TE OGH 2010/3/3 7Ob196/09p

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Veröffentlicht am 03.03.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** B*****, vertreten durch Mag. Helmut Caks, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. L*****, vertreten durch Scherbaum / Seebacher Rechtsanwälte GmbH in Graz, und 2. C ***** Gesellschaft m.b.H. & Co KG, *****, vertreten durch Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen Feststellung des Nichtbestehens von Bestandverhältnissen, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 16. Juli 2009, GZ 3 R 44/09a-19, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist Hauptmieterin eines Geschäftslokals, das sie der erstbeklagten Partei mit Pachtvertrag in Bestand gegeben hat.

Die Klägerin begehrt

1. (erkennbar) gegenüber beiden beklagten Parteien die Feststellung, der zwischen den Beklagten abgeschlossene Unterpachtvertrag bestehe nicht zu Recht und sei ihr gegenüber rechtsungültig und nichtig, weil er gegen ein im Pachtvertrag zu Lasten der erstbeklagten Partei vereinbartes Verbot verstoße und keine Zustimmung der Klägerin vorliege;

2. (erkennbar) gegenüber der Zweitbeklagten die Feststellung, dass betreffend das Geschäftslokal zwischen der Klägerin und der Zweitbeklagten kein Pachtverhältnis oder kein wie auch immer gearteter Vertrag bestehe.

Die Vorinstanzen wiesen beide Begehren ab. Das Berufungsgericht verneinte das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands nach § 502 Abs 5 Z 2 ZPO und bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteigend. Die ordentliche Revision ließ es mangels Vorliegens einer qualifizierten Rechtsfrage nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der Klägerin ist aus folgenden Erwägungen nicht zulässig:

1. Zunächst macht sie zutreffend das Vorliegen einer Bestandstreitigkeit nach § 49 Abs 2 Z 5 JN und die Anwendbarkeit des § 502 Abs 5 Z 2 ZPO geltend. Nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung setzt die Eigenzuständigkeit der Bezirksgerichte gemäß § 49 Abs 2 Z 5 JN voraus, dass der Streit (unmittelbar) zwischen den Parteien des Bestandverhältnisses besteht (RIS-Justiz RS0046553 [T4]). Das trifft hier auf beide Begehren zu: Die Berechtigung des ersten Feststellungsbegehrens wird aus dem zwischen der Klägerin und der erstbeklagten Partei bestehenden Bestandverhältnis hergeleitet, und das Verfahren ist auch zwischen diesen beiden Vertragspartnern anhängig; der Umstand, dass es auch gegen die Zweitbeklagte gerichtet ist, vermag daran nichts zu ändern.

Auch der Streit über das zweite, auf das Nichtbestehen eines Bestandvertrags zwischen der Klägerin und der Zweitbeklagten gerichtete Feststellungsbegehren hat nur das Bestandverhältnis zwischen diesen beiden potentiellen Vertragspartnern zum Gegenstand.

Eines Bewertungsausspruchs durch das Berufungsgericht bedurfte es daher nicht.

Der Oberste Gerichtshof ist ungeachtet dieses Ausspruchs gemäß § 502 Abs 5 Z 2 ZPO zur Entscheidung über die außerordentliche Revision funktionell zuständig.

Die Zulässigkeit der Revision ist (nur) vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO abhängig, die die Klägerin allerdings nicht aufzuzeigen vermag.

2. Sie übersieht nämlich, dass auch ein im Pachtvertrag mit der erstbeklagten Partei zu deren Lasten vereinbartes Verbot der Unterverpachtung oder Weitergabe des Geschäftslokals den dennoch von der erstbeklagten Partei abgeschlossenen Unterpachtvertrag nicht unwirksam macht (vgl RIS-Justiz RS0020617; Iro in KBB² § 1098 ABGB Rz 8; Binder in Schwimann³ § 1098 ABGB Rz 85). Andere Gründe für die behauptete Unwirksamkeit/Nichtigkeit hat sie nicht aufgezeigt, weshalb es dem ersten Feststellungsbegehren schon an einer materiellrechtlichen Grundlage fehlt. Auseinandersetzungen mit dem Erfordernis des rechtlichen Interesses nach § 228 ZPO erübrigen sich daher.

3. Die Vorlage des Schreibens des Zweitbeklagtenvertreters vom 19. Mai 2009 im Berufungsverfahren zum Beweis dafür, dass die Zweitbeklagte davon ausgehe, dass ein Vertragsverhältnis mit der Klägerin bestehe, erweist sich schon deshalb als unzulässig, weil damit gegen das Neuerungsverbot des § 482 ZPO verstoßen wird. Derartiges hat die Klägerin nämlich in erster Instanz (ungeachtet ihres zweiten Feststellungsbegehrens und der Einwendung, die Zweitbeklagte habe sich nie eines Vertragsverhältnisses mit der Klägerin berühmt) gar nicht behauptet.

Abgesehen davon fehlt es sowohl an der Erheblichkeit des Beweisthemas als auch an der Nachvollziehbarkeit der von der Klägerin aus dem Inhalt des vorgelegten Schreibens vorgenommenen Schlussfolgerung.

4. Mit der neuerlichen Relevierung der Nichtigkeit (auch des Berufungsurteils) in der Revision wegen unterbliebener Einvernahme der Klägerin als Partei kann schon deshalb keine erhebliche Rechtsfrage aufgeworfen werden, weil der Beschluss des Berufungsgerichts auf Verwerfung einer Nichtigkeitsberufung zufolge der Rechtsmittelbeschränkung des § 519 ZPO unanfechtbar ist (RIS-Justiz RS0043405 [T48]; RS0042981; RS0042925). Daran vermag auch die Behauptung des Rechtsmittelwerbers nichts zu ändern, dem Berufungsgericht sei selbst ebenfalls eine Nichtigkeit unterlaufen; ebenso wenig die Anfechtung unter dem Gesichtspunkt eines anderen Rechtsmittelgrundes (RIS-Justiz RS0043405 [T1, T3 und T6]; RS0043292). Ob eine Nichtigkeit verneint wurde, richtet sich allein nach den beurteilten Tatsachen (RIS-Justiz RS0042981 [T11]). Eine neuerliche Prüfung der von der Klägerin behaupteten, vom Berufungsgericht jedoch ausdrücklich und aktenkonform verneinten Nichtigkeit ist dem Obersten Gerichtshof daher verwehrt.

5. Das Berufungsgericht hat sich mit den von der Klägerin relevierten Verfahrensmängeln (unterbliebene Aufnahme der angebotenen Beweise) ausdrücklich auseinandergesetzt und sie aktenkonform verneint. Ein - allfälliger - Mangel des Verfahrens erster Instanz, der in der Berufung geltend gemacht, vom Berufungsgericht aber verneint wurde, kann aber nach ständiger Rechtsprechung nicht mehr in der Revision gerügt werden (RIS-Justiz RS0042963).

6. Die Bemängelung der Feststellungen des Erstgerichts muss unbeachtet bleiben, weil die Beweiswürdigung und die Tatsachenfeststellungen im Revisionsverfahren nicht anfechtbar sind (RIS-Justiz RS0069246 [T1]).

7. Der - ohnehin nur beinahe wortwörtlich aus der Berufung übernommenen - Rechtsrüge fehlt es an einer gesetzmäßigen Ausführung, weil sie den Vorinstanzen aktenwidrig unterstellt, sie hätten das Feststellungsinteresse der Klägerin nicht geprüft, und im Übrigen ohne Differenzierung nach den beiden unterschiedlichen Begehren im Wesentlichen nur pauschal und in der Sache begründungslos die Klagsabweisung kritisiert, ohne sich mit den Argumenten des Berufungsgerichts auseinanderzusetzen.

8. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Textnummer

E93448

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0070OB00196.09P.0303.000

Im RIS seit

19.04.2010

Zuletzt aktualisiert am

27.12.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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