TE AsylGH Erkenntnis 2008/12/01 E9 318323-1/2008

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Veröffentlicht am 01.12.2008
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Spruch

E9 318.323-1/2008-5E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Reinhard Engel als Vorsitzenden und den Richter Mag. Hermann Leitner als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. Mayer über die Beschwerde der B.O., geb. 00.00.1998, StA. Armenien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.02.2008, FZ. 07 07.224-BAG, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs 1 Z 1, 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2008/4 als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. 1. Die minderjährige Beschwerdeführerin (BF), den Angaben ihrer gesetzlichen Vertreterin (die Mutter) nach eine Staatsangehörige von Armenien, stellte nach Einreise unter Umgehung der Grenzkontrolle am 8.8.2007 beim Bundesasylamt (BAA) einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Neben der BF stellten auch ihre mitgereisten Eltern (318.321, 318.322) sowie ihre Schwester (318.324) Anträge auf internationalen Schutz im Rahmen eines Familienverfahren.

 

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wurde der Antrag der mj. BF auf internationalen Schutz vom BAA gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien verfügt (Spruchpunkt III).

 

Die Anträge ihrer Familienangehörigen wurden im Ergebnis gleich lautend entschieden.

 

2. Als Begründung für das Verlassen ihres Herkunftsstaates Armenien - gemeinsam mit ihrer Familie - brachte die gesetzliche Vertreterin im erstinstanzlichen Verfahren (zusammengefasst dargestellt) vor, dass ihr Ehegatte Probleme hatte, wobei er ihr die Einzelheiten nicht erzählt habe. Sie selbst und die Kinder hätten keine eigenen Fluchtgründe. Resultierend aus den Problemen ihres Mannes sei sie von zwei unbekannten Männern zwei Mal geschlagen worden. Die Töchter seien nicht bedroht oder attackiert worden.

 

Der Ehegatte der gesetzlichen Vertreterin und Vater der BF brachte zur Begründung seines Antrages im Wesentlichen vor, dass sein Jugendfreund M.R. (gegen Ende des Verfahrens wechselte er dessen Namen und Person in einer Niederschrift auf S.R. aus) eine Auseinandersetzung unter Verwendung von Schusswaffen mit dem Sohn des Bürgermeisters der Stadt G. hatte. Sein Freund R. sei danach geflüchtet und der BF sei in weiterer Folge von zwei unbekannten Männern geschlagen und bedroht worden, damit er den Aufenthaltsort seines Freundes bekannt gebe. Es seien Freunde vom Sohn des Bürgermeisters gewesen. Am nächsten Tag sei er von zwei Polizisten abgeholt worden, die ebenfalls unter Anwendung von Gewalt den Aufenthaltsort seines Freundes R. erfahren wollten. Der BF habe sich deshalb dann entschlossen mit seiner Familie das Land zu verlassen.

 

Zum Herkunftsstaat Armenien stellte das BAA Folgendes fest:

 

Das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei ist in Armenien sehr gering ausgeprägt, wobei sich die Strukturen der Polizeieinheiten in Armenien nur unwesentlich von jenen in Mitteleuropa unterscheiden. Dennoch ist die Arbeit der Polizei vielfach nicht transparent.

 

Die Polizeieinheiten sind häufig schlecht ausgerüstet und es mangelt auch an Ausbildungsmaßnahmen. Die OSZE hat hier gezielte Programme durchgeführt um die Lage zu verbessern. Der durchschnittliche Monatslohn eines Polizeibeamten liegt bei 80.000 Dram (etwa 180 Euro). Nach dem Beitritt Armeniens zum Europarat hat im Polizeibereich ein verstärktes Monitoring des Europarates eingesetzt. Im Rahmen von internationalen Kooperationen wurden insbesondere die Kapazitäten der Grenzpolizei aufgestockt und zahlreiche Schulungs- und Fortbildungsmaßnahmen gesetzt.

 

(Bericht FFM-Kaukasus, vom Dezember 2007)

 

Es hat einige Fälle gegeben, in denen Personen von Polizeistationen nach Hause geschickt und Strafanzeigen nicht aufgenommen wurden. Dies ist vielfach dadurch begründet, dass vorzugsweise jene Anzeigen aufgenommen werden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auch aufgeklärt werden können. Grund hierfür ist das Bestreben, die jeweilige interne Aufklärungsstatistik zu verbessern. Jedoch gibt es bei einer gewissen Hartnäckigkeit immer die Möglichkeit, dass etwa in einer anderen Polizeistation oder bei entsprechender Beschwerde etwa beim Ombudsmann oder bei höheren Stellen dem Einzelfall nachgegangen wird und Anzeigen entsprechend verfolgt werden.

 

2006 wurden auf Drängen des Ombudsmannes 6 Beamte entlassen, die sich schwere Dienstpflichtverletzungen zu Schulden haben kommen lassen. Im Innenministerium gibt es nach Aussagen der Kriminalpolizei eine eigene Einheit, die sich um Korruptionsfälle und Fehlleistungen kümmert. Die Kommission hat derzeit 11 Sachbearbeiter. Es hat einige Entlassungen aus dem Polizeidienst aufgrund von Fehlverhalten gegeben und in letzter Zeit wurden Einzelfälle von Polizisten, denen Folter zur Last gelegt wurde, vor Gericht gestellt.

 

Die Effektivität der Grenzkontrollen ist nach internationaler Einschätzung gestiegen und auf internationalem Standard. Die völlige Vernetzung funktioniert derzeit am Flughafen Jerewan und an der Grenze zu Georgien. Grenzorgane werden hinsichtlich Bekämpfung des Schlepperwesens geschult, welches jedoch in Armenien ein eher geringes Problem darstellt (Zielländer der Geschleppten: in erster Linie die Türkei und die VAE). Die Löhne der Grenzkontrollorgane sind existenzsichernd, aber nicht mehr (so ist mit dem Lohn das Studium eines Kindes kaum bis gar nicht finanzierbar). Dies führt dazu, dass Grenzkontrollorgane häufig in andere Berufe wechseln. Es gibt in Armenien ein Zeugenschutzprogramm, welches in Kooperation mit der OSZE installiert wurde. Das Programm befindet sich jedoch erst in der Aufbauphase.

 

Abschließend kann festgehalten werden, dass die Polizeiarbeit noch nicht europäischen Standard erreicht hat. Es sind jedoch Maßnahmen gesetzt worden, die vielfach auch im Rahmen von internationaler Kooperation organisiert wurden.

 

(Bericht FFM-Kaukasus, vom Dezember 2007)

 

Die nationalen Einrichtungen zum Schutze der Menschenrechte sind Gerichte und die Ombudsperson für Menschenrechte. Nach den 2005 erfolgten Verfassungsänderungen kann

 

auch jeder Bürger Fälle, die höchstinstanzlich entschieden wurden, vor das Verfassungsgericht bringen. Der derzeitige Ombudsmann und seine Vorgängerin haben sich durch ihr Agieren das Vertrauen der Bevölkerung erworben und haben zur Verbesserung der Menschenrechtslage beigetragen.

 

(Deutsches Auswärtiges Amt, asyl- und abschiebungsrelevante Lage, vom 20.03.2007)

 

Die in Armenien eingerichtete Ombudsmanninstitution nimmt Beschwerden der Bürger auf, die sich in ihren Rechten verletzt fühlen. Der Ombudsmann ist am Gesetzgebungsprozess beