TE Vwgh Erkenntnis 2008/4/23 2004/03/0050

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.04.2008
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

GütbefG 1995 §23 Abs1 Z6 idF 2002/I/032;
GütbefG 1995 §23 Abs4 idF 2002/I/032;
GütbefG 1995 §9 Abs3 idF BGBl Nr 32/2002;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des OC in S, Deutschland, vertreten durch Pallauf Pullmann Meißnitzer & Partner, Rechtsanwälte, in 5020 Salzburg, Petersbrunnstraße 13, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 11. Februar 2004, Zl. VwSen-110408/15/Li/Rd/Ha, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er sei handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der O.C. GmbH (Unternehmer) mit Sitz in Deutschland, und habe als solcher veranlasst, dass der Fahrer eines den Kennzeichen nach bestimmten Lastkraftwagens mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t, Y.Y. am 26. September 2002 um 10.30 Uhr auf der Innkreisautobahn A 8, bei StrKm 75.100, Gemeindegebiet Suben, einen gewerbsmäßigen Straßengütertransitverkehr durch Österreich (Ausgangspunkt:

Türkei; Zielpunkt: Deutschland), für welchen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 3298/94, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2012/2000, Ökopunkte zu entrichten gewesen seien, durchgeführt habe. Er habe dabei den Fahrer nicht darüber belehrt, welche Maßnahmen dieser zur Einhaltung der Ökopunkteverordnung zu treffen habe, weil der im Lastkraftwagen eingebaute "Umweltdatenträger" ("Ecotag") mit der Identifikationsnummer 1234156963 so eingestellt gewesen sei, dass ersichtlich gewesen sei, dass vor der Einfahrt in österreichisches Bundesgebiet keine Transitfahrt durchgeführt werde, sodass keine automatische Entwertung der Anzahl von Ökopunkten, die den auf dem Umweltdatenträger des Fahrzeugs gespeicherten Angaben über die NOx-Emissionen entsprochen habe, ermöglicht worden sei.

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 9 Abs. 3 iVm § 23 Abs. 1 Z. 6 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 begangen; über ihn wurde gemäß § 23 Abs. 1 Einleitungssatz und Abs. 4 GütbefG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.453,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 67 Stunden) verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, dass am 26. September 2002 um 10.30 Uhr anlässlich einer Zollkontrolle festgestellt worden sei, dass beim elektronischen Ökopunktesystem die Fahrt nicht richtig deklariert worden sei. Der Fahrer habe erklärt, dass er bei der Einreise nach Österreich in Nickelsdorf einmal auf das Ecotag-Gerät an der Windschutzscheibe gedrückt habe. Er sei der Meinung gewesen, dass er richtig gehandelt habe. Der Erstbehörde sei auf ihre Ökopunktanfrage hin seitens des BMVIT mitgeteilt worden, dass am 25. September 2002 um 23.57 Uhr mit der Transitdeklaration "ökopunktefrei" in Nickelsdorf in das Bundesgebiet eingefahren worden sei. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass der Fahrer einen gravierenden Fehler begangen habe. Da er bei der Einfahrt in das österreichische Bundesgebiet nach seiner Aussage gewusst habe, dass eine Transitfahrt vorliege, sei er verpflichtet gewesen, die Einstellung des Ecotag-Gerätes vor dem Grenzübertritt zu prüfen. Diese Sorgfaltswidrigkeit wäre ihm bei entsprechender Belehrung zu Bewusstsein gekommen. Der Unternehmer müsse den Fahrer belehren, welche Maßnahmen dieser zur Einhaltung der Ökopunkteverordnung zu treffen habe. Solche Maßnahmen seien insbesondere das richtige Bedienen des Umweltdatenträgers zur Deklaration einer ökopunktepflichtigen Transitfahrt. Durch diese Vorkehrungen des Unternehmers solle gewährleistet werden, dass der Fahrer in die Lage versetzt werde, bei der Transitfahrt die ihn treffenden Pflichten nach der Ökopunkteverordnung zu erfüllen, womit insgesamt ihre Einhaltung - insbesondere die Entrichtung von Ökopunkten über das elektronische Ökopunktesystem - erreicht werden solle. Der Beschwerdeführer habe in Form einer "Arbeitsanweisung", die in Schriftform allerdings erst nach dem Kontrollzeitpunkt ausgefertigt worden sei, den Fahrer auf die ordnungsgemäße Bedienung der Ecotag-Geräte hingewiesen und gebeten, die Geräte heim Transit so einzustellen, dass die entsprechenden Ökopunkte abgebucht werden könnten. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 5 Abs. 1 VStG gelinge aber eine Entlastung nur dann, wenn ein ausreichend dichtes Kontrollnetz und Maßnahmen nachgewiesen würden, die unter vorhersehbaren Umständen die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen gewährleisteten. Wie der Beschwerdeführer die Anweisungen kontrolliert habe, gehe aus seinem Vorbringen nicht hervor. Die bloße Erteilung von Weisungen reiche zu seiner Entlastung nicht hin, eine Kontrolle über deren Einhaltung sei nicht einmal behauptet worden. Es könne daher die vom Zeugen Y.Y. vor der belangten Behörde getätigte Aussage, dass der Beschwerdeführer alle zwei bis drei Wochen in der Garage Belehrungen durchführe und dabei Arbeitsanweisungen von den jeweiligen Fahrern unterschreiben lasse - wobei konkret festgestellt werde, dass keine Arbeitsanweisung vorgelegt worden sei, die vor dem 26. September 2002 angefertigt worden sei - den Beschwerdeführer nicht entlasten. Schwer nachvollziehbar sei auch die offenbar als Entlastung bzw. als Beweis für die stattgefundene Belehrung durch den Beschwerdeführer gewählte Vorgangsweise, dass zwar der Fahrer in türkischer Sprache belehrt, jedoch die deutsche Version der Arbeitsanweisung von ihm unterzeichnet worden sei, obwohl er den deutschen Text gar nicht verstehe. Auch habe der Zeuge bekannt gegeben, dass es gelegentlich vorkomme, dass das Gerät die Farbe wechsle oder er irrtümlich falsch deklariere. Diese Aussage stehe sowohl der Verpflichtung einer ausreichenden Qualität der Belehrung als auch insbesondere der Kontrolle eines entsprechenden Verstehens des so Belehrten entgegen.

Das gesetzliche Gebot für den Unternehmer, seine Fahrer entsprechend zu belehren, werde nicht schon dann erfüllt, wenn zwar formal "Belehrungen" stattfänden, sie aber inhaltlich nicht hinreichend seien. Im vorliegenden Fall sei das mangelnde Augenmerk des Beschwerdeführers auch schon dadurch indiziert, dass dem der deutschen Sprache kaum mächtigen Zeugen ein in dieser Sprache abgefasstes entsprechendes Schriftstück zur Unterschrift vorgelegt worden sei. Wenngleich nach der Beweislage auch eine Belehrung in türkischer Sprache erfolgt sein dürfte, sei es zweifelhaft, dass der Zeuge diese Belehrungen auch wirklich verstanden habe. Auch habe er angegeben, es sei nicht kontrolliert worden, inwieweit er die Belehrungen verstanden habe. Nach Ansicht der belangten Behörde könne die gesetzlich vorgeschriebene Belehrungspflicht nur so aufgefasst werden, dass die Belehrung zum einen auch verstanden werden müsse und zum anderen einer diesbezüglichen Kontrolle, aber auch einer begleitenden weiteren Unterweisung bedürfe, um für die Einhaltung der Belehrung Vorsorge zu treffen. Auch wenn die Gesetzesbestimmung keine konkrete Vorgehensweise bei der Art der Belehrung vorsehe, habe sie sich individuell danach zu richten, ob die Belehrung - wie sie vom Unternehmer getätigt werde - auch richtig verstanden werde. Dies sei beim Lenker nicht der Fall gewesen, dieser habe daher auch keine Transitfahrt deklariert.

Mit dem vom Zeugen dargelegten Belehrungssystem könne weder eine konkrete ausreichende Belehrung des Zeugen darüber, welche Maßnahmen er zur Einhaltung der Ökopunkteverordnung zu treffen habe, glaubhaft gemacht werden noch eine diesbezügliche Kontrolltätigkeit. Dazu komme, dass in einem weiteren mit demselben Beschwerdeführer geführten Berufungsverfahren offenkundig geworden sei, dass dort von einem anderen Fahrer der O.C. GmbH nur zwölf Tage später ebenfalls das Ecotag-Gerät falsch gehandhabt worden sei und für eine ökopunktepflichtige Transitfahrt keine automatische Entwertung der erforderlichen Anzahl von Ökopunkten erfolgt sei. Es werde daher als erwiesen angenommen, dass eine ausreichende Belehrung des Fahrers im Sinne des § 9 Abs. 3 letzter Satz GütbefG 1995 sowie eine Kontrolle der einzuhaltenden Maßnahmen hinsichtlich der Ökopunkteverordnung nicht erfolgt sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und der Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 3 Güterbeförderungsgesetz (GütbefG) 1995, BGBl. Nr. 593 idF BGBl. I Nr. 106/2001, hat jeder Unternehmer, der veranlasst, dass eine Fahrt durch Österreich durchgeführt wird, für die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 3298/94, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2012/2000 (Ökopunkteverordnung), Ökopunkte zu entrichten sind, dem Fahrer vor Antritt der Fahrt die entsprechende Anzahl von Ökopunkten zu übergeben. Wird ein Umweltdatenträger benützt, hat sich der Unternehmer davon zu überzeugen, dass ausreichend Ökopunkte zur Verfügung stehen und dass der Umweltdatenträger einwandfrei funktioniert. Er hat weiters den Fahrer darüber zu belehren, welche Maßnahmen dieser zur Einhaltung der Ökopunkteverordnung zu treffen hat.

Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 6 GütbefG 1995, BGBl. Nr. 593 idF BGBl. I Nr. 32/2002, begeht abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu EUR 7.267,-- zu ahnden ist, wer § 9 Abs. 3 GütbefG zuwiderhandelt.

Gemäß § 23 Abs. 4 leg. cit. hat die Geldstrafe bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 23 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. mindestens EUR 1.453,-- zu betragen.

Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, er sei allen ihn nach dem GütbefG treffenden Verpflichtungen ordnungsgemäß nachgekommen. Er habe alle zwei bis drei Wochen Belehrungen durchgeführt und von den jeweiligen Fahrern seien auch Arbeitsanweisungen unterschrieben worden. Eine diesbezügliche Arbeitsanweisung vom 11. November 2002 sei im gegenständlichen Verfahren auch vorgelegt worden. Weshalb die belangte Behörde daran zweifle, dass der Zeuge Y.Y. die Belehrung auch wirklich verstanden habe, sei nicht nachvollziehbar, zumal der Zeuge in der Berufungsverhandlung demonstriert habe, wie das Ecotag Gerät zu handhaben sei. Diese Arbeitsanweisungen stellten jedenfalls ein ordnungsgemäßes Kontrollsystem dar. Es würde an der Grenze des Zumutbaren liegen, würde man dem Beschwerdeführer auferlegen, entweder persönlich oder durch dafür beauftragte Mitarbeiter die Einhaltung der Bestimmungen zur Bedienung des Ecotag-Gerätes durch Mitfahren im LKW zu überwachen.

Da es sich nach der ständigen hg. Rechtsprechung bei der dem Beschwerdeführer angelasteten Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt handelt, hätte er gemäß § 5 Abs. 1 VStG glaubhaft machen müssen, dass ihn an einer Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden treffe. Es wäre daher dem Beschwerdeführer oblegen, zur Umsetzung seiner gegenüber seinen Hilfsorganen bestehenden Kontrollpflicht ein wirksames begleitendes Kontrollsystem einzurichten, durch welches die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften jederzeit sichergestellt werden kann. Damit ein solches Kontrollsystem den Beschwerdeführer von seiner Verantwortung für die vorliegende Verwaltungsübertretung hätte befreien können, hätte er konkret darlegen müssen, welche Maßnahmen von ihm getroffen wurden, um derartige Verstöße zu vermeiden, insbesondere wann, wie oft und auf welche Weise und von wem Kontrollen der Angewiesenen vorgenommen wurden (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 31. März 2005, Zl. 2003/03/0154, und Zl. 2003/03/0203); die durchgeführten Belehrungen und Arbeitsanweisungen allein reichen nicht aus, mangelndes Verschulden des Beschwerdeführers darzulegen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. Juni 2007, Zl. 2005/03/0166, sowie vom 31. März 2005, Zl. 2003/03/0154). Ein Vorbringen zu einem im Unternehmen eingerichteten tauglichen Kontrollsystem hat der Beschwerdeführer jedoch im Verfahren nicht erstattet. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie zum Ergebnis gekommen ist, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, mangelndes Verschulden darzulegen.

Dem vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang als Verfahrensmangel gerügten Umstand, dass die belangte Behörde nicht dargelegt habe, weshalb sie daran zweifle, dass der Zeuge Y.Y. die Belehrung auch wirklich verstanden habe, kommt - abgesehen davon, dass die Beweiswürdigung keinen Bedenken begegnet - schon deshalb keine Relevanz zu, weil auch aus dessen Angaben das Vorliegen eines wirksamen Kontrollsystems nicht abgeleitet werden kann.

Der Beschwerdeführer rügt schließlich, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, ihn im Rechtshilfeweg zu vernehmen. Dem ist zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde geladen war. Er ist zu dieser am 14. Jänner 2004 durchgeführten Verhandlung nicht erschienen, wobei ihn sein Rechtsvertreter entschuldigt hat, ohne Gründe für seine Abwesenheit zu nennen, sodass die belangte Behörde nicht gehindert war, die Verhandlung ohne Anwesenheit des Beschwerdeführers durchzuführen und das Erkenntnis zu fällen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1993, Zl. 93/03/0099). Der Beschwerdeführer hat auch nicht dargelegt, was er im Falle einer Einvernahme im Rechtshilfeweg hätte darlegen können, das er nicht bereits in seinen Stellungnahmen im Verwaltungsverfahren bzw. durch seinen Rechtsvertreter, der an der mündlichen Verhandlung teilnahm, hätte vorbringen können.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 23. April 2008

Schlagworte

Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2004030050.X00

Im RIS seit

15.05.2008

Zuletzt aktualisiert am

08.08.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten