TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/31 D6 316884-1/2008

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Veröffentlicht am 31.10.2008
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Spruch

D6 316884-1/2008/3E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Peter Chvosta als Vorsitzenden und die Richterin Dr. Christine Amann als Beisitzerin über die Beschwerde des OKRUASCHWILI auch X. Y., geb. 00.00.1962, StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.12.2007, FZ. 07 07.640-EAST West, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 Asylgesetz 2005, Art. 2 BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Der Beschwerdeführer, ein georgischer Staatsangehöriger, reiste eigenen Behauptungen zufolge am 21.8.2007 in das Bundesgebiet und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. In der Folge wurde er am 22.8.2007 vor der Polizeiinspektion St. Georgen sowie am 28.8.2007, am 19.11.2007 und am 4.12.2007 vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen.

 

1. Im Zuge der Erstbefragung gab der Beschwerdeführer als Fluchtgründe an, in einer Konfliktzone zwischen Tschetschenien, Ossetien und Georgien gelebt zu haben. Die Kriminalität sei dort hoch, und er habe Angst um sein Leben und das seiner Familie gehabt. Wäre er nicht geflohen, wäre er oder ein Familienangehöriger vielleicht entführt oder ermordet worden. Sein Vater sei im Wald von unbekannten Personen überfallen, zusammengeschlagen worden und in der Folge an den Verletzungen gestorben. In seiner Einvernahme am 28.8.2007 ergänzte er, dass "ein Mal jemand unsere Schweine wegnehmen" habe wollen. Da sein Vater damit nicht einverstanden gewesen sei, habe es Streit gegeben, und sein Vater sei umgebracht worden. Die Schweine hätten sie im Wald freigelassen. Es habe Drogen- und Waffenhandel gegeben, und die Kriminellen hätten vom Beschwerdeführer die Schweine gewollt. Am 19.11.2007 gab der Beschwerdeführer an, dass er von Kriminellen unter Druck gesetzt worden sei. Der damalige Innenminister OKRUASHVILI habe diese Personen festgenommen und Geld dafür verlangt. Die Kriminellen seien davon ausgegangen, dass Innenminister OKRUASHVILI ein Verwandter von ihm sei, und hätten ebenfalls vom Beschwerdeführer Geld verlangt. Die Kriminellen hätten ihm gesagt, dass sie auch Kontakte zur Polizei hätten und ihm daher eine Anzeige nicht helfen würde.

 

Darüber hinaus brachte der Beschwerdeführer vor, von einem privaten Kreditgeber einen Kredit von US-$ 20.000,-- aufgenommen zu haben, womit er Schweine für seine Landwirtschaft gekauft habe. Dies sei im September 2006 gewesen. Wirtschaftlich sei alles in Ordnung gewesen und er habe einen guten Umsatz gemacht. Im Juni 2007 habe sich in Georgien jedoch ein Schweinevirus ausgebreitet, dem viele Schweine zum Opfer gefallen seien. Der Gläubiger habe sein Geld zurückverlangt und ihn - weil er den Kredit nicht zurückzahlen habe können - verfolgt. Nach dem Ausscheiden des Innenministers OKRUASHVILI aus der Regierung sei er von den Kriminellen unter noch größeren Druck gesetzt worden. Er habe sich deshalb an einen Mann namens O.S., einem Geschäftsmann, gewendet, der ihn aufgefordert habe, bei der neu gegründeten Oppositionspartei des Ex-Innenministers mitzuarbeiten und ein Zweitbüro in A. zu koordinieren. Wegen der Probleme mit den Kriminellen sei er einverstanden gewesen, für diese Partei zu arbeiten. Da seine Probleme jedoch auch danach aufrecht geblieben seien, habe er zuerst die Partei und dann Georgien verlassen. Nach seiner Ausreise habe er erfahren, dass Ex-Minister OKRUASHVILI und seine Anhänger inhaftiert worden seien. Seine in R. lebende Ehefrau habe ihm erzählt, dass unbekannte Personen - vermutlich aufgrund seiner politischen Tätigkeit - nach ihm gefragt hätten. Von staatlicher Seite habe er jedoch keine Probleme gehabt. Schwierigkeiten habe es (auch) mit dem Unternehmen gegeben, in dem sein Vater gearbeitet und das ihm den Lohn nicht ausgezahlt habe. Der Beschwerdeführer habe zwar Klage gegen den Arbeitgeber seines Vaters erhoben und den Prozess gewonnen, dennoch aber nie das Geld bekommen. Außerdem habe er nicht in den Waffen- und Drogenhandel involviert sein wollen, denn er sei von den Kriminellen gezwungen worden, mit ihnen zusammenzuarbeiten, da er genau wisse, wie man solche Geschäft betreibe. In Georgien würde er sich im Falle einer Rückkehr in Lebensgefahr befinden.

 

2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27.12.2007 wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ab (Spruchteil I.) und erklärte, dass ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Georgien nicht zuerkannt werde (Spruchteil II.); ferner verfügte das Bundesasylamt § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG seine Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien (Spruchteil III.).

 

In seiner Begründung traf das Bundesasylamt umfangreiche Länderfeststellungen zur Lage in Georgien und stellte die georgische Staatsangehörigkeit und Identität des Beschwerdeführers fest. Dagegen stellte das Bundesasylamt nicht fest, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat von der Polizei oder von Privatpersonen bzw. Kriminellen verfolgt werde; es erachtete das Vorbringen als nicht glaubhaft. Nach Auffassung des Bundesasylamtes sei das Vorbringen des Beschwerdeführers sehr vage, nicht plausibel nachvollziehbar, allgemein gehalten und durch keinerlei Beweismittel gestützt.

 

Die Schilderungen zur Verfolgung durch den Kreditgeber, dem der Beschwerdeführer den Kreditbetrag nicht zurückzahlen habe können, nachdem seine Schweine an einem Schweinevirus zugrunde gegangen seien, erachtete das Bundesasylamt aufgrund zahlreicher Widersprüche als nicht glaubwürdig: So habe der Beschwerdeführer immer nur von einem Schweinevirus gesprochen, obwohl im fraglichen Zeitraum die "afrikanische Schweinepest" ausgebrochen sei. Auch habe er den georgischen Behörden - gemäß seinen Angaben - das Auftreten der Schweinepest auf seinem Bauernhof nicht gemeldet, obwohl er dazu verpflichtet gewesen wäre, um die Verhängung der Quarantäne und die Desinfektion des Betriebs zu ermöglichen. Auch habe der Beschwerdeführer ausgesagt, dass die georgischen Behörde Impfungen gegen die afrikanische Schweinepest, die aber nicht geholfen hätten, organisiert habe, obwohl im Juni 2006 - laut einem Bericht der Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO - gar kein Impfstoff zur Verfügung gestanden sei.

 

Als widersprüchlich erachtete das Bundesasylamt auch die näheren Umstände der (behaupteten) Kreditvereinbarung im September 2006 über US-$ 20.000,--: Einerseits habe der Beschwerdeführer behauptet, 7 Monate lang US-$ 1.000,-- zurückgezahlt zu haben, andererseits habe er ausgesagt, die letzte Kreditrate im März 2007 gezahlt zu haben. Auf die Frage, warum in den drei Monaten bis zum Juli 2007 keine Ratenzahlung erfolgt sei, habe der Beschwerdeführer in seiner Einernahme erst nach längerem Schweigen geantwortet, dass er einen Rückzahlungsaufschub zwecks weiterer Investitionen erwirkt habe, mit dem der Kreditgeber auch einverstanden gewesen sei. Dieser Aussage stehe gegenüber, dass der Beschwerdeführer - eigenen Angaben zufolge - einerseits nur im September und Oktober 2006, nicht aber im März 2007 Schweine gekauft habe und ihm andererseits noch US-$ 4.000,-- vom Kreditbetrag verblieben waren und er überdies bis dahin einen guten Geschäftsumsatz gemacht habe. Ferner habe der Beschwerdeführer nicht erklären können, wie er vom Kreditgeber bedroht worden sei. Aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer auch niemals die Drohungen des Kreditgebers bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft angezeigt habe, könne nicht auf die Schutzunwillligkeit und Schutzunfähigkeit der georgischen Polizei geschlossen werden.

 

Hinsichtlich der behaupteten Verfolgung durch Kriminelle verwies das Bundesasylamt darauf, dass der Beschwerdeführer einmal ausgeführt habe, dass die Kriminellen die Schweine gewollt hätten, wogegen er ein anderes Mal Geld als deren Ziel angegeben habe. Zum einen habe der Beschwerdeführer seinen Angaben zufolge nie den Drohungen nachgegeben und z.B. Geld den Kriminellen gegeben, zum anderen sei er jedoch schon seit 2004 regelmäßig bedroht worden, ohne aber nach seiner Misshandlung im Jahr 2004 jemals wieder attackiert worden zu sein. Weiters habe der Beschwerdeführer bezüglich des Zeitraumes, wann er von den Kriminellen gesucht worden sei, drei verschiedene Zeiträume angegeben. Auch habe er hinsichtlich der Kriminellen bzw. wegen der im Jahr 2004 zugefügten Misshandlung, keinerlei Anzeige bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft im Herkunftsstaat getätigt. Somit habe der Beschwerdeführer freiwillig auf den Schutz der Polizei verzichtet. Zudem handle es sich bei den vorgebrachten Problemen um Beeinträchtigungen, die nicht zur Asylgewährung führen könnten.

 

Was die Verfolgung wegen der parteipolitischen Arbeit des Beschwerdeführers anbelangt, verwies das Bundesasylamt darauf, dass bei der Parteigründung am 25.9.2007 rund 500 Menschen die Mitgliedschaft beantragt hätten. Im Zeitpunkt der Ausreise des Beschwerdeführers aus Georgien habe die Partei noch gar nicht existiert. Anhand von Internetrecherchen habe weder eine Festnahme von B. E., einer Rechtsanwältin und nach außen tätigen Parteigenossin OKRUASHVILIS, noch eine Inhaftierung von G. K., einem wieteren bekannteren Mitglied der Partei, erhoben werden können. Auch sei festzuhalten, dass nicht einmal der Freund, mit dem der Beschwerdeführer in A. die Zweigstelle koordinieren hätte sollen, in Haft sei, bzw. der Beschwerdeführer nicht behauptet habe, dass dieser von der Polizei jemals in Haft genommen worden wäre, womit den Aussagen des Beschwerdeführers hinsichtlich einer staatlichen Verfolgung kein Glauben geschenkt werden könne. Es sei weiters nicht glaubwürdig, dass der Beschwerdeführer tatsächlich eine Zweigstelle in A. gründen hätte sollen, da insbesondere auf Nachfrage aufgefallen sei, dass der Beschwerdeführer keinerlei politische Grundkenntnisse besitze und insbesondere erwähnt habe, dass ihn politische Fragen überhaupt nicht interessieren würden. Zudem habe der Beschwerdeführer die behaupteten Probleme wegen der Parteigründung erst im Rahmen der zweiten Einvernahme vor dem Bundesasylamt erstmals erwähnt.

 

Gegen die Glaubwürdigkeit seines Vorbringens spreche auch, dass sich laut eigenen Angaben des Beschwerdeführers dessen Ehefrau und Kinder nach wie vor im Herkunftsstaat aufhalten würden, obwohl seine Ehefrau von unbekannten Personen bzw. Polizisten aufgesucht und nach dem Beschwerdeführer befragt worden sein soll. Verwunderlich sei in diesem Zusammenhang, dass der Beschwerdeführer lediglich vermutet habe, dass diese Personen aufgrund seiner politischen Gesinnung seine Ehefrau aufgesucht hätten, wodurch wiederum erkennbar sei, dass er keinerlei Interesse daran zeige, überhaupt zu erfahren, warum nach ihm gefragt bzw. gesucht worden sei, andernfalls er sicherlich seine Ehefrau darüber befragt hätte. Im Übrigen habe der Beschwerdeführer staatliche Probleme in seinem Herkunftsstaat verneint. Die erfolgreiche Prozessführung des Beschwerdeführers gegen den Arbeitgeber seines Vaters demonstriere bloß die Effektivität der georgischen Gerichtsbarkeit.

 

Mangels glaubhaft gemachter Verfolgungsgefahr sei der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung internationalen Schutzes ebenso abzuweisen gewesen, wie hinsichtlich der Zuerkennung subsidiären Schutzes, da keine sonstigen Abschiebungshindernisse hervorgekommen seien. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, von Privaten bzw. Kriminellen bedroht worden zu sein, hielt das Bundesasylamt darüber hinaus die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit der georgischen Behörden gegenüber Dritten entgegen. Kriminelle Straftaten sowie die Täter würden von den Sicherheitsbehörden "tatsächlich unabhängig vom Ansehen des Täters" verfolgt. Das georgische Rechtssystem funktioniere auch in der Praxis. Die diesbezügliche Situation habe sich zwischenzeitlich erheblich gebessert. Abschließend begründete das Bundesasylamt die Ausweisung mit dem Überwiegen öffentlicher Interessen. Dieser Bescheid wurde am 27.12.2007 persönlich ausgefolgt.

 

3. Dagegen richtet sich sie vorliegende, fristgerecht erhobene und zulässige Beschwerde, worin die Fluchtgründe wiederholt und darüber hinaus vorgebracht wird, dass der Beschwerdeführer große Probleme mit Kriminellen und Räubergruppierungen, die einen Drogen- und Waffenhandel betreiben würden, habe. Er sei bedroht worden, damit er sich der Gruppe anschließe, weil er Orte kenne, wo man diese Geschäfte abwickeln könne. Er wisse, dass diese Personen Beziehungen zur Regierung und auch zur Polizei hätten. Bereits 2001 sei sein Vater während einer Auseinandersetzung mit diesen Banditen gestorben. Auch die Regierung bedrohe ihn aufgrund seiner politischen Aktivitäten. Er werde von sogenannten "Todesbrigaden" bedroht, er sei in Todesgefahr.

 

Weiters sei das Ermittlungsverfahren des Bundesasylamtes mangelhaft geführt worden, und die belangte Behörde habe es unterlassen, sich mit dem gesamten Vorbringen des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen. Wenn die belangte Behörde ihm den Vorwurf, lediglich unsubstantiierte, allgemeine und daher nicht näher überprüfbare Behauptungen in den Raum gestellt zu haben, bereits in den Einvernahmen vorgehalten hätte, hätte er die Vorkommnisse chronologisch und genauer geschildert und insbesondere versucht, die Zusammenhänge zu erklären. Beim Versuch, dies zu tun, sei er vom einvernehmenden Beamten unterbrochen und nicht angehört worden. Auch die Beweiswürdigung hinsichtlich seiner Angaben zur Schweinepest, bei der es sich letztlich ja auch um einen Schweinevirus handle, weshalb aus seiner Begriffswahl keine Schlüsse gezogen werden dürften, sei nicht nachvollziehbar: So sage die Tatsache, dass der Beschwerdeführer seine gesetzliche Meldeverpflichtung gegenüber georgischen Behörden wegen der Ausbreitung der Schweinepest in seiner Landwirtschaft verletzt habe, nichts über die Richtigkeit der Fluchtgründe aus. Ferner legte der Beschwerdeführer eine Kopie der Todesurkunde seines Vaters vor.

 

II. Der Asylgerichtshof hat durch den zuständigen Senat erwogen:

 

1. Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Der Asylgerichtshof schließt sich den Feststellungen zum Sachverhalt sowie zur Situation in Georgien, die sich auf verschiedene aktuelle Länderberichte unterschiedlichster Quellen stützen können, an (vgl. VwGH 25.3.1999, 98/20/0559; 8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/0460).

 

2. Auch die Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides ist nicht zu beanstanden: Der belangten Behörde kann nicht entgegen getreten werden, wenn sie aufgrund der von ihr aufgezeigten Widersprüche in den Angaben zu den Fluchtgründen die Behauptungen des Beschwerdeführers als unplausibel erachtet.

 

Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich um zahlreiche beträchtliche Widersprüche handelt, die jeweils für sich allein betrachtet nicht ausschlaggebend sein mögen, in ihrer Summe aber jedenfalls zur Annahme der Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens zwingen. So mag der von der belangten Behörde ins Treffen geführte Umstand, dass der Beschwerdeführer in seinen Einvernahmen stets vom "Schweinevirus" anstelle von der "afrikanischen Schweinepest" sprach, die Schilderungen - wäre es die einzige Unstimmigkeit - noch nicht zwingend als unglaubwürdig erscheinen lassen. Allerdings tritt eine Reihe weiterer auffälliger Ungereimtheiten hinzu, wie jene, dass der Beschwerdeführer gemäß seinen Aussagen das Auftreten der afrikanischen Schweinepest auf seiner Landwirtschaft nicht gemeldet habe. Überraschend erscheint auch seine Aussage, dass die georgische Regierung Impfungen, die nicht geholfen hätten, organisiert habe, obwohl zum damaligen Zeitpunkt laut FAO gar kein Impfstoff zur Verfügung gestanden haben soll. Weitere Zweifel an der Richtigkeit seiner Angaben rief der Beschwerdeführer auch durch seine Schilderungen hinsichtlich der gezahlten Kreditraten und des Zeitraumes zwischen März und Juni 2007 hervor, in dem er einen Rückzahlungsaufschub zwecks Investitionen in Anspruch genommen haben will, mit dem sein Kreditgeber, der ihm kurze Zeit später (im Juli 2007) wegen der Rückzahlungsschwierigkeiten mit dem Tod bedroht haben soll, einverstanden gewesen sei. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der Beschwerdeführer seine Verfolgung durch den Kreditgeber weder in der Erstbefragung am 22.8.2007 noch in der Einvernahme vom 28.8.2007 - obwohl das Bedrohungsszenario erst kurz zuvor stattgefunden haben soll - erwähnt und stattdessen seine Fluchtgründe auf die hohe Kriminalität und die (schon Jahre zurückliegende) Ermordung seines Vaters sowie auf die Verfolgung durch Kriminelle wegen seiner Schweine, deren Verenden er mit keinem Wort andeutete, gestützt hat.

 

Auch die behauptete Verfolgung durch Kriminelle basierte auf widersprüchlichen Schilderungen: Während der Beschwerdeführer - worauf die belangte Behörde zutreffend hinwies - in seiner Einvernahme am 28.8.2007 noch dezidiert ausgeführt hatte, dass die Kriminellen seine Schweine gewollt hätten (AS 43), korrigierte er dies in seiner Einvernahme am 19.11.2007 nach und nach dahingehend, dass sie von ihm Geld verlangt hätten (AS 111, 113). Schließlich behauptete er, (insbesondere wegen seiner Kenntnisse über die Geschäftsabwicklung) zur Mitarbeit genötigt worden zu sein (AS 191; Beschwerde). Die Frage, in welchem Zeitraum bzw. wann genau der Beschwerdeführer von den Kriminellen unter Druck gesetzt wurde, ließ er unbeantwortet, obwohl er von der belangten Behörde - nach dem Auftreten von Unklarheiten - mindestens vier Mal danach gefragt wurde (AS 113, 117). Die Antworten des Beschwerdeführers blieben vage, ausweichend und allgemein gehalten, ohne auch nur irgendwelche lebensnahen und konkreten Eindrücke des zeitlichen Ablaufs der (behaupteten) wiederholten Drohungen durch die (in ihrer Identität und Personenzahl nicht näher beschriebenen) "Kriminellen" wiederzugeben (AS 117). Dies erstaunt umso mehr, als auch für den Beschwerdeführer erkennbar gewesen sein muss (AS 111 aE), dass seine Angaben weitere Fragen aufwarfen und einer Klarstellung bedurft hätten. Selbst in seiner Beschwerde, in welcher er u.a. ausführte, dass er seine Schilderungen präziser und chronologischer gestaltet hätte, wenn er von der belangten Behörde dazu aufgefordert worden wäre, unterließ er genau diese weitergehende (klarstellende) Konkretisierung der in Rede stehenden Ereignisse. Dass der Beschwerdeführer - wie er im Beschwerdeschriftsatz behauptete - in den Einvernahmen vom Amtshandlungsleiter unterbrochen und dadurch davon abgehalten worden sei, seine Schilderungen zu präzisieren bzw. Zusammenhänge zu erklären, lässt sich den - vom Beschwerdeführer unterfertigten - Einvernahmeprotokollen gerade nicht entnehmen. Vielmehr vermitteln die Protokolle den Eindruck, dass die belangte Behörde den Beschwerdeführer mit entscheidungswesentlichen Fragen konfrontierte, die der Beschwerdeführer - wie erwähnt - (wenn überhaupt) nur ausweichend beantwortete.

 

Unklar blieb ferner nicht nur die Frage, ob der Beschwerdeführer den Kriminellen jemals Geld gegeben hatte, was er in seiner Einvernahme am 19.11.2007 verneint (AS 113) und in seiner Beschwerde mit der Begründung bejaht hatte, dass er dazu wegen der Verhaftung einiger ihrer "Mitglieder" durch Innenminister OKRUASHVILI gezwungen gewesen sei. Auch der Hintergrund der vom Beschwerdeführer behaupteten "Besuche" unbekannter Personen bzw. von Polizisten bei seiner Ehefrau nach der Flucht, die er einmal auf seine politische Tätigkeit (AS 113) und ein anderes Mal auf seine Kenntnisse über den Waffen- und Drogenhandel zurückführte (AS 191), musste im Dunkeln bleiben. Überhaupt erscheint - wie die belangte Behörde auch ausgeführt hat - nicht vorderhand plausibel, dass sich der Beschwerdeführer aufgrund seiner Verfolgung durch Kriminelle, den Kreditgeber und die Polizei zur Flucht gezwungen sieht, die Gefährdung seiner Ehefrau und seiner Kinder jedoch als derart gering einschätzt, dass er sie in Georgien zurück lassen konnte.

 

Wie die belangte Behörde zu Recht ins Treffen geführt hat, war die Partei OKRUASHVILIS im Zeitpunkt der Ausreise des Beschwerdeführers noch nicht gegründet, sodass sich die staatliche Verfolgung weitgehend auf seine "zukünftige" Parteimitgliedschaft bzw. Parteiarbeit richten müsste, da er eigenen Angaben zufolge seine "Aufgabe" noch nicht ausgeführt habe, sieht man davon ab, dass er Personen, mit denen er später hätte zusammen arbeiten können, "gefunden" habe (AS 115). Ferner lassen sowohl die geringen politischen Grundkenntnisse des Beschwerdeführers als auch sein offen bekundetes Desinteresse an politischen Fragen (AS 193) die behauptete Verfolgung aus politischen Gründen, die zudem kein Fluchtmotiv war, ebenfalls - wie von der belangten Behörde angenommen - unglaubwürdig erscheinen.

 

Bedenkt man, dass es sich bei den behaupteten Fluchtgründen um dramatische und gravierende Ereignisse im Leben des Beschwerdeführers gehandelt haben müsste, die ihn zur Flucht aus seiner Heimat und zur Trennung von seiner Ehefrau und seinen Kindern bewogen haben, so erscheinen die massiven Unstimmigkeiten in seinen Angaben und die vage Schilderung der Erlebnisse unverständlich. Die zahlreichen Widersprüche und Unstimmigkeiten können aufgrund ihrer Häufung nicht mit bloßen Zufällen, Irrtümern oder der Nervosität des Beschwerdeführers in den Einvernahmen erklärt werden und lassen in ihrer Gesamtheit die belangte Behörde zu Recht von der Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens ausgehen. Der Beschwerdeführer ist in seinem Beschwerdeschriftsatz auf die meisten, im angefochtenen Bescheid angeführten Argumente der belangten Behörde (wie die Behauptung von den Impfungen durch die georgische Regierung wegen der afrikanischen Schweinepest oder die Unstimmigkeiten hinsichtlich der Rückzahlungsraten und des Aufschubs von März bis Juni 2007) mit keinem Wort eingegangen. Auch der Todesurkunde seines Vaters, aus der - nach den Ausführungen des Beschwerdeführers - die näheren Umstände von dessen Tod hervorgehen würde, lassen sich nach Übersetzung des Dokuments (mangels Leserlichkeit) keine weiteren Anhaltspunkte zur Untermauerung der Aussagen des Beschwerdeführers entnehmen.

 

Soweit die Beschwerde die Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens bzw. die Unterlassung weiterer Nachfragen durch die belangte Behörde rügt, ist darauf hinzuweisen, dass es grundsätzlich dem Asylwerber zukommt, dass dieser die Gründe seiner Furcht vor Verfolgung konkret und substantiiert vorbringt (VwGH 21.11.1996, 95/20/0334). Dem Beschwerdeführer ist im vorliegenden Fall im Rahmen mehrerer niederschriftlicher Einvernahmen ausreichend Gelegenheit eingeräumt worden, alle für die Entscheidung wesentlichen Umstände anzuführen. Die vorgebrachte Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens liegt nicht vor.

 

3. Rechtlich ergibt sich daraus Folgendes:

 

3.1. Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (Art. 1 BGBl. I 4/2008; im Folgenden: AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I 100/2005, außer Kraft.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG und dem VwGG nicht anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 AsylG sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, vom zuständigen Senat des Asylgerichtshofes weiterzuführen.

 

Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG ist das AsylG 2005 am 1.1.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Rechtsmittelinstanz, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

3.2. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG, die auf Art. 9 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes [Statusrichtlinie] verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG ist der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat.

 

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

 

Das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er in Georgien von Kriminellen, von einem Kreditgeber und von der Polizei aufgrund seiner Mitarbeit in einer politischen Partei verfolgt werde, entspricht - wie oben dargelegt - nicht den Tatsachen.

 

Der Beschwerdeführer konnte somit nicht glaubhaft machen, dass er in seinem Herkunftsstaat konkrete Verfolgungsmaßnahmen von gewisser Intensität zu befürchten hätte, weshalb die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK geforderten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Im Hinblick auf die im Sommer 2008 gesetzten Kriegshandlungen zwischen Russland und Georgien ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer nicht aus den betroffenen Krisengebieten Südossetien und Abchasien stammt und daher aufgrund der räumlichen Begrenzung des Konflikts eine lediglich auf dieser Krise begründete asylrelevante Gefährdung des Beschwerdeführers auszuschließen ist.

 

3.3. Wird ein Antrag auf internationalen Schutz "in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" abgewiesen, ist dem Asylwerber gemäß § 8 Abs. 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde". Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 zu verbinden (Abs. 2 leg. cit.). Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. Abs. 3 leg. cit. abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

 

§ 8 AsylG beschränkt den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies ist dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen ist, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300).

 

Nach der (zur Auslegung der Bestimmungen zum subsidiären Schutz anwendbaren) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 8 AsylG 1997 iVm § 57 FremdenG 1997 ist Voraussetzung einer positiven Entscheidung nach dieser Bestimmung, dass eine konkrete, den Asylwerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 8.6.2000, 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, eine positive Entscheidung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, 98/01/0122; 25.1.2001, 2001/20/0011).

 

Gemäß § 8 Abs. 3 und § 11 Abs. 1 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz auch in Bezug auf den subsidiären Schutz abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann ("innerstaatliche Fluchtalternative"). Schutz ist gewährleistet, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind (nach der Rechtslage nach dem AsylG 1997 musste sich die Gefahr auf das gesamte Staatsgebiet beziehen; zB VwGH 26.6.1997, 95/21/0294; 25.1.2001, 2000/20/0438; 30.5.2001, 97/21/0560).

 

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten (oder anderer in § 8 Abs. 1 AsylG erwähnter) Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwSlg. 15.437 A/2000; VwGH 25.11.1999, 99/20/0465; 8.6.2000, 99/20/0203; 8.6.2000, 99/20/0586;

21.9.2000, 99/20/0373; 25.1.2001, 2000/20/0367; 25.1.2001, 2000/20/0438; 25.1.2001, 2000/20/0480; 21.6.2001, 99/20/0460;

16.4.2002, 2000/20/0131). Diese in der Rechtsprechung zum AsylG 1997 erwähnten Fälle sind nun zT durch andere in § 8 Abs. 1 AsylG erwähnte Fallgestaltungen ausdrücklich abgedeckt. Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat (unter dem Gesichtspunkt des § 57 FremdenG, dies ist nun auf § 8 Abs. 1 AsylG zu übertragen) als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.2.2001, 98/21/0427; 20.6.2002, 2002/18/0028).

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 57 FremdenG hat der Fremde glaubhaft zu machen, dass er aktuell bedroht sei, dass die Bedrohung also im Falle, dass er abgeschoben würde, in dem von seinem Antrag erfassten Staat gegeben wäre und durch staatliche Stellen zumindest gebilligt wird oder durch sie nicht abgewandt werden kann. Gesichtspunkte der Zurechnung der Bedrohung im Zielstaat zu einem bestimmten "Verfolgersubjekt" sind nicht von Bedeutung; auf die Quelle der Gefahr im Zielstaat kommt es nicht an (VwGH 21.8.2001, 2000/01/0443; 26.2.2002, 99/20/0509; 22.8.2006, 2005/01/0718). Diese aktuelle Bedrohungssituation ist mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender Angaben darzutun, die durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert werden (VwGH 2.8.2000, 98/21/0461). Dies ist auch im Rahmen des § 8 AsylG 1997 (nunmehr: § 8 Abs. 1 AsylG) zu beachten (VwGH 25.1.2001, 2001/20/0011). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).

 

Im vorliegenden Fall liegt die vorgebrachte Bedrohung iSd § 8 Abs. 1 AsylG schon deshalb nicht vor, weil der Beschwerdeführer seinen behaupteten Fluchtgrund nicht glaubhaft machen konnte. Im Hinblick auf die gegebenen Umstände kann ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkannt werden.

 

Es sind weiters keine Umstände amtsbekannt, dass in Georgien eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre. Dies gilt auch vor dem Hintergrund des bereits erwähnten georgisch-russischen Konfliktes, der auf die Regionen Südossetien und Abchasien räumlich begrenzt ist.

 

3.4. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach dem AsylG mit einer Auswiesung zu verbinden, wenn der Asylantrag abgewiesen und dem Fremden weder Asyl noch subsidiärer Schutz gewährt wird. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG ist eine Ausweisung unzulässig, wenn sie Art. 8 MRK verletzen würde oder wenn dem Fremden ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt. Würde ihre Durchführung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen und die nicht von Dauer sind, Art. 3 MRK verletzen, so ist gemäß § 10 Abs. 3 AsylG gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

 

Bei dieser Interessenabwägung sind insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage zu berücksichtigen, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (vgl. VfGH 29.9.2007, B 1150/07; 12.6.2007, B 2126/06; VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479; 26.1.2006, 2002/20/0423).

 

Im vorliegenden Fall verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären oder auch nur verwandtschaftlichen Bindungen im Inland und befindet sich seit August 2007 lediglich aufgrund eines gestellten Asylantrages, der sich als unbegründet erwiesen hat, legal im Bundesgebiet. Seine Ehefrau und seine Kinder leben seinen Angaben zufolge in Georgien. ISd oben dargelegten Rechtsprechung überwiegen die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, wie insbesondere die Aufrechterhaltung der einreise- und fremdenrechtlichen Vorschriften sowie der öffentlichen Ordnung, die privaten Interessen des Beschwerdeführers (vgl. dazu VfSlg. 17.516/2005 sowie ferner VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479, wonach jedenfalls aus einer dreijährigen Aufenthaltsdauer idR keine rechtlich relevanten Bindungen zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden können). Die von der belangten Behörde verfügte Ausweisung ist daher aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zulässig.

 

Dem Beschwerdeführer kommt auch kein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht zu; es gibt weiters keine Hinweise darauf, dass die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in seiner Person liegen und die nicht von Dauer sind, Art. 3 EMRK verletzen könnte.

 

4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG hat der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur außer Kraft getretenen Regelung des Art. II Abs. 2 lit. D Z 43a EGVG war der Sachverhalt nicht als geklärt anzusehen, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substantiiert bekämpft wird oder der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (VwGH 2.3.2006, 2003/20/0317 mit Hinweisen auf VwGH 23.1.2003, 2002/20/0533; 12.6.2003, 2002/20/0336). Gemäß dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Asylgerichtshof unterbleiben: Der Beschwerdeführer hatte im Rahmen mehrerer Einvernahmen Gelegenheit zur Darlegung und Konkretisierung seiner Fluchtgründe. Der maßgebliche Sachverhalt erscheint aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt; anhand der Beschwerde, die - wie oben unter 2. dargelegt - auch der erstinstanzlichen Beweiswürdigung nicht substantiiert entgegen tritt und in welcher der Beschwerdeführer - über die unsubstantiierte Behauptung einer Bedrohung durch "Todesbrigaden" hinausgehend - keine näheren Angaben zu seiner Fluchtgeschichte macht, ergab sich kein zusätzlicher Hinweis auf die Notwendigkeit, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern. Daran ändert auch der Antrag nichts, eine Verhandlung durchzuführen (vgl. VwGH 17.10.2006, 2005/20/0329; 26.6.2007, 2007/01/0479; 22.8.2007, 2005/01/0015, 0017 ua.).

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
02.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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