TE UVS Tirol 2011/07/04 2011/15/0758-5

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.07.2011
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Gerold Dünser über die Berufung von Herrn P. M., geb am XY, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. B. H., XY-Straße 3, I., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 17.02.2011, Zahl VK-5913-2009, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm den §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung insofern Folge gegeben, als dass im angefochtenen Straferkenntnis im als 3.) bezeichneten Spruchteil die Wort- und Zahlenfolge ?Ruhezeit von 04.12.2009, 08:14:00 Uhr bis 04.12.2009, 08:13:00 Uhr: 08:43 Stunden. Die drei reduzierte tägliche Ruhezeit wurde konsumiert. Beginn des 24-Stundenzeitraumes am 07.12.2009 um 09:14:00 Uhr, Ruhezeit von 6:48 Stunden? zu entfallen hat.

 

Weiters wird das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der übertretenen Verwaltungsvorschrift sowie der für die Verhängung der Strafe angewendeten Gesetzesbestimmung (§ 44a Z 2 und 3 VStG) insofern richtig gestellt, als dass das Kraftfahrgesetz 1967 idF BGBl I Nr 16/2009 angewendet wird.

 

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind zum in angefochtenen Straferkenntnis als 2.) bezeichneten Vorhalt Euro 30,00, zum im angefochtenen Straferkenntnis als 3.) bezeichneten Vorhalt Euro 44,00 und zum im angefochtenen Straferkenntnis als 4.) bezeichneten Vorhalt Euro 20,00, sohin insgesamt Euro 94,00, zu bezahlen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber spruchgemäß Folgendes zur Last gelegt:

 

?Tatzeit: 21.12.2009, 14.06 Uhr

Tatort: Musau, Kontrollstelle, B 179 bei km 46,700 Fahrzeug:              Sattelzugfahrzeug XY und Anhänger XY

 

Auswertung mit DAKO-Trans; Zeitangaben in UTC

 

2.) Sie haben als FahrerIn des angeführten Kraftfahrzeuges, welches zur Güterbeförderung im Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchstzulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t übersteigt, folgende Übertretungen begangen. Sie haben die erlaubte Wochenlenkzeit zweier aufeinander folgender Wochen von höchstens 90 Stunden überschritten, obwohl die summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen 90 Stunden nicht überschreiten darf.

 

Wochen von 30.11.2009 bis 13.12.2009, Lenkzeit 95:56 Stunden

Wochen vom 07.12.2009 bis 20.12.2009, Lenkzeit 99:16 Stunden

 

3.) Sie haben als FahrerIn des angeführten Kraftfahrzeuges, welches zur Güterbeförderung im Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchstzulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t übersteigt, folgende Übertretungen begangen. Es wurde festgestellt, dass Sie nicht innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden eingehalten haben, obwohl der Fahrer zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten höchstens drei reduzierte tägliche Ruhezeiten einlegen darf. Die zulässige 3-malige Verkürzung der Ruhezeit pro Woche auf jeweils 9 zusammenhängenden Stunden wurde dabei berücksichtigt.

Ruhezeit von 03.12.2009, 04:48:00 Uhr bis 04.12.2009, 04:47.00 Uhr: 08:24 Stunden. Die drei reduzierte tägliche Ruhezeit wurde konsumiert.

 

Ruhezeit von 04.12.2009, 08:14:00 Uhr bis 04.12.2009, 08:13:00 Uhr: 08:43 Stunden. Die drei reduzierte tägliche Ruhezeit wurde konsumiert.

 

Beginn des 24-Stunden-Zeitraumes am 07.12.2009 um 09:14:00 Uhr. Ruhezeit von 06:48 Stunden.

 

Ruhezeit von 12.12.2009, 03:16:00 Uhr bis 13.12.2009, 03:15:00 Uhr: 10:30 Stunden. Die drei reduzierte tägliche Ruhezeit wurde konsumiert.

 

Ruhezeit von 18.12.2009, 04:30:00 Uhr bis 19.12.2009, 04:29:00 Uhr: 09:36 Stunden. Die drei reduzierte tägliche Ruhezeit wurde konsumiert.

 

4,) Sie haben als FahrerIn des angeführten Kraftfahrzeuges, welches zur Güterbeförderung im Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchstzulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t übersteigt, folgende Übertretungen begangen. Sie haben die Tageslenkzeit von höchstens 9 Stunden zwischen zwei täglichen Ruhezeiten am folgenden Tag überschritten, obwohl die tägliche Lenkzeit 9 Stunden nicht überschreiten darf. Die tägliche Lenkzeit darf jedoch höchstens zweimal in der Woche auf höchstens 10 Stunden verlängert werden, wobei diese zulässige 2-malige Verlängerung der Lenkzeit pro Woche auf jeweils 10 Stunden bereits berücksichtigt wurde.

 

12.12.2009 von 03:16:00 Uhr bis 12.12.2009, 16:45:00 Uhr mit einer Lenkzeit von 09:32 Stunden.

 

Sie haben dadurch Verwaltungsübertretungen nach:

2.

§ 134 Abs 1 Kraftfahrgesetz 1967, BGBl Nr 267/1967, zuletzt geändert mit BGBl I Nr 149/2009 (im folgenden kurz KFG 1967) iVm Art 6 Abs 3 der Verordnung (EG) Nr 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 (im folgenden kurz EG-VO 561/2006);

3.

§ 134 Abs 1 KFG 1967 iVm Art 8  Abs 1, 2 und 4 EG-VO 561/2006

4.

§ 134 Abs 1 KFG 1967 iVm Art 6 Abs 1 EG-VO 561/200 begangen.

 

Gemäß § 134 Abs 1 Satz 1 KFG 1967 wird gegen Sie eine Geldstrafe in Höhe von

2.

Euro 150,00,

3.

Euro 220,00,

4.

Euro 100,00,

sohin insgesamt in Höhe von Euro 470,00, verhängt.

 

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von

2.

48 Stunden,

3.

60 Stunden,

4.

24 Stunden.?

 

Außerdem wurde er zur Bezahlung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor der Erstbehörde verpflichtet.

 

Dagegen wurde fristgerecht ein Rechtsmittel erhoben, in welchem nach Wiedergabe des Spruches der angefochtenen Entscheidung Folgendes ausgeführt wird:

 

?Die erhobenen Vorwürfe werden ausdrücklich bestritten und eingewendet wie folgt;

 

1. Nach der Rechtsprechung des Unabhängige Verwaltungssenat Tirol (siehe zuletzt uvs-2006/15/0229-4) ist es erforderlich, Tachographenschaublätter durch einen Amtssachverständjgen der Tiroler Landesregierung gutachterlich auswerten zu lassen, widrigenfalls die Tatbestandsmäßigkeit eines Sachverhaltes nicht unter Beweis gestellt worden ist. Aus diesem Grund wird die Auswertung der Fahrerkartenaufzeichnungen durch einen Amtsachverständigen der Tiroler Landesregierung zum Beweis dafür, dass der betroffene Fahrer keine Lenkzeitüberschreitung bzw Ruhezeitunterschreitungen begangen hat, beantragt.

 

2. Herr P. M. hatte im Zeitraum vom 14.11.2009 bis 21.11.2009 Urlaub. Die weitere Doppelwoche im Sinne der RL 561/2006 beginnt daher am 23.11.2009 und endet am 06.12.2009. Somit ist der von der Behörde herangezogene Zeitraum vom 30.11.2009 bis zum 13.12.2009 zur Berechnung der Doppelwochenlenkzeit nicht relevant. Die in Spruchpunkt 2. behauptete Übertretung hat nicht stattgefunden.

