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 30. November 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998200441.X00

Im RIS seit

26.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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