TE OGH 2011/6/7 5Ob75/11g

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Veröffentlicht am 07.06.2011
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin S*****, vertreten durch Dr. Heimo Berger, Rechtsanwalt in Villach, gegen die Antragsgegnerin I***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Wilhelm Schlein Rechtsanwalt GmbH in Wien, wegen § 9 MRG, infolge des „außerordentlichen“ Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den (richtig:) Sachbeschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 10. Februar 2011, GZ 2 R 21/11g-17, mit dem über Rekurs der Antragsgegnerin der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Villach vom 14. Dezember 2010, GZ 6 Msch 9/10x-13, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Mit seinem Sachbeschluss sprach das Erstgericht aus, die Antragsgegnerin habe die Anbringung von zwei Werbeleuchtschriften am Vordach des Bestandobjekts zu dulden und erklärte die für die baubehördliche Bewilligung dieser Maßnahme erforderliche Zustimmung der Antragsgegnerin für erteilt. Das Rekursgericht gab dem gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs der Antragsgegnerin nicht Folge und sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige nicht 10.000 EUR; der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich das als „außerordentlicher“ Revisionsrekurs bezeichnete Rechtsmittel der Antragsgegnerin. Der Entscheidungsgegenstand in zweiter Instanz sei nicht rein vermögensrechtlicher Natur, weswegen der außerordentliche Revisionsrekurs ungeachtet des Bewertungsausspruchs durch das Rekursgericht zulässig sei.

Das Erstgericht hat das Rechtsmittel des Antragstellers dem Obersten Gerichtshof unmittelbar vorgelegt. Der Oberste Gerichtshof ist derzeit nicht zur Entscheidung in der Sache berufen:

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 37 Abs 3 Z 16 MRG gelten für die Zulässigkeit des Revisionsrekurses die §§ 62 bis 64 AußStrG mit der Maßgabe, dass die in § 37 Abs 1 MRG genannten Entscheidungsgegenstände rein vermögensrechtlicher Natur sind und die gemäß § 59 Abs 2, § 62 Abs 3 und 5 und § 63 Abs 1 AußStrG maßgebliche Wertgrenze 10.000 EUR beträgt. Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt (hier:) 10.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht - wie hier - den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat.

Hat das Rekursgericht ausgesprochen, dass der ordentliche Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig ist, so kann gemäß § 62 Abs 5 AußStrG ein Revisionsrekurs nur erhoben werden, wenn der Entscheidungsgegenstand insgesamt (hier:) 10.000 EUR übersteigt oder soweit er nicht rein vermögensrechtlicher Natur ist (außerordentlicher Revisionsrekurs). Übersteigt der Entscheidungsgegenstand nicht insgesamt (hier:) 10.000 EUR und hat das Rekursgericht ausgesprochen, der ordentliche Revisionsrekurs sei mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig, so kann eine Partei gemäß § 63 Abs 1 AußStrG (nur) einen Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung).

2. § 59 Abs 2 AußStrG verpflichtet das Rekursgericht zu einem Bewertungsausspruch, wenn ein Entscheidungsgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht. Veränderungen (Verbesserungen) des Mietgegenstands iSd § 9 MRG zählen nach § 37 Abs 3 Z 16 (iVm Abs 1 Z 6) MRG zu den Entscheidungsgegenständen rein vermögensrechtlicher Art. Das Rekursgericht hat damit entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin völlig zutreffend eine Bewertung des Entscheidungsgegenstands vorgenommen.

3. Der Bewertungsausspruch des Gerichts zweiter Instanz ist unanfechtbar und für den Obersten Gerichtshof bindend, wenn zwingende Bewertungsvorschriften nicht verletzt wurden, eine offenkundige Unter- oder Überbewertung nicht vorliegt oder eine Bewertung nicht überhaupt hätte unterbleiben müssen (5 Ob 150/08g; RIS-Justiz RS0042450; RS0109332; RS0042410; RS0042437; RS0042515; RS0042385).

4. Wird gegen eine Entscheidung, die nur mit Zulassungsvorstellung angefochten werden kann, ein ordentlicher oder ein außerordentlicher Revisionsrekurs erhoben, so hat - auch wenn das Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist - das Erstgericht dieses Rechtsmittel dem Rekursgericht vorzulegen, weil derartige Rechtsmittel als Anträge iSd § 63 AußStrG zu werten sind (Fucik/Kloiber, AußStrG [2005] § 63 Rz 5; 1 Ob 15/07y; RIS-Justiz RS0109623). Ob der dem Rekursgericht vorzulegende Schriftsatz den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten.

Schlagworte

Außerstreitiges Wohnrecht

Textnummer

E97742

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0050OB00075.11G.0607.000

Im RIS seit

30.07.2011

Zuletzt aktualisiert am

12.02.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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