TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/11 S3 401108-1/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.09.2008
beobachten
merken
Spruch

GZ S3 401.108-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Pipal als Einzelrichter über die Beschwerde von D.M., geb. 00.00.1982, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.07.2008, GZ 08 03.570-EAST Ost, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 5 und § 10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1. Der Beschwerde liegt folgendes Verwaltungsverfahren zugrunde:

 

Der Beschwerdeführer brachte nach seiner illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 22.04.2008 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz ein.

 

Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 22.04.2008 führte der Beschwerdeführer zu seiner Reiseroute aus, er sei im Oktober 2007 mit dem Zug von P. nach Moskau gefahren. Dort habe er bei einem Freund gewohnt, bis er am 05.11.2007 mit dem Zug in Richtung Polen gefahren und kurz vor der Grenze ausgestiegen sei und zu Fuß die Grenze überquert habe. In Polen habe er einem Fahrer 800 Euro gegeben, damit er ihn nach Österreich bringe. Am 10.11.2007 habe ihn der Fahrer in der Nähe eines Waldes aussteigen lassen. Zu Fuß sei er dann nach Sobrancy in der Slowakei gekommen, wo er in Haft genommen und von der Polizei erkennungsdienstlich behandelt worden sei. Von 10.11.2007 bis Anfang März 2008 sei er in S. in Haft gewesen und habe am Anfang irgendwelche Papiere unterschrieben. Anfang März sei er in das Flüchtlingslager Humene und später nach Rogovce verlegt worden. Am 22.04.2008 sei er von Rogovce mit dem Autobus nach Bratislava gefahren und von dort habe ihn ein Taxilenker nach Wien mitgenommen. In der Slowakei habe er einen negativen Bescheid bekommen und dagegen Berufung eingebracht.

 

Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass der Beschwerdeführer am 22.11.2007 in der Slowakei einen Asylantrag stellte.

 

Das Bundesasylamt richtete am 25.04.2008 ein auf Art. 10 Abs. 1 Dublin-Verordnung gestütztes Aufnahmeersuchen an Polen. Mit Schreiben vom 30.04.2008, eingelangt am 05.05.2008, bestritt Polen die Tatsache, dass der Beschwerdeführer je die polnische Grenze illegal überschritten habe, weil er in Polen weder erkennungsdienstlich erfasst worden sei noch einen Asylantrag gestellt habe.

 

Am 30.04.2008 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 AsylG 2005 mitgeteilt, dass Konsultationen mit Polen geführt würden und aus diesem Grund beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen.

 

Sodann richtete das Bundesasylamt am 08.05.2008 ein auf Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin-Verordnung gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an die Slowakei. Mit Schreiben vom 19.05.2008, eingelangt am 19.05.2008, stimmte die Slowakei dem Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin-Verordnung ausdrücklich zu.

 

Am 16.05.2008 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 AsylG 2005 mitgeteilt, dass Konsultationen mit der Slowakei geführt würden und aus diesem Grund beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen.

 

Laut der gutachterlichen Stellungnahme eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie vom 16.06.2008 liegt beim Beschwerdeführer keine belastungsabhängige krankheitswertige psychische Störung vor.

 

Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 24.06.2008 zur Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 29 Abs. 5 AsylG 2005 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass ein Onkel und drei Cousins in Österreich leben und diese wie ein Vater bzw. wie Brüder für ihn seien. Ansonsten habe er keine Verwandten in Österreich und lebe auch nicht in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Mit dem Onkel und den drei Cousins habe er während des zweiten Tschetschenien-Krieges für ein halbes Jahr in einem Haushalt gelebt. Bezug nehmend auf das Konsultationsverfahren mit der Slowakei und deren Zustimmung gab der Beschwerdeführer an, dass er auf keinen Fall in die Slowakei zurückkehren wolle, weil er dort psychisch "fertig gemacht" worden sei, er sei vier Monate lang in Haft gewesen und habe nur gezwungener Maßen um Asyl angesucht, um eine Abschiebung nach Russland zu vermeiden. Ein Freund sei abgeschoben worden und nie zu Hause angekommen. Der Beschwerdeführer habe in der Slowakei nichts über seine Verwandten in Österreich und über seine Fluchtgründe gesagt. Zum medizinischen Gutachten befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass ihn der Psychiater nicht über seinen Aufenthalt und sein Befinden in der Slowakei gefragt habe, weshalb er sehr unzufrieden mit dem Gutachten sei.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Slowakei gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin-Verordnung zur Prüfung dieses Antrages zuständig ist, sowie II. der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Slowakei ausgewiesen und festgestellt, dass demzufolge die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Slowakei gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 zulässig ist. Dieser Bescheid wurde umfassend begründet; mehrere offensichtliche Versehen, etwa die irrtümliche Bezugnahme auf Polen, betreffen keine für die Entscheidung wesentlichen Punkte.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der im Wesentlichen geltend gemacht wird, dass der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren nicht ausreichend die Möglichkeit erhalten habe, seine Probleme darzustellen. Auch das Gespräch mit dem Psychologen sei sehr oberflächlich gewesen, was durch mehrere Fragezeichen im schriftlichen Gutachten bewiesen werde. Weiters liege eine Verletzung des Art. 8 EMRK vor, weil ein Onkel und drei Cousins des Beschwerdeführers in Österreich aufhältig seien. Der Beschwerdeführer bemängelt schließlich das slowakische Asylverfahren. Es sei kein ordentliches Verfahren durchgeführt worden. Er befürchte eine Kettenabschiebung in die Russische Föderation, weil in der Slowakei schon ein negativer Bescheid ergangen sei, dies widerspreche Art. 3 EMRK. Der Beschwerdeführer beantragt, vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen, weil einem Tschetschenen in der Slowakei grundsätzlich kein Asyl gewährt werde. Schließlich sei die medizinische Versorgung in der Slowakei mangelhaft und könne der Beschwerdeführer nicht mit einer Behandlung seiner psychischen Probleme rechnen.

 

2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und der Beschwerde wird folgender Sachverhalt festgestellt:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation. Er stellte laut EURODAC-Treffer am 22.11.2007 in der Slowakei einen Asylantrag, bevor er am 22.04.2008 illegal in das österreichische Bundesgebiet einreiste und den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz einbrachte. Es wird weiters festgestellt, dass das Bundesasylamt am 08.05.2008 ein auf Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin-Verordnung gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an die Slowakei richtete und die Slowakei mit Schreiben vom 19.05.2008, eingelangt am 19.05.2008, der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin-Verordnung ausdrücklich zustimmte.

 

Von den Verwandten des Beschwerdeführers leben angeblich ein Onkel und drei Cousins in Österreich.

 

Besondere, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in der Slowakei sprechen, sind nicht glaubhaft. Dazu wird auf die Feststellungen im angefochtenen Bescheid verwiesen. Insbesondere geht dieser Bescheid detailliert auf das slowakische Asylverfahren, den subsidiären Schutz, die Grund- und Gesundheitsversorgung sowie die Sicherheitslage in der Slowakei ein.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 ist ein nicht gemäß § 4 erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.

 

Nach § 5 Abs. 3 AsylG 2005 ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesasylamt oder beim Asylgerichtshof offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Nach § 10 Abs. 2 AsylG 2005 sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 75/2007 ist dann, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

 

Nach § 10 Abs. 4 AsylG 2005 gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Laut Art. 3 Abs. 2 erster Satz Dublin-Verordnung kann jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

 

In den Art. 5ff Dublin-Verordnung werden die Kriterien aufgezählt, nach denen der zuständige Mitgliedstaat bestimmt wird.

 

Art. 10 Abs. 1 Dublin-Verordnung lautet: "Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Art. 18 Abs. 3 genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach Kapitel III der Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 festgestellt, dass ein Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts."

 

Art. 13 Dublin-Verordnung sieht für den Fall, dass sich anhand der Kriterien dieser Verordnung nicht bestimmen lässt, welchem Mitgliedstaat die Prüfung des Asylantrags obliegt, vor, dass der erste Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig ist.

 

Gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin-Verordnung ist der Mitgliedstaat, der nach der vorliegenden Verordnung zur Prüfung des Asylantrags zuständig ist, gehalten, einen Antragsteller, der sich während der Prüfung seines Antrags unerlaubt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe des Artikels 20 wieder aufzunehmen.

 

Die Beurteilung der Rechtsfrage ergab, dass die Beschwerde zu beiden Spruchpunkten abzuweisen ist:

 

Zur Frage der Unzuständigkeit Österreichs ist dem Bundesasylamt beizupflichten, dass sich aus dem festgestellten Sachverhalt die Zuständigkeit der Slowakei ergibt, und zwar gemäß Art. 13 und 16 Dublin-Verordnung.

 

Es sind auch aus der Aktenlage keine Hinweise darauf ersichtlich, dass die Durchführung der Konsultationen im gegenständlichen Fall derart fehlerhaft erfolgt wäre, dass von Willkür im Rechtssinn zu sprechen wäre und die Zuständigkeitserklärung des zuständigen Mitgliedstaates aus diesem Grund wegen Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundsätze ausnahmsweise keinen Bestand haben könnte. Das Konsultationsverfahren erfolgte mängelfrei (VwGH 23.11.2006, 2005/20/0444; Filzwieser, Subjektiver Rechtsschutz und Vollziehung der Dublin II VO - Gemeinschaftsrecht und Menschenrechte, migraLex, 1/2007, 22ff).

 

Zu einer Verpflichtung Österreichs, von seinem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-Verordnung Gebrauch zu machen, wird bemerkt:

 

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend das Fremdenrechtspaket 2005 führen zu § 5 Abs. 3 AsylG 2005 Folgendes aus (952 BlgNR, XXII. GP):

 

"Es ist davon auszugehen, dass diese Staaten Asylwerbern ein faires, den rechtsstaatlichen und völkerrechtlichen Vorschriften entsprechendes Asylverfahren einräumen. Im zweiten Erwägungsgrund der Präambel zur Dublin-Verordnung ist ausdrücklich festgehalten, dass sich die Mitgliedstaaten als "sichere Staaten" - insbesondere die Grundsätze des Non-Refoulements beachtend - für Drittstaatsangehörige ansehen. Daher normiert Abs. 3 eine Beweisregel, nach der der Asylwerber besondere Gründe vorbringen muss, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes sprechen. Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH 19.2.2004, 99/20/0573, mwN auf die Judikatur des EGMR). Im Erkenntnis des VwGH vom 31.3.2005, 2002/20/0582, führt dieser - noch zum AsylG 1997 - aus, dass es für die Frage der Zulässigkeit einer Abschiebung in einen anderen Mitgliedstaat aufgrund des Dublin-Übereinkommens nicht darauf ankommt, dass dieser Mitgliedstaat dem Asylwerber alle Verfahrensrechte nach Art. 13 EMRK einräumt. Verlangt sei statt einer detaillierten Bewertung der diesbezüglichen Rechtslage des anderen Mitgliedstaats lediglich eine ganzheitliche Bewertung der möglichen Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch Österreich durch die Überstellung. Dabei ist auf die "real risk" - Judikatur des EGMR abzustellen. Die Gefahrenprognose hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen zu beziehen. Dies wird durch die neue Beweisregel des Abs. 3 für Verfahren nach § 5 hervorgehoben, wobei der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Behörde entweder notorisch von solchen Umständen - die nur nach einer entscheidenden Änderung zum jetzigen Zustand im jeweiligen Staat vorliegen können - weiß oder diese vom Asylwerber glaubhaft gemacht werden müssen."

