TE AsylGH Bescheid 2008/09/19 B11 236960-0/2008

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Veröffentlicht am 19.09.2008
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Spruch

B11 236.960-0/2008/6E

 

B.E.,

 

geb. 00.00.1966, StA: Mazedonien;

 

Schriftliche Ausfertigung des

 

öffentlich verkündeten Bescheids

 

BESCHEID

 

SPRUCH

 

Der unabhängige Bundesasylsenat hat durch das Mitglied Dr. Moritz gemäß § 66 Abs. 4 AVG, BGBl. Nr. 51/1991 i.d.g.F., i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (im Folgenden: AsylG 2005), und § 38 Abs. 1 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 i.d.F. BGBI. I Nr. 126/2002 (im Folgenden: AsylG), entschieden:

 

I. Die Berufung von B.E. vom 14.04.2003 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.03.2003, Zahl: 02 09.864-BAL, hinsichtlich des Spruchteils I. wird gemäß § 7 AsylG abgewiesen.

 

II. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 57 des Fremdengesetzes, BGBl I Nr. 75/1997 (FrG) i.d.F. BGBl. I Nr. 126/2002, wird festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von B.E. nach Mazedonien nicht zulässig ist.

 

III. Gemäß § 15 AsylG wird B.E. eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 14.06.2008 erteilt.

Text

BEGRÜNDUNG

 

I. Verfahrensgang

 

Mit o.a. Bescheid des Bundesasylamtes (im Folgenden auch: BAA) wurde der Asylantrag der o.g. berufenden Partei, Staatsangehörige Mazedoniens, gemäß § 7 AsylG abgewiesen und ihre Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in ihren Herkunftsstaat gemäß § 8 AsylG für zulässig erklärt, wogegen Berufung erhoben wurde. Am 14.06.2007 führte der unabhängige Bundesasylsenat eine mündliche Verhandlung durch, nach deren Schluss sogleich der Berufungsbescheid mit dem o.a. Spruch beschlossen und öffentlich verkündet wurde.

 

II. Der unabhängige Bundesasylsenat hat erwogen:

 

Durch die in den maßgeblichen Punkten idente Entscheidungsgrundlage bei der berufenden Partei und bei ihrem Sohn gelten die nachfolgend wiedergegebenen Ausführungen in der Begründung in der schriftlichen Ausfertigung der ihren Sohn betreffenden Entscheidung des unabhängigen Bundesasylsenates (zu GZ B11 236.976-0/2008/8E) vom gleichen Tag hinsichtlich des festgestellten maßgeblichen Sachverhaltes, der Beweiswürdigung und bezüglich der rechtlichen Würdigung sinngemäß auch für die gegenständliche Entscheidung betreffend die o.g. berufende Partei:

 

"1. Folgender Sachverhalt wird festgestellt:

 

Für den als maßgeblich festgestellten Sachverhalt wird der Inhalt folgender den Parteien dieses Verfahrens zugänglichen und auch im Rahmen der öffentlichen Verhandlung der erkennenden Behörde erörterten Aktenteile zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides erklärt, nämlich

 

-

die Angaben der berufenden Partei zu ihrer Person den Punkten 1. sowie 4. bis 9. in der betreffenden Niederschrift des Bundesasylamtes vom 24.03.2007 (s. BAA-Akt, S. 3 f.);

 

-

das Vorbringen des rechtsfreundlichen Vertreters der berufenden Partei zum Gesundheitszustand der berufenden Partei (s. die angeführte Niederschrift des unabhängigen Bundesasylsenats, S. 3 und in den Anlagen B bis H zu dieser Niederschrift).

 

-

die Beurteilung der politischen und menschenrechtlichen Situation im Herkunftsstaat der berufenden Partei, durch das erkennende Mitglied in der Niederschrift der Verhandlung des unabhängigen Bundesasylsenates am 14.06.2007 (s. Anlage A zu dieser Niederschrift), sowie

 

-

die Angaben in den Informationsunterlagen (s. ihre Anführung in der Niederschrift des unabhängigen Bundesasylsenates vom 14.06.2007,

S. 4) zur politischen und menschenrechtlichen Situation im Herkunftsstaat berufenden Partei sowie

 

2. Der festgestellte Sachverhalt beruht auf folgender Beweiswürdigung:

 

2.1. Die Feststellungen betreffend die berufende Partei beruhen im Wesentlichen auf ihrem Vorbringen (bzw. ihres rechtsfreundlichen Vertreters) im gesamten Verfahren einschließlich der im Akt befindlichen Dokumente (s. ihre Geburtsurkunde, BAA-Akt, S. 2 sowie die oben angeführten Dokumente zum Gesundheitszustand der berufenden Partei). Für die Glaubwürdigkeit dieser Angaben im Lichte des oben festgestellten maßgeblichen Sachverhaltes (s. Pt. II.1.) sprach, dass diese im Wesentlichen widerspruchsfrei waren und insbesondere auch durch die von ihr o.a. vorgelegten Unterlagen zu ihrem Gesundheitszustand belegt wurden. Auch die dem unabhängigen Bundesasylsenat vorliegenden Informationen über die politische und Menschenrechtslage im Herkunftsstaat der berufenden Partei lassen nicht den Schluss zu, dass dieses Vorbringen unwahr ist. In Würdigung aller Umstände, auch aller ärztlichen Behandlungsberichte der berufenden Partei, überwiegen im Ergebnis diejenigen, die für eine Heranziehung des angeführten Vorbringens der berufenden Partei als maßgeblichen Sachverhalt für die gegenständliche Entscheidung sprechen (vgl. UNHCR, Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, 1979, Rz. 203, mit dem Hinweis, nach dem Grundsatz "im Zweifel für den Antragsteller" zu verfahren).

 

Dem darüber hinausgehenden Vorbringen insbesondere vom Vater der berufenden Partei zu den von ihm behaupteten Fluchtgründen und insbesondere zu einer drohenden Verfolgungsgefahr im Falle der Rückkehr nach Mazedonien konnte nicht gefolgt werden. Dies ergibt sich aufgrund der Berichte, die der o.a. Beurteilung des erkennenden Mitglieds zur politischen und menschenrechtlichen Situation in Mazedonien zugrundeliegen. Nach diesen finden sich hinsichtlich der vom Vater der berufenden Partei angeführten Gründen für eine mögliche Verfolgungsgefahr (albanische Volkszugehörigkeit, [ehemalige] Mitgliedschaft bei PDSH und PDR, ...), vor allem auch im Lichte der Fortschritte Mazedoniens als EU-Beitrittskandidat in politischer und menschenrechtlicher Hinsicht, keine hinreichenden Anhaltspunkte (mehr).

 

Aus den hier angeführten Gründen war daher dem Vorbringen der berufenden Partei hinsichtlich einer etwaigen sie treffenden Gefahr im Falle seiner Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht zu folgen, da es nicht hinreichend glaubwürdig war (vgl. allgemein zu den - hier bei der berufenden Partei nicht vorliegenden - Grundanforderungen, dass eine Flüchtlingseigenschaft glaubwürdig bzw. auch glaubhaft ist: Materialien zum Asylgesetz 1991, RV 270 BlgNR 18. GP, zu § 3).

 

2.2. Der von der erkennenden Behörde festgestellte Sachverhalt hinsichtlich der politischen und Menschenrechtslage im Herkunftsstaat der berufenden Partei bzw. bezüglich der Situation der berufenden Partei im Falle ihrer Rückkehr dorthin beruht im Wesentlichen auf den stellvertretend für andere Informationsunterlagen in das Berufungsverfahren eingeführten und erörterten laufenden Berichten von als seriös und fachlich-kompetent anerkannten Quellen (zu den in diesen Unterlagen angeführten und auch vom Bundesasylamt sowie vom unabhängigen Bundesasylsenat als speziell eingerichtete Bundesbehörden als notorisch anzusehenden und daher jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigenden Tatsachen vgl. die einschlägige Judikatur z.B. VwGH 12.05.1999, Zl. 98/01/0365, und VwGH 25.11.1999, Zl. 99/20/0465; zu den laufenden Ermittlungs- bzw. Informationspflichten der Asylbehörden VwGH 06.07.1999, Zl. 98/01/0602, u.v.a.). Die den Feststellungen zugrunde liegenden Ausführungen sind mit weiteren Nachweisen substantiiert, schlüssig und nachvollziehbar. Auf eine Ausgewogenheit von sowohl amtlichen bzw. staatlichen als auch von nichtstaatlichen Quellen, die auch aus verschiedenen Staaten stammen, wurde Wert gelegt. Die Würdigung ihrer Ausführungen erfolgte auch vor dem Hintergrund der Angaben der sonstigen dem unabhängigen Bundesasylsenat vorliegenden Informationen. Die in diesen Dokumenten angeführten und mit weiteren Nachweisen versehenen Angaben ergeben zusammen mit den sonstigen dem unabhängigen Bundesasylsenat vorliegenden Informationen insofern ein stimmiges Gesamtbild, als die in diesen Unterlagen getroffenen Differenzierungen bei der Einschätzung der Verfolgungssituation bestimmter Personengruppen auch anderen Quellen nicht widersprechen (bzw. sich zumindest innerhalb des Spektrums der zu diesem Thema geäußerten Beurteilungen befinden).

 

Die herangezogenen Bescheinigungsmittel über die Situation im Heimatstaat wurden im Hinblick sowohl auf ihre Anerkennung als seriöse und zuverlässige Quellen als auch auf ihre inhaltliche Richtigkeit von den Parteien dieses Verfahrens nicht bestritten bzw. sind diesbezüglich keine Zweifel hervorgekommen. Weiters wurden im Verfahren von den Parteien keine Umstände vorgebracht und haben sich bisher keine Anhaltspunkte ergeben, auf Grund derer sich die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat der berufenden Partei in nachvollziehbarer Weise als unrichtig erwiesen hätten.

 

3. Rechtlich ergibt sich:

 

Mit 01.07.2008 hat der Gesetzgeber den Asylgerichtshof als unabhängige Kontrollinstanz in Asylsachen eingerichtet. Die maßgeblichen verfassungsmäßigen Bestimmungen bezüglich der Einrichtung des Asylgerichtshofes befinden sich in den Art. 129c ff. B-VG. Gemäß Art. 151 Abs. 39 Z. 1 B-VG wird mit 01.07.2008 der bisherige unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof. Laut Z. 4 leg. cit. sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof weiterzuführen. Bereits aufgrund der genannten Bestimmungen und der in ihnen erkennbar vom Verfassungsgesetzgeber vorgesehenen Kontinuität ergibt sich, dass der Asylgerichtshof auch für die schriftliche Ausfertigung von mündlich verkündeten Bescheiden des unabhängigen Bundesasylsenates zuständig ist. Im vorliegenden Fall wurde der Berufungsbescheid mit o. a. Spruch am 14.06.2007 und damit vor Einrichtung des Asylgerichtshofes beschlossen und öffentlich verkündet.

 

Gemäß § 75 Abs. 1 des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (im Folgenden: AsylG 2005) sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG i.d.F. BGBl. I Nr. 129/2004 (im Folgenden: AsylG) gilt. Gemäß § 44 Abs. 2 AsylG sind Asylanträge, die bis zum 30.04.2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 16/2002 zu führen.

 

Gemäß § 38 Abs. 1 AsylG entscheidet der unabhängige Bundesasylsenat über Rechtsmittel gegen Bescheide des Bundesasylamtes.

 

3.1.1. Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) vom 28.07.1951, BGBl. Nr. 55/1955, i. V.m. Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31.01.1967, BGBl. Nr. 78/1974, ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und sich nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obige Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt der [...] in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, u.a.m., S.a. VfGH 16.12.1992, Zl. B 1035/92, Slg. 13314).

 

3.1.2. Die o.a. Feststellungen (s. Pt. II.1.) zugrundelegend kann hinreichend davon ausgegangen werden, dass der berufenden Partei im Falle ihrer Rückkehr in diesem Staat keine asylrelevante Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht (s. für viele VwGH 19.04.2001, Zl. 99/20/0273). Diese Beurteilung ergibt sich auf Grund der Gesamtsituation aus objektiver Sicht (s. hierzu VwGH 12.05.1999, Zl. 98/01/0365), die nicht nur die individuelle Situation der berufenden Partei, sondern auch die generelle politische Lage in ihrem Herkunftsstaat sowie die Menschenrechtssituation derjenigen Personen bzw. Personengruppe berücksichtigt, deren Fluchtgründe mit ihren vergleichbar sind.

 

Zwar darf nicht übersehen werden, dass im Herkunftsstaat der berufenden Partei willkürliche Übergriffe von Seiten der Behörden oder von Privatpersonen bzw. -gruppierungen nicht zur Gänze ausgeschlossen werden können. Doch erfolgen diese nicht in einer Weise, dass durch ihre Regelmäßigkeit oder Häufigkeit jedermann mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit einer diesbezüglichen Verfolgungsgefahr zu rechnen hat (s. in ständiger Judikatur etwa VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, 19.10.2000, Zl. 98/20/0233, wonach eine Verfolgungsgefahr dann anzunehmen sei, wenn eine Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohe; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung reiche nicht aus; vgl. für viele VwGH 30.09.1997, Zl. 97/01/0755, 14.10.1998, Zl. 98/01/0260, wonach die allgemeine Gefahr der Bevölkerung, Opfer von Übergriffen zu werden, keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende Verfolgung indiziere; s.a. VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0177 u.a., dass ein lückenloser Schutz vor privater Verfolgung naturgemäß nicht gewährleistet werden könne, weshalb dem Fehlen eines solchen auch keine Asylrelevanz zukomme, sowie schließlich z.B. VwGH 13.01.1999, Zl. 98/01/0366, dass am Fehlen der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer individuell dem Beschwerdeführer drohenden Verfolgung mit asylrelevanter Intensität auch der Hinweis darauf nichts ändern könne, wonach allein aus der Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit bzw. aus dem Hinweis auf deren schlechter allgemeinen Situation nicht das Vorliegen von Verfolgung i.S.d. GFK abgeleitet werden kann). Auch ist zu berücksichtigten, dass die Opfer dieser Übergriffe regelmäßig Menschen sind, bei denen in ihrer Person Umstände vorlagen, die eine konkrete, individuell gegen sie gezielte Verfolgung durch ihre Gegner, d.h. gerade gegen sie persönlich gerichtete Angriffe hervorriefen. Solche eventuell im Lichte der GFK relevanten Umstände liegen allerdings bei der berufenden Partei nicht vor bzw. konnten von ihr, wie angeführt, aufgrund der Widersprüchlichkeiten in ihrem Vorbringen nicht glaubhaft gemacht werden (s. die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach konkrete, den Asylwerber selbst betreffende Umstände behauptet und bescheinigt werden müssen, aus denen die von der zitierten Konventionsbestimmung geforderte Furcht rechtlich ableitbar sei, z.B. VwGH 05.12.1990, Zl. 90/01/0202, 05.06.1991, Zl. 90/01/0198). Auch andere die Annahme asylrelevanter Verfolgung begründende Umstände sind nicht hervorgekommen (etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe; s. VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0287, 12.05.1999, Zl. 98/01/0576, 16.06.1999, Zl. 99/01/0072, u.v.m., oder wegen Sippenhaft, vgl. dazu z.B. VwGH 28.03.1996, Zl. 95/20/0027), sondern stellte sich die wirtschaftliche Situation der berufenden Partei in ihrem Heimatland als Fluchtgrund heraus. Im Übrigen wird hinsichtlich der Situation der berufenden Partei im Falle ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat auch auf die oben wiedergegebenen Ausführungen zur dortigen politischen und Menschenrechtssituation erwiesen (s. Pt. II.1.).

 

Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation, könne nach ständiger Judikatur auch nicht als hinreichender Grund für eine Asylgewährung herangezogen werden (s. dazu etwa VwGH 17.06.1993, Zl. 92/01/1081, wonach die allgemeine wirtschaftliche Lage im Heimatland eines Asylwerbers nicht als konkret gegen eine bestimmte Person gerichtete Verfolgung gewertet werden könne, oder VwGH 22.04.1998, Zl. 96/01/0502, der die Eignung wirtschaftlicher Gründe zur Begründung der Flüchtlingseigenschaft abspricht).

 

Im Übrigen wird auf die in der o.a. Verhandlung des unabhängigen Bundesasylsenates vorgenommenen Beurteilung zur politischen und menschenrechtlichen Situation in Mazedonien verwiesen, wonach - wie oben bereits angeführt (s. Pkt. II.2.1.) - keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Verfolgungsgefahr für die berufende Partei (und ihrer Familie) im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat bestehen.

 

3.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG hat die Behörde von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (§ 57 FrG), wenn ein Asylantrag abzuweisen ist; diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

 

Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat ist gemäß § 57 Abs. 1 FrG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Gemäß § 57 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder - mit einer für den vorliegenden Fall nicht in Betracht kommenden Einschränkung - Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z. 1 GFK).

 

Da sich § 57 Abs. 1 FrG in der durch BGBl. I Nr. 126/2002 geänderten Fassung inhaltlich weitgehend mit § 57 Abs. 1 FrG in der ursprünglichen Fassung (BGBl. I Nr. 75/1997) deckt und die Neufassung im Wesentlichen nur der Verdeutlichung dienen soll, kann die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 57 Abs. 1 FrG i.d.F. BGBl. I Nr. 75/1997 weiterhin als Auslegungsbehelf herangezogen werden. Zur Auslegung des § 57 FrG ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum inhaltsgleichen § 37 Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992, heranzuziehen. Danach erfordert die Feststellung nach dieser Bestimmung das Vorliegen einer konkreten, den Berufungswerber betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122, m.w.N.). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427). Im Übrigen ist auch im Rahmen des § 8 AsylG zu beachten, dass mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen Gefährdung bzw. Bedrohung i.S.d. § 57 Abs. 1 oder 2 FrG glaubhaft zu machen ist (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

 

3.2.2. Der immer noch bestehenden angespannten wirtschaftlichen und sozialen Lage im Herkunftsstaat der berufenden Partei, lassen sich den o.g. Informationsquellen zufolge (s. Pt. II.1.) Hinweise auf eine allgemeine lebensbedrohende Notlage i.S.d. Rechtsprechung zu Art. 3 EMRK i.V.m. § 57 Abs. 1 FrG entnehmen (s. Urteil des EGMR in D vs. Vereinigtes Königreich vom 02.05.1997, wonach nur unter "außergewöhnlichen Umständen" - z.B. fehlende medizinische Behandlung bei lebensbedrohender Erkrankung - auch von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertretende lebensbedrohende Ereignisse ein Abschiebungshindernis i.S.v. Art. 3 EMRK i.V.m. § 57 Abs. 1 FrG darstellen können; s.a. für viele VwGH 25.11.999, Zl. 99/20/0365, wonach auch eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in den Staat, in dem diese Gefahrenlage herrscht, abgeschoben wird, auch ohne Zugehörigkeit zu einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei der konkreten Gefahr einer Verletzung im Besonderen der auch durch Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen könne). Auch kann sie auf eine inländische Fluchtalternative (s. hierzu für viele zur Zulässigkeit der Prüfung einer etwaigen innerstaatlichen Fluchtalternative im Rahmen der Non-Refoulement-Prüfung etwa VwGH 27.11.1998, Zl. 97/21/0626, B 16.12.1999, Zl. 99/20/0552; vgl. dazu auch allgemein zur Gefahrlosigkeit z.B. VwGH 25.11.1999, Zl. 98/20/0523, bzw. zur Frage der Zumutbarkeit z.B. VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0614) nicht verwiesen werden. Im Übrigen wird hinsichtlich der Situation der berufenden Partei im Falle ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat auch auf die oben wiedergegebenen Ausführungen zur dortigen politischen und Menschenrechtssituation verwiesen (s. Pt. II.1).

 

Die berufende Partei vermochte im Lichte der einschlägigen Judikatur, vor allem im Hinblick auf die erfolglosen Behandlungsversuche in Mazedonien in Bezug auf ihren sehr bedenklichen Gesundheitszustand eine Gefahr i.S.d. § 57 Abs. 1 FrG glaubhaft zu machen bzw. durch Bescheinigungsmittel (s. dazu - wie auch schon oben angeführt - die Niederschrift der Berufungsverhandlung, S. 3, und die Anlagen B bis H) zu belegen. Die notwendigen kieferchirurgischen Therapien und Eingriffe könnten nur unter einem beträchtlichen, von der Familie der berufenden Partei voraussichtlich nicht zu tragenden finanziellen Aufwand in ihrem Heimatstaat durchgeführt werden. Erschwerend für die diesbezügliche Situation der berufenden Partei kommt hinzu, dass es bereits vor der Flucht der Familie der berufenden Partei aus ihrem Herkunftsstaat erfolglose Behandlungsversuche in Mazedonien im Wege von vier Operationen erfolgt sind. Vor dem Hintergrund der oben getroffenen Feststellungen (s. Pt. II.1.) finden sich somit hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die berufende Partei bei einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat, mit der in diesem Zusammenhang maßgeblichen Wahrscheinlichkeit, einer Gefährdungssituation i.S.d. § 57 Abs. 1 FrG ausgesetzt wäre.

 

3.3. Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG ist Fremden, deren Asylantrag aus anderen Gründen als den Asylausschlussgründen (§ 13 AsylG) rechtskräftig abgewiesen wurde, von jener Asylbehörde mit Bescheid eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen, von der erstmals festgestellt wurde, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung unzulässig ist.

 

Die befristete Aufenthaltsberechtigung ist gemäß § 15 Abs. 2 leg. cit. für höchstens ein Jahr und nach der ersten Verlängerung für höchstens fünf Jahre zu bewilligen.

 

Im Falle der berufenden Partei liegen die Voraussetzungen für eine Erteilung der befristeten Aufenthaltsberechtigung vor. Auch ist auf Grund der oben festgestellten Verhältnisse im Herkunftsstaat der berufenden Partei nicht davon auszugehen, dass sich ihre Rückkehrsituation innerhalb der nächsten Monate maßgeblich ändern wird. Im Übrigen wird hinsichtlich der betreffenden Situation auch auf die oben wiedergegebene Ausführungen zur dortigen politischen und Menschenrechtssituation verwiesen (s. Pt. II.1)."

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
befristete Aufenthaltsberechtigung, Glaubwürdigkeit, mangelnde Asylrelevanz, wirtschaftliche Gründe
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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