TE OGH 2010/5/18 14Os53/10s

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Veröffentlicht am 18.05.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Mai 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Mag. Hautz in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Stuhl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Rudolf S***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 23. März 2009, GZ 39 Hv 73/08v-16, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rudolf S***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er von April/Mai 2005 bis August 2006 in Vösendorf mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schwerem Betrug eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, durch Vorspiegelung seiner Leistungsbereitschaft und Vertragstreue in Zusammenhang mit der Vermittlung von Baurechten in Betreff im Urteil näher bezeichneter Liegenschaften nachgenannte Personen zur Überweisung von Geldbeträgen zwischen 10.000 und 13.440 Euro (unter anderem) für tatsächlich nicht erbrachte Leistungen, nämlich die Herstellung von Strom-, Gas-, Wasser und Kanalanschlüssen (I/1 bis 4, 6), die Abdeckung in Wahrheit nicht angefallener Kosten für den Erwerb des Baurechts (I/5) sowie die tatsächlich nicht erfolgte Weiterleitung an den früheren Eigentümer des Baurechtsgrundes als Anzahlung (II) verleitet, wodurch diese jeweils 3.000 Euro übersteigende Vermögensschäden von insgesamt 40.149,53 Euro erlitten, und zwar

I/1. Alexander F***** und Martina P***** 4.095,55 Euro;

2. Mathias und Manuela K***** 6.094,55 Euro;

3. Andrea und Kader S***** 7.268,15 Euro;

4. Sabrina S***** und Roman S***** 6.094,55 Euro;

5. Thomas und Melinda W***** 7.063,18 Euro;

6. Manfred und Sonja S***** 6.094,55 Euro;

II. Simon und Andrea P***** 3.440 Euro.

Rechtliche Beurteilung

              Der dagegen aus dem Grund der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Sie geht zunächst zutreffend davon aus, dass zur Ermittlung des Betrugsschadens vom Wertunterschied zwischen Leistung und nicht generell wirtschaftlich wertloser Gegenleistung im Zeitpunkt der tatplangemäßen Erbringung auszugehen ist („Differenzschaden“; vgl Kirchbacher in WK² § 146 Rz 70, 81; Kienapfel/Schmoller Studienbuch BT II § 146 Rz 161; RIS-Justiz RS0094164, RS0094263).

Da die Geltendmachung materieller Nichtigkeit stets unter Zugrundelegung des gesamten Urteilssachverhalts zu erfolgen hat (RIS-Justiz RS0099810), verfehlt die Beschwerde allerdings eine gesetzeskonforme Ausrichtung. Denn mit der pauschalen Behauptung, die Feststellungen zum Schadenseintritt seien „nicht nachvollziehbar und vermögen den Schuldspruch jedoch nicht zu tragen“, weil sich das Erstgericht mit der „Frage des dem Angeklagten zustehenden Entgelts für die gesamte Projektierung auseinander zu setzen gehabt“ hätte, statt auf die „übliche Maklerprovision“ zu verweisen, übergeht sie die Urteilsannahmen zu Umfang und Wert der vom Beschwerdeführer erbrachten von den Zahlungen der Geschädigten abgezogenen (US 3 ff, 21) Gegenleistungen (US 12, 21) und legt nicht dar, welche darüber hinausgehenden Konstatierungen für die rechtsrichtige Subsumtion erforderlich gewesen wären.

Soweit sie „auszugsweise“ in Betreff des Schuldspruchs 1 Kritik an der konstatierten Schadenshöhe übt, lässt die Rüge nicht erkennen, weshalb sich diese trotz durch die dem Schuldspruch zugrunde liegenden weiteren Betrugshandlungen jeweils überschrittener Qualifikationsgrenze des § 147 Abs 2 StGB auf die rechtliche Beurteilung als Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB auswirken sollte (§ 29 StGB; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 568, 652, § 295 Rz 16 f). Im Übrigen lassen sich dem Urteil - dem Beschwerdestandpunkt zuwider die Grundlagen für die ziffernmäßige Bestimmung der dem Angeklagten nach den Feststellungen zustehenden Maklerprovision (US 12; vgl dazu auch Kirchbacher in WK² § 146 Rz 80; RIS-Justiz RS0121341) entnehmen (US 7 f).

Soweit sich das Vorbringen aber - zufolge rechtlicher Selbständigkeit der einzelnen Betrugshandlungen insoweit auf eine entscheidende Tatsache bezogen (vgl dazu 13 Os 158/06h; RIS-Justiz RS0117996) - in Betreff des Schuldspruchs 1 grundsätzlich gegen die Annahme einer Vermögensschädigung der Getäuschten wendet, stellt der Beschwerdeführer den entsprechenden urteilsfremd interpretierten und um weitere angeblich von ihm entfaltete Tätigkeiten ergänzten Urteilsannahmen bloß spekulative Überlegungen zum Wert der nach seiner Ansicht erbrachten Gegenleistungen entgegen („… ist evident …“, „es ist davon auszugehen …“) und überschreitet solcherart die Grenzen zur im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung (RIS-Justiz RS0106588).

Indem er in diesem Zusammenhang die Ansicht vertritt, die Projektierungskosten seien nicht abschätzbar, weshalb zur Ermittlung eines „allfälligen“ Schadens die Einolung eines „Gutachtens dahingehend, welche Kosten bei derartigen Leistungen angemessen sind“, erforderlich gewesen wäre, spricht er der Sache nach ein Aufklärungsdefizit (Z 5a) an, lässt dabei aber prozessordnungswidrig jegliche Darlegung vermissen, wodurch er an der Ausübung seines Rechts, einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen, in der Hauptverhandlung gehindert gewesen sei (RIS-Justiz RS0115823, RS0114036; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480).

Die Mutmaßung, wonach die „Privatbeteiligten“ den Vertrag auch bei „Kenntnis der tatsächlichen Gesamtkosten“ und „rechtmäßigem Alternativverhalten“ abgeschlossen hätten, geht erneut nicht von den Urteilsannahmen zur Kausalität der wahrheitswidrigen Zusicherungen des Beschwerdeführers für die vermögensschädigenden Handlungen der solcherart Getäuschten (US 8) aus und entzieht sich solcherart einer inhaltlichen Erwiderung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E94058

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0140OS00053.10S.0518.000

Im RIS seit

02.07.2010

Zuletzt aktualisiert am

24.04.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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