TE OGH 2009/9/30 9ObA121/08x

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Veröffentlicht am 30.09.2009
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Betriebsrat der ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG Stab, Margareten Straße 166, 1050 Wien, vertreten durch die Freimüller/Noll/Obereder/Pilz& Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG, Elisabethstraße 9, 1010 Wien, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung gemäß § 54 Abs 1 ASGG (Streitwert 36.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. Mai 2008, GZ 7 Ra 41/08p-22, womit das Urteil des Arbeits-und Sozialgerichts Wien vom 28. August 2007, GZ 28 Cga 227/05i-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.959,48 EUR (darin 326,58 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Wirkung vom 2. 3. 1981 trat für den Zentraldienst der Österreichischen Bundesbahnen (Generaldirektion, Zentralstellen, Bundesbahndirektionen) die Dienstzeitregelung 10073-22-1981 in Kraft, die auszugsweise wie folgt lautete:

1. Der Zeitpunkt des Dienstbeginnes an jedem Arbeitstag wird innerhalb eines zeitlichen Rahmens von 6.30 Uhr bis 8.30 Uhr nach Diensteszulässigkeit der selbständigen Entscheidung jedes im Zentraldienst verwendeten Bediensteten der Sonderdienstplangruppe S anheimgestellt.

2. Die tägliche Arbeitsdauer beträgt von Montag bis Donnerstag mindestens 8 Stunden (= Sollzeit) und kann bis zu 9 Stunden ausgedehnt werden. … In den angegebenen Dienststunden ist Gelegenheit zum Einnehmen des Mittagessens in einem zeitlich unumgänglich notwendigen Ausmaß zu geben, wobei auch an Freitagen ausnahmslos nach der Mahlzeit zum Arbeitsplatz zurückzukehren ist.

3. - 7. …

Mit Wirkung vom 1. 1. 1997 trat die Dienstzeitregelung 23701-1-1996 für die Mitarbeiter der Geschäftsbereichsabteilungen, Zentralbereichsleitungen, Unternehmensstäbe, Regionalleiter (incl. Sekretariat und PRC-Mitarbeiter) sowie anderer Leitungen von operativen Einheiten der 1. Berichtsebene innerhalb der Geschäfts- und Zentralbereiche in Kraft. Diese enthielt unter anderem folgende Regelungen:

1. Die wöchentliche Sollzeit beträgt 40 Stunden, die tägliche Arbeitsdauer beträgt grundsätzlich 8 Stunden (=Sollzeit) und kann bis zu höchstens 9 Stunden ausgedehnt werden. Das Dienstende von Montag bis Donnerstag ist frühestens 15.30 Uhr. Der Zeitpunkt des Dienstbeginnes an jedem Arbeitstag kann innerhalb des Zeitraumes von 6.30 Uhr bis 8.30 Uhr von jedem Bediensteten der Sonderdienstplangruppe S selbständig festgelegt werden. …

2. In den angegebenen Dienststunden ist Gelegenheit zum Einnehmen des Mittagessens in einem zeitlich unumgänglich notwendigen Ausmaß zu geben, wobei auch an Freitagen ausnahmslos nach der Mahlzeit zum Arbeitsplatz zurückzukehren ist.

3. - 4. …

5. … Die Dienstanweisung 10073-22-1981 vom 24. 2. 1981 wird mit Wirkung vom 1. 1. 1997 für die von der gegenständlichen Dienstzeitregelung betroffenen Mitarbeiter außer Kraft gesetzt.

Aufgrund dieser Dienstanweisungen hatten die Mitarbeiter der Sonderdienstplangruppe S die Möglichkeit, das Mittagessen in der bezahlten Arbeitszeit einzunehmen. Die Essenseinnahme dauerte im Durchschnitt 20 bis 30 Minuten. Im Jahr 2005 waren ca 1.000 Beschäftigte der Beklagten im Zentraldienst tätig und Mitarbeiter der Sonderdienstplangruppe S.

Im „Kollektivvertrag zur Regelung der Arbeitszeit für Mitarbeiter der ÖBB“ vom 12. 12. 2004 findet sich unter anderem folgende Bestimmung:

§ 6 Ruhepausen:

1. Stationärer Dienst:

Bei einer Tagesarbeitszeit von bis zu 6 Stunden ist keine unbezahlte Ruhepause, bei einer Tagesarbeitszeit von bis zu 8 Stunden ist eine unbezahlte Ruhepause bis höchstens 60 Minuten und bei längerer Tagesarbeitszeit ist eine unbezahlte Ruhepause von höchstens 90 Minuten vorzusehen.

2. - 4. …

5. Die Lage der Ruhepausen ist in einer Betriebsvereinbarung gemäß § 97 Abs 1 Z 2 ArbVG zu vereinbaren.

Betriebsbedingte Arbeitsunterbrechungen, Kurzpausen, Ruhepausen oder Ruhepausenteile, deren zeitliche Lage nicht festgelegt werden kann - z.B. je nach Arbeitsaufkommen verschiebbare Ruhepausen oder Ruhepausen im Zug - oder solche, die dem Regenerationsgedanken nicht Rechnung tragen, dürfen nicht als Ruhepausen bewertet werden und gelten als Arbeitszeit.

Am 23. 12. 2004 wurde zwischen dem Vorstand der ÖBB-Holding AG, der Geschäftsführung der ÖBB-Dienstleistungs GmbH und dem Konzernbetriebsrat der Österreichischen Bundesbahnen eine „Rahmenbetriebsvereinbarung zur Einführung von Gleitzeitmodellen“ abgeschlossen, die auszugsweise wie folgt lautet:

Gegenstand und Geltungsbereich

§ 1. …

Diese Rahmenbetriebsvereinbarung regelt die Grundsätze für die Einführung von Gleitzeitarbeit. Auf ihrer Basis sind für die einzelnen Betriebe konkretisierende Regelungen durch den Betriebsinhaber zu treffen.

Kernzeit

§ 3. …

Die Kernzeit ist vom Betriebsinhaber für Montag bis Donnerstag zwischen 8.30 Uhr und 15.30 Uhr, für Freitag zwischen 8.30 Uhr und 12.00 Uhr festzulegen. Beträgt die Gesamtdauer der Tagesarbeitszeit mehr als sechs Stunden, ist die Arbeitszeit durch eine Ruhepause zu unterbrechen. Wird die Pause zeitlich genau festgelegt, ist sie nicht zu bezahlen. Kann der Beginn und das Ende nicht genau festgelegt werden oder hat der Mitarbeiter die Pause nach Diensteszulässigkeit innerhalb eines Pausenkorridors zu halten, ist sie voll zu bezahlen.

Inkrafttreten, Schluss- und Übergangsbestimmungen

§ 13. …

Diese Betriebsvereinbarung ersetzt die Betriebsvereinbarung gemäß Art 7 des Bundesbahnstrukturgesetzes 2003 betreffend ‘Dienstzeitregelung für die Mitarbeiter der Geschäftsbereichsleitungen, Zentralbereichsleitungen, Unternehmensstäbe, Regionalleiter (incl. Sekretariat und PRC-Mitarbeiter) sowie anderer Leitungen von operativen Einheiten der 1. Berichtsebene innerhalb der Geschäfts- und Zentralbereiche’ (Z1. 23701-1-1996 vom 18. 12. 1996) sowie ‘Dienstzeitregelung im Zentraldienst’ (Z1. 10073-22-1981 vom 24. 2. 1981).

Am 10. 3. 2005 wurde von der Beklagten auf Basis der Rahmenbetriebsvereinbarung zur Einführung von Gleitzeitmodellen für die Mitarbeiter ab 4. 4. 2004 (gemeint 4. 4. 2005) folgende Gleitzeitregelung festgelegt:

Pause: 30 Minuten unbezahlt im Zeitraum zwischen 11.00 Uhr und 13.00 Uhr bei einer Tagesarbeitszeit von über 6 Stunden festgelegt lt. beiliegender Liste (Anhang zur Gleitzeitregelung).

Diese Gleitzeitregelung wurde nur von Beklagtenseite unterschrieben. Für den Betriebsrat war zwar ebenfalls die Unterfertigung vorgesehen, diese ist jedoch bisher nicht erfolgt. Aufgrund der Gleitzeitregelung wurden in den einzelnen Organisationseinheiten der Beklagten Listen erstellt, in denen die Mitarbeiter im Pausenkorridor von 11:00 Uhr bis 13:00 Uhr ihre Pause festlegen können.

Ab Mai/Juni 2005 wurde jenen Mitarbeitern, die bis zu diesem Zeitpunkt aufgrund der vorgenannten Dienstanweisungen die Möglichkeit der Essenseinnahme während der Arbeitszeit gehabt hatten, 30 Minuten pro Tag im Zeiterfassungssystem abgebucht, wenn sie länger als sechs Stunden pro Tag arbeiteten. Wenn nun ein Mitarbeiter seine Mittagspause im Einklang mit der Gleitzeitregelung und der erstellten Listen hält, bekommt er diese Pause nicht bezahlt. Lediglich bei einer Überschreitung des Pausenkorridors oder einer kurzfristigen Verschiebung der Pause besteht für den Mitarbeiter die Möglichkeit, die Verschiebung der Mittagspause bekanntzugeben, was deren Bezahlung zur Folge hat. Davon wird jedoch nur vereinzelt Gebrauch gemacht.

Der klagende Betriebsrat begehrt mit der vorliegenden Klage gemäß § 54 Abs 1 ASGG die Feststellung, dass jene Arbeitnehmer der Beklagten, die vor dem 1. 1. 2005 Arbeitnehmer der ÖBB gewesen seien, und auf deren Dienstverhältnis die Dienstanweisung 23701-1-1996 zur Anwendung gelangt sei, weiterhin Anspruch auf bezahlte Mittagspausen haben. Diese Frage stelle sich für mehr als 500Angestellte der Beklagten. Mit Anfang Jänner 2005 habe die Beklagte in Abkehr von der Dienstanweisung 23701-1-1996 eine 30-minütige Mittagspause angeordnet, die nicht mehr als Arbeitszeit angerechnet und daher auch nicht bezahlt werde. Die Dienstverträge der ÖBB-Angestellten beruhten auf in der jeweils geltenden Fassung zur Anwendung kommenden Vertragsschablonen, die Inhalt der Einzelverträge der Beschäftigten geworden seien. Dies gelte auch für die Regelung der Mittagspause gemäß Dienstanweisung 23701-1-1996. Bei dieser Regelung handle es sich nicht um eine Arbeitszeit-, sondern um eine Entgeltregelung. Die Nichtbezahlung der Mittagspause komme einer Anhebung der Wochenarbeitszeit um rund zweieinhalb Stunden gleich und führe aus diesem Grund zu einer Kürzung der Bezüge um etwa 6,25 %. Damit werde gegen den Grundsatz der Unverkürzbarkeit der Bezüge verstoßen. Die auf einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Belegschaftsvertreter beruhende Dienstanweisung 23701-1-1996 sei gemäß Art 7 Abs 4 Bundesbahnstrukturgesetz 2003 ab 1. 1. 2004 in eine Betriebsvereinbarung übergegangen, jedoch nur bezüglich ihres rein arbeitszeitrechtlichen Inhalts. Bei der Frage, ob eine Mittagspause bezahlt werde, handle es sich um keinen zulässigen Regelungsgegenstand einer echten Betriebsvereinbarung gemäß § 97 Abs 1 Z 2 ArbVG. Eine Änderung der Einzelverträge sei daher nicht möglich gewesen. Das Monatsentgelt der Arbeitnehmer sei auch kraft Dienstordnung unverkürzbar. Die Beklagte habe im Übrigen auch nach dem 31. 12. 2004 bis zum Juni 2005 die bisherige Praxis aufgrund der Dienstanweisung 23701-1-1996 aufrechterhalten. Auch auf Grundlage dieser Übung haben die einzelnen Arbeitnehmer Anspruch auf Bezahlung einer halbstündigen Mittagspause.

Die Beklagte bestritt das Klagevorbringen, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, dass sich die Bediensteten dem in den jeweiligen Verleihungsschreiben enthaltenen Hinweis, dass auf das Dienstverhältnis die Dienstordnung sowie die sonstigen für die Bediensteten jeweils geltenden Bestimmungen Anwendung finden, unterworfen haben. Diese „Jeweils-Klausel“ gebe dem Arbeitgeber eine nach dem Grundsatz von Treu und Glauben und nach billigem Ermessen auszuübende Regelungsbefugnis auf einzelvertraglicher Ebene, wobei nicht nur verbessernde, sondern auch verschlechternde Bestimmungen von diesem Gestaltungsrecht erfasst seien. Gemäß Art 7 Abs 4 Bundesbahnstrukturgesetz2003 mutierten alle Vereinbarungen über Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern mit vor dem Inkrafttreten des Bahn-Betriebsverfassungesetzes (BBVG) errichteten Personalvertretungsorganen zu echten Betriebsvereinbarungen mit allen Konsequenzen, insbesondere auch hinsichtlich der Beendigungsmöglichkeit. Damit sei auch die Dienstanweisung 23701-1-1996 ab 1. 1. 2004 zu einer Betriebsvereinbarung geworden, die schließlich mit Zustimmung des Rechtsvorgängers des Klägers aufgehoben und durch die Rahmenbetriebsvereinbarung zur Einführung von Gleitzeitmodellen vom 23. 12. 2004 ersetzt worden sei. Seit dem 1. 1. 2005 gelange auf die Arbeitsverhältnisse der Nachfolgeunternehmen der ÖBB, also auch auf die Beklagte, das Arbeitszeitgesetz (AZG) zur Anwendung. Seither bestehe gemäß § 11 AZG die Verpflichtung zur Einhaltung einer Pause, also eines Zeitraums, der nicht zur Arbeitszeit zähle und daher auch nicht zu entlohnen sei. Die Dienstanweisung 23701-1-1996 habe keine Ruhepause im arbeitsrechtlichen Sinn eingeräumt. Die Arbeitnehmer seien auch während der Einnahme der Mahlzeit der Weisungsbefugnis des Arbeitgebers unterworfen gewesen. Es habe kein Anspruch bestanden, zu einem bestimmten Zeitpunkt die Mahlzeit einzunehmen. Gelegenheit zur Einahme des Mittagessens sei auch nur in einem zeitlich unumgänglichen Ausmaß eingeräumt worden. Zu einer besonderen betrieblichen Übung im Zusammenhang mit dem Mittagessen sei es nicht gekommen; es habe zu jeder Zeit ohnehin Regelungen dieser Frage gegeben. Der Vorwurf eines Eingriffs in die Unverkürzbarkeit der Bezüge sei unbegründet. Bei der angeblichen Gehaltsreduktion handle es sich um ein bloßes Zahlenspiel des Klägers. Die wöchentlich zu erbringende Normalarbeitszeit von 40 Stunden habe sich nicht geändert. Selbst wenn man aber die vom Kläger angenommene Gehaltskürzung zugrundelege, übersteige sie nicht das zur wirtschaftlichen Sanierung der Beklagten zulässige Maß und sei auch sonst nicht unbillig.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren unter Zugrundelegung des eingangs wiedergegebenen Sachverhalts ab. In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, dass es durch die mit dem Regelungstatbestand des § 97 Abs 1 Z 2 ArbVG im Einklang stehende Rahmenbetriebsvereinbarung zur Einführung von Gleitzeitmodellen und durch die darin enthaltene Ermächtigung des Arbeitgebers, weitere Regelungen zu den Gleitzeitbedingungen zu treffen, zwar zu einer Verschlechterung der Stellung der Mitarbeiter der Beklagten gekommen sei, weil diese nun nicht mehr Anspruch auf eine Einnahme des Mittagessens während der Arbeitszeit haben. Diese Verschlechterung sei aber, wenn man eine durchschnittliche Dauer von 20 bis 30 Minuten für die Einnahme des Mittagessens zugrundelege, zumutbar und verstoße nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu lösen gewesen sei. Es sei richtig, dass Entgeltfragen nicht Regelungsgegenstand von Betriebsvereinbarungen gemäß § 97 Abs 1 Z 2 ArbVG sein können. Um Entgeltregelungen gehe es jedoch hier nicht, sondern um arbeitszeitrechtliche Belange. Die Dienstanweisung 23701-1-1996 sei daher gemäß Art 7 Abs 4 Bundesbahnstrukturgesetz 2003 ab 1. 1. 2004 zu einer Betriebsvereinbarung im Sinn des ArbVG geworden. Diese Betriebsvereinbarung sei dann von der späteren Rahmenbetriebsvereinbarung zur Einführung von Gleitzeitmodellen abgelöst worden. Mit der Einführung der Gleitzeit per 4. 4. 2005 habe der Anspruch der Arbeitnehmer auf eine bezahlte Mittagspause geendet. Aufgrund des kollektiven Charakters der Arbeitszeitregelung bei der Beklagten sei das Entstehen einer betrieblichen Übung auf eine bezahlte Mittagspause nicht möglich gewesen. Die Beklagte habe nach Einführung des Gleitzeitsystems nicht den konkludenten zweifelsfreien Eindruck erweckt, sie wolle den Arbeitnehmern weiterhin bezahlte Mittagspausen gewähren. Auch aus dem Generalkollektivvertrag ergebe sich für die Arbeitnehmer der Beklagten weder ein Anspruch auf ein Mittagessen während der Arbeitszeit noch auf eine bezahlte Mittagspause. Eine unzumutbare Gehaltsreduktion sei im vorliegenden Fall nicht erfolgt.

Gegen die Berufungsentscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, in eventu wegen sekundärer Verfahrensmängel infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Aktenwidrigkeit, mit dem Abänderungsantrag, dem Klagebegehren stattzugeben.

Die Beklagte hat bereits vor der Mitteilung des Obersten Gerichtshofs, dass ihr eine Beantwortung der Revision freistehe, zulässigerweise eine Revisionsbeantwortung eingebracht. Darin beantragt sie, die Revision des Klägers mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben. Da dem Revisionsgegner nur eine Beantwortung zusteht, war von einer Mitteilung gemäß § 508a Abs 2 ZPO Abstand zu nehmen (vgl RIS-Justiz RS0007546, RS0043659 ua) und es konnte sogleich über die Revision entschieden werden.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig, sie ist jedoch nicht berechtigt.

Der klagende Betriebsrat begehrt mit der vorliegenden Klage die Feststellung, dass jene Arbeitnehmer der Beklagten, die vor dem 1. 1. 2005 Arbeitnehmer der ÖBB gewesen seien und auf deren Dienstverhältnis die Dienstanweisung 23701-1-1996 zur Anwendung gelangt sei, weiterhin Anspruch auf bezahlte Mittagspausen haben. Die Klageführung wird ausdrücklich auf § 54 Abs 1 ASGG gestützt. Danach können in Arbeitsrechtssachen nach § 50 Abs 1 ASGG die parteifähigen Organe der Arbeitnehmerschaft im Rahmen ihres Wirkungsbereichs sowie der jeweilige Arbeitgeber auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens von Rechten oder Rechtsverhältnissen, die mindestens drei Arbeitnehmer ihres Betriebs oder Unternehmens betreffen, klagen oder geklagt werden. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 54 Abs 1 ASGG und die daraus abgeleitete Klagelegitimation des Klägers sind im vorliegenden Verfahren nicht strittig.

Die Formulierung des Klagebegehrens ist etwas ungenau und geht über das, was den Arbeitnehmern der ÖBB früher zustand, hinaus. Mit der begehrten Feststellung, dass einer näher bezeichneten Gruppe von Arbeitnehmern „weiterhin“ einen Anspruch „auf bezahlte Mittagspausen“ habe, wird in Verbindung mit dem Vorbringen, die Klage sei notwendig, weil die Beklagte ein den Arbeitnehmern ursprünglich zustehendes Recht nicht mehr gewähre, unterstellt, diese Arbeitnehmer hätten früher einen Anspruch „auf bezahlte Mittagspausen“ gehabt. Dies ist jedoch in dieser Form nicht richtig. Tatsächlich (und insoweit auch unstrittig) hatten die genannten Arbeitnehmer der ÖBB ursprünglich keinen Anspruch auf eine echte Pause im arbeitszeitrechtlichen Sinn. Der in der Klage verwendete Begriff „Mittagspause“ ist dem Bundesrecht nicht fremd (vgl zB § 17 Abs 3 Berufsausbildungsgesetz [BAG], BGBl 1969/142), das hier einschlägige Arbeitszeitgesetz (AZG), BGBl 1969/461, verwendet jedoch den allgemeineren Begriff „Ruhepause“. In § 11 Abs 1 AZG wird dazu normiert, dass die Arbeitszeit durch eine Ruhepause von mindestens einer halben Stunde zu unterbrechen ist, wenn die Gesamtdauer der Tagesarbeitszeit mehr als sechs Stunden beträgt. Ruhepausen sind Unterbrechungen der Arbeitszeit zum Zweck der Erholung der Arbeitnehmer (RIS-Justiz RS0102995 ua). Aus dem Wortlaut („unterbrechen“) und dem Zweck der Regelung folgt, dass eine Ruhepause nur dann vorliegt, wenn der Arbeitnehmer von jeder Arbeitsleistung befreit ist und die Zeit nach eigenem Gutdünken verwenden kann (Grillberger, AZG² § 11 Rz 1 ua). Die Ruhepause ist nicht Arbeitszeit, sondern Freizeit des Arbeitnehmers (Schrank, Arbeitszeitgesetze Band I, § 11 AZG Rz 2 mwN ua). Sie ist daher in der Regel nicht in die Arbeitszeit einzurechnen (RIS-Justiz RS0051930 ua).

Eine Mittagspause im Sinn einer echten Ruhepause stand den Arbeitnehmern der ÖBB seinerzeit nicht zu, weil sie nicht dem Geltungsbereich des AZG unterlegen sind (§ 1 Abs 2 Z 1 AZG). Das Fehlen einer gesetzlichen Pausenregelung in Verbindung einerseits mit dem Bedürfnis der Arbeitnehmer der ÖBB, ein Mittagessen zu konsumieren, und andererseits mit der Bereitschaft der ÖBB, das Einnehmen des Mittagessens nur im zeitlich unbedingt notwendigen Ausmaß am Arbeitsort zu gestatten, führte zur Dienstanweisung 10073-22-1981 und schließlich zur Dienstanweisung 23701-1-1996. Darin wurde den Arbeitnehmern zwar keine echte Ruhepause eingeräumt, aber immerhin ohne konkrete Zeitangabe „pausenähnlich“ geregelt, dass in den angegebenen Dienststunden Gelegenheit zum Einnehmen des Mittagessens im zeitlich unumgänglich notwendigen Ausmaß zu geben ist. Das Klagebegehren ist daher von Amts wegen im Sinn des Vorbringens des Klägers dahin anzupassen (vgl RIS-Justiz RS0041254 ua), dass die Feststellung begehrt wird, dass jene Arbeitnehmer der Beklagten, die vor dem 1. 1. 2005 Arbeitnehmer der ÖBB gewesen sind, und auf deren Dienstverhältnis die Dienstanweisung 23701-1-1996 zur Anwendung gelangt ist, weiterhin Anspruch darauf haben, dass ihnen in den Dienststunden Gelegenheit zum Einnehmen des Mittagessens in einem zeitlich unumgänglich notwendigen Ausmaß zu geben ist.

Das Dienstverhältnis der ÖBB-Bediensteten beruht auf privatrechtlichem Vertrag (RIS-Justiz RS0052676 ua), der seit dem Inkrafttreten des Bundesbahngesetzes, BGBl 1992/825, am 1. 1. 1993 nicht mehr zum Bund, sondern zu den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) bzw seit der Umstrukturierung durch das Bundesbahnstrukturgesetz 2003, BGBl I 2003/138, zu einem deren Rechtsnachfolger besteht. Die verschiedenen Dienstvorschriften, wie etwa Dienst-, Besoldungs- oder Disziplinarordnungen, stellen nach ständiger Rechtsprechung im Wesentlichen Vertragsschablonen dar, die mit Abschluss des jeweiligen Einzelvertrags rechtlich wirksam werden (9 ObA 181/07v; 8 ObA 20/08m; RIS-Justiz RS0052622; RS0054759 ua). Die Österreichischen Bundesbahnen waren seit 1. 1. 1993 gemäß § 1 Abs 1 Bundesbahngesetz eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, auf die - soweit das Bundesbahngesetz keine abweichenden Regelungen enthielt - die Bestimmungen des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) sinngemäß anzuwenden waren. Die Anteile des Bundes an den ÖBB wurden gemäß § 2 Bundesbahngesetz idF Bundesbahnstrukturgesetz 2003 in die ÖBB-Holding AG eingebracht. Gemäß § 4 Abs 1 Z 2 Bundesbahngesetz war es deren sofortige Aufgabe, die Umstrukturierung der ÖBB auf der Grundlage des Bundesbahnstrukturgesetzes 2003 vorzunehmen (RV 311 BlgNR 22. GP 8 f). Zur Durchführung dieser Umstrukturierung waren von der ÖBB-Holding AG bis 31. 5. 2004 verschiedene Gesellschaften zu gründen. Zu diesen Gesellschaften zählt auch die hier geklagte ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG (§ 25 Bundesbahngesetz). Nach § 27 Abs 1 Bundesbahngesetz idF Bundesbahnstrukturgesetz 2003 wurde der Teilbetrieb Schieneninfrastrukturbetrieb der ÖBB im Weg der Gesamtrechtsnachfolge unter sinngemäßer Anwendung des Bundesgesetzes über die Spaltung von Kapitalgesellschaften (Spaltung zur Aufnahme) auf die Beklagte übertragen. Spaltungsstichtag war der 31. 12. 2004. Die Spaltung war bis 30. 9. 2005 zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden. Es trat eine gesetzlich angeordnete und auch bewirkte Gesamtrechtsnachfolge ein (vgl 8 ObA 20/08m ua).

Obwohl dies aus der schriftlichen Fassung der Dienstanweisung 23701-1-1996 (Beil./2) nicht unmittelbar hervorgeht, handelt es sich bei dieser Dienstanweisung nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien nicht um einen einseitigen Akt des Arbeitgebers, sondern um eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und damaliger Belegschaftsvertretung. Die Parteien sind sich auch grundsätzlich darüber einig, dass diese Vereinbarung gemäß dem am 31. 12. 2003 in Kraft getretenen Art 7 Abs 4 Z 1 Bundesbahnstrukturgesetz 2003 zur echten Betriebsvereinbarung wurde. Diese Bestimmung normiert nämlich, dass am 31. 12. 2003 aufrechte Vereinbarungen mit vor Inkrafttreten des BBVG bestehenden betrieblichen Interessenvertretungseinrichtungen über Rechte und Pflichten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis ab 1. 1. 2004 als Betriebsvereinbarungen gemäß § 29 ArbVG gelten, soweit sie auf Regelungstatbestände des ArbVG gestützt werden können; soweit dies nicht der Fall ist, gelten sie - soweit nicht anderes bestimmt ist - für jene Arbeitnehmer, die am 31. 12. 2003 von ihnen erfasst waren, ab 1. 1. 2004 als Bestandteil des Arbeitsvertrags.

Unterschiedliche Vorstellungen der Parteien herrschen jedoch darüber, ob die Dienstanweisung 23701-1-1996 gemäß Art 7 Abs 4 Z 1 Bundesbahnstrukturgesetz 2003 in ihrer Gesamtheit (Standpunkt der Beklagten) oder nur im arbeitszeitrechtlichen Teil (Standpunkt des Klägers) zur Betriebsvereinbarung wurde. Mit „arbeitszeitrechtlichem Teil“ meint der Kläger den Inhalt der Dienstanweisung ohne die hier strittige Regelung, wonach den Arbeitnehmern in den Dienststunden Gelegenheit zum Einnehmen des Mittagessens im zeitlich unumgänglich notwendigen Ausmaß zu geben sei. Dieser Regelungsteil soll nach Auffassung des Klägers nicht zu einer Betriebsvereinbarung geworden sein, weil dieser Teil entgeltrechtlichen Charakter habe und daher nicht in einer Betriebsvereinbarung gemäß § 97 Abs 1 Z 2 ArbVG geregelt werden könne.

§ 97 Abs 1 ArbVG regelt in den Z 1 bis 26 einen Katalog von Angelegenheiten, in denen Betriebsvereinbarungen im Sinn des § 29 ArbVG abgeschlossen werden können. Nach § 29 ArbVG sind Betriebsvereinbarungen schriftliche Vereinbarungen, die vom Betriebsinhaber einerseits und dem Betriebsrat (Betriebsausschuss, Zentralbetriebsrat, Konzernvertretung) andererseits in Angelegenheiten abgeschlossen werden, deren Regelung durch Gesetz oder Kollektivvertrag der Betriebsvereinbarung vorbehalten ist. Zu diesen Angelegenheiten zählt gemäß § 97 Abs 1 Z 2 ArbVG auch die generelle Festsetzung des Beginns und Endes der täglichen Arbeitszeit, der Dauer und Lage der Arbeitspausen und der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage.

Richtig ist der Hinweis des Revisionswerbers, dass Betriebsvereinbarungen nach § 97 Abs 1 Z 2 ArbVG nicht die Befugnis zukommt, Entgeltfragen zu regeln (vgl Tomandl, Die Schlichtung von Regelungsstreitigkeiten gem § 97 Abs 2 Arbeitsverfassungsgesetz, ZAS 1979, 203 [215]; Cerny, Entgeltregelungen in Betriebsvereinbarungen, in FS Strasser [1983] 487 [496]; Binder in Tomandl, ArbVG § 97 Rz 46; Preiss in Cerny/Gahleitner/Preiss/Schneller, ArbVG Bd 34 § 97 Erl 7; 9 ObA 78/89 ua). Der Revisionswerber stellt nun verschiedene Berechnungen an, welche Zeit auf die „Mittagspause“ entfalle und ermittelt unter Zugrundelegung der aktuellen Situation, in der die Beklagte den Arbeitnehmern neben den gemäß § 11 AZG (in Verbindung mit den diesbezüglichen aktuellen kollektiven Regelungen) zu gewährenden Ruhepausen nicht auch noch Gelegenheit zum Einnehmen des Mittagessens in den Dienststunden gibt, eine Gehaltsreduktion der Arbeitnehmer. Diese entgeltbetonte Betrachtung des Mittagessens findet jedoch keinen Anhaltspunkt in der strittigen Regelung, die das Entgelt gar nicht anspricht, und übergeht auch die Gegebenheiten bei der seinerzeitigen Einführung der Dienstanweisung. Damals ging es nicht darum, den Arbeitnehmern „für das Mittagessen“ ein Entgelt zu gewähren; ihnen sollte nur - bei Gleichbleiben des Gehalts und des Ausmaßes der Arbeitsstunden - Gelegenheit zum Einnehmen des Mittagessens im zeitlich unumgänglich notwendigen Ausmaß gegeben werden. Es ging nicht um die „Bezahlung der Mittagspause“. Den Arbeitnehmern wurde lediglich im unbedingt notwendigen Umfang gestattet, am Arbeitsort und in der Arbeitszeit das Mittagessen einzunehmen. Wer darauf nicht reflektierte, hatte von dieser Regelung nichts; die Arbeitsstunden wurden bei Verzicht auf das Mittagessen nicht etwa reduziert. Im Ergebnis war also mit der Dienstanweisung für jene Arbeitnehmer, die davon Gebrauch machten, eine gewisse punktuelle Lockerung des Arbeitseinsatzes verbunden.

Vom Senat wird nicht verkannt, dass eine Regelung arbeitszeitlicher Belange mittelbare Auswirkungen auf die Entgeltlage haben kann. Finanzielle Effekte bloß mittelbarer Art - der Revisionswerber spricht in diesem Zusammenhang von einer „Reflexwirkung“ - stehen jedoch der Subsumierbarkeit der gegenständlichen Regelung bezüglich der Einnahme des Mittagessens in den Dienststunden unter die Regelungsbefugnis der Betriebsparteien nach § 97 Abs 1 Z 2 ArbVG nicht entgegen (vgl Binder in Tomandl, ArbVG § 97 Rz 46 ua). Zu den Angelegenheiten des § 97 Abs 1 Z 2 ArbVG gehört nämlich auch die Dauer und Lage der Arbeitspausen. Der Tatbestand beschränkt sich nicht auf den Begriff der „Ruhepausen“ im Sinn des § 11 AZG, sondern verwendet den offensichtlich etwas weiteren Begriff „Arbeitspausen“. Es bestehen keine Bedenken, auch die gegenständliche „pausenähnliche“ Einnahme des Mittagessens in der Arbeitszeit vom Tatbestand des § 97 Abs 1 Z 2 ArbVG erfasst zu sehen. Dies wurde auch vom Kläger nicht bezweifelt, dem es bei seinem Einwand bezüglich des zulässigen Regelungsgegenstands nur um den bereits erwähnten Entgeltaspekt ging. Es wird daher davon ausgegangen, dass die Dienstanweisung 23701-1-1996 auch bezüglich ihres hier strittigen Teils hinsichtlich der Einnahme des Mittagessens gemäß Art 7 Abs 4 Z 1 Bundesbahnstrukturgesetz 2003 als Betriebsvereinbarung gilt.

Dass eine Betriebsvereinbarung von den Betriebsparteien wieder einvernehmlich aufgelöst bzw durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung modifiziert oder aufgehoben werden kann, ist nicht weiter strittig (vgl Löschnigg, Arbeitsrecht10 114 ua). Im § 13 der Rahmenbetriebsvereinbarung zur Einführung von Gleitzeitmodellen vom 23. 12. 2004 wurde angeordnet, dass die Rahmenbetriebsvereinbarung die Betriebsvereinbarung gemäß Art 7 Bundesbahnstrukturgesetz 2003 (Dienstanweisung 23701-1-1996) ersetzt. Die Rahmenbetriebsvereinbarung wurde, wie bereits eingangs erwähnt, zwischen dem Vorstand der ÖBB-Holding AG, der Geschäftsführung der ÖBB-Dienstleistungs GmbH und dem Konzernbetriebsrat der ÖBB abgeschlossen. Sie gilt gemäß ihrem § 1 für alle Mitarbeiter der Österreichischen Bundesbahnen und der ÖBB-Dienstleistungs GmbH. Die Spaltung zur Aufnahme durch Übertragung des Teilbetriebs Schieneninfrastrukturbetrieb der ÖBB erfolgte erst später. Ob nun von der Beklagten eine Gleitzeitregelung gemäß der Ermächtigung in der Rahmenbetriebsvereinbarung - mit oder ohne Unterfertigung des Klägers - ordnungsgemäß erlassen wurde, ist für den vorliegenden Rechtsstreit ohne besondere Bedeutung. In dieser Gleitzeitregelung sieht der Kläger ohnehin nicht die Grundlage für die Berechtigung seines Feststellungsbegehrens.

Mit der Ablöse der Dienstanweisung 23701-1-1996 durch die Rahmenbetriebsvereinbarung vom 23. 12. 2004 ist nun aber die Frage, ob den Arbeitnehmern der Beklagten, die früher der Dienstanweisung unterlagen, weiterhin Gelegenheit zum Einnehmen des Mittagessens im zeitlich unumgänglich notwendigen Ausmaß gegeben werden muss, noch nicht abschließend beantwortet. Noch bevor nämlich die Dienstanweisung gemäß Art 7 Abs 4 Z 1 Bundesbahnstrukturgesetz 2003 per 31. 12. 2003 zur Betriebsvereinbarung wurde, fand sie mangels Bestehens einer gesetzlichen Grundlage für eine derartige kollektive Rechtsgestaltung als lex contractus, wie bereits oben ausgeführt, Eingang in die Einzelarbeitsverträge der ÖBB-Bediensteten. Davon gehen auch die Streitteile in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung aus (vgl 9 ObA 181/07v; 8 ObA 20/08m; RIS-Justiz RS0052622; RS0054759 ua).

Es bleibt daher noch die Frage zu beantworten, ob in den einzelvertraglichen Anspruch auf Gelegenheit zur Einnahme des Mittagessens im zeitlich unumgänglich notwendigen Ausmaß nur durch eine - hier nicht vorliegende - individuelle Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer oder auch durch einseitige Gestaltung des Arbeitgebers eingegriffen werden kann. Zu dieser Frage liegt bereits, ausgehend von der in den ÖBB-Dienstverträgen enthaltenen „Jeweils-Klausel“, Rechtsprechung vor. Danach bringt der ÖBB-Bedienstete seinen Unterwerfungswillen dadurch hinlänglich zum Ausdruck, dass er den Hinweis, dass auf das Dienstverhältnis die Dienstordnung sowie die sonstigen für die ÖBB-Bediensteten geltenden Bestimmungen in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden, widerspruchslos zur Kenntnis nimmt. Dadurch wird dem Arbeitgeber eine nach dem Grundsatz von Treu und Glauben und nach billigem Ermessen auszuübende Regelungsbefugnis eingeräumt, wobei nicht nur verbessernde, sondern auch verschlechternde Bestimmungen von einem solchen Gestaltungsrecht erfasst sind (9 ObA 77/00i; 8 ObA 16/03s; RIS-Justiz RS0052618, RS0112269 ua).

Bei der Erlassung der Dienstanweisung 23701-1-1996 ging es darum, den ÖBB-Bediensteten auch ohne Vorliegen einer zwingenden gesetzlichen Anordnung im Sinn einer echten Ruhepause des AZG Gelegenheit zum Einnehmen des Mittagessens zu geben; dies aus der Sicht des Arbeitgebers allerdings ohne eine bestimmte zeitliche Festlegung und nur im unumgänglich notwendigen Ausmaß. Dass den ÖBB-Bediensteten in den Dienststunden Gelegenheit zur Einnahme des Mittagessens gegeben worden wäre, wenn daneben ohnehin die gesetzliche Verpflichtung zur Gewährung einer echten Ruhepause im Sinn des § 11 AZG bestanden hätte, behauptet auch der Kläger nicht. Auf dieses Ergebnis - nämlich ein wirtschaftlich schwer argumentierbares Nebeneinander von echter Ruhepause und Gelegenheit zum Mittagessen in den Dienststunden - zielt aber die vorliegende Feststellungsklage letztlich ab. Vor diesem Hintergrund verstößt aber der Eingriff der Beklagten in die Dienstanweisung, soweit sie Eingang in die Einzelarbeitsverträge gefunden hat, nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben und erscheint auch nicht unangemessen.

Zu diesem Ergebnis kommt man im Übrigen auch mit den Mitteln der ergänzenden Auslegung der vereinbarten Dienstanweisung. Aus seinerzeitiger Sicht der Vertragsparteien handelte es sich bei der späteren Anwendbarkeit des AZG auf die ÖBB-Bediensteten um eine weder bedachte noch vorhersehbare Entwicklung, für die in der Dienstanweisung auch keine Regelung getroffen wurde. Redliche und vernünftige Parteien hätten wohl, wenn sie diesen Fall geregelt hätten, - wie auch die aktuelle kollektive Regelungslage zeigt - keine Notwendigkeit gesehen, neben der ohnehin zwingenden Ruhepause im Sinn des AZG auch noch in den Dienststunden Gelegenheit zum Einnehmen des Mittagessens zu geben (vgl zur Lückenschließung durch ergänzende Vertragsauslegung Rummel in Rummel, ABGB³ § 914 Rz 12 mwN; 9 ObA 40/07h mwN, zuvo 2008/61, 91 [Felten] und zuvo 2008/70, 104; RIS-Justiz RS0017758 ua). Von einer die Dienstordnung verletzenden „Kürzung des Grundentgelts“ der Arbeitnehmer kann hier entgegen der Behauptung des Revisionswerbers nicht gesprochen werden.

Aus den Überlegungen des Revisionswerbers zur „betrieblichen Übung“ ist für den Klagestandpunkt ebenfalls nichts zu gewinnen. Richtig geht der Revisionswerber zwar davon aus, dass eine vom Arbeitgeber durch regelmäßige, vorbehaltlose Gewährung bestimmter Leistungen an die Gesamtheit seiner Arbeitnehmer begründete betriebliche Übung, soweit sie seinen Willen, sich diesbezüglich auch für die Zukunft zu verpflichten, unzweideutig zum Ausdruck bringt, durch die - gleichfalls schlüssige (§ 863 ABGB) - Zustimmung der Arbeiternehmer zum Inhalt der einzelnen Arbeitsverträge werden kann (RIS-Justiz RS0014539 ua). Vom Revisionswerber wird aber so getan, als ob eine im Betrieb herrschende Übung eigene Normkraft hätte. Dies ist aber nicht der Fall. Die Übung kann nur auf rechtsgeschäftlichem Weg Bedeutung erlangen (9 ObA 87/02p mwN ua). Hier lagen aber ohnehin eindeutige Regelungen vor, die entgegen der Annahme des Revisionswerbers keiner „Stützung“ durch betriebliche Übung bedurften. Dass die Beklagte die Einnahme des Mittagessens in den Dienststunden nicht gleich mit dem Wirksamwerden der Gesamtbetriebsvereinbarung einstellte, hatte für die betroffenen Arbeitnehmer einen gewissen Übergangscharakter, ändert aber nichts an der ausdrücklichen Ablöse der Dienstanweisung in § 13 der Gesamtbetriebsvereinbarung und dem eindeutigen Eingriff des Arbeitgebers in die Einzelarbeitsverträge. Ein unzweideutiger Wille im Sinn eines Verzichts auf einen derartigen Eingriff lag bei der Beklagten nicht vor. Es liegt insoweit auch keine Aktenwidrigkeit im Sinn des § 503 Z 3 ZPO vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO). Die ergänzenden Überlegungen des Berufungsgerichts zum Bewusstsein der Mitarbeiter der Beklagten aus Anlass der schrittweisen Umsetzung des Gleitzeitsystems können dahingestellt bleiben. Es stellt sich auch nicht die Frage eines (fehlenden) Widerrufsvorbehalts. Diesbezüglich liegen keine Feststellungsmängel vor.

Zusammenfassend wurde das Klagebegehren von den Vorinstanzen zu Recht abgewiesen. Der unbegründeten Revision des Klägers muss ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Beim Kostenzuspruch an die Beklagte war zu berücksichtigen, dass der von ihr verzeichnete dreifache Einheitssatz nach § 23 Abs 9 RATG nur für das Berufungsverfahren, nicht jedoch für das Revisionsverfahren gebührt.

Textnummer

E91911

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:009OBA00121.08X.0930.000

Im RIS seit

09.11.2009

Zuletzt aktualisiert am

20.01.2014
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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