 

Nach der - zur Vorläuferbestimmung im Asylgesetz 1997 ergangenen - Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH 15.10.2004, G 237/03; 17.6.2005, B 336/05) sehe die Dublin-Verordnung vor, dass jeder Mitgliedstaat - auch wenn ein anderer Mitgliedstaat nach den Kriterien der Verordnung zuständig wäre - einen von einem Drittstaatsangehörigen eingebrachten Asylantrag selbst prüfen könne (Art. 3 Abs. 2). Er werde damit zum zuständigen Mitgliedstaat (sog. Selbsteintrittsrecht). Ein solches Selbsteintrittsrecht sei schon im - noch heute für das Verhältnis zu Dänemark geltenden - Dubliner Übereinkommen vorgesehen gewesen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte habe zum Dubliner Übereinkommen ausgesprochen, dass derartige Vereinbarungen die Mitgliedstaaten nicht von ihren Verpflichtungen aus der Konvention entbinden (7.3.2000, 3844/98 - T. I. gegen Vereinigtes Königreich; 12.1.1998, 32829/96 - Iruretagoyena gegen Frankreich; 5.2.2002, 51564/99 - Conka gegen Belgien). Im Erkenntnis VfSlg. 16.122/2001 hatte der Verfassungsgerichtshof aus Anlass der Anfechtung des § 5 AsylG in der Stammfassung im Hinblick auf das Dubliner Übereinkommen ausgeführt, dass das dort "in Art. 3 Abs. 4 festgelegte Eintrittsrecht Österreichs als Mitgliedstaat des Dubliner Übereinkommens zwingend zu berücksichtigen" sei. Dieses Eintrittsrecht schaffe "nicht etwa ein durch innerstaatliche Rechtsvorschriften ausschaltbares Recht österreichischer Staatsorgane, die betreffende Asylsache an sich zu ziehen, sondern verpflichtet die zuständige Asylbehörde unter bestimmten Voraussetzungen zur Sachentscheidung in der Asylsache und damit mittelbar dazu, keine Zuständigkeitsbestimmung i. S. d. § 5 vorzunehmen und von der Annahme einer negativen Prozessvoraussetzung in der Asylsache abzusehen." Eine "strikte, zu einer Grundrechtswidrigkeit führende Auslegung (und somit Handhabung) des § 5 Abs. 1 [sei] durch die Heranziehung des Art. 3 Abs. 4 des Dubliner Übereinkommens von der Asylbehörde zu vermeiden". Der Verfassungsgerichtshof ging im Hinblick auf die inhaltlich gleiche Regelung in der Dublin-Verordnung davon aus, dass diese zum Dubliner Übereinkommen angestellten Überlegungen auch für das Selbsteintrittsrecht des Art. 3 Abs. 2 Dublin-Verordnung zutreffen.

 

Nach der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z. B. VwGH 23.01.2007, 2006/01/0949; 26.7.2005, 2005/20/0224) zeigten die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, dass sich die zur verfassungskonformen Auslegung des § 5 AsylG ergangene Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes auch auf die neue Rechtslage übertragen lasse. So habe der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17.06.2005, B 336/05, bereits festgehalten, dass eine Nachprüfung durch die österreichischen Behörden, ob ein der Dublin-Verordnung unterliegender Mitgliedstaat für Asylwerber aus Drittstaaten generell sicher sei, nicht zu erfolgen habe, weil die entsprechende Vergewisserung durch den Rat der Europäischen Gemeinschaften ohnedies erfolgt sei. Insofern sei auch der Verfassungsgerichtshof an die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben gebunden. Indem die Dublin-Verordnung den Asylbehörden der Mitgliedstaaten aber ein Eintrittsrecht einräume, sei eine Nachprüfung der grundrechtlichen Auswirkungen einer Überstellung eines Asylwerbers in einen anderen Mitgliedstaat im Einzelfall auch gemeinschaftsrechtlich zulässig. Sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers etwa durch eine Kettenabschiebung bedroht sind, so sei aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Eintrittsrecht zwingend auszuüben. Die grundrechtskonforme Interpretation des Asylgesetzes mache eine Bedachtnahme auf die - in Österreich in Verfassungsrang stehenden - Bestimmungen der EMRK notwendig. Die Asylbehörden müssten bei Entscheidungen nach § 5 AsylG auch Art. 3 EMRK berücksichtigen, aus dieser Bestimmung ergebe sich - unbeschadet internationaler Vereinbarungen oder gemeinschaftsrechtlicher Regelungen über die Zuständigkeit zur Prüfung von Asylanträgen - das Erfordernis, auf ein allfälliges Risiko einer Kettenabschiebung bei Überstellung eines Asylwerbers in einen anderen Mitgliedstaat Rücksicht zu nehmen. Maßgeblich für die Wahrnehmung des Eintrittsrechtes sei, ob eine Gefahrenprognose zu treffen ist, der zufolge ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - ausreichend substanziiertes "real risk" besteht, der auf Grund der Dublin-Verordnung in den zuständigen Mitgliedstaat ausgewiesener Asylwerber werde trotz Berechtigung seines Schutzbegehrens, also auch im Falle der Glaubhaftmachung des von ihm behaupteten Bedrohungsbildes im Zielstaat, der Gefahr einer - direkten oder indirekten - Abschiebung in den Herkunftsstaat ausgesetzt sein. Diese Grundsätze hätten auch für die Auslegung des § 5 AsylG 2005 weiterhin Beachtung zu finden (VwGH 25.04.2006, 2006/19/0673; 31.03.2005, 2002/20/0582). Dem Gesetzgeber sei es darum gegangen, mit § 5 Abs. 3 AsylG 2005 eine "Beweisregel" zu schaffen, die es - im Hinblick auf die vom Rat der Europäischen Union vorgenommene normative Vergewisserung - grundsätzlich nicht notwendig mache, die Sicherheit des Asylwerbers vor "Verfolgung" in dem nach der Dublin-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat (insbesondere gemeint im Sinne der Achtung der Grundsätze des Non-Refoulements durch diesen Staat) von Amts wegen in Zweifel zu ziehen. Die damit aufgestellte Sicherheitsvermutung sei jedoch widerlegt, wenn besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen seien, glaubhaft gemacht würden oder bei der Behörde offenkundig seien, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in diesem Mitgliedstaat sprächen. Die Wendung "in der Person des Asylwerbers gelegene besondere Gründe" gleiche schon ihrem Wortlaut nach dem § 4 Abs. 2 AsylG. Zu dieser Bestimmung habe der Verfassungsgerichtshof in dem Erkenntnis vom 15.10.2004, G 237/03, ausgeführt, die Regelung dürfe nicht eng ausgelegt werden und erfasse alle Umstände, die sich auf die besondere Situation des einzelnen Asylwerbers auswirken, daher auch solche, die durch die Änderung der Rechtslage oder der Behördenpraxis bewirkt werden. Der Verwaltungsgerichtshof gehe - mangels gegenteiliger Anhaltspunkte in den Materialien zum AsylG 2005 - davon aus, dass diese Auslegung auch für § 5 Abs. 3 AsylG 2005 maßgeblich sei. Was die Frage der "Beweislast" anbelange, so sei vorweg klarzustellen, dass bei Vorliegen "offenkundiger" Gründe (vgl. § 45 Abs. 1 AVG; Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I², 1998, E 27 zu § 45 AVG) eine Mitwirkung des Asylwerbers zur Widerlegung der in § 5 Abs. 3 AsylG 2005 implizit aufgestellten Vermutung nicht erforderlich sei. Davon abgesehen liege es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu werde es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstatte, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeuge, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist. Es verstehe sich von selbst, dass bei der Beurteilung, ob die geforderte "Glaubhaftmachung" gelungen ist, der besonderen Situation von Asylwerbern, die häufig keine Möglichkeit der Beischaffung von entsprechenden Beweisen hätten, Rechnung getragen werden müsse. Habe der Asylwerber die oben angesprochenen besonderen Gründe glaubhaft gemacht, sei die dem § 5 Abs. 3 AsylG 2005 immanente Vermutung der im zuständigen Mitgliedstaat gegebenen Sicherheit vor Verfolgung widerlegt. In diesem Fall seien die Asylbehörden gehalten, allenfalls erforderliche weitere Erhebungen (auch) von Amts wegen durchzuführen, um die (nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes erforderliche) Prognose, der Asylwerber werde bei Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat der realen Gefahr ("real risk") einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt sein, erstellen zu können. Diese Ermittlungspflicht ergebe sich aus § 18 AsylG 2005, die insoweit von § 5 Abs. 3 AsylG 2005 unberührt bleibe.

 

Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

 

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes zu Art. 3 EMRK im Zusammenhang mit der Abschiebung von Kranken habe im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leide oder selbstmordgefährdet sei. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver sei, sei unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gebe. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führe die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche lägen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben. Bei der Ausweisung und Abschiebung Fremder in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union werde auch zu berücksichtigen sein, dass dieser zur Umsetzung der Aufnahmerichtlinie verpflichtet sei. Gemäß Art. 15 dieser Richtlinie hätten die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass Asylwerber die erforderliche medizinische Versorgung erhalten, die zumindest die Notversorgung und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten umfasst bzw. dass Asylwerber mit besonderen Bedürfnissen die erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe erlangen. Dennoch könnte der Transport vorübergehend oder dauernd eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, etwa bei fortgeschrittener Schwangerschaft oder der Erforderlichkeit eines ununterbrochenen stationären Aufenthalts (EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, 31246/06;

Ayegh, 07.11.2006, 4701/05; Karim, 04.07.2006, 24171/05;

Paramasothy, 10.11.2005, 14492/03; Ramadan & Ahjredini, 10.11.2005, 35989/03; Hukic, 27.09.2005, 17416/05; Kaldik, 22.09.2005, 28526/05;

Ovdienko, 31.05.2005, 1383/04; Amegnigan, 25.11.2004, 25629/04; VfGH 06.03.2008, B 2400/07; VwGH 25.04.2008, 2007/20/0720 bis 0723).

 

Im vorliegenden Fall ist zu den gesundheitlichen Problemen des Beschwerdeführers zu sagen, dass diese insgesamt gesehen keinesfalls jene besondere Schwere aufweisen, die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes zu Art. 3 EMRK eine Überstellung in die Slowakei als eine unmenschliche Behandlung erscheinen ließe, zumal eine Krankenbehandlung erforderlichenfalls auch in diesem Mitgliedstaat möglich ist. Der Asylgerichtshof folgt in dieser Frage dem detaillierten, aktuellen und schlüssigen Gutachten eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie vom 16.06.2008. Die Beschwerdebehauptung, dass die Untersuchung sehr oberflächlich gewesen sei, ist aktenwidrig. Dieses Gutachten basiert auf einer 50 Minuten dauernden Untersuchung unter Beiziehung eines Dolmetschers und enthält detaillierte Angaben zu Anamnese, medizinischer Vorgeschichte, aktuellem Befund mit Aufzählung der Symptome sowie Schlussfolgerungen samt Begründung. Es stellt daher eine ausreichende Entscheidungsgrundlage dar, zumal ihm auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten wurde. Die in der Beschwerde erwähnten Fragezeichen in dem Gutachten beziehen sich nur auf unwesentliche Einzelheiten der Anamnese. Schließlich wurde auch seitens des Beschwerdeführers das Vorliegen einer bestimmten Erkrankung oder die Inanspruchnahme einer - ambulanten oder gar stationären - Krankenbehandlung in Österreich oder der Slowakei, etwa wegen eines psychischen Leidens, nicht einmal behauptet.

 

Zu den Behauptungen des Beschwerdeführers, dass er in der Slowakei kein faires Verfahren zu erwarten habe und dass ihm die reale Gefahr einer Kettenabschiebung nach Russland drohe, wird auf die im angefochtenen Bescheid zitierten aktuellen Länderberichte verwiesen, die auch mit der Dokumentation des Asylgerichtshofes im Einklang stehen. Der Asylgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die allgemeine Lage für in die Slowakei überstellte Asylwerber keineswegs die reale Gefahr einer gegen menschenrechtliche Bestimmungen verstoßenden Behandlung glaubhaft erscheinen lässt (AsylGH 21.08.2008, S4 401.099-1/2008/2E; 14.07.2008, S1 400.090-1/2008/3E). Insbesondere sind die asylrechtliche Praxis, die Grund- und Gesundheitsversorgung sowie die Sicherheitslage in der Slowakei unbedenklich. Weder aus dem Evaluierungsbericht der Europäischen Kommission zur Dublin-Verordnung vom 06.06.2007 noch aus den Stellungnahmen des UNHCR oder aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ergeben sich irgendwelche Hinweise darauf, dass etwa die Slowakei bei der Vollziehung der Dublin-Verordnung ihre Verpflichtungen nach der GFK, der EMRK oder nach dem Gemeinschaftsrecht systematisch missachten würde, beispielsweise in Bezug auf tschetschenische Asylwerber. Da die Anerkennungsquoten in Bezug auf russische Staatsangehörige in Irland, Schweden, den Niederlanden, Italien und Griechenland ebenfalls unter 10 % liegen, kann die geringe Quote in der Slowakei - entgegen dem Beschwerdevorbringen - mangels konkreter Hinweise auf unvertretbare rechtliche Sonderpositionen der Slowakei nicht als Argument für die Notwendigkeit eines Selbsteintritts herangezogen werden.

 

Spekulationen über den Ausgang des in der Slowakei anhängigen Asylverfahrens betreffend den Beschwerdeführer verbieten sich schon deshalb, weil der Beschwerdeführer die Entscheidung in diesem Verfahren nicht abwartete, sondern vorher illegal nach Österreich weiterreiste. Wie der Beschwerdeführer selbst angab, wurde sein Asylantrag in der Slowakei in erster Instanz abgewiesen, brachte er gegen diese Entscheidung eine Berufung ein und ist das betreffende Gerichtsverfahren noch anhängig. Im vorliegenden Fall liegt auch die Zustimmung der Slowakei gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin-Verordnung vor, den Beschwerdeführer zwecks Prüfung seines Asylantrages wieder aufzunehmen.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR, VfGH und VwGH jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

 

Bei dieser Interessenabwägung sind insbesondere folgende Kriterien zu berücksichtigen: die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (vgl. VfGH 29.09.2007, B 1150/07; 12.06.2007, B 2126/06; VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 bis 0219; 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention², 194; Frank/Anerinhof/Filzwieser, Asylgesetz 2005³, S. 282ff).

 

Im vorliegenden Fall liegt - mangels ausreichender Nahebeziehung des Beschwerdeführers zu seinen angeblich in Österreich lebenden Verwandten, nämlich einem Onkel und drei Cousins, - kein Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 Abs. 1 EMRK vor. Aber auch im Fall eines Eingriffs in das Grundrecht ergäbe eine Interessenabwägung nach den Gesichtspunkten des Art. 8 Abs. 2 EMRK, insbesondere der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremden- und Asylwesens (vgl. VwGH 98.09.2000, 2000/19/0043), dass dieser notwendig und verhältnismäßig ist. Vor allem reiste der Beschwerdeführer erst im April 2008 als 25-jähriger Erwachsener illegal in das Bundesgebiet ein und stützte sich sein Aufenthalt in Österreich von Anfang an nur auf seinen unzulässigen Asylantrag.

 

Der Asylgerichtshof gelangt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall keine Verletzung von Bestimmungen der EMRK zu befürchten ist. Daher bestand auch keine Veranlassung, von dem in Art. 3 Abs. 2 Dublin-Verordnung vorgesehenen Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen und eine inhaltliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz vorzunehmen.

 

Es sind auch keine Hinweise für eine Unzulässigkeit der Ausweisung im Sinn des § 10 Abs. 2 AsylG 2005 ersichtlich, zumal weder ein - nicht auf das Asylgesetz 2005 gestütztes - Aufenthaltsrecht aktenkundig ist noch die Ausweisung eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellt. Darüber hinaus liegen auch keine Gründe für einen Durchführungsaufschub gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 vor.

 

Gemäß § 41 Abs. 4 AsylG 2005 konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben. Die öffentliche Verkündung des Erkenntnisses hatte gemäß § 41 Abs. 9 Z 2 AsylG 2005 zu entfallen.

Schlagworte
Ausweisung, familiäre Situation, gesundheitliche Beeinträchtigung, Gutachten, Intensität, medizinische Versorgung, real risk
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten