TE UVS Wien 2011/03/03 06/FM/47/4960/2010

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.03.2011
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr. Martschin über die Berufung des Herrn Matthias A., vertreten durch Rechtsanwälte Partnerschaft, vom 11.5.2010 gegen das Straferkenntnis der Finanzmarktaufsicht vom 27.4.2010, Zl. FMA-UL0001.100/0021-LAW/2009, wegen Übertretungen des KMG, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 180,-- Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafen, zu bezahlen.

Text

Das angefochtene Straferkenntnis richtet sich gegen den Berufungswerber als Beschuldigten und enthält folgenden Spruch:

?Sie sind Vorstand der I. Immobilien Handels AG mit Sitz in K., der Komplementärin der

I. Immobilien Handels AG & Co.1.KG (in der Folge kurz: Emittent) mit Sitz in M.. Das Geschäftsjahr des Emittenten endet am 31.12. jedes Jahres. Der Emittent ist eine vermögensverwaltende Personengesellschaft und emittierte vom 25.5.2007 bis 31.12.2008 Veranlagungen in Form von Kommanditbeteiligungen. Die Emission der Kommanditbeteiligungen wurde in der Zeit vom 25.5.2007 bis 31.12.2008 auf Basis eines ordnungsgemäß erstellten und veröffentlichten Veranlagungsprospekts in Österreich öffentlich angeboten. Der Prospekt ist unter der Internetadresse http://www.I.- ag.de/medienpool/downloads2008/KG-Prospekt-Austria.pdf bis dato abrufbar. Sie haben in der Funktion des Vorstands des Emittenten gemäß § 9 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) als nach außen vertretungsbefugtes Organ zu verantworten,

1) dass der Emittent in Punkt 1.2.12 des gegenständlichen Prospekts die Zeichnungsfrist ?vom auf die Veröffentlichung des Prospekts folgenden Bankarbeitstag bis 30.6.2008? angegeben hat, in der Folge aber die Zeichnungsfrist bis zum 31.12.2008 verlängert hat, ohne einen Nachtrag zum Prospekt zu veröffentlichen. Eine Verlängerung der Zeichnungsfrist kann ein Indiz für eine schleppende Platzierung der Veranlagung am Markt sein. Die Verlängerung der Zeichnungsfrist ist daher ungeeignet, Anleger in ihrer Anlageentscheidung zu beeinflussen, sodass durch diesen neuen Umstand eine wesentliche Unrichtigkeit bzw. Ungenauigkeit einer Angabe im Prospekt vorliegt und in einem Nachtrag zum Prospekt zu nennen gewesen wäre. Der Prospekt widerspricht daher § 6 KMG, sodass der Emittent gemäß § 16 Z 1 KMG eine Verwaltungsübertretung begangen hat.

Der Emittent ist dadurch seiner Verpflichtung gemäß § 6 KMG nicht nachgekommen, jeden wichtigen neuen Umstand oder jede wesentliche Unrichtigkeit oder Ungenauigkeit in Bezug auf die im Prospekt enthaltenen Angaben, die die Beurteilung der Wertpapiere oder Veranlagungen beeinflussen könnten und die zwischen der Billigung des Prospekts und dem endgültigen Schluss des öffentlichen Angebots festgestellt worden sind, in einem Nachtrag (ändernde oder ergänzende Angaben) zum Prospekt nennen.

2) dass der Emittent im gegenständlichen Prospekt das Agio beim Beteiligungserwerb mit 5% angibt. Der Emittent verzichtete jedoch mit 1.2.2008 auf die Bezahlung des gesamten Agios, ohne diesen wichtigen Umstand in einem Nachtrag zum Prospekt zu veröffentlichen. Der Verzicht auf ein Agio ist ein wesentlicher Umstand, weil er für Anleger ein Indiz für die mangelnde Nachfrage nach einer Veranlagung sein kann. Der Emittent ist daher seiner Verpflichtung gemäß § 6 KMG nicht nachgekommen, jeden wichtigen Umstand einer im Prospekt enthaltenen Angabe, die die Beurteilung einer Veranlagung beeinflussen könnte, in einem Nachtrag zum Prospekt zu nennen. Der Prospekt widerspricht daher § 6 KMG, sodass der Emittent gemäß § 16 Z 1 KMG eine Verwaltungsübertretung begangen hat.

3) dass der Emittent erst am 4.11.2008 den geprüften und mit Bestätigungsvermerk versehenen Rechenschaftsbericht 2007 im Amtsblatt der Wiener Zeitung veröffentlicht hat. Gemäß § 14 Z 5 hat jeder Emittent den geprüften Rechenschaftsbericht mit dem Bestätigungsvermerk innerhalb von 6 Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres, in Ermangelung eines solchen bis zum 30. Juni eines jeden Jahres, nach den Vorschriften über die Veröffentlichung des Prospektes nach § 10 KMG zu veröffentlichen. Das Geschäftsjahr des Emittenten endete am 31.12.2007. Er hätte den Rechenschaftsbericht bis längstens 30. Juni 2008 veröffentlichen müssen, sodass die festgestellte Veröffentlichung um mehr als 3 Monate verspätet ist. Der Emittent hat daher einen § 14 Z 5 widersprechenden Rechenschaftsbericht veröffentlicht, sodass er gemäß § 16 Z 1 KMG eine Verwaltungsübertretung begangen hat.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

hinsichtlich Punkt 1) §§ 6 Abs 1, 16 Z 1 KMG

hinsichtlich Punkt 2) §§ 6 Abs 1, 16 Z 1 KMG

hinsichtlich Punkt 3) §§ 14 Z 5, 16 Z 1 KMG

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe               falls diese uneinbringlich ist,               Freiheitsstrafe von               Gemäß §§ von              Ersatzfreiheitsstrafe von

1)

300 Euro              18  Stunden              §§ 9, 16, 19, 22, 47 VStG iVm §§ 6, 16 Z 1 KMG

2)

300 Euro              18  Stunden              §§ 9, 16, 19, 22, 47 VStG iVm §§ 6, 16 Z 1 KMG

3)

300 Euro              18  Stunden              §§ 9, 16, 19, 22, 47 VStG iVm §§ 14, 16 Z 1 KMG

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

90,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet); Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 990,00 Euro.?

In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung wendet der Rechtsmittelwerber im Wesentlichen ein, die FMA habe am 2.4.2009 den Beschuldigten bei der Staatsanwaltschaft Wien wegen des Verdachts nach § 15 Abs 1 KMG angezeigt, worauf nach Prüfung des Sachverhalts das Strafverfahren mangels Verschulden durch die Staatsanwaltschaft Wien eingestellt worden sei. Das gegenständliche Verfahren widerspreche dem Verbot der wiederholten Verfolgung nach Artikel 4 des 7. Zusatzprotokolles zur EMRK, aber auch der einfachgesetzlichen Bestimmung des § 30 Abs 3 VStG. § 16 KMG normiere, dass die dortigen Tatbestände nur dann eine Verwaltungsstrafe bilden würden, falls sie keine in die Zuständigkeit der Gerichte fallende strafbare Handlungen seien, wie etwa die Veröffentlichung eines Prospektes ohne entsprechenden geänderten Prospektnachtrag nach § 6 in Verbindung mit § 15 Abs 1 Z. 2 KMG. Es gehe daher nicht an, dass die Verwaltungsbehörde nach einem Freispruch in einem gerichtlichen Verfahren ein Verwaltungsstrafverfahren nachschieße, obwohl die Staatsanwaltschaft die Schuldlosigkeit des Beschuldigten bereits festgestellt habe und die Veröffentlichung eines Kapitalmarktprospektes ohne Prospektnachtrag den Kern des gerichtlichen Tatbestandes bilde. Es sei daher die Behauptung, es wäre ein Prospekt ohne Nachtrag nach § 6 KMG veröffentlicht worden, eine gerichtlich strafbare Handlung. Die Behörde missverstehe die Subsidaritätsklausel völlig, wenn sie meine, dass bei einem Freispruch noch ein weiteres Strafverfahren nachgeschossen werden könne. Ein Verstoß gegen § 6 KMG bilde eindeutig einen gerichtlichen Straftatbestand, weshalb ein Verwaltungsstraftatbestand diesbezüglich nicht möglich sei. Darüber hinaus sei die Ansicht der Erstbehörde, die deutsche Aufsichtsbehörde sei kein Experte, geradezu unverständlich. Die gefragte BaFin habe dieselbe Prospektrichtlinie zu vollziehen wie die FMA und habe erklärt, dass eine bloße Änderung der Zeichnungsfrist keinen Nachtragsprospekt erfordere. Die Verlängerung der Zeichnungsfrist sei dem Anleger naturgemäß ersichtlich, da er nach Ende der ursprünglichen Zeichnungsfrist gezeichnet habe, weshalb der Anleger per se denkunmöglich in die Irre geführt werden könne, wenn er nach Beendigung der ursprünglichen Zeichnungsfrist noch nachgezeichnet habe. Es sei daher keine Gefahr damit verbunden und kein Anleger irregeführt worden, wenn er nach Ablauf der Zeichnungsfrist noch zeichnen könne. Es sei daher die Ansicht der deutschen Aufsichtsbehörde, die prinzipiell die Aufsicht über die Emission als jene Behörde führt, in der die Hauptemission stattgefunden habe, kein rechtliches Nichts. Im Hinblick auf die Prospektrichtlinie und das one-stopp-Prinzip sei daher die Vorgangsweise der BaFin von der FMA zu respektieren, da es sich um ein deutsches Wertpapier handle, dass auch in Österreich angeboten werde, weshalb die Billigungsbehörde des EWR-Vertragsstaates nach wie vor die entsprechende Auslegungskompetenz über Kapitalmarktprospektnachträge besitze und nicht die Behörde des Aufnahmemitgliedsstaates. Auch auf Grund der Bestimmung des § 16c KMG sei die Rechtsansicht der für das Wertpapier zuständigen BaFin als Aufsichtsbehörde für den Beschuldigten schuldbefreiend, da er jene Behörde gefragt habe, welche für den Basisprospekt zuständig sei. Es handle sich um ein deutsches Wertpapier einer deutschen Emittentin, das auch in Österreich gehandelt werde. Es könne auf Grund der Prospektrichtlinie nicht sein, dass jede einzelne Behörde in einem Mitgliedsstaat der EU eine andere Auslegung über die Frage der Prospektpflicht treffe, sodass prinzipiell die Behörde am Sitz des Emissionsstaates zuständig sei, solche Fragen zu beantworten. Weiters sei die Behauptung der Behörde, der Verzicht auf das Agio würde einen Nachtragsprospekt erfordern, unrichtig. Einerseits sei darauf zu verweisen, dass diesbezüglich ein gerichtlicher Straftatbestand vorliege und daher kein Raum für eine Verwaltungsübertretung bleibe. Zum Anderen sei dies kein wesentlicher Umstand, da regelmäßig bei entsprechenden Käufen von Wertpapieren auf das Agio verzichtet werde und dies in keinem einzigen Prospektnachtrag jemals enthalten gewesen sei. Dass der Anleger kein Agio bezahle, sei diesem bei der Zeichnung bekannt, sodass der Anleger auch nicht darüber irregeführt werden könne, dass er kein Agio bezahle. Hinsichtlich Spruchpunkt 3) werde vorgebracht, dass der Beschuldigte rechtzeitig einen Rechtsanwalt und Steuerberater mit der Verfassung des Rechenschaftsberichtes beauftragt habe und dieser säumig geworden sei. Der Beschuldigte habe dies nicht zu verantworten und treffe ihn daher kein Verschulden, wenn ein befugter Rechtsanwalt und Steuerberater die Rechenschaftsberichte nicht rechtzeitig aufstelle. Die von der Erstbehörde zitierte Judikatur betreffe einen anderen Sachverhalt, da die beauftragte Steuerberatungs- und Rechtsanwaltskanzlei kein Parteienvertreter gewesen sei, sondern als Hilfsorgan tätig gewesen sei, das genau so wie der Abschlussprüfer und der Jahresabschlussprüfer beauftragt worden sei, den Rechenschaftsbericht zu erstellen. Ein Organisationsverschulden sei nicht denkbar, wenn ein befugter und seit Jahren tätiger Steuerberater mit der Erstellung des Rechenschaftsberichtes beauftragt werde und dann aus nicht vorhersehbaren Gründen säumig werde. Es liege daher kein Verschulden des Beschuldigten vor, wenn dieser einen befugten Steuerberater und Wirtschaftstreuhänder beauftragt habe und dieser säumig werde, den vom Beschuldigten selbst nicht erstellten Rechenschaftsbericht zu erstellen. Die Erstbehörde habe den Beschuldigten nicht vorgeworfen, dass diesen bei der Auswahl des Steuerberaters ein Auswahlverschulden treffen würde oder er den Auftrag nicht rechtzeitig erteilt habe. Es müsse selbstverständlich eine Auslagerungsvereinbarung möglich sein, bestimmte Hilfeleistungen zuzukaufen, wobei Verschulden dieser Personen nur dann vorliege, wenn der Auftrag nicht rechtzeitig erteilt worden wäre oder ein Auswahlverschulden bei der Auswahl des Erfüllungsgehilfen vorgeworfen würde. Davon sei im vorliegenden Fall keine Rede.

Der erkennende Senat führte in dieser Rechtssache ? gemäß § 51e Abs 7 VStG gemeinsam mit GZ. UVS-06/FM/47/4964/2010 ? am 1.12.2010 eine mündliche Berufungsverhandlung durch, anlässlich welcher der Berufungswerber, der Mitbeschuldigte B. sowie deren Rechtsvertreter und eine Vertreterin der FMA gehört wurden.

Die Parteien brachten wie Folgt vor:

?Der BWV bringt vor:

Die bisherigen Beweisanträge wie im Einspruch gegen die Strafverfügung Seite 4 werden aufrecht erhalten. Beim beantragten Zeugen Ma. handelt es sich um jenen Mitarbeiter der Bafi, welcher telefonisch die Auskunft erteilt hat, dass hinsichtlich der Verlängerung der Zeichnungsfrist sowie des behaupteten Agio-Verzichtes keine Veranlassung bestehe, etwas zu unternehmen.

Beim beantragten Zeugen Mü. handelt es sich um den Steuerberater und Rechtsanwalt welcher seitens des Unternehmens mit der Erstellung des Rechenschaftsberichtes beauftragt wurde. Der beantragte Zeuge Ke. ist ein Mitarbeiter des Zeugen Mü., welcher unmittelbar mit der Erstellung des Rechenschaftsberichtes betraut war. Im Übrigen wird auf das bisherige Vorbringen verwiesen. Hervorzuheben ist das Argument, das gegenständlich, wie sich auch aus der Prospektrichtlinie ergibt, die Bafin zuständige Behörde zur Erteilung der Rechtsauskunft war. Insbesondere dahingehen ob gegenständlich ein Prospektnachtrag erforderlich ist. Allenfalls möge ein Vorabentscheidungsersuchen gestellt werden.

Die Vertreterin der FMA bringt vor:

Es wird auf Beilage ON2 verwiesen, daraus ergibt sich, dass der beantragte Zeuge Ma. gegenüber Mitarbeitern der FMA angegeben hat, dass das Vorbringen der BWs hinsichtlich der angeblich erteilten Rechtsauskunft nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass gegenständlich nämlich hinsichtlich der Bestimmungen des KMG keine europarechtliche Vereinheitlichung vorliegt, weshalb die Prospektrichtlinie nicht anwendbar ist.

Der BWV bringt vor:

Mir wurde bislang die ON1 nicht vorgehalten und ist mir deren Inhalt gänzlich unbekannt. Es finden sich gegenständlich auch im Straferkenntnis keinerlei Feststellungen hinsichtlich des Vorbringens der Vertreterin der FMA, wonach der Zeuge Ma. angegeben habe, dass die behauptete Rechtsauskunft nicht den Tatsachen entsprechen würde.

Der Berufungswerber B. gibt über Befragen des Verhandlungsleiters an:

Das bereits angesprochene Telefongespräch mit dem Mitarbeiter der Bafin, Herrn Ma., wurde von mir glaublich in der ersten Jahreshälfte 2008 geführt. Über meine Frage teilte mir Herr Ma. mit, dass es grundsätzlich im Ermessen stehe, ob hinsichtlich der Verlängerung der Zeichnungsfrist und des behaupteten Agio-Verzichtes ein Prospektnachtrag zu erfolgen habe. Weiters teilte er mir mit, dass bei Unterlassung eines Prospektnachtrages diesbezüglich von der Bafin keine rechtlichen Schritte eingeleitet würden. Es wäre möglich gewesen, dass ein anderer Mitarbeiter der Bafin diesbezüglich eine andere Beurteilung vorgenommen hätte. Ich habe Herrn A. unmittelbar danach von diesem Telefonat berichtet und haben wir uns auf diese Auskunft verlassen. Ich habe diesbezüglich mit der FMA keine Rücksprache gehalten, zumal ich davon ausgegangen bin, mich auf Grund der Auskunft der Bafin rechtskonform zu verhalten. Der beantragte Zeuge Mü. war schon seit Mitte 2006 Steuerberater des Fonds. Ich kannte schon Herrn Mü. vor diesem Zeitpunkt schon persönlich, Herr Mü. war auch Gründungskommanditist des Fonds und zwar mit seiner Mü. Rechtsanwalts GmbH. Glaublich haben wir im März/April 2008 die Kanzlei Mü. mit der Erstellung des Rechenschaftsberichtes betraut. Herr Mü. ist Chef der Kanzlei, Herr Ke. wurde seitens der Kanzlei mit der Erstellung des Rechenschaftsberichtes betraut. Meines Wissens gab es mit Herrn Ke. auch hinsichtlich anderer Mandanten Probleme, sodass er nicht mehr unmittelbar Herrn Mü. unterstellt ist, allerdings ist er noch im Rahmen dieser Kanzlei tätig.

Ich selbst habe alle zwei bis drei Wochen bei Herrn Ke. sowohl telefonisch als auch per E-Mail hinsichtlich der fristgerechten Erstellung des Rechenschaftsberichtes nachgefragt. Überdies habe ich auch gegenüber Herrn Mü. auf die zögerliche Erstellung des Berichtes hingewiesen. Herr Ke. war schon damals zugelassener Steuerberater und Rechtsanwalt. Seitens Herrn Ke. wurde mir immer wieder mitgeteilt, er werde dies schon machen bzw. er habe derzeit wenig Zeit. Ich hatte den Eindruck, dass Herr Ke. möglicherweise auch überfordert war.

Ich hatte im März/April 2008 wegen Erstellung des Rechenschaftsberichtes erstmals mit Herrn Ke. Rücksprache gehalten und dies sodann laufend. Weiters wurde Herr Ke. von einem Mitarbeiter der Kanzlei H. unterstützt. Ich schätze dass ich im Juni 2008 erstmals gesehen habe, dass es mit der fristgerechten Erstellung des Rechenschaftsberichtes eng werden könnte. Herrn Mü. kenne ich seit 15 Jahren und habe ich auch ihm gegenüber schon beginnend mit März/April 2008 auf die fristgerechte Erstellung des Berichtes gedrängt.

Ich selbst bin damals nicht auf die Idee gekommen, einen anderen Steuerberater mit der Erstellung des Berichtes zu beauftragen, da ich zum Einen den Vertröstungen Glauben geschenkt habe und zum Anderen beruht das Datenmaterial für die Erstellung des Rechenschaftsberichtes auf den Bilanzzahlen über die unser Steuerberater Mü. verfügte. Es wäre technisch nur schwer möglich gewesen, diese Bilanzzahlen kurzfristig einem anderen Steuerberater zur Verfügung zu stellen.

Ich hatte ich schon damals mit den Bestimmungen des KMG beschäftigt und habe daraus nicht gesehen, dass eine verspätete Vorlage des Rechenschaftsberichtes strafbar wäre. Ich selbst bin im Unternehmen für sämtliche betriebswirtschaftliche Belange sowie juristisches verantwortlich, mein Kollege A. ist für Immobilien und Vertrieb zuständig.

Es war schon schwer genug, eine fristgerechte Erstellung des Rechenschaftsberichtes für jenen Zeitpunkt, an dem er sodann veröffentlicht wurde, zu erwirken. Ich habe Herrn Ke. auch als weiteren Sachbearbeiter abgelehnt. Herr Ke. war schon damals zugelassener Steuerberater und Rechtsanwalt. Ich selbst habe Herrn Ke. erst anlässlich der Beauftragung zur Erstellung des Rechenschaftsberichtes kennengelernt. Letztlich fruchteten auch meiner Interventionen bei Herrn Mü. nicht. Möglicherweise wurde die Tragweite der verspäteten Erstellung des Berichtes nicht erkannt. Der gegenständliche Rechenschaftsbericht war der erste den wir zu erstellen hatten, da ein solcher nach der deutschen Rechtslage nicht vorgesehen ist. Für die Jahre danach wurden die Rechenschaftsberichte fristgerecht erstellt.

Der Berufungswerber B. gibt über Befragen der Vertreterin der FMA an:

Wenn ich gefragt werde, warum das Agio nicht quartalsweise wie im Vertrag vorgesehen, sondern erst am 15.9.2008 von der A. und B. Gspr einbezahlt wurde, gebe ich an, dass wir noch das entsprechende Zahlenmaterial von Herrn Mü. benötigten, sodass eine frühere Einzahlung nicht möglich war.

Der Berufungswerber A. gibt über Befragen des Verhandlungsleiters an:

Ich schließe mich den Ausführungen des Herrn B. vollinhaltlich an und habe nicht hinzuzufügen. Ich selbst habe mit Herrn Mü. bzw Herrn Ke. nicht Rücksprache gehalten, ich wurde aber von Herrn B. laufend über die erfolgten Gespräche mit diesen Herrn informiert. Ich möchte betonen, dass wir gegenständlich nicht verspätet bezahlt haben wie sich dies aus dem vorgelegten Schreiben vom 11. September 2008 ergibt.

Die Vertreterin der FMA gibt an:

Mir ist nicht bekannt, ob es einen Aktenvermerk über das im Votum angesprochene

Telefonat zwischen Herrn Ma. und Herrn B. gibt.?

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Die im gegenständlichen Tatzeitraum maßgeblichen Bestimmungen des KMG lauten wie

Folgt:

?Nachtrag zum Prospekt

§ 6. (1) Jeder wichtige neue Umstand oder jede wesentliche Unrichtigkeit oder Ungenauigkeit in Bezug auf die im Prospekt enthaltenen Angaben, die die Beurteilung der Wertpapiere oder Veranlagungen beeinflussen könnten und die zwischen der Billigung des Prospekts und dem endgültigen Schluss des öffentlichen Angebots oder, wenn diese früher eintritt, der Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt auftreten bzw. festgestellt werden, müssen in einem Nachtrag (ändernde oder ergänzende Angaben) zum Prospekt genannt werden. Dieser Nachtrag (ändernde oder ergänzende Angaben) ist vom Antragsteller (§ 8a Abs 1) unverzüglich zumindest gemäß denselben Regeln zu veröffentlichen und zu hinterlegen, wie sie für die Veröffentlichung und Hinterlegung des ursprünglichen Prospektes galten. Gleichzeitig mit der Veröffentlichung ist der Nachtrag vom Antragsteller bei der FMA zur Billigung einzureichen und von dieser innerhalb von sieben Bankarbeitstagen ab Einlangen des Antrags bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 8a zu billigen; die FMA hat der Meldestelle eine Ausfertigung der Billigung zu übermitteln. Im Falle, dass das Ergebnis des Billigungsverfahrens zu einem geänderten Nachtragstext führt, ist auch dieser samt einem die bereits erfolgte Veröffentlichung richtigstellenden Hinweis zu veröffentlichen. Auch die Zusammenfassung und etwaige Übersetzungen davon sind erforderlichenfalls durch die im Nachtrag enthaltenen Informationen zu ergänzen.

(4) Bei Nachträgen (ändernden oder ergänzenden Angaben) von Prospekten von Veranlagungen entfällt das Erfordernis der Billigung durch die FMA. Diese Nachträge sind stattdessen gemäß § 8 Abs 2 zu kontrollieren. Im übrigen gilt bei Nachträgen von Prospekten von Veranlagungen Abs 1 mit der Maßgabe, dass der Anbieter den Kontrollvermerk des Prospektkontrollors unverzüglich an die Meldestelle zu übermitteln hat.

Sonderbestimmungen für Veranlagungen in Immobilien

§ 14. Veranlagungsgemeinschaften in Immobilien liegen vor, wenn Veranlagungen von Emittenten ausgegeben werden, die mit dem investierten Kapital direkt oder indirekt nach Zweck oder tatsächlicher Übung überwiegend Erträge aus der Überlassung oder Übertragung von Immobilien an Dritte erwirtschaften. Für solche Veranlagungsgemeinschaften in Immobilien gelten die nachstehenden Bestimmungen zusätzlich:

 

1. Der Prospekt (§ 7) ist um die im Schema D enthaltenen Angaben zu ergänzen;

......

5. der Emittent hat den geprüften Rechenschaftsbericht mit dem Bestätigungsvermerk innerhalb von sechs Monaten nach Abschluß des Geschäftsjahres, in Ermangelung eines solchen bis zum 30. Juni eines jeden Jahres, nach den Vorschriften über die Veröffentlichung des Prospektes nach § 10 zu veröffentlichen;

Strafbestimmungen

§ 15. (1) Wer im Zusammenhang mit einem öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder Veranlagungen, das nach diesem Bundesgesetz prospektpflichtig ist,

1. Wertpapiere oder Veranlagungen anbietet, ohne daß zeitgerecht ein gebilligter Prospekt oder die gebilligten nach § 6 vorgeschriebenen ändernden oder ergänzenden Angaben veröffentlicht wurden, oder

2. in einem veröffentlichten Prospekt oder einer veröffentlichten ändernden oder ergänzenden Angabe nach § 6 hinsichtlich der für die Entscheidung über den Erwerb erheblichen Umstände gemäß § 7 unrichtige vorteilhafte Angaben macht oder nachteilige Tatsachen verschweigt oder

3. entgegen den Bestimmungen des § 14 keinen Rechenschaftsbericht veröffentlicht oder

4. in einem gemäß § 14 veröffentlichten Rechenschaftsbericht über erhebliche Verhältnisse im Sinne des § 7 unrichtige vorteilhafte Angaben macht oder nachteilige Tatsachen verschweigt,

ist, sofern die Tat nicht nach anderen Bestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

(2) Nach Abs 1 Z 1 und 2 ist nicht zu bestrafen, wer freiwillig, bevor die für den Erwerb erforderliche Leistung erbracht worden ist, den Erwerb der Wertpapiere oder der Veranlagungen verhindert. Der Täter ist auch dann nicht zu bestrafen, wenn die Leistung ohne sein Zutun nicht erbracht wird, er sich jedoch in Unkenntnis dessen freiwillig und ernstlich darum bemüht, sie zu verhindern.

(3) Die Strafbarkeit nach Abs 1 wird unter den Voraussetzungen des § 167 StGB durch tätige Reue aufgehoben, sofern sich die Schadensgutmachung auf die gesamte für den Erwerb erforderliche Leistung einschließlich der damit verbundenen Nebenkosten bezieht.

§ 16. Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der FMA mit Geldstrafe bis zu 50 000 Euro zu bestrafen, wer im Zusammenhang mit einem öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder Veranlagungen, das nach diesem Bundesgesetz prospektpflichtig ist,

1. Wertpapiere oder Veranlagungen anbietet oder gewerbsmäßig vermittelt, wenn der Prospekt oder die nach § 6 ändernden oder ergänzenden Angaben oder deren Veröffentlichung den Vorschriften dieses Bundesgesetzes widerspricht oder als Emittent einen Rechenschaftsbericht diesem Bundesgesetz widersprechend erstellt oder veröffentlicht oder

2. ....

Sachverhaltsfeststellungen und Beweiswürdigung:

Der Berufungswerber war im Tatzeitraum Vorstand der I. Immobilien Handels AG mit Sitz in K., welche Komplementärin der I. Immobilien Handels AG & CO.1.KG (in der Folge kurz: Emittentin) mit Sitz in M. ist. Das Geschäftsjahr der Emittentin endet am 31.12. jedes Jahres. Die Emittentin ist eine vermögensverwaltende Personengesellschaft und emittierte Veranlagungen in Form von Kommanditbeteiligungen. Die Emission der Kommanditbeteiligungen wurde auf Basis eines ordnungsgemäß erstellten und veröffentlichten Kapitalmarktprospekts in Österreich öffentlich angeboten (Beilage ON. 1).

Die Emittentin gab in Punkt 1.2.12 des Prospekts für den Vertrieb in Österreich den Zeitraum der Zeichnungsfrist wie Folgt an: ?Der Zeitraum für die Zeichnung läuft vom auf die Veröffentlichung des Prospekts folgenden Bankarbeitstag bis längstens 30.6.2008. Die Zeichnungsphase ist jedenfalls beendet, wenn das Kommanditkapital von EUR 12.000.000 voll eingebracht ist oder in Österreich ein Volumen von EUR 6.000.000 erreicht ist (Seite 30ff ?Das Beteiligungsangebot")". Der Verweis auf die Seiten 30ff bezieht sich nicht auf den Prospekt für den Vertrieb in Österreich, sondern auf den Verkaufsprospekt für Deutschland. Der Verkaufsprospekt für Deutschland war dem im Internet abrufbaren Verkaufsprospekt für Österreich angeschlossen. Der Komplementärin ist im Gesellschaftsvertrag das Recht eingeräumt, die ursprüngliche Platzierungsfrist um zweimal 6 Monate bis zum 31.12.2008 zu verlängern (vgl. S. 30 des Verkaufsprospektes für Deutschland). Die Komplementärin verlängerte sodann die Zeichnungsfrist bis zum 31.12.2008.

Die Emittentin hat die Verlängerung der Zeichnungsfrist nicht in einem Nachtrag zum Prospekt nach § 6 Abs 1 KMG genannt, sodass auch keine Veröffentlichung dieses Prospektnachtrages erfolgten konnte. Im Prospekt selbst sind keine Vorkehrungen getroffen, wie das interessierte Anlegerpublikum, das zum Zeitpunkt der Verlängerung der Zeichnungsfrist bereits gezeichnet hatte sowie die Angebotsadressaten von der Ausübung dieses Rechts informiert werden.

Die Emittentin hat im gegenständlichen Prospekt das Agio beim Beteiligungserwerb mit 5% des Beteiligungsbetrages angegeben, welches von den Anlegern zu bezahlen war (vgl. Beilage ON 1: Punkt 1.2.14 des Kapitalmarktprospektes für Österreich iVm dem Verkaufsprospekt für Deutschland S. 32f). Das Agio wurde insbesondere verwendet, um einen Teil der Kosten des Vertriebes abzudecken. Aufgrund des ?Vertrages zur Übernahme des Agio-Verzichtes? vom 21.1.2008, abgeschlossen zwischen der Emittentin und der A. & B. Immobilien GbR (vgl. Beilage ON. 5), verzichtete die Emittentin ab 1.2.2008 auf die Einhebung des gesamten Agios von den Anlegern, wobei der Ersatz des Ausfalls der Einnahmen aufgrund des Agio-Verzichts vertraglich von der A. & B. Immobilien GbR übernommen und quartalsweise an die Emittentin bezahlt werden sollte. Gesellschafter dieser Gesellschaft bürgerlichen Rechts sind die Berufungswerber A. und B.. Der Verzicht diente ausdrücklich dem ?Zweck einer dynamischen Platzierung? der Emission. Der diesbezügliche Vertrag datiert mit 21.1.2008, die tatsächliche Zahlung durch die A. & B. Immobilien GbR und somit der Zugang in das Gesellschaftsvermögen der Emittentin erfolgte erst am 11.9.2008.

Die Emittentin hat den Agio-Verzicht der Emittentin nicht in einem Nachtrag zum Prospekt nach § 6 Abs 1 KMG genannt, sodass auch keine Veröffentlichung dieses Prospektnachtrages erfolgten konnte.

Der Rechenschaftsbericht 2007 wurde über Auftrag der Emittentin von der Rechtsanwalts- und Steuerberatungskanzlei Mü. erstellt. Der geprüfte und mit Bestätigungsvermerk versehene Rechenschaftsbericht 2007 wurde von der Emittentin nicht binnen sechs Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres der Emittentin zum 31.12.2007, somit bis 30.6.2008, sondern erst am 4.11.2008 im Amtsblatt der Wiener Zeitung veröffentlicht. Darüber hinaus wird als erwiesen angesehen, dass die Staatsanwaltschaft Wien das zu GZ. 604 St 8/09x wegen Verdachts eines Vergehens nach § 15 Abs 1 KMG gegen den Berufungswerber geführte Ermittlungsverfahren am 1.7.2009 gemäß § 190 Z. 2 StPO eingestellt hat, da die ?innere Tatseite nicht erweislich? war (Beilage ON. 9). Diese Feststellungen gründen sich auf die vorliegende, unbedenkliche Aktenlage und blieben auch vom Berufungswerber im gesamten Verfahren unbestritten.

Rechtliche Beurteilung:

Mit seinem Rechtsmittel wendet sich der Berufungswerber in mehrfacher Hinsicht gegen die rechtliche Beurteilung der Erstbehörde. Der Berufungswerber bringt zunächst vor, das gegenständlich gegen ihn geführte Verwaltungsstrafverfahren würde dem Verbot des Artikel 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK widersprechen, da er bereits von der Staatsanwaltschaft Wien wegen des Vergehens nach § 15 Abs 1 KMG verfolgt worden sei. Dieses Verfahren sei jedoch mit der Begründung eingestellt worden, dass kein Verschulden des Beschuldigten vorliegen würde.

Mit diesem Vorbringen übersieht der Berufungswerber, dass es sich bei den Vergehen nach § 15 Abs 1 Z. 1 und Z. 3 KMG, welche seitens der Staatsanwaltschaft Wien verfolgt wurden, um Vorsatzdelikte handelt, wobei zu deren Verwirklichung zumindest Eventualvorsatz gefordert wird (vgl. Art. I Abs 1 Strafrechtsanpassungsgesetz, BGBl. Nr. 422/1974; ebenso Tipold in Zip/Russ/Lorenz, Kommentar zum Kapitalmarktgesetz, § 15, Rz. 2; vgl. auch sinngemäß OGH 13.9.2000, GZ. 13Os 45/00). Dagegen reicht für die Verwirklichung von Verwaltungsübertretungen nach § 16 Z. 1 KMG fahrlässiges Verhalten gemäß § 5 Abs 1 VStG als Schuldform.

Nach der neueren höchstgerichtlichen Judikatur ist bei der Frage des Vorliegens ?derselben strafbaren Handlung? iSd Art. 4 Abs 1 7. ZP EMRK auf die Straftatbestände und nicht auf das tatsächliche Verhalten abzustellen (vgl. VfGH 2.7.2009, B 559/08, VfSlg. 18833; VfGH 16.12.2010, B 343/10; EGMR Fall Zolotukhin 10.2.2009, Appl. 14.939/03). Es ist daher zu prüfen, ob der Beschuldigte für dasselbe strafbare Verhalten, für das er bereits rechtskräftig freigesprochen oder verurteilt wurde, neuerlich verfolgt oder bestraft wurde und ob sich die Straftatbestände, wegen derer er von den Gerichten einerseits und von der Verwaltungsbehörde andererseits verfolgt wurde, in ihren wesentlichen Elementen unterscheiden (VfGH 2.7.2009, B 559/08, VfSlg. 18.833).

Überdies hat der VwGH in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa VwGH 21.11.2008, Zl. 2008/02/0203, VwGH 21.4.2006, Zl. 2004/02/0405, VwGH 29.4.2008, Zl. 2007/05/0125) ausgeführt, dass die Zurücklegung einer Anzeige gemäß § 90 Abs 1 StPO (nunmehr § 190 StPO) noch nicht dazu führt, dass eine Verfolgung einer Verwaltungsübertretung aus dem Grunde des Art. 4 Abs 1 des 7. Zusatzprotokolls zur Menschenrechtskonvention ausgeschlossen ist, da der EGMR zum Ausdruck gebracht hat, die Verletzung des Rechtes, nicht zweimal bestraft zu werden im Sinne des Art. 4 Abs 1 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK, bei einer Verfügung des Staatsanwaltes nach § 90 StPO, die an ihn gelangte Anzeige zurückzulegen, auszuschließen ist, kommt es doch dazu dann, wenn der Staatsanwalt - von vornherein oder nach Durchführung (von) Vorerhebungen - erkennt, dass die Anzeige haltlos, die angezeigte Tat nicht strafbar oder nicht verfolgbar ist. Nach herrschender Auffassung und Rechtsprechung wird jeder Straftatbestand durch die objektive und subjektive Tatseite bestimmt (vgl. etwa Triffterer, Österreichisches Strafrecht Allgemeiner Teil, 2. Auflage, S. 93f; VwGH 26.2.2009, Zl. 2009/09/0031, VwGH 26.7.2006, Zl. 2004/14/0022).

Nach Auffassung des erkennendes Senates unterscheiden sich die in Rede stehenden Straftatbestände des § 15 Abs 1 KMG, bei denen es sich um Vorsatzdelikte handelt, von jenen den § 16 Z. 1 KMG, zu dessen Verwirklichung fahrlässiges Verhalten nach § 5 Abs 1 VStG ausreicht, in ihren wesentlichen Elementen dadurch, dass ihr subjektiver Tatbestand gänzlich verschiedene Schuldformen normiert. Da zum Tatbestand eines Vergehens nach § 15 Abs 1 KMG auch die subjektive Tatseite zu zählen ist, steht einer Verfolgung des Berufungswerbers wegen einer fahrlässigen Übertretung des § 16 Z. 1 KMG die Einstellung durch die Staatsanwaltschaft Wien wegen der Verfolgung derselben objektiven Tathandlung als Vorsatzdelikt nicht entgegen. Da für den erkennenden Senat aufgrund der Ergebnisse der mündlichen Berufungsverhandlung überdies feststeht, dass der Berufungswerber hinsichtlich der ihm gegenständlich angelasteten Übertretungen (lediglich) fahrlässig gehandelt hat, wurden die von der Erstbehörde erhobenen Tatvorwürfe zu Recht im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens verfolgt. Davon abgesehen vermochte - vor dem Hintergrund der dargestellten Judikatur des VwGH zur Bestimmung des § 90 StPO (vgl. nunmehr § 190 StPO) - die von der Staatsanwaltschaft gemäß § 190 Z. 2 StPO verfügte Einstellung des gegen den Berufungswerber geführten Verfahrens wegen einer Übertretung des § 15 KMG eine Verfolgung einer Verwaltungsübertretung nach § 16 KMG aus dem Grunde des Art. 4 Abs 1 des 7. Zusatzprotokolls zur Menschenrechtskonvention nicht auszuschließen. Nach § 6 Abs 1 KMG muss jeder wichtige neue Umstand in Bezug auf die im Prospekt enthaltenen Angaben, die die Beurteilung der Wertpapiere oder Veranlagungen beeinflussen könnten, in einem Nachtrag (ändernde oder ergänzende Angaben) zum Prospekt genannt werden. Wie schon die FMA in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses zutreffend ausgeführt hat, sind sowohl eine Verlängerung der Zeichnungsfrist als auch ein Agioverzicht als ?wichtige neue Umstände? iSd. § 6 Abs 1 leg.cit. zu qualifizieren, die zwingend einen Prospektnachtrag erfordern. Dass eine Verlängerung der Zeichnungsfrist einen Umstand darstellt, der die Beurteilung der Wertpapiere und Veranlagungen beeinflussen kann, liegt für den erkennenden Senat auf der Hand, da die Zeichnungsfrist im Regelfall dann verlängert wird, wenn das Volumen innerhalb der ursprünglich festgesetzten Frist nicht vollständig am Markt platziert werden konnte. Somit ist eine Verlängerung der Zeichnungsfrist für den Anleger ein Indiz für eine schleppende Platzierung der Veranlagung am Markt, sodass daraus der Anleger Schlüsse über den Erfolg der Veranlagung am Markt ziehen kann. Damit ist ersichtlich, dass durch eine Verlängerung der Zeichnungsfrist die Anlageentscheidung beeinflusst werden kann. Aber auch der mit 1.2.2008 vorgenommene Verzicht auf das Agio stellt einen wichtigen neuen Umstand nach § 6 Abs 1 leg.cit. dar, da ein solcher für den Anleger ebenfalls ein Indiz für die mangelnde Nachfrage nach der Veranlagung am Markt sein kann. Daran vermag der Umstand nichts zu ändern, dass die A. und B. Immobilien GbR die Bezahlung des Agios ab dem genannten Zeitpunkt übernommen hatte, da jedenfalls die Emittentin gegenüber dem künftig zeichnenden Anleger auf die Einhebung des Agios verzichtete, sodass der Anleger von einer schleppenden Platzierung der Veranlagung am Markt ausgehen konnte. In dieses Bild passt, dass in § 1 des Vertrages zur Übernahme des Agio-Verzichtes ausdrücklich davon gesprochen wird, dass Zweck des Verzichtes die ?dynamische Platzierung?, somit die Absatzförderung, ist. Damit steht für den erkennenden Senat fest, dass sowohl die Verlängerung der Zeichnungsfrist als auch der Verzicht auf das Agio seitens der Emittentin für einen durchschnittlichen, verständiger Anleger dahingehend anlageentscheidend sein können, dass er diese Umstände bei seiner Anlageentscheidung mitberücksichtigt, sodass diese Umstände die Beurteilung der Veranlagungen iSd. § 6 Abs 1 KMG jedenfalls beeinflussen können (vgl. zum genannten Kriterium der Anlageentscheidungseignung Russ in Zib/Russ/Lorenz, Kommentar zum Kapitalmarktgesetz, § 6, Rz. 11, unter Hinweis auf OGH 11.9.1997, GZ. 6 Ob 2100/96h).

Vor dem Hintergrund des als erwiesen festgestellten Sachverhaltes hat der Berufungswerber die objektiven Tatseiten der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen verwirklicht.

Zur subjektiven Tatseite ist auszuführen, dass es sich bei den gegenständlichen Übertretungen nach dem KMG um Ungehorsamdelikte im Sinne des § 5 Abs 1 VStG handelt, da weder der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr vorausgesetzt, noch über das Verschulden etwas bestimmt wird. Bei solchen Delikten obliegt es gemäß § 5 Abs 1 VStG dem Beschuldigten, glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war. Das bedeutet, dass der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, z.B. durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung entsprechender Beweisanträge.

Insofern der Berufungswerber hinsichtlich der Verwirklichung der subjektiven Tatseite einwendet, dass er bei der Aufsichtsbehörde der Bundesrepublik Deutschland (BaFin) die telefonische Rechtsauskunft erhalten habe, dass ein fehlender Prospektnachtrag bezüglich der Verlängerung der Zeichnungsfrist sowie des Agioverzichtes seitens der BaFin rechtlich nicht verfolgt werde und der Berufungswerber sich deshalb auf diese Auskunft verlassen durfte, ist zunächst darauf zu verweisen, dass der Mitbeschuldigte B. nach seiner eigenen Aussage in der Berufungsverhandlung seitens der BaFin die Auskunft erhalten hat, dass dies lediglich seitens der BaFin nicht verfolgt werde. Weder der Berufungswerber noch der Mitbeschuldigte B. hatten jedoch von der BaFin die Auskunft erhalten, dass dies seitens der FMA als in Österreich zuständiger Aufsichtsbehörde nicht verfolgt werde oder in Österreich keine Verwaltungsübertretung darstellen würde.

In diesem Zusammenhang ist der Berufungswerber darauf zu verweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur im Falle der Erteilung einer, auf einer vollständigen Sachverhaltsgrundlage erteilten, unrichtigen Rechtsauskunft der zuständigen Behörde, im Vertrauen auf diese Auskunft erfolgte Gesetzesverstöße nicht als Verschulden angerechnet werden können. Unterlässt der Normunterworfene jedoch die Einholung einer Auskunft bei der zuständigen Behörde, kann der Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie von einem Verschulden des Normunterworfenen ausgeht (vgl. etwa zuletzt VwGH 18.5.2010, Zl. 2009/09/0122, VwGH 22.4.2010, Zl. 2010/09/0063, VwGH 25.2.2010, Zl. 2010/09/0024, VwGH 20.11.2001, Zl. 2001/09/0196, u.v.a.). Da die Emission der Kommanditbeteiligungen auf Basis eines veröffentlichten Kapitalmarktprospektes in Österreich öffentlich angeboten wurde, war für die Beantwortung der in Rede stehenden Rechtsfrage ausschließlich die österreichische Finanzmarktaufsicht als zuständige Behörde anzusehen. Der Berufungswerber hat nicht behauptet, von der zuständigen österreichischen Behörde eine schuldbefreiende Rechtsauskunft erhalten zu haben.

Das vom Berufungswerber in seinem Rechtsmittelschriftsatz erstattete Vorbringen, wonach insbesondere § 16c KMG sowie die Prospektrichtlinie sehr wohl eine Zuständigkeit der BaFin zur Beantwortung der in Rede stehenden Fragen begründen würden, wird seitens des UVS Wien nicht geteilt, da die vom Berufungswerber genannten Normen in diesem Zusammenhang nicht einschlägig sind. Wenn der Berufungswerber weiters darauf verweist, dass er die Übertretung zu Spruchpunkt 3) schon deshalb nicht zu verantworten habe, da der von ihm beauftragte und befugte Rechtsanwalt und Steuerberater aus nicht vorhersehbaren Gründen mit der Erstellung des Rechenschaftsberichtes säumig geworden sei, ist er darauf zu verweisen, dass dem Beschuldigten nach der Rechtsprechung des VwGH das Verschulden seines Hilfsorgans, dessen er sich bedient hat (vgl. etwa VwGH 25.2.2009, Zl. 2004/03/0119, VwGH 3.9.2008, Zl. 2005/03/0108, VwGH 23.4.2008, Zl. 2004/03/0050), ebenso wie das Verschulden seines Vertreters zuzurechnen ist (VwGH 4.3.2009, Zl. 2009/15/0024, VwGH 2.7.1990, Zl. 90/19/0285, uva.). Es wäre demnach am Berufungswerber gelegen, konkret darzulegen, welche konkreten Maßnahmen ergriffen wurden, um seinen Überwachungs- und Kontrollpflichten gegenüber dem von ihm mit der Erstellung des Rechenschaftsberichtes Beauftragten nachkommen zu können. Nach der glaubhaften Aussage des Mitbeschuldigten B. ist die Kanzlei Mü. im März/April 2008 ? somit in Ansehung der bis 30.6.2008 laufenden Frist erst zu einem relativ späten Zeitpunkt ? mit der Erstellung des Rechenschaftsberichtes 2007 betraut worden. Es wäre somit am Berufungswerber gelegen, die Bearbeitungsdauer für die Erstellung des Rechenschaftsberichtes gegenüber dieser Kanzlei derart vorzugeben, dass eine fristgerechte Veröffentlichung bewerkstelligt werden kann. Die vom Mitbeschuldigten B. ins Treffen geführten bloßen Nachfragen beim zuständigen Sachbearbeiter der Kanzlei bzw. bei Herrn Mü. selbst reichen dafür nicht aus. Dass andere effektivere Maßnahmen ergriffen wurden, hat der Berufungswerber selbst nicht behauptet.

Dem Berufungswerber ist es somit nicht gelungen, mangelndes Verschulden glaubhaft darzutun. Es war daher auch von der Verwirklichung der subjektivem Tatseite in Form fahrlässigen Verhaltens auszugehen.

Den vom Berufungswerber gestellten Beweisanträgen auf zeugenschaftliche Einvernahme jenes Mitarbeiters der BaFin, der die angesprochene telefonische Rechtsauskunft erteilt habe, sowie des mit der Erstellung des Rechenschaftsberichtes beauftragten Steuerberaters und eines seiner Mitarbeiter war vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage zur Frage des Verschuldens mangels Relevanz nicht nachzukommen.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40-46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Durch die dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen wurde das öffentliche Interesse an einer unverzüglichen Erstellung und Veröffentlichung eines Prospektnachtrages sowie eines Rechenschaftsberichtes zur Information der Anleger nicht unerheblich beeinträchtigt. Der objektive Unrechtsgehalt der Taten war daher, unbeschadet des Fehlens konkreter nachteiliger Tatfolgen, nicht als bloß geringfügig anzusehen.

Dass die Einhaltung der von dem Berufungswerber übertretenen Rechtsvorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung der Tatbestände aus besonderer Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervor gekommen, noch war dies aufgrund der Tatumstände anzunehmen. Es konnte daher auch das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden. Dem Berufungswerber kommt der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu Gute, erschwerende Umstände sind im Verfahren keine hervor gekommen.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers werden mangels Bekanntgabe auf Grund seiner beruflichen Stellung als überdurchschnittlich angenommen, Sorgepflichten wurden keine ins Treffen geführt.

Vor dem Hintergrund dieser Strafbemessungskriterien und des zitierten gesetzlichen Strafsatzes erscheinen die von der Erstbehörde ohnehin im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens festgesetzten Strafen jedenfalls tat- und schuldangemessen, aber auch erforderlich, um den nicht einsichtigen Rechtsmittelwerber künftig von Verwaltungsstraftaten gleicher Art wirksam abzuhalten. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zuletzt aktualisiert am
07.04.2011
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten