TE OGH 2011/2/16 15Os157/10t

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Veröffentlicht am 16.02.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Februar 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fischer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Musah H***** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 25. August 2010, GZ 36 Hv 43/10h-94, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Musah H***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (1.) und des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (2.) schuldig erkannt.

Danach hat er

1. „am 4. November 2009 in Salzburg gemeinsam mit einem unbekannten Mittäter in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken Verfügungsberechtigte der R*****, Filiale L*****, dadurch, dass einer der Täter mit einer Kapuze und einer schwarzen Haube mit Sehschlitzen vermummt in den Kassenbereich vorgedrungen ist und die Bankangestellte Romana S***** mit den Worten 'Überfall! Lade aufmachen!' zum Öffnen der Bargeldlade und zur Duldung der Entnahme von Bargeld genötigt und einen Bargeldbetrag von zumindest 14.655 Euro entnommen hat, während der zweite Täter, der ebenfalls mit einer Kapuze und einer schwarzen Haube mit Sehschlitzen vermummt war, zumindest eine Faustfeuerwaffenattrappe in der Hand hielt, sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

2. am 25. Februar 2010 in Salzburg durch Vorlage einer falschen Hotelbestätigung für den Aufenthalt vom 3. bis 6. November 2009 im Hotel E***** in K*****, Tschechische Republik, im Rahmen der Haftverhandlung eine falsche Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache gebraucht.“

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf Z 4, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Diese verfehlt ihr Ziel.

Die Verfahrensrüge (Z 4), die die Abweisung des Antrags auf Vernehmung des Zeugen Paul Sc***** kritisiert, scheitert schon daran, das der mit Schriftsatz vom 22. Juni 2010 (ON 58) eingebrachte Antrag in der Hauptverhandlung am 25. August 2010 lediglich „aufrecht erhalten“ (ON 93 S 16) und somit nicht prozessordnungsgemäß gestellt wurde (RIS-Justiz RS0118060 [T2]; zuletzt 15 Os 142/10m). Im Übrigen war die Abweisung auch inhaltlich berechtigt. Die Mutter des Zeugen hatte nach Veröffentlichung eines Teils der Videoaufzeichnung des Tatgeschehens mit der Polizei Kontakt aufgenommen und - von den Tatrichtern jedoch nach deren Vernehmung als nicht nachvollziehbar beurteilt (US 15) - den Verdacht der Täterschaft ihres Sohnes geäußert. Da der Antrag aber keinerlei Hinweis darauf enthielt, weshalb sich aus der Vernehmung dieses Zeugen ergeben sollte, dass der Angeklagte nicht einer der beiden Täter hätte sein können (§ 55 Abs 1 letzter Satz StGB), wiesen ihn die Tatrichter zu Recht ab.

Die in der Beschwerde als Versuch einer Fundierung des Antrags nachgetragenen Gründe waren angesichts der auf Nachprüfung der erstgerichtlichen Vorgangsweise angelegten Konzeption des Nichtigkeitsverfahrens und des damit auch für die Prüfung eines Zwischenerkenntnisses verbundenen Neuerungsverbots unbeachtlich (Ratz, WK-StPO Rz 325).

Ohne Schmälerung von Verteidigungsrechten unterblieb auch die neuerliche Ladung des Zeugen Bashkim I*****, schlugen doch zwei Ladungsversuche an vom Verteidiger bekannt gegebenen Adressen in Tschechien und im Kosovo fehl (ON 60, 83; „Empfänger unbekannt“). Der Schöffensenat konnte folglich mit Recht von einer Unerreichbarkeit des Zeugen ausgehen (vgl Kirchbacher, WK-StPO § 252 Rz 61).

Der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider blieben die Feststellungen zur subjektiven Tatseite nicht unbegründet, sondern wurden - zulässigerweise (RIS-Justiz RS0116882) - aus der objektiven Begehungsweise abgeleitet (US 15). Soweit die Beschwerde eine Zuordnung der einzelnen Tathandlungen zum Angeklagten vermisst (der Sache nach Z 9 lit a), ist sie auf den Schuldspruch wegen Mittäterschaft (§ 12 erster Fall StGB) zu verweisen (US 1, 4).

Mit den Aussagen der Zeuginnen S***** und L***** haben sich die Tatrichter gar wohl auseinandergesetzt (US 7 f), wobei sie nicht dazu verhalten waren, den vollständigen Inhalt sämtlicher Aussagen und Verfahrensergebnisse im Einzelnen zu erörtern (RIS-Justiz RS0106642). Ob diese Zeuginnen während der Tat Angst hatten oder sich an einen bestimmten Wortlaut erinnern können, ist für die Schuld- und Subsumtionsfrage nicht von Bedeutung und somit einer Anfechtung aus Z 5 des § 281 Abs 1 StPO entzogen.

Der Tatsachenrüge (Z 5a) gelingt es mit Hinweisen auf mögliche andere Täter nicht, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken. Soweit sie in diesem Zusammenhang eine Verletzung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung geltend macht, legt sie nicht dar, wodurch der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer an der Ausübung seines Rechts, begehrte Beweisaufnahmen in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war (RIS-Justiz RS0115832; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480). Hinsichtlich der vermissten Vernehmung des Paul Sc***** wird die Beschwerde auf die Erledigung der Verfahrensrüge verwiesen.

Mit dem Beschwerdevorbringen, das Urteil treffe keine Feststellungen, „welcher der beiden unbekannten Täter der Angeklagte sein soll“, vernachlässigt die Rechtsrüge (Z 9 lit a) neuerlich die konstatierte Mittäterschaft (§ 12 erster Fall StGB) des Angeklagten. Feststellungen zu den konkreten Nötigungsmitteln und zur inneren Tatseite des Angeklagten finden sich - der Beschwerde zuwider - auf US 5.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Linz zur Entscheidung über die Berufungen ergibt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E96691

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0150OS00157.10T.0216.000

Im RIS seit

07.04.2011

Zuletzt aktualisiert am

07.04.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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