TE OGH 2010/2/24 10Rs66/09p

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.02.2010
beobachten
merken

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichtes Dr. Ciresa als Vorsitzende, die Richterin des Oberlandesgerichtes Mag. Schredl und den Richter des Oberlandesgerichtes Mag. Pöhlmann sowie die fachkundigen Laienrichter DI Peter Meisinger und Dr. Helga Schaber in der Sozialrechtssache der klagenden Partei R***** V*****, 1020 Wien, Wohlmutstraße 14-16/7/9, vertreten durch Mag. *****, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, 1040 Wien, Prinz Eugen-Straße 20-22, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, wegen Ausgleichszulage, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 13.8.2008, 20 Cgs 197/07t-19, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

              Die ordentliche Revision ist zulässig.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

Mit Bescheid vom 4.7.2007 stellte die beklagte Partei die dem Kläger seit 1.6.2006 gewährte Ausgleichszulage ab 1.7.2007 vorsorglich ein.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 2.8.2007 Klage mit dem Begehren, die Ausgleichszulage auch über den 1.7.2007 hinaus und die bisher einbehaltenen Zahlungen bei sonstiger Exekution binnen 14 Tagen zu leisten.

Mit Bescheid vom 10.9.2007 stellte die beklagte Partei die Ausgleichszulage des Klägers ab 1.6.2007 neu fest, weil sich das anrechenbare Einkommen geändert habe. Die Ausgleichszulage beträgt demnach ab 1.6.2007 monatlich EUR 632,63, ab 1.7.2007 EUR 118,65 und ab 1.8.2007 EUR 599,43. In einer dem Bescheid als Beiblatt angeschlossenen „Information über die Anweisung“ wird aufgeschlüsselt, dass die Nachzahlung für die Zeit von 1.6.2007 bis 31.8.2007 EUR 1.350,71 abzüglich EUR 66,85 an Krankenversicherungsbeitrag beträgt und der verbleibende Betrag von EUR 1.283,86 zur Verrechnung der Ersatzforderung „für PV“ einbehalten wird. Weiters wird festgehalten, dass die monatliche Leistung im September 2007 EUR 930,60 beträgt, zusammengesetzt aus der Invaliditätspension in Höhe von EUR 491,71 zuzüglich Ausgleichszulage in Höhe von EUR 599,43 abzüglich EUR 54,01 an Krankenversicherungsbeitrag und EUR 106,53 an Fremdabzug. Aus einer dem Bescheid gleichfalls als Beiblatt angeschlossenen „Aufstellung über die Berechnung der Ausgleichszulage“ ergibt sich, dass zusätzlich zum Bezug der Invaliditätspension für Juli 2007 Einkünfte aus Erwerbstätigkeit in Höhe von EUR 536,20 angenommen wurden.

Der Kläger hielt sein ursprüngliches Klagebegehren zunächst mit dem Vorbringen aufrecht, die Ausgleichszulage gelange auch weiterhin nicht zur Auszahlung.

Die beklagte Partei erwiderte, die ab September 2007 gebührende Ausgleichszulage gelange in voller Höhe zur Auszahlung. Von der einbehaltenen Nachzahlung von EUR 1.283,86 für den Zeitraum 1.6. bis 31.8.2007 seien ein Betrag von EUR 654,- zur Abdeckung des wegen der Urlaubsabfindung von 23.6.2007 bis 9.7.2007 entstandenen Überbezuges an Teilpension und Ausgleichszulage und EUR 123,73 zur Abdeckung einer Forderung der Mobilkom Austria AG einbehalten worden; der verbliebene Restbetrag von EUR 506,13 sei bereits an den Kläger überwiesen worden.

Der Kläger hielt sein Klagebegehren daraufhin mit dem Vorbringen weiter aufrecht, der Einbehalt für Urlaubsabfindung sei zu Unrecht erfolgt. Die Entschädigung gebühre für den Zeitraum 29.8.2005 bis 10.2.2006, der Pensionsstichtag 1.7.2006 liege nach dem Anspruchs-zeitraum für die Urlaubsabfindung und könne daher nicht zum Wegfall der Ausgleichszulage führen.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger für den Monat Juli 2007 eine Ausgleichzulage in einem EUR 118,65 übersteigenden Ausmaß zu gewähren, ab. Es legte seiner Entscheidung – zusätzlich zu dem oben wiedergegebenen unstrittigen Sachverhalt – die nachstehenden Feststellungen zugrunde:

„ Der Kläger hat mit 10.2.2006 sein BUAK-pflichtiges Dienstverhältnis beendet und hat die beklagte Partei mit Bescheid vom 10.7.2006 seinen Anspruch auf Invaliditätspension mit 1.6.2006 mit monatlich EUR 491,71 festgestellt. Ebenfalls seit 1.6.2006 bezieht der Kläger eine Ausgleichszulage, welche infolge geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse jeweils neu festgestellt wurde, teilweise erfolgte auch die Neuberechnung seiner Pensionsleistung als Teilpension.

Der Kläger hat am 10.8.2006 den Antrag auf Abfertigung bei der BUAK gestellt, welche ihm auch zunächst in Form eines Akontos und der restliche Betrag am 25.10.2006 in einer Gesamthöhe von EUR 9.306,40 ausbezahlt wurde. Wann er den Antrag auf Abfindung seiner Anwartschaften gestellt hat, ist nicht exakt feststellbar, mit großer Wahrscheinlichkeit gemeinsam mit dem Antrag auf Abfertigung.

Eine Auszahlung der Abfindung erfolgte – aus nicht näher feststellbaren Gründen- erst am 11.6.2007. Das dem Kläger ausbezahlte Urlaubsentgelt war brutto EUR 2.518,46, was netto dem Betrag von EUR 2.028,43 entspricht. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus dem dem Kläger zustehenden Urlaubsentgelt und dem Urlaubszuschuss für das vor seinem Pensionsantritt gelagerte Dienstverhältnis vom 29.8.2005 bis 10.2.2006. Die Tatsache der Auszahlung wurde als „fingiertes Dienstverhältnis“ der Sozialversicherung gemeldet. Die Pensionsversicherung hat daher in ihrer Abrechnung für Juli 2007 als Erwerbseinkommen den Betrag von EUR 536,20 in Anrechnung auf die Ausgleichszulage berücksichtigt und für dieses Monat einen Betrag von EUR 118,65 an dem Kläger zustehender Ausgleichszulage festgestellt.“

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Erstgericht, gemäß § 10 BUAG habe der Arbeitnehmer Anspruch auf Abfindung im Ausmaß der erworbenen Anwartschaften, wenn er seit mindestens sechs Monaten in keinem Arbeitsverhältnis mehr stehe, auf welches dieses Gesetz Anwendung finde bzw. wenn er eine Pension nach den Bestimmungen des ASVG zuerkannt erhalten habe. Diese Bestimmung besage daher, dass auch dann, wenn die Anwartschaften zu einem früheren Zeitpunkt erworben worden seien, ein Anspruch auf Abfindung erst nach sechs Monaten oder nach der Pensionszuerkennung zustehe. Für die Berechnung der Ausgleichszulage sei auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Auszahlung und damit auf die Erhöhung des Nettoeinkommens abzustellen und nicht auf den Zeitraum des Dienstverhältnisses, in dem die Anwartschaften erworben wurden. Da sich das Klagebegehren ausschließlich auf die Nichtberücksichtigung dieser Nettozahlung der BUAK richte und die Anrechnung der beklagten Partei im Bescheid vom 10.9.2007 ziffernmäßig außer Streit stehe, sei das Klagebegehren abzuweisen gewesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil „aufzuheben, in eventu die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens an das Erstgericht zurückzuverweisen“.

Die beklagte Partei hat sich am Berufungsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Vorweg ist festzuhalten, dass im Berufungsverfahren nur mehr die Höhe der Ausgleichszulage für Juli 2007 strittig ist. Die beklagte Partei hat zwar insgesamt von der Nachzahlung für den Zeitraum 1.6. bis 31.8.2007 einen Betrag von EUR 654,- für den wegen der Urlaubsabfindung entstandenen Überbezug im Zeitraum 23.6. bis 9.7.2007 einbehalten, das Erstgericht hat jedoch ausschließlich über die Höhe der für Juli 2007 gebührenden Ausgleichszulage abgesprochen. Selbst wenn daher der einbehaltene Überbezug ursprünglich Gegenstand der Klage gewesen sein sollte, so ist er infolge Nichterledigung durch das Erstgericht nunmehr jedenfalls aus dem Verfahren ausgeschieden. Die Nichterledigung eines Teiles des Anspruchs muss im Rechtsmittel gerügt werden, geschieht dies nicht, scheidet der Anspruch jedenfalls aus dem Verfahren aus (RIS-Justiz RS0041490; RS0041503). Da hier eine Rüge in der Berufung nicht erfolgt ist, sind außer der Höhe der Ausgleichszulage für Juli 2007 alle anderen allfälligen Ansprüche jedenfalls aus dem Verfahren ausgeschieden.

Die Frage, inwieweit ein allfälliger Überbezug bzw. dessen Rückverrechnung überhaupt Gegenstand einer bescheidmäßigen Erledigung wurden, gegen die die Klagsführung zulässig wäre, stellt sich daher im Rechtsmittelverfahren nicht mehr (grundsätzlich stellt die einem Bescheid über die Festsetzung der Geldleistung auf einem gesonderten Blatt angeschlossene Abrechnung über die angefallenen Beträge nämlich weder einen Teil des Bescheides noch einen gesonderten Bescheid dar und kann daher auch nicht mit Klage bekämpft werden; vgl. dazu RIS-Justiz RS0085557; 10 ObS 87/99p; 10 ObS 67/05h; 10 ObS 124/07v jeweils mwN). Keine Leistungs- und damit auch keine Sozialrechtssache stellt jedenfalls die Frage dar, ob eine bereits zuerkannte, unbestrittene Leistung (zur Gänze) hätte ausbezahlt werden müssen (SSV-NF 5/4 mwN), auch diese Frage ist aber im Berufungsverfahren nicht mehr relevant.

Auch die Frage, ob der erste Bescheid hinsichtlich der Einstellung der Ausgleichszulage überhaupt eine Leistungssache (§ 65 Abs 1 Z 1 ASGG) betrifft und damit einer Anfechtung im sozialgerichten Verfahren zugänglich ist oder ob es sich um eine bloße Verständigung handelt, bedarf keiner weiteren Erörterung. Der Bescheid vom 4.7.2007 ist durch den während des Verfahrens erlassenen Bescheid vom 10.9.2007 über die Neufeststellung der Ausgleichszulage im Ergebnis bedeutunglos geworden. Der Kläger hat jedenfalls durch sein Vorbringen zulässigerweise auch gegen den Bescheid vom 10.9.2007 Klage erhoben. Der Bescheid wurde dem Vertreter des Klägers zugestellt, der nach der vorgelegten Vollmacht auch zur Entgegennahme von Zustellungen aller Art befugt war; in dem Vorbringen, die ausbezahlte Urlaubsabfindung dürfe nicht auf die Ausgleichszulage angerechnet werden, ist zumindest implizit ein Begehren auf Auszahlung einer Ausgleichszulage für Juli 2007 ohne Kürzung um die von der BUAK erbrachte Leistung zu erkennen.

Inhaltlich wendet sich der Kläger in seiner Berufung gegen die Rechtsansicht des Erstgerichts, für die Berechnung der Ausgleichszulage sei auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Auszahlung der Urlaubsabfindung abzustellen. Die Fingierung einer Pflichtversicherung für den Zeitpunkt der Auszahlung führe zu einer Ungleichbehandlung gegenüber jenen Beschäftigten, denen die Urlaubsabfindung sofort nach Beendigung des Dienstverhältnisses ausbezahlt werde.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

§ 292 Abs 1 ASVG normiert, dass, erreicht die Pension zuzüglich eines aus übrigen Einkünften des Pensionsberechtigten erwachsenden Nettoeinkommens und der gemäß § 294 zu berücksichtigenden Beträge die Höhe des für ihn geltenden Richtsatzes (§ 293) nicht, der Pensionsberechtigte, solange er seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes Anspruch auf eine Ausgleichszulage zur Pension hat. Nettoeinkommen im Sinne der Abs 1 und 2 ist nach Abs 3 leg. cit, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge. Unter dem Begriff des „Nettoeinkommens“ im Sinne des § 292 Abs 1 ASVG ist das Einkommen zu verstehen, das als Aktivsaldo aus allen Einkommensarten letztlich verfügbar ist (RIS-Justiz RS0117784; 10 ObS 306/02a mwN; Teschner-Widlar-Pöltner, ASVG, 104. Erg.-Lfg, § 292, 1419).Sämtliche Einkünfte des Pensionsberechtigten (und seines im gemeinsamen Haushalt wohnenden Ehepartners) in Geld oder Geldeswert im Sinne des § 292 Abs 1 bis 3 ASVG, die nicht in Abs 4 dieser Gesetzesstelle aufgezählt sind, sind bei Feststellung des Anspruchs auf Ausgleichszulage zu berücksichtigen. Es kommt daher - abgesehen von den in Abs 4 vorgesehenen Ausnahmen – nicht darauf an, aus welchem Titel und von wem die Einkünfte dem Pensionsberechtigten zufließen und ob sie dem Empfänger für oder ohne eine Gegenleistung zukommen (RIS-Justiz RS0085296; 10 ObS 34/02a mwN; Teschner-Widlar-Pöltner, ASVG, 89. Erg.-Lfg, § 292, 1415). Dies erfordert der Zweck dieser Zusatzleistung, die zusammen mit der Pension, dem aus den übrigen Einkünften erwachsenden Nettoeinkommen und den gemäß § 294 zu berücksichtigenden Beträgen das Existenzminimum des Pensionsberechtigten sichern soll (10 ObS 421/01m; 10 ObS 306/02a; RIS-Justiz RS0116796). Die Ausgleichszulage gebührt daher in der Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der Summe aus Pension, sonstigem Einkommen und den aus Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigenden Beträgen einerseits und dem Ausgleichszulagenrichtsatz andererseits. Durch die Gewährung der Ausgleichszulage soll dem Pensionsbezieher gegebenenfalls die Bestreitung eines angemessenen Lebensunterhalts ermöglicht werden. Erzielt der Pensionist bereits mit seiner Pension und den übrigen Einkünften zusammengenommen Einkünfte über dem Ausgleichszulagenrichtsatz, verfügt er über genügend finanzielle Mittel, um dieses Ziel auch ohne Ausgleichszulage zu erreichen (10 ObS 421/01m mwN; RIS-Justit RS0107526). In diesem Sinne sind die übrigen Einkünfte (nur) insoweit anzurechnen, als sie dem Pensionsberechtigten real zur Verfügung stehen (10 ObS 421/01m; 10 ObS 71/09b; RIS-Justiz RS0117784).

Es ist im Berufungsverfahren unstrittig, dass der Kläger im Juli 2007 von der Bauarbeiterurlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) eine Urlaubsabfindung von EUR 536,20 erhalten hat und ihm dieser Betrag damit real zur Verfügung stand. Unbestritten ist weiters, dass eine Urlaubsabfindung unter die Einkünfte im Sinne des § 292 Abs 1 ASVG zu subsumieren und damit grundsätzlich auf die Ausgleichszulage anzurechnen ist (vgl. SVSlg 46.180). Strittig ist, für welchen Zeitraum im vorliegenden Fall eine allfällige Anrechnung zu erfolgen hat

Nach § 1 Abs 1 BUAG steht nach einer Beschäftigungszeit von jeweils 47 Anwartschaftswochen dem Arbeitnehmer ein Urlaub von 30 Werktagen zu, wobei sich dieser Anspruch auf 36 Werktage erhöht, wenn bereits Beschäftigungszeiten von mindestens 1150 Anwartschaftswochen erreicht wurden. Nach 26 Anwartschaftswochen entsteht der Urlaubsanspruch im halben Ausmaß (Abs 2). Die Urlaubsanwartschaft entsteht daher nicht in jedem einzelnen Arbeitsverhältnis neu, sondern wird nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses auf ein dem BUAG unterliegendes folgendes Dienstverhältnis übertragen (Arb 12.295).

Der Urlaubsverbrauch kann grundsätzlich nur während des Bestandes eines Arbeitsverhältnisses stattfinden und muss zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unter Rücksichtnahme auf die Erfordernisse des Betriebs sowie die Erholungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers so vereinbart werden, dass der Urlaub im Ausmaß des entstandenen Anspruchs ab der 27. Anwartschaftswoche, jedenfalls aber innerhalb der auf die Anwartschaftsperiode folgenden weiteren 47 Anwartschaftswochen verbraucht werden kann (§ 7 Abs 2 BUAG). Dem Arbeitnehmer gebührt dann zufolge § 8 BUAG bei Antritt des Urlaubs ein Urlaubsentgelt bestehend aus dem Urlaubsgeld zuzüglich Urlaubszuschuss, das den in der Anwartschaftsperiode erworbenen Anwartschaften und der Dauer des Urlaubs entspricht. Der Anspruch auf das Urlaubsentgelt richtet sich gegen die Urlaubs- und Abfertigungskasse (§ 8 Abs 1 BUAG). Trotz des systembedingten Leistungsumwegs ist das Urlaubsentgelt ein vom Arbeitgeber entrichteter Teil des Arbeitsentgeltes, bei dem es sich nur formell - aus organisatorischen Gründen - um Leistungen der Urlaubskasse, tatsächlich aber um Entgeltzahlungen des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer geleistete Arbeit handelt (RIS-Justiz RS0052578).

Grundsätzlich ist daher auch bei den dem BUAG unterliegenden Arbeitnehmern der Verbrauch des Urlaubs (Naturalurlaub) der Regelfall. Wird der Urlaub nicht während des Bestandes eines Arbeitsverhältnisses verbraucht (§ 7 Abs 1 BUAG), so hat der Arbeitnehmer nach § 10 Abs 1 BUAG Anspruch auf Abfindung im Ausmaß der bereits erworbenen Anwartschaften, wenn er seit mindestens sechs Monaten in keinem Arbeitsverhältnis mehr steht, auf das dieses Bundesgesetz Anwendung findet (lit a) oder er eine Pension nach den Bestimmungen des ASVG zuerkannt erhalten hat (lit c). Der Anspruch auf Abfindung richtet sich nach Abs 3 leg. cit. gegen die Urlaubs- und Abfertigungskasse.

Im Unterschied zum Anspruch auf Urlaubsersatzleistung nach § 10 UrlG, der im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entsteht und auch fällig wird (vgl. Reissner in ZellKomm § 10 UrlG Rz 8 und 9 mwN; 10 ObS 353/97b; 10 ObS 161/98v mwN)), entsteht der Anspruch gegen die BUAK daher immer erst frühestens sechs Monate nach Beendigung des letzten BUAG-pflichtigen Arbeitsverhältnisses oder mit Zuerkennung einer Pension. Der Abfindungsanspruch ist auch nicht zwingend dem letzten BUAG-pflichtigen Dienstverhältnis zuzuordnen, sondern stellt eine Abfindung sämtlicher erworbenen Anwartschaften dar; diese können aufgrund der Regelung des § 1 BUAG auch während mehrerer aufeinanderfolgender Dienstverhältnisse erworben worden sein.

Grundsätzlich wird der Anspruch auf eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt - so wie etwa auch der Anspruch auf eine Kündigungsentschädigung – sozialversicherungsrechtlich anders behandelt als andere Ansprüche aus der Beendigung des Dienstverhältnisses wie etwa die Abfertigung.

Mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl 1996/201, wurde § 49 Abs 3 Z 7 ASVG dahin geändert, dass „nach gesetzlicher Vorschrift gewährte Urlaubsabfindungen“, anders als etwa Abfertigungen oder Abgangsentschädigungen, nicht mehr vom Entgeltbegriff des § 49 Abs 1 und 2 ASVG ausgenommen sein sollen. Urlaubsentschädigung und Urlaubsabfindung (bzw. Urlaubsersatzleistung nach § 10 UrlG idF BGBl I 2000/44) werden seit 1.5.1996 als beitragspflichtiges Entgelt im sozialversicherungsrechtlichen Sinne und daher auch als Erwerbseinkommen im Sinne des § 91 Abs 1 Z 1 ASVG behandelt und führen zu einer entsprechenden Verlängerung des Pflichtversicherungsverhältnisses nach § 11 Abs 2 ASVG (RIS-Justiz RS0107809; 10 ObS 161/98v; 10 ObS 46/04v jeweils mwN; zum Erwerbseinkommen RIS-Justiz RS0110088). So kann der Bezug von Urlaubsersatzleistungen auch zum Ruhen eines Krankengeldanspruchs nach § 143 Abs 1 Z 3 ASVG wegen des Anspruchs auf Weiterleistung von mehr als der Hälfte der Geldbezüge vor dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bewirken (10 ObS 353/97b; 10 ObS 161/98v; 10 ObS 46/04v jeweils mwN).

Nach § 16 Abs 1 lit l AlVG ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während des Zeitraumes, für den Anspruch auf eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt (Urlaubsabfindung, Urlaubsentschädigung) nach dem Urlaubsgesetz in der jeweils geltenden Fassung besteht oder eine Urlaubsabfindung nach dem BUAG in der jeweils geltenden Fassung gewährt wird, nach Maßgabe des Abs 4. Besteht Anspruch auf eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt im Zeitpunkt der Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses, beginnt der Ruhenszeitraum grundsätzlich mit dem Ende des anspruchsbegründenden Beschäftigungsverhältnisses. Wird hingegen eine Urlaubsabfindung nach dem BUAG gewährt, beginnt der Ruhenszeitraum mit dem achten Tag, der auf die Zahlbarstellung durch die Urlaubs- und Abfertigungskasse folgt (vgl. Gerhartl, PVInfo H2, 33).

Die Bestimmung des § 16 Abs 4 AlVG korrespondiert mit der Regelung des § 11 Abs 2 ASVG, wonach für die Zeit des Bezuges einer Ersatzleistung für Urlaubsentgelt sowie für die Zeit des Bezuges eines Kündigungsentschädigung die Pflichtversicherung weiter besteht. Gebühren sowohl eine Kündigungsentschädigung als auch eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt, so ist zur Bestimmung des maßgeblichen Zeitraumes zunächst die Kündigungsentschädigung heranzuziehen und im Anschluss daran die Ersatzleistung für Urlaubsentgelt. Wird Urlaubsabfindung nach dem BAUG gewährt, so beginnt die Versicherung mit dem achten Tag, der auf die Zahlbarstellung durch die BUAK folgt.

Sowohl hinsichtlich des Ruhens von Ansprüchen wie auch hinsichtlich der Verlängerung der Pflichtversicherung stellt der Gesetzgeber daher bei Gewährung einer Urlaubsabfindung nach dem BUAG nicht auf den Zeitpunkt des Endes des anspruchsbegründenden Dienstverhältnisses ab, der nach § 10 Abs 1 BUAG auch keineswegs die Fälligkeit der Urlaubsabfindung zu Folge hat, sondern auf den Zeitpunkt der Zahlbarstellung durch die BUAK.

Aus den dargelegten Erwägungen scheint es gerechtfertigt, bei der Ermittlung des Ausgleichszulagenanspruchs des Klägers auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Zufließens der Urlaubsabfindung abzustellen.

Wie bereits angeführt, sind Einkünfte bei der Ermittlung des Anspruchs auf Ausgleichszulage grundsätzlich frühestens dann zu berücksichtigen, wenn sie schon zugeflossen sind. Darüber hinaus verlangt die Rechtsprechung auch eine gewisse zeitliche Kongruenz zwischen den Tatsachen, auf welchen die Einkünfte zurückgehen und den Pensionszahlungen. Diese richtet sich im allgemeinen nach dem Zeitpunkt, in dem die Ansprüche entstehen (RIS-Justiz RS0085181). Für die Abfertigung verneint die Rechtsprechung mit der Begründung, es handle sich um einen mit Beendigung des Dienstverhältnisses erworbenen Anspruch, die zeitliche Kongruenz mit den Ausgleichszulagen, die erst für die der Beendigung des Dienstverhältnisses folgenden Zeiträume zustehen (RIS-Justiz RS0028593).

So argumentierte der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung zu 10 ObS 132/87 unter umfassenden Hinweisen auf Rechtsprechung und Lehre wie folgt: „Da die Abfertigung nach herrschender Lehre und Rechtsprechung Entgelt ist, zählt sie zu den Einkünften im Sinn des § 292 ASVG und der vergleichbaren Bestimmungen in den anderen Sozialversicherungsgesetzen.[...]Im Gesetz fehlt nämlich eine Aussage darüber, aus welchem Zeitraum die Einkünfte zu berücksichtigen sind. Bei der Lösung dieser Frage muß beachtet werden, daß es sich bei der Ausgleichszulage um keine Versicherungsleistung im engeren Sinn, sondern um eine Leistung mit Fürsorge (Sozialhilfe)charakter handelt, die zusammen mit der Pension und übrigen Einkünften des Pensionsberechtigten dessen Existenzminimum sichern soll. Da dies nur dann möglich ist, wenn der Pensionsberechtigte über die Einkünfte verfügen kann, können sie, von besonderen Ausnahmefällen vielleicht abgesehen, frühestens berücksichtigt werden, wenn sie ihm zugeflossen sind. Auf der anderen Seite muß aber eine gewisse zeitliche Kongruenz zwischen den Tatsachen, auf welche die Einkünfte zurückgehen, und den Pensionszahlungen bestehen. Da der Zeitpunkt, in dem der Pensionsberechtigte über die Einkünfte verfügen kann, unter Umständen nicht von ihm abhängt, könnte eine andere Auffassung zu nicht zu rechtfertigenden Ergebnissen führen, wie etwa dann, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt infolge Verzuges des Arbeitgebers erst verspätet ausbezahlt erhält. Die demnach erforderliche zeitliche Kongruenz wird sich im allgemeinen nach dem Zeitpunkt richten, in dem der Anspruch auf die Einkünfte entsteht. Der Anspruch auf die Abfertigung wird mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erworben. Die auf Grund dieses Anspruchs zufließenden Beträge haben daher dann für die Ausgleichszulage keine Bedeutung, wenn diese erst für einen der Beendigung des Dienstverhältnisses nachfolgenden Zeitraum zustehen. Daran ändert nichts, wenn die Abfertigungsbeträge erst in diesem Zeitraum zufließen, mag dies auch nur deshalb geschehen sein, weil der Arbeitgeber von der ihm im Gesetz (vgl. etwa § 23 Abs 4 und § 23 a Abs 2 AngG) eingeräumten Möglichkeit, die Abfertigung erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu bezahlen, Gebrauch gemacht hat. Es wäre nicht vertretbar, diese Fälle anders als jene zu behandeln, in denen der Arbeitnehmer die Abfertigung (oder einen anderen Teil des Entgelts) wegen Verzuges des Arbeitgebers erst später erhält“ (so auch in den Folgeentscheidungen 10 ObS 314/88; 10 ObS 94/89; 10 ObS 54/90 ua).

Ein weiteres Argument für das Abstellen auf den Zeitpunkt des Entstehens des Abfertigungsanspruchs sei, dass gesetzliche Regelungen, die vorsahen, dass die Abfertigung zum Ruhen von Versicherungsleistungen führt, ersatzlos aufgehoben wurden. Weiters sei auch der Versorgungscharakter der Abfertigung zu berücksichtigen (10 ObS 132/87).

Gerade diese Argumente treffen jedoch auf die Urlaubsabfindung nicht zu. Wie die Abfertigung ist auch sie Entgelt und zählt zu den Einkünften im Sinne des § 292 ASVG. Im Unterschied zur Abfertigung führt jedoch der Bezug einer Urlaubsabfindung etwa zum Ruhen eines allfälligen Krankengeldbezuges, zur Verlängerung der Pflichtversicherung für die Zeit des Bezuges, einem Ruhen des Arbeitslosengeldes und vermag als Erwerbseinkommen im Sinne des § 91 Abs 1 ASVG etwa auch die Umwandlung eines Anspruches auf Invaliditätspension in einen Anspruch auf Teilpension gem. § 254 Abs 6 ASVG zu bewirken (vgl. 10 ObS 69/04a). Bei der Abfertigung handelt es sich im Unterschied zur Ersatzleistung für Urlaubsentgelt um eine sozialversicherungsbeitragsfreie Leistung, die nicht als Entgelt aus einer unselbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne der §§ 49, 91 ASVG anzusehen ist (10 ObS 81/09y).

Berücksichtigt man einerseits den Zweck der Ausgleichszulage, zusammen mit der Pension und den übrigen Einkünften das Existenzminimum des Pensionsberechtigten zu sichern und andererseits die erheblichen Unterschiede im sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht zwischen Urlaubsabfindung und Abfertigung sowie den Umstand, dass die Urlaubsabfindung im Unterschied zur Abfertigung keinen Versorgungscharakter hat, sondern ledigliche eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt für nicht konsumierten Urlaub darstellt, erscheint es gerechtfertigt, bei der Urlaubsabfindung nicht auf den Zeitpunkt des Entstehen des Anspruches, sondern auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Zufließens abzustellen.

Ergänzend sei angemerkt, dass nach § 10 Abs 1 lit b BUAG – ausgehend von einer Beendigung des letzten Dienstverhältnisses am 10.2.2006 (dies wurde entgegen den Berufungsausführungen vom Erstgericht auch richtig festgestellt; lediglich die Ausführungen im Rahmen der rechtlichen Beurteilung sind diesbezüglich missverständlich) – der Anspruch des Klägers auf Urlaubsabfindung frühestens mit 1.6.2006, nämlich mit Zuerkennung der Invaliditätspension entstand (nach lit a wäre der Anspruch überhaupt erst mit 10.8.2006 entstanden), damit jedenfalls zu einem Zeitpunkt, in dem der Kläger bereits Pension und Ausgleichszulage bezog. Auch bei einer früheren Auszahlung der Urlaubsabfindung durch die BUAK hätte es daher zu einer Anrechnung der Zahlung kommen müssen, wenn auch zu einem anderen, früheren Zeitpunkt.

Entgegen den Berufungsausführungen begründet die Regelung des 10 Abs 1 BUAG auch keine unzulässige Ungleichbehandlung der diesem Gesetz unterliegenden Arbeitnehmer. Dem Gesetzgeber steht grundsätzlich ein Gestaltungsspielraum verfassungsrechtlich insoweit zu, als er in seinen rechtspolitischen und wirtschaftspolitischen Zielsetzungen frei ist (RIS-Justiz RS0053889). Der Gleichheitsgrundsatz verbietet dem Gesetzgeber nur, Differenzierungen zu schaffen, die sachlich nicht begründet sind. Er verbietet also willkürliche Differenzierungen, lässt aber unterschiedliche Regelungen dort zu, wo sie durch entsprechende Unterschiede im Tatsächlichen sachlich gerechtfertigt sind (10 ObS 61/08f; 9 ObA 41/08g uva).

Im vorliegenden Fall sind die unterschiedlichen Regelungen hinsichtlich des Entstehens des Anspruches auf Ersatzleistung für Urlaubsentgelt im UrlG einerseits und im BUAG andererseits durch den Regelungszweck sachlich gerechtfertigt. Grundsätzlich führt die Anrechnung von durch das Ende des Dienstverhältnisses entstehenden Entgeltansprüchen zu unterschiedlichen Ergebnissen, je nachdem ob beispielsweise Urlaub während des Dienstverhältnisses in natura konsumiert wurde oder nicht. Für die dem BUAG unterliegenden Arbeitnehmer wurde vom Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, einmal erworbene Urlaubsanwartschaften in nachfolgende Dienstverhältnisse „mitzunehmen“. Dadurch wurde nicht zuletzt dem Umstand Rechnung getragen, dass aufgrund der oft saisonal bedingten Kürze der Dienstverhältnisse Arbeitnehmer in der Bauwirtschaft sonst keinen oder keinen längeren Urlaubsanspruch erwerben könnten. Dass der Anspruch auf Ersatzleistung für nicht konsumierten Urlaub für diese Arbeitnehmer daher nicht, wie nach dem UrlG, mit der Beendigung des einzelnen Dienstverhältnisses entsteht, sondern erst bei einer mindestens sechs Monate andauernden Nichtbeschäftigung in der Bauwirtschaft oder bei Bezug einer Pension nach dem ASVG, ist eine logische Folge dieser Regelung und begründet keine Ungleichbehandlung.

Im Ergebnis hat das Erstgericht daher zutreffend auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Zufließens der Urlaubsabfindung abgestellt und diese als anrechenbares Einkommen (§ 292 ASVG) für Juli 2007 gewertet. Damit gebührt dem Kläger die Ausgleichszulage für Juli nur unter Anrechnung des ausbezahlten Betrages an Urlaubsabfindung in der bescheidmäßig festgesetzen Höhe, ein darüber hinausgehender Anspruch wurde vom Erstgericht zu Recht verneint.

Der unberechtigten Berufung musste daher ein Erfolg versagt bleiben.

Eine Kostenentscheidung konnte entfallen, da im Berufungsverfahren keine Kosten verzeichnet wurden.

Die ordentliche Revision war zuzulassen, da – soweit überblickbar – eine Rechtsprechung zur Frage, für welchen Zeitraum Einkünfte aus Urlaubsersatzleistung grundsätzlich und speziell aus Urlaubsersatzleistung nach dem BUAG zu berücksichtigen sind und inwieweit die aufgrund dieses Anspruchs zufließenden Beträge für den Bezug von Ausgleichszulage von Bedeutung sind, nicht besteht.

Textnummer

EW0000719

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0009:2010:0100RS00066.09P.0224.000

Im RIS seit

05.10.2010

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten