TE OGH 2009/7/23 13Os59/09i

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Veröffentlicht am 23.07.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Juli 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Schmid als Schriftführer in der Finanzstrafsache gegen Gerhard P***** und einen anderen Angeklagten wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Gerhard P***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26. Jänner 2009, GZ 83 Hv 121/08h-33, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Gerhard P***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde ua Gerhard P***** („des Finanzvergehens", richtig:) einer unbestimmten Zahl (vgl US 8) von Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG schuldig erkannt (zur Zulässigkeit der Zusammenfassung je Voranmeldungszeitraum selbständiger Taten: 13 Os 105/08b, EvBl 2009/78, 515).

Danach haben er und Gerhard B***** als Geschäftsführer der H***** GmbH (jener als handelsrechtlicher, Letzterer als faktischer Machthaber und Geschäftsführer) in Wien im Bereich des Finanzamts Wien 12, 13, 14 und Purkersdorf vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung der selbst zu berechnenden Umsatzsteuervorauszahlungen bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, indem sie keine oder zu geringe Umsatzsteuervorauszahlungen entrichteten, und zwar

(1) von August bis Dezember 2001 in Höhe von insgesamt 28.979,24 Euro und

(2) von Jänner bis Dezember 2002 in Höhe von insgesamt 64.878,07 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen aus den Gründen der Z 4, 5 und 9 lit a (der Sache nach 9 lit b) des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Gerhard P***** kommt keine Berechtigung zu. Der Verfahrensrüge zuwider (Z 4) wurden durch die Abweisung des vom Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung gestellten Antrags auf Vernehmung der Zeugen David S***** und Mario K***** „zum Beweis dafür, dass der Angeklagte B***** der Eigentümer der Firma und für das Büro zuständig war, wohingegen der Angeklagte P***** ohne jegliche Befassung mit Büroagenden, ausschließlich auf Baustellen tätig war" (ON 32 S 51), Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt. Weshalb die genannten Zeugen als Arbeiter der H***** GmbH verlässlich darüber Auskunft hätten geben können, wie die interne Aufgabenteilung der beiden Angeklagten ausgestaltet war und dass der Beschwerdeführer (trotz seiner Stellung als handelsrechtlicher Geschäftsführer) die abgabenrechtlichen Verpflichtungen als Vertreter (vgl § 80 BAO) dieser Gesellschaft nicht wahrzunehmen hatte, ist dem allein maßgeblichen (RIS-Justiz RS0099618 ua), in der Hauptverhandlung erstatteten Vorbringen nicht zu entnehmen. Derartige Ausführungen sind jedoch insbesondere dann erforderlich, wenn - wie hier - nicht offensichtlich ist, dass die Durchführung des begehrten Verfahrensschritts das behauptete Ergebnis haben werde (RIS-Justiz RS0107040; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330 f). Die nach Auffassung des Beschwerdeführers mangelhafte Begründung der Antragsabweisung steht als solche nicht unter Nichtigkeitssanktion, wenn dem Antrag auch nach der - auf den Zeitpunkt der Antragstellung bezogenen - Ansicht des Obersten Gerichtshofs (im Ergebnis) keine Berechtigung zukam (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 318).

Die Behauptung unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der zur Wahrnehmung abgabenrechtlicher Verpflichtungen durch den Beschwerdeführer getroffenen Feststellungen (US 7) geht angesichts der umfangreichen - unter dem Gesichtspunkt formaler Begründungstauglichkeit nicht zu beanstandenden - Ausführungen des Erstgerichts (US 14 ff) ins Leere. Dass diese gegen Denkgesetze oder grundlegende Erfahrungssätze verstießen (RIS-Justiz RS0116732; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 446 ff), zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, der mit seinen - auf eigene Beweiswerterwägungen gestützten - Schlussfolgerungen aus einzelnen Verfahrensergebnissen (etwa der Aussage des Zeugen Michael Sch*****) bloß die tatrichterliche Beweiswürdigung bekämpft und solcherart die Grenzen zur im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung überschreitet (RIS-Justiz RS0099455).

Da das Erstgericht die Verantwortung des Beschwerdeführers insgesamt (mängelfrei) als unglaubwürdig verwarf (US 16), war es angesichts des Gebots zu gedrängter Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) auch unter dem Aspekt unvollständiger Begründung (Z 5 zweiter Fall) nicht verhalten, sich mit allen Einzelheiten seiner Angaben argumentativ auseinanderzusetzen (RIS-Justiz RS0106642; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394).

Soweit schließlich im Rahmen der Rechtsrüge (inhaltlich Z 9 lit b) fehlende Feststellungen zu den weiteren Voraussetzungen des Strafaufhebungsgrundes der Selbstanzeige (insbesondere iSd Abs 1 und 2 des § 29 FinStrG) moniert werden, unterlässt es der Beschwerdeführer - abgesehen davon, dass dem Ersturteil eine Berücksichtigung rechtzeitig gemeldeter und bezahlter Umsatzsteuerbeträge bei Ermittlung des strafbestimmenden Wertbetrags durch die Finanzbehörde ohnehin zu entnehmen ist (US 8) - den gebotenen Hinweis auf ein die gewünschten Konstatierungen indizierendes, in der Hauptverhandlung vorgekommenes Tatsachensubstrat und bringt solcherart den materiellen Nichtigkeitsgrund nicht gesetzmäßig zur Darstellung (RIS-Justiz RS0118580; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 602).

Aus der Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde schon bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285d Abs 1 StPO) folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten Gerhard P***** (§ 285i StPO). Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Anmerkung

E9146713Os59.09i

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0130OS00059.09I.0723.000

Zuletzt aktualisiert am

09.09.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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