Es wird die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

Beweis: Urlaubsschein (Beilage 2)

 

3. In Summe hielt der Betroffene die laut Spruchpunkt 3. am 03.12.2009, 04.48 Uhr, bis 04.12.2009, 04.47 Uhr, angeblich fehlende tägliche Ruhezeit ein. Allerdings konnte er die Pause nicht exakt innerhalb des 24 Stunden-Zeitraumes beginnen, da er sich zu diesem Zeitpunkt an der Grenze Chiasso-Como befand und es nicht möglich war, den LKW auf der Autobahn abzustellen. In Summe hielt der Betroffene eine Ruhepause in der Dauer von 12 Stunden und 51 Minuten.

 

Beweis: Ausdruck Google-Maps (Betlage 3); wie vor

 

4. Ebenfalls zu Spruchpunkt 3. wird die Nichteinhaltung der täglichen Ruhezeit am 04.12.2009 zum 05.12.2009 vorgeworfen. Der Betroffen befand sich auf der ROLA, sodass der behauptete Verstoß nicht vorliegt. Es wird die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

Die Behörde hat im angefochtenen Straferkenntnis zu Unrecht nur die ursprünglich in der Strafverfügung zu Spruchpunkt 4. behauptete Übertretung, vom 07.12.2009 bis 08.12.2009 die tägliche Lenkzeit unzulässigerweise verlängert zu haben, eingestellt. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte sie auch Spruchpunkt 3. hinsichtlich der Überschreitung am 04.12.2009 einstellen müssen.

 

Beweis: ROLA-Bestätigungen (Beilagen 4 und 5); wie vor

 

5. Am 12.12.2009 von 03.16 Uhr bis 16.45 Uhr hielt der Betroffene ausreichend tägliche Ruhezeit. Offensichtlich handelt es sich um einen, durchaus üblichen, Auswertungsfehler, wenn die Behörde dennoch einen Verstoß behauptet:

 

Beweis: Ausdruck ZA/AR Arbeitszeitprüfung (Beilage 6); wie vor

 

6. Schließlich wird zu Spruchpunkt 3. angegeben, dass der Fahrer von 18.12. bis 19.12.2009 14 Stunden und 11 Minuten Pause gemacht hatte, er allerdings in dieser Zeit kurz überfahren musste, da er eine Einfahrt blockierte. Die behauptete Übertretung liegt nicht vor.

 

Beweis: Übersichtstabelle Einzelfahrten (Beilage 7); Ausdruck Google-Maps (Beilage 8)

 

7. Im erstinstanzlichen Verfahren hat der Meldungsleger eine Stellungnahme zu den gegenständlichen Vorfällen abgegeben. Unter ?Zu Punkt 2.? führt der darin aus: ?Der Art 6 Abs 3 EG-VO 561/2006 spricht von zwei aufeinander folgender Wochen, wobei die Gesamtlenkzeit von 90 Std. nicht Überschriften werden darf. Daher ist beim Einspruch angeführte Berechnung der sg Doppelwochenlenkzeit nicht zulässig bzw nicht relevant. Es wurde vom 30.11.2009 bis zum 13.12.2009, das sind zwei aufeinander folgende Wochen, vom Lenker 95 Std und 56 Min das Fzg gelenkt.

 

Die zu Spruchpunkt 2.) erhobenen Vorwürfe beziehen sich auf 30.11.2009 bis 13.12.2009

07.12.2009 bis 20. 12.2009

also ein Zeitraum von insgesamt drei Wochen.

 

Art 6 Abs, 3 EG-VO bestimmt: ?Die summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen darf 90 Stunden nicht überschreiten.? Es ist ausgeschlossen, dass innerhalb eines Zeitraumes von drei Wochen zwei Verstöße gegen Art 6 Abs 3 EG-VO 561/2006 gesetzt werden. Dafür wäre es notwendig, bei der Zeitstrahlanalyse eine vierte Woche in Betracht zu ziehen, was die Behörde jedoch nicht gemacht hat. Tatsächlich wurde eine Woche, nämlich jene vom 07.12. zum 13.12.2009 doppelt verwertet.

Aus diesem Grund wird die Einstellung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens zu Punkt 2.) beantragt.

 

8. Unter ?Zu Punkt 3. und 5.? führt der Meldungsleger aus:

?Der Fahrer ist nicht verpflichtet, den gesamten 24 Std Zeitraum auszunützen. Daher ist es ihm gestattet auch etwas früher stehen zu bleiben. Es gehört zu den Pflichten des Fahrzeuglenkers sich rechtzeitig um eine geeignete Halte- und Parkmöglichkeit zu kümmern.?

 

Es wurde bereits vorgebracht, dass der Betroffene vom 03.12. auf den 04.12.2009 aufgrund der Verkehrssituation die Pause nicht innerhalb des 24-Stundenzeitraumes einnehmen konnte. Insgesamt wurde eine Pause von 10 h 51 Minuten gehalten.

Der Betroffene beruft sich deshalb auf die Halteplatzregelung des Art 12 VO (EG) 561/2006:

?Sofern die Sicherheit im Straßenverkehr nicht gefährdet wird, kann der Fahrer von den Artikeln 6 bis 9 abweichen, um einen geeigneten Halteplatz zu erreichen, soweit dies erforderlich ist, um die Sicherheit von Personen, des Fahrzeugs oder seiner Ladung zu gewährleisten. Der Fahrer hat Art und Grund dieser Abweichung spätestens bei Erreichen des geeigneten Halteplatzes handschriftlich auf dem Schaublatt des Kontrollgeräts oder einem Ausdruck aus dem Kontrollgerät oder im Arbeitszeitplan zu vermerken?.

In Leitlinie Nr 1 zu Art 12 VO (EG) 561/2006 wird explizit darauf hingewiesen, dass der Grund für die Abweichung von den gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten vor Fahrtantritt nicht bekannt oder vorhersehbar sein darf. Aus diesem Grund wird die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu Punkt 3. der angefochtenen Strafverfügung beantragt.

 

9. In der zitierten Stellungnahme vom 13.04.2010 führte der Meldungsleger auf der letzten Seite aus: ?Auf dem Zeitstrahl ist ersichtlich, dass der Fahrer auf Arbeitszeit geschalten hatte. Nach Ende des Arbeitsvorganges (vermutlich Be- oder Entladung) wurde das Fahrzeug weggefahren. Arbeitszeit zählt nicht zur Ruhezeit, daher konnte der 24 Std-Zeitraum nicht eingehalten werden. Sollte der Fahrer tatsächlich in einer Einfahrt gestanden und keine Arbeit durchgeführt haben, wurde das Kontrollgerät falsch bedient?.

 

Nach Ansicht des Meldungslegers habe der Strafvorwurf zu Spruchpunkt 3. (Überschreitung vom 18.12. auf den 19.12.2009) dahingehend zu lauten hat, dass der Fahrer das Kontrollgerät unrichtig bediente. Der Verstoß nach Art 8 Abs 1 EG-VO könne hingegen nicht als erwiesen gelten. Aufgrund bereits eingetretener Verfolgungsverjährung ist eine Spruchberichtigung allerdings undurchführbar:

Nach § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine taugliche Verfolgungshandlung (§ 32 Abs 2 und 3) vorgenommen wurde. Nach § 31 Abs 2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate.

 

Diese Frist ist von dem Zeitpunkt an zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat (Unabhängiger Verwaltungssenat in Tirol uvs-2002/15/101-3 vom 12.06.2003). Die Übertretung soll am 21.12.2009 begangen worden sein. Mit 21.012.2010 ist mittlerweile Verfolgungsverjährung eingetreten. Eine Sanierung des Tatvorwurfes durch eine Richtigstellung der Tatumschreibung, ist wegen zwischenzeitlich eingetretener Verfolgungsverjährung nicht mehr möglich.

 

Der Antrag auf Einholung einer gutachterlichen Auswertung der Tachoscheiben durch einen Amtssachverständigen des Landes Tirol wird hinsichtlich der übrigen Spruchpunkte ausdrücklich aufrechterhalten.?

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat nach Vorlage des Verwaltungsaktes für den 28.04.2011 eine öffentliche mündliche Verhandlung festgesetzt.

In einem vorbereitenden Schriftsatz vom 20.04.2011 hat der Berufungswerber durch seinen Rechtsvertreter Folgendes ergänzend ausgeführt:

 

?Die gegenständliche Transportfahrt in Deutschland zurückgelegt. Am 21.12.2009 wurde Herr M. im Gemeindegebiet Musau im unmittelbaren Grenzbereich zu Deutschland einer polizeilichen Kontrolle unterzogen. Somit wurde der Betroffene lediglich in Österreich betreten. Die im Tatzeitraum behaupteten Überschreitungen der Lenk- und Ruhezeiten wurden ebenfalls nicht auf österreichischem Staatsgebiet gesetzt. Herr M. hat Gütertransporte in Deutschland und Italien durchgeführt. Der Betroffene behält sich die Vorlage entsprechender Beweismittel ausdrücklich vor.

Darüber hinaus ist weder der Lenker des Fahrzeuges österreichischer Staatsbürger, noch hat die Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges ihren Sitz innerhalb Österreichs. Die österreichischen Verwaltungsbehörden sind für derartige Verwaltungsübertretungen international nicht zuständig.

 

Zur Begründung wird ausgeführt:

2.

2.1. Die maßgebliche Gesetzesstelle ist Art 19 Abs 2 EG-VO 561/2006 und lautet:

Ein Mitgliedstaat ermächtigt die zuständigen Behörden, gegen ein Unternehmen und/oder einen Fahrer bei einem in seinem Hoheitsgebiet festgestellten Verstoß gegen diese Verordnung eine Sanktion zu verhängen, sofern hierfür noch keine Sanktion verhängt wurde, und zwar selbst dann, wenn der Verstoß im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats oder eines Drittstaats begangen wurde.

Die Behörde eines Mitgliedstaates (MS) darf folgende Verstöße ahnden;

ein Fahrer setzt den Verstoß innerhalb des Hoheitsgebietes des MS;

der inländische Fahrer setzt den Verstoß außerhalb des Hoheitsgebietes des MS;

im ersten Fall ist der Tatort Anknüpfungspunkt für die Jurisdiktion der nationalen Behörde; Im zweiten Fall das Personalstatut/Unternehmenssitz (siehe auch Art 10 Abs 3 EG-VO 561/206; Das Verkehrsunternehmen haftet für Verstöße von Fahrern des Unternehmens, selbst wenn der Verstoß im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates oder eines Drittstaates begangen wurde).

 

2.2. Satz 2 der Bestimmung ist für das Verfahren besonders interessant:

Dabei gilt folgende Ausnahmeregelung: Wird ein Verstoß festgestellt, der nicht im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats begangen wurde und der von einem Unternehmen, das seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittstaat hat, oder von einem Fahrer, der seinen Arbeitsplatz in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittstaat hat, begangen wurde, so kann ein Mitgliedstaat bis zum 1. Januar 2009, anstatt eine Sanktion zu verhängen, der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats oder des Drittstaats, in dem das Unternehmen seinen Sitz oder der Fahrer seinen Arbeitsplatz hat, den Verstoß melden.

 

Existieren die oben angeführten Anknüpfungspunkte nicht, ist der Verstoß lediglich dem jeweils zuständigen MS zu melden anstatt zu ahnden. Diese Meldpflicht ist zeitlich bis zum 01.01.2009 eingeschränkt. Für den Zeitraum danach existiert keine neue Regelung.

 

?NULLA POENA SINE LEGE?

 

§ 1 Abs 1 StGB lautet:

?Eine Strafe oder eine vorbeugende Maßnahme darf nur wegen einer Tat verhängt werden, die unter eine ausdrückliche gesetzliche Strafdrohung fällt und schon zur Zeit ihrer Begehung mit Strafe bedroht war.?

Aus diesem Grund erfüllen Lenkzeitüberschreitungen im Ausland keinen In Österreich strafbaren Sachverhalt, wenn einer der genannten Anknüpfungspunkte fehlt.

 

3. Zusammenfassung:

Art 19 Abs 2 EG-VO 561/2006 ist auf all jene Fälle nicht anwendbar, in denen weder der Tatort noch das Personalstatut/Unternehmenssitz einen Anknüpfungspunkt bietet.

Beispiel:

Personalstatut: Slowakei

Tatort: Deutschland

Betretungsort: Österreich

Es besteht nach Art 19 Abs 2 EG-VO keine Jurisdiktion österreichischer Behörden, lediglich eine Meldepflicht.

 

4. Subsumtion: Herr P. M. ist slowakischer Staatsbürger und in SK-XY, XY 37, wohnhaft. Die Zulassungsbesitzerin ist das Unternehmen T. und T. R. und T. SRO. Dieses hat ihren Sitz in SK-XY S., 311 XY. Das Fahrzeug des Betroffenen wurde lediglich auf der Bundesstraße KOST Nauders einer polizeilichen Kontrolle unterzogen. Zu diesem Zeitpunkt hatte Herr M. nur wenige Kilometer auf österreichischem Staatsgebiet zurückgelegt.

 

Der Betretungsort ist nicht mit dem Tatort gleichzusetzen. ES BIETEN WEDER DER TATORT NOCH DAS PERSONALSTATUT DES BETROFFENEN NOCH DER UNTERNEHMENSSITZ DER FAHRZEUGHALTERIN EINEN ANSATZPUNKT, DIE JURISDIKTION ÖSTERREICHISCHER BEHÖRDEN GEMÄß Art 19 Abs 2 EG-VO 561/2006 HERZUSTELLEN.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat darf die behaupteten Verstöße gegen EG-VO 561/2006 nicht ahnden, widrigenfalls er in die Souveränität des für die Bestrafung sachlich und örtlich zuständigen Mitgliedsstaates eingriff. Die Bezirkshauptmannschaft Reutte hätte die Verstöße lediglich melden, nicht aber ahnden dürfen.?

 

Schließlich hat der Rechtsvertreter desw Berufungswerbers nach Übermittlung der Verhandlungsschrift Einwendungen gegen das Protokoll über die mündliche Hauptverhandlung vom 28.04.2011 verbunden mit einen Antrag auf Protokollberichtigung eingebracht. Darauf wird bei den rechtlichen Erwägungen eingegangen.

 

Nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt steht für den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol als erwiesen fest:

 

Der Berufungswerber wurde am 21.12.2009 um 14.06 Uhr von Beamten der Polizeiinspektion Vils beim Lenken des Sattelkraftfahrzeuges, bestehend aus dem Sattelzugfahrzeug mit dem Kennzeichen XY und dem Sattelanhänger mit dem Kennzeichen XY einer Verkehrskontrolle unterzogen. Dabei wurde unter anderem die Fahrerkarte betreffend die Einhaltung der nach den unionsrechtlichen Vorschriften geltenden Lenk- und Ruhezeiten überprüft.

 

Bei der Überprüfung der auf der Fahrerkarte gespeicherten Lenk- und Ruhezeiten wurden sodann unterschiedliche Verstöße gegen die EG-VO 561/2006 festgestellt, wie diese dem Berufungswerber auch im angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt wurden. Diese Übertretungen, nach Maßgabe der in diesem Berufungserkenntnis vorgenommenen Einschränkungen, ergeben sich zweifelsfrei aus den Auswertungsunterlagen.

 

Obgleich der Berufungswerber die angeführten Zeiten in Bezug auf bestimmte Fakten mit pauschalen Hinweisen in Frage stellt, sind im gesamten Verfahren keine Tatsachen hervorgetreten, die Zweifel an der Richtigkeit der Aufzeichnungen des digitalen Tachographen hervorrufen würden.

 

In Summe bestehen beim Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol daher keinerlei Zweifel, dass die elektronische Auswertung der Fahrerkarte grundsätzlich richtig und vollständig erfolgt ist und die zur Anzeige gebrachten Verletzungen der höchstzulässigen Lenkzeiten sowie erforderlichen Mindestruhezeiten objektiv richtig festgestellt wurden.

 

Weiters festgehalten wird, dass der Berufungswerber bereits in der Ladung zur mündlichen Verhandlung ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass entsprechende Bescheinigungsmittel entsprechend seinem Vorbringen unter 8. in der Berufung vorzulegen sind. Auch auf nochmalige Aufforderung bei der mündlichen Verhandlung konnten allerdings Aufzeichnungen im Sinne des Art 12 der EG-VO 561/2006 nicht vorgelegt werden.

 

In rechtlicher Hinsicht folgt:

 

Wer dem KFG, den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 und 10 Abs 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr 561/2006, der Verordnung (EWG) Nr  3821/85 oder den Artikeln 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), BGBl Nr 518/1975 in der Fassung BGBl Nr 203/1993, zuwiderhandelt, begeht gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu Euro 5.000,00, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe Arrest bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Arreststrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.

 

Übertretungen der Artikel 5 bis 9 und 10 Abs 4 der Verordnung (EG) Nr 561/2006, der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 sowie der Artikel 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), BGBl Nr 518/1975 in der Fassung BGBl Nr 203/1993, sind gemäß § 134 Abs 1a KFG auch dann als Verwaltungsübertretung strafbar, wenn die Übertretung nicht im Inland, sondern auf einer Fahrtstrecke innerhalb des Geltungsbereiches dieser Bestimmungen begangen worden ist (Art 2 Abs 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr 561/2006). Als Ort der Übertretung gilt in diesem Falle der Ort der Betretung im Inland, bei der die Übertretung festgestellt worden ist. Von einer Bestrafung ist jedoch abzusehen, wenn die Übertretung im Bundesgebiet nicht mehr andauert und der Lenker nachweist, dass er wegen dieses Deliktes bereits im Ausland bestraft worden ist.

 

Gemäß Art 6 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr 561/2006 des europäischen Parlaments und der Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr 3821/85 und (EG) Nr 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr 3820/85 des Rates in der Fassung der Verordnung (EG) Nr 1073/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 (in Folge kurz: VO 561/2006) darf die tägliche Lenkzeit 9 Stunden nicht überschreiten. Die tägliche Lenkzeit darf jedoch höchstens zweimal in der Woche auf höchstens 10 Stunden verlängert werden.

 

Gemäß Art 6 Abs 3 der VO 561/2006 darf die summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen 90 Stunden nicht überschreiten.

 

Der Fahrer muss weiters gemäß Art 8 Abs 1 der VO 561/2006 tägliche und wöchentliche Ruhezeiten einhalten. Innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit muss der Fahrer gemäß Abs 2 leg cit eine neue tägliche Ruhezeit genommen haben. Beträgt der Teil der täglichen Ruhezeit, die in den 24-Stunden-Zeitraum fällt, mindestens 9 Stunden, jedoch weniger als 11 Stunden, so ist die fragliche tägliche Ruhezeit als reduzierte tägliche Ruhezeit anzusehen.

Der Fahrer darf gemäß Abs 4 leg cit zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten höchstens drei reduzierte tägliche Ruhezeiten einlegen.

 

Der Berufungswerber macht durch seinen Rechtsvertreter im Schriftsatz vom 20.04.2011 zusammenfassend geltend, dass die österreichischen Verwaltungsbehörden für Verwaltungsübertretungen wie sie dem Berufungswerber hier zur Last gelegt werden nicht zuständig seien. Er begründet diese Ansicht einerseits mit einem Hinweis auf Art 19 Abs 2 der VO 561/2006 und schließt daraus, dass wenn weder ein Verstoß innerhalb des Hoheitsgebiets des Mitgliedstaates vorliege noch der Fahrer inländischer Staatsbürger sei der Verstoß lediglich dem jeweils zuständigen MS zu melden anstatt zu ahnden sei. Diese Meldepflicht habe nur befristet bis zum 01.01.2009 gegolten, für den Zeitraum danach existiere keine neue Regelung, weshalb dem Grundsatz ?nulla poena sine lege? zu Folge vorliegend kein in Österreich strafbarer Sachverhalt vorliege. Andererseits bringt er grundsätzliche völkerrechtliche Bedenken vor und beruft sich dabei insbesondere auf das Territorialitätsprinzip, welches eine Bestrafung des Berufungswerbers durch österreichische Behörde vorliegend verbiete.

 

Diese Ansicht ist mehrfach unzutreffend, dies aus folgenden Gründen:

 

Art 19 Abs 1 und 2 der VO 561/2006 lautet wörtlich wie folgt:

 

(1) Die Mitgliedstaaten legen für Verstöße gegen die vorliegende Verordnung und die Verordnung (EWG) Nr 3821/85 Sanktionen fest und treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um deren Durchführung zu gewährleisten. Diese Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig, abschreckend und nicht diskriminierend sein. Ein Verstoß gegen die vorliegende Verordnung und gegen die Verordnung (EWG) Nr 3821/85 kann nicht mehrmals Gegenstand von Sanktionen oder Verfahren sein. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission diese Maßnahmen und die Regeln bezüglich Sanktionen bis zu dem in Artikel 29 Absatz 2 genannten Datum mit. Die Kommission informiert die Mitgliedstaaten entsprechend.

(2) Ein Mitgliedstaat ermächtigt die zuständigen Behörden, gegen ein Unternehmen und/oder einen Fahrer bei einem in seinem Hoheitsgebiet festgestellten Verstoß gegen diese Verordnung eine Sanktion zu verhängen, sofern hierfür noch keine Sanktion verhängt wurde, und zwar selbst dann, wenn der Verstoß im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats oder eines Drittstaats begangen wurde.

Dabei gilt folgende Ausnahmeregelung: Wird ein Verstoß festgestellt, der nicht im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats begangen wurde und der von einem Unternehmen, das seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittstaat hat, oder von einem Fahrer, der seinen Arbeitsplatz in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittstaat hat, begangen wurde, so kann ein Mitgliedstaat bis zum 1. Januar 2009, anstatt eine Sanktion zu verhängen, der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats oder des Drittstaats, in dem das Unternehmen seinen Sitz oder der Fahrer seinen Arbeitsplatz hat, den Verstoß melden.

 

Einen Anhaltspunkt dafür, wie diese Bestimmung zu verstehen ist, bieten die Erwägungen zur besagten VO. In der Erwägung 14 wird dazu etwa ausgeführt: Um eine wirksame Durchsetzung zu gewährleisten, ist es von wesentlicher Bedeutung, dass die zuständigen Behörden bei Straßenkontrollen nach einer Übergangszeit in der Lage sein sollten, die ordnungsgemäße Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten des laufenden Tages und der vorausgehenden 28 Tage zu kontrollieren.

 

In der Erwägung 19 wird ausgeführt: Angesichts der Zunahme des grenzüberschreitenden Güter- und Personenverkehrs ist es im Interesse der Straßenverkehrssicherheit und einer besseren Durchsetzung von Straßenkontrollen und Kontrollen auf dem Betriebsgelände von Unternehmen wünschenswert, dass auch die in anderen Mitgliedstaaten oder Drittstaaten angefallenen Lenkzeiten, Ruhezeiten und Fahrtunterbrechungen kontrolliert werden und festgestellt wird, ob die entsprechenden Vorschriften in vollem Umfang und ordnungsgemäß eingehalten wurden.

 

Schließlich sei auch auf den der Verordnung zu Grunde liegenden Vorschlag der Kommission vom 12.10.2001, KOM(2001)573 endgültig, verwiesen. In diesem Vorschlag wird unter Punkt 19 wörtlich festgehalten:

?Eine dauerhafte Schwierigkeit bei der Durchsetzung einer Verordnung, die sich auf verschiedene Rechtshoheiten innerhalb der EU erstreckt, besteht darin, dass die zuständigen Stellen in einem Mitgliedstaat Verstöße entdecken, die in einem anderen Mitgliedstaat begangen wurden. Die jetzige Verordnung überlässt es den Mitgliedstaaten, solche Verstöße zu ignorieren oder zu ahnden und die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem der Verstoß begangen wurde, zu informieren. Dies stellt eine große Lücke beim Vollzug dar. Die Kommission schlägt eine positive Maßnahme vor, nach der die Mitgliedstaaten einen Verstoß gegen die Bestimmungen der Verordnung ahnden können, den ein Fahrer in einem anderen Mitgliedstaat begangen hat, weil der eines Verstoßes schuldige Fahrer, in dem Mitgliedstaat, in dem er überführt wurde, ein Risiko für die Straßenverkehrssicherheit darstellen kann und weil außerdem der Binnenmarkt in Bezug auf die gemeinsamen Regeln ein einheitlicher, nicht fragmentierter Raum sein sollte. Diese Verstöße können zivilrechtlicher, administrativer oder strafrechtlicher Art sein.?

 

Im Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 09.12.2004, ABl C 63 E/2005 S 11, wird weiters begründend zu den Vorteilen der neuen Verordnung ausgeführt:

?der Zeitraum, der von den Kontrollbeamten effektiv überprüft werden kann, wird von der ?laufenden Woche und dem letzten Fahrttag der vorangegangenen Woche? auf die ?laufende Woche und die vorausgehenden 15 Tage? ausgeweitet. Nach dem 1. Januar 2008 wird er auf den ?laufenden Tag und die vorausgehenden 28 Tage? ausgeweitet. Durch diese Bestimmungen können die Kontrollbeamten die Fähigkeiten des digitalen Fahrtenschreibers nutzen;

?

die zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten werden ermächtigt, bei Verstößen, die in ihrem Hoheitsgebiet festgestellt wurden, Sanktionen zu verhängen, selbst wenn der Verstoß außerhalb ihres Hoheitsgebiets begangen wurde;?

 

Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen zeigt sich unmissverständlich, dass die Formulierung in Art 19 Abs 2 der VO 561/2006 nicht in der Art zu verstehen ist, wie dies der Berufungswerber ausführt. Insofern sei darauf hingewiesen, dass auf Grund der Formulierung ?bei einem in seinem Hoheitsgebiet festgestellten Verstoß? nicht zu fordern ist, dass der Fahrer die Lenkzeitüberschreitung unmittelbar im Hoheitsgebiet der Republik Österreich gesetzt hat bzw der Fahrer inländischer Staatsbürger sein muss, um diese Übertretung durch die österreichischen Behörden zu ahnden. Dies zeigt auch die in Art 19 Abs 2 der VO 561/2006 normierte Befristung der Alternative der Weiterleitung des Verdachts der Übertretung besagter Verordnung an die Behörde des Mitgliedsstaates, in welchem sich ua der Sitz des Unternehmens befindet. Diese Befristung bringt in Zusammenhalt mit den angeführten Erwägungen nichts anderes zum Ausdruck, als dass ab diesem Zeitpunkt eine Weiterleitung eben nicht mehr zulässig ist und die Behörden des Mitgliedstaates, in welchem die Übertretung auf Grund einer Kontrolle festgestellt wurde, das Strafverfahren jedenfalls nicht mehr abtreten können. In diesem Falle schützt allerdings der in Art 19 Abs 1 leg cit aufgenommene Ausschluss einer Doppelbestrafung (wie sich dies auch schon alleine aus grundrechtlichen Erwägungen ergibt) den Fahrer davon, zweimal wegen der selben Übertretung zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Insofern verbietet sich eine Auslegung, wie sie der Rechtsvertreter vornimmt, alleine schon auf Grund einer am Zweck orientierten Interpretation der Verordnung, zumal das Unionsrecht niemals so auszulegen ist, dass es sich selbst seiner praktischen Wirksamkeit beraubt. Hier kann jedenfalls nicht von einer interpretativ ermittelten inländischen Zuständigkeit gesprochen werden, vielmehr ergibt sich die Verpflichtung österreichischer Behörden zur Ahndung der festgestellten Verstöße in einer Zusammenschau der angesprochenen Bestimmungen der VO 561/2006 und deren innerstaatlichen verwaltungsstrafrechtlichen Anknüpfung im Kraftfahrgesetz. Dort wurde in § 134 Abs 1a die den Mitgliedsstaaten durch die Verordnung selbst eröffnete Möglichkeit der Ahndung von Lenkzeitüberschreitungen, die außerhalb des Hoheitsgebiets der Republik Österreich, aber innerhalb des Gebiets der Europäischen Union oder zwischen der Gemeinschaft, der Schweiz und den Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gesetzt wurden (vgl zum Anwendungsbereich Art 2 Abs 2 der VO 561/2006), im innerstaatlichen Recht umgesetzt.

 

Der Einwand der mangelnden Zuständigkeit österreichischer Behörde geht sohin ins Leere. Zu den vorgebrachten völkerrechtlichen Gründen kann auch auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.03.2008, 2007/03/0221, verwiesen werden, welcher wie folgt festgehalten hat:

Auch wenn grundsätzlich das Territorialitätsprinzip gilt, bleibt es dem Gesetzgeber unbenommen, im Sinne des Personalitätsprinzips Gebote an die eigenen Staatsbürger, die sich außerhalb des Staatsgebietes befinden, zu richten, sowie, im Sinne des Schutzprinzips, an andere Personen bezüglich solcher Verhaltensweisen, die sich gegen ein inländisches Rechtsgut oder den Staat selbst richten (vgl Walter, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, System (1972), 119). Wohl sind dabei die allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts einzuhalten (Art 9 Abs 1 B-VG), ein ausreichender ?inländischer Anknüpfungsgrund? (vgl das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1981, VfSlg 9183/1981; siehe auch Rein, Der räumliche Geltungsbereich einer Landesrechtsordnung, JBl 1988, 157,) liegt aber im gegebenen Zusammenhang schon deshalb vor, weil die Strafbarkeit des Unternehmers daran anknüpft, dass ein Grenzübertritt in das österreichische Bundesgebiet durch den Lenker der Beförderungseinheit erfolgt.

 

Klargestellt wird, dass diese Entscheidung im Zusammenhang mit dem Güterbeförderungsgesetz ergangen ist. Die darin dargelegten Erwägungen verdeutlichen aber, dass auch völkerrechtliche Prinzipien der Bestrafung für jene Lenkzeitverstöße, die sich außerhalb von Österreich ereignet haben, nicht entgegen stehen; insofern steht die durch Artikel 19 der besagten EG-VO ermöglichte und durch § 134 Abs 1a KFG umgesetzte Erstreckung der nationalen Zuständigkeit entgegen den Behauptungen des Berufungswerbers auch in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des Völkerrechts.

 

Dies ist in Hinblick auf den Umstand unzweifelhaft, dass der Berufungswerber in Österreich betreten wurde und die Einhaltung der erforderlichen Ruhezeiten und Pausen nach dem offensichtlichen Ziel der Verordnung der Hebung der Straßenverkehrssicherheit dienen soll, was sich auch ausdrücklich aus dem oben zitierten Vorschlag der Kommission vom 12.10.2001 ergibt. Wenn daher diese Ruhezeiten und Pausen nicht wie vorgesehen eingehalten werden, wird die Straßenverkehrssicherheit durch die zumindest potentiell mögliche Überlastung des Fahrers auch dort beeinträchtigt, wo eine Übertretung im engeren Sinn nicht unmittelbar vorliegt. Daraus zeigt sich, dass die Bestrafung völkerrechtlich zur Wahrung des Schutzprinzips zulässig ist; die unionsrechtliche Zulässigkeit der Bestrafung des vorliegenden Sachverhalts ergibt sich aus der Verordnung selbst, zumal der Berufungswerber ja selbst dargelegt hat, dass sämtliche Fahrten innerhalb dieses Zeitraums im Hoheitsgebiet der Europäischen Union durchgeführt wurden (nach den vorgelegten Unterlagen wurden Fahrten zwischen Deutschland und Italien bzw solche in Italien durchgeführt).

 

Die Verordnung sieht einen Zeitraum vor, der sich über den laufenden Tag und die vorangegangenen 28 Tagen erstreckt, über den sich im Falle einer Anhaltung die Kontrolle der Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten erstrecken soll. Dieser Zeitraum wurde auch dem gegenständlichen Verfahren zu Grunde gelegt. Damit wurde auch dem Auftrag der Verordnung entsprochen, welche die Behörden zur Überprüfung dieses Zeitraums verpflichtet: Diese Verpflichtung ergibt sich unionsrechtlich aus den bereits zitierten Erwägungen 14 und 19 sowie Art 18 der VO 561/2006, wonach die Mitgliedstaaten zur Setzung der für die Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen verpflichtet werden sowie aus den ebenfalls bereits zitierten Absätzen 1 und 2 des Art 19 der VO 561/2006.

Außerdem würde de praktische Wirksamkeit der Verordnung beeinträchtigt, wenn nicht sämtliche der bei einer Kontrolle festgestellten Verstöße geahndet werden könnten, sieht Art 19 Abs 2 der VO 561/2006 doch ab dem 01.01.2009 keine Möglichkeit mehr vor, die Übertretung an den Sitzstaat abzutreten. Wenn daher der Staat, in welchem die Übertretung bei einer Kontrolle festgestellt wurde, sich nicht auch auf den gesamten Zeitraum beziehen könnte, so wäre der Grundsatz des ?effet utile? verletzt. All dies zeigt, dass bei der Überprüfung der Einhaltung besagter Verordnung einzig Voraussetzung ist, dass das zur Beförderung im Straßenverkehr verwendete Fahrzeug gemäß Art 2 der genannten VO vom Anwendungsbereich derselben erfasst wird. Nicht Voraussetzung für eine Ahndung eines Verstoßes gegen diese Verordnung ist es hingegen, dass die Übertretung unmittelbar in Österreich verwirklicht wurde, solange das Fahrzeug, wie im vorliegenden Fall anhand der vom Berufungswerber selbst vorgelegten Frachtpapiere ersichtlich, im Gebiet der Europäischen Union bzw eines EWR-Mitgliedsstaates in Verwendung gestanden ist.

 

Schließlich sei der Berufungswerber darauf hingewiesen, dass es sich bei mehreren Verstößen gegen ein und die selbe Bestimmung der zitierten Verordnung nach der Judikatur des VwGH um ein fortgesetztes Delikt handelt. Im engen zeitlichen Konnex stehenden und ineinander greifenden Transporten liegt ein einheitlicher Gesamtplan zugrunde (vgl VwGH 29.04.2002, 2000/03/0103). Dieser rechtfertigt die Annahme eines Gesamtkonzepts im Sinne eines (jeweils) fortgesetzten Deliktes (vgl VwGH 06.09.2005, 2002/03/0144). Zusammenfassend hat der Verwaltungsgerichtshof daher beispielsweise in der Entscheidung vom 12.09.2006, 2002/03/0034, ausgeführt, dass ausgehend davon, dass die Nichteinhaltung der Tageslenkzeit zwischen den Ruhepausen, wie sie den im jenen Verfahren vorgeworfenen Übertretungen des Artikel 6 Abs 1 der Verordnung 3820/85 (sohin der Vorgängerverordnung der dem Berufungswerber nunmehr als übertretene Norm zur Last gelegten Vorschrift) iVm § 134 Abs 1 KFG 1967 zugrunde lagen, nicht für jeden Tag gesondert bestraft werden, sondern eine Strafe pro Tatbestand zu verhängen ist. Insofern liegt trotz mehrer Teilhandlung nur ein einziges Delikt vor. Bei der durch den VwGH aufgezeigten Behandlung der dem Berufungswerber zur Last gelegten Übertretungen als fortgesetztes Delikt wird sohin auch den aufgezeigten Kontrollanforderungen in der VO 561/2006 dahingehend Rechnung getragen, als dass diese Übertretungen schon nach diesem Gesichtspunkt in Österreich zu ahnden sind.

 

Zur Protokollrüge:

Die Niederschrift oder Teile davon können gemäß § 14 Abs 7 AVG unter Verwendung eines Schallträgers oder in Kurzschrift aufgenommen werden. Die Angaben gemäß Abs 2 leg cit, die Feststellung, dass für die übrigen Teile der Niederschrift ein Schallträger verwendet wird, und die Tatsache der Verkündung eines mündlichen Bescheides sind in Vollschrift festzuhalten. Die Aufzeichnung und die in Kurzschrift aufgenommenen Teile der Niederschrift sind unverzüglich in Vollschrift zu übertragen. Die beigezogenen Personen können bis zum Schluss der Amtshandlung die Zustellung einer Ausfertigung der Übertragung verlangen und binnen zwei Wochen ab Zustellung Einwendungen wegen behaupteter Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Übertragung erheben. Wird eine solche Zustellung beantragt, so darf die Aufzeichnung frühestens einen Monat nach Ablauf der Einwendungsfrist, ansonsten frühestens einen Monat nach erfolgter Übertragung gelöscht werden.

 

Der Rechtsvertreter des Berufungswerbers hat mit Schriftsatz vom 06.05.2011 Einwendungen gegen die Niederschrift über die öffentliche mündliche Verhandlung vom 28.04.2011 (vom Rechtsvertreter als ?Hauptverhandlung? bezeichnet) erhoben und gleichzeitig einen Antrag auf Protokollberichtigung eingebracht. Inhaltlich führt er darin aus, dass die Niederschrift zweifach fehlerhaft sei. So würden auf Seite 2 des Protokolls unter anderem die Ausführungen des Rechtsvertreters falsch wiedergegeben, wenn ihm das Protokoll die Aussage unterstelle, dass ?das Geschehen nach deutschem und nicht nach österreichischen Recht zu beurteilen sei?. Weiters wurde das Protokoll dahingehend kritisiert, dass er nicht ausgeführt habe, dass ?eine Bestrafung nach den deutschen Bestimmungen nicht erfolgt? sei. Vielmehr habe er angegeben, dass er über eine derartige Verurteilung keine Kenntnis habe.

 

Dazu sei zunächst festgehalten, dass eine förmliche Protokollberichtigung im Verwaltungsverfahren nicht vorgesehen ist (vgl Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Rz 2 zu § 15 AVG). Vielmehr bewirkt die rechtzeitige Einwendung gemäß § 15 AVG, dass die volle Beweiskraft des in der Niederschrift Protokollierten verloren geht, dies unabhängig davon, ob die Einwendung zu Recht oder zu Unrecht erhoben wurde (vgl VwGH 15.12.1993, 93/01/0059).

 

Eine nochmalige Kontrolle der Übertragung der Tonbandaufnahme der mündlichen Verhandlung vom 28.04.2011 hat ergeben, dass die vom Berufungswerber als fehlerhaft bezeichneten Passagen in der Verhandlung entsprechend der Niederschrift protokolliert wurden. Eine Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Übertragung im Sinne des § 14 Abs 7 AVG liegt sohin nicht vor.

 

Soweit der Rechtsvertreter mit seinem Antrag allerdings Einwände gegen die Art der Protokollierung seiner Ausführungen erheben will, so sei darauf hingewiesen, dass derartige Einwände mit entsprechender Deutlichkeit bei der Verhandlung selbst zu artikulieren gewesen wären, dies zumal die Tonbandaufnahme selbst jedenfalls laut und deutlich diktiert wurde. Der Rechtsvertreter hätte daher bei der Protokollierung selbst im Falle, dass die Protokollierung nicht seinen inhaltlichen Vorstellungen entspricht, mit entsprechender Deutlichkeit zum Ausdruck bringen müssen, dass er den diktierten Formulierungen entgegen tritt. Im Falle, dass einem derartigen Einwand nicht Folge gegeben würde, wäre es ihm freigestanden, die Unterfertigung des Protokollbogens zu verweigern oder etwa einen entsprechenden Nachtrag gemäß § 19 Abs 4 AVG zu verlangen, was tatsächlich nicht geschehen ist (vgl dazu auch Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Rz 13 zu § 14 AVG).

 

Unabhängig davon sei zu beiden vorgebrachten Punkten Folgendes festgehalten:

 

Bei der Frage, ob der Sachverhalt nach deutschem oder österreichischem Recht zu behandeln ist, handelt es sich um eine reine Rechtsfrage. Auch wenn der Rechtsvertreter im Schriftsatz vom 06.05.2011 sich derart verstanden wissen will, dass der Sachverhalt nach seinen Ausführungen auch nach deutschem Recht keiner Strafbarkeit unterliege, so mangelt einem derartigen Vorbringen in Bezug auf die Feststellung des Sachverhalts, das Vorbringen wurde im Beweisverfahren erstattet, von vorn herein die Relevanz.

 

Zur Frage des Vorliegens einer Bestrafung nach den in Deutschland geltenden Bestimmungen sei festgehalten, dass der Berufungswerber tatsächlich zu keinem Zeitpunkt vorgebracht hat, dass er auch in Deutschland oder einem anderen EU- oder EWR-Mitgliedsstaat bzw der Schweiz wegen der ihm in diesem Verfahren angelasteten Übertretungen zur Verantwortung gezogen worden wäre. Es wäre aber jedenfalls an ihm gelegen, im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht einen derartigen Strafausschließungsgrund zu behaupten und entsprechende Beweise anzubieten, zumal es nicht Aufgabe der österreichischen Strafbehörden ist, in allen anderen EU-Mitgliedsstaaten nachzufragen, ob der Berufungswerber wegen den hier gegenständlichen Lenkzeitverstößen bereits bestraft wurde. Da derartige Auskünfte schon aus praktischen Erfahrungen nicht von allen angeführten Staaten derart zeitgerecht erwartet werden können, dass eine effektive Ahndung der festgestellten Verstößen möglich ist, ist die Mitwirkung des Berufungswerbers in dieser Frage unverzichtbar. Folgerichtig bestimmt § 134 Abs 1a KFG letzter Satz auch ausdrücklich, dass die Nachweispflicht einer Bestrafung im Ausland in diesem Zusammenhang den Lenker trifft.

 

Vor diesem Hintergrund führt auch die ?Korrektur? des Rechtsvertreters im Schriftsatz vom 06.05.2011 inhaltlich zu keinem anderen Ergebnis wie das im Protokoll der mündlichen Verhandlung Niedergeschriebene, behauptet er doch nicht einmal, dass der Sachverhalt tatsächlich bereits in einem anderen Strafverfahren geprüft worden bzw er deswegen bestraft worden wäre.

 

Zum Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachten zur ?Auswertung der Fahrerkartenaufzeichnungen? sei festgehalten, dass nicht erkennbar ist, weshalb dazu ein Sachverständigengutachten erforderlich sei sollte. Zumal die elektronische Fahrerkarte im Wege eines computergestützten Verfahrens ausgewertet wurde ist nicht ersichtlich, welche fachlichen Aspekte im Rahmen eines Sachverständigengutachtens zu erörtern wären (und werden solche vom Rechtsvertreter auch gar nicht vorgebracht; schon alleine deshalb wäre dem Antrag keine Folge zu geben gewesen). Welche Schlüsse daher auf Grund welches besonderen Fachwissens aus derartigen Computerdaten gezogen werden sollen die sich über eine Addition der Zeiten, was bei Beherrschung der Grundrechenarten auch ohne Sachverständigen als möglich erscheint, und eines Abgleichs mit den in der Verordnung vorgesehenen Lenk- und Ruhezeiten erstrecken, ist nicht erkennbar. Im Übrigen sei hier festgehalten, dass auch ein Hinweis auf eine anders lautende Entscheidung des UVS Tirol zu einem Fall aus dem Jahr 2006 schon alleine deshalb nichts daran ändert, weil Gegenstand in jenem Verfahren die Auswertung eines Schaublattes und nicht einer Fahrerkarte war. Schon alleine deshalb war diesem Beweisantrag insgesamt keine Folge zu geben.

 

Zu den einzelnen Spruchpunkten:

Zum Vorhalt der Verletzung der erlaubten Wochenlenkzeit zweier aufeinander folgender Wochen (im angefochtenen Straferkenntnis als 2. bezeichneter Spruchteil):

 

Dem Berufungswerber wird hier zusammenfassend zur Last gelegt, dass er in den Wochen vom 30.11.2009 bis zum 13.12.2009 sowie vom 07.12.2009 bis zum 20.12.2009 die jeweils erlaubte Gesamtlenkzeit für beide Wochen von 90 Stunden überschritten habe.

In der Berufung wird dem mit dem Argument entgegen getreten, dass der Berufungswerber bis zum 21.11.2009 in Urlaub gewesen sei. Die weitere Doppelwoche im Sinne der ?RL 561/2006? beginne daher am 23.11.2009 und ende am 06.12.2009, weshalb der von der Behörde herangezogene Zeitraum vom 30.11.2009 bis zum 13.12.2009 nicht relevant sei.

 

Festgehalten wird, dass die VO 561/2006 keine Bestimmung des Begriffs der ?Doppelwoche? kennt. Eine Woche ist nach Art 4 lit i der Verordnung der Zeitraum zwischen Montag 0.00 Uhr und Sonntag 24.00 Uhr. Gemäß Art 6 Abs 3 der VO 561/2006 darf die summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen 90 Stunden nicht überschreiten.

 

Entgegen den Ausführungen des Rechtsvertreters ist daher zur Einhaltung dieser Bestimmung jedenfalls erforderlich, dass in zwei aufeinander folgenden Wochen eine bestimmte Anzahl an Lenkstunden nicht überschritten wird. Dabei ist es nicht vorgesehen, dass jeweils abschließend lediglich zwei Wochen Zeiträume isoliert voneinander betrachtet werden, bezweckt diese Regelung doch ganz offensichtlich, dass die in Art 6 Abs 2 der VO 561/2006 vorgesehene maximale Einwochenlenkzeit von 56 Stunden in der darauf folgenden Woche insofern kompensiert wird, dass insgesamt in zwei aufeinander folgenden Wochen 90 Stunden Lenkzeit nicht überschritten werden. Zweck ist es daher ohne jeden Zweifel, dass die in einer Woche erfolgte Ausreizung der zulässigen Gesamtlenkzeit in der darauf unmittelbar folgenden Woche wieder ausgeglichen wird.

 

Wenn daher das Fahrzeug in der ersten Woche 35 Stunden gelenkt werden, in der zweiten Woche 55 Stunden, in der dritten Woche 55 Stunden und in der vierten Woche wieder 35 Stunden, so wäre dies in der Rechenart des Berufungswerbers nicht weiter zu beanstanden, obwohl in den Wochen zwei und drei zusammen eine Lenkzeit von 110 Stunden vorliegt. Diese Leseart kann mit der Anordnung in Art 6 Abs 3 der VO nicht in Übereinstimmung gebracht werden. Die Ansicht des Berufungswerbers kann daher an einer am Zweck der Regelung orientierte Auslegung keinen Bestand haben. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen besteht auch kein Grund, weshalb ein und dieselbe Woche nicht zur Beurteilung zweier zwei Wochen Zeiträume herangezogen werden könnte, nämlich in Bezug auf die vergangene und in Bezug auf die folgende Woche, wird doch nur dadurch dem in der Verordnung verankerten Schutzgedanken entsprochen. Damit wird auch keine unzulässige doppelte Wertung eines Sachverhalts vorgenommen, bezieht sich die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Lenkzeit über einen Zeitraum von zwei Wochen schon alleine begrifflich immer auf zwei Wochen, weshalb dem Berufungswerber in Bezug auf die jeweils andere Woche immer ein rechtmäßiges Alternativverhalten möglich gewesen wäre. Die im vorliegenden Fall vorgenommene Wertung begegnet daher beim entscheidenden Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenats in Tirol auch keinen grundrechtlichen Bedenken.

 

Die Ausführungen des Berufungswerbers gegen diesen Vorhalt gehen insofern insgesamt ins Leere.

 

Zum im angefochtenen Straferkenntnis als 3. bezeichnete Spruchteil:

 

Zum Vorhalt der Verletzung der täglichen Ruhezeit am 03.12.2009, 04.48 Uhr bis zum 04.12.2009, 04.47 Uhr (Faktum 1. beim im angefochtenen Straferkenntnis als 3. bezeichneten Spruchteil):

 

Hier bringt der Berufungswerber durch seinen Rechtsvertreter vor, dass die Pause nicht exakt innerhalb des 24 Stundenzeitraum angetreten werden konnte, da sich der Berufungswerber zu diesem Zeitpunkt an der Grenze Chiasso-Como befunden habe und es ihm unmöglich gewesen sei, den Lkw auf der Autobahn abzustellen.

Dazu sei der Berufungswerber darauf hingewiesen, dass mit diesem Argument die Übertretung an sich nicht in Frage gestellt wird; vielmehr obliegt es einzig und alleine seiner Verpflichtung die Fahrt so zu planen, dass er die geltenden Ruhezeiten einhalten kann. Die Verordnung 561/2006 sieht von diesem Grundsatz in Art 12 eine Ausnahme und fordert dazu bestimmte Aufzeichnung.

 

Der Berufungswerber selbst beruft sich zu diesem Vorhalt auf die Leitlinie 1 zu Art 12 der EG-VO 561/2006. In dieser Leitlinie wird folgendes festgehalten:

?Gemäß den Bestimmungen von Artikel 12 darf ein Fahrer von den in den Artikeln 6 bis 9 festgelegten Mindestruhezeiten und maximalen Lenkzeiten abweichen, um nach einem geeigneten Halteplatz zu suchen. Artikel 12 erlaubt es einem Fahrer jedoch nicht, von den Bestimmungen der Verordnung aus Gründen abzuweichen, die bereits vor Fahrtantritt bekannt waren. Die Bestimmungen dieses Artikels sollen den Fahrern ermöglichen, auf Situationen zu reagieren, die unerwartet während der Fahrt eintreten und es unmöglich machen, die Vorschriften der Verordnung einzuhalten, also auf Situationen, in denen der Fahrer sich mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten konfrontiert sieht, die von seinem Willen unabhängig, anscheinend unvermeidbar und selbst bei gebotener Sorgfalt unvorhersehbar sind. Mit der Ausnahmeregelung soll darüber hinaus die Sicherheit von Personen, Fahrzeug und Ladung gewährleistet und der Auflage nachgekommen werden, in jedem Fall die Erfordernisse der Straßenverkehrssicherheit zu berücksichtigen.

 

Drei Parteien unterliegen in derartigen Situationen bestimmten Verpflichtungen:

1) Ein Verkehrsunternehmen hat den Einsatz eines Fahrers so sorgfältig zu planen, dass die Sicherheit gewährleistet ist, indem beispielsweise regelmäßig auftretende Verkehrsstaus, die Wetterbedingungen und die Verfügbarkeit angemessener Parkplätze bedacht werden. Das bedeutet, dass das Unternehmen die Arbeit so organisieren muss, dass es dem Fahrer möglich ist, die Bestimmungen der Verordnung einzuhalten. Außerdem sollte darauf geachtet werden, dass den Anforderungen von Speditionen und Versicherungsunternehmen in Bezug auf ein sicheres Parken nachgekommen wird.

 

2) Ein Fahrer muss sich strikt an die Vorschriften halten und darf nicht von den maximal zulässigen Lenkzeiten abweichen, es sei denn, es wird aufgrund unerwartet eintretender außergewöhnlicher Umstände unmöglich, die Bestimmungen der Verordnung einzuhalten, ohne die Straßenverkehrssicherheit oder die Sicherheit von Personen, Fahrzeug oder Ladung zu gefährden. Gelangt ein Fahrer zu dem Schluss, dass eine Abweichung von den Bestimmungen der Verordnung erforderlich ist und dass dadurch nicht die Sicherheit im Straßenverkehr gefährdet wird, hat er, sobald er anhält, handschriftlich Art und Grund der Abweichung zu vermerken (in einer beliebigen Gemeinschaftssprache auf dem Schaublatt oder auf einem Ausdruck aus dem Kontrollgerät oder im Arbeitszeitplan).

 

3) Es liegt im pflichtgemäßen Ermessen der für die Durchsetzung zuständigen Stellen, bei der Kontrolle

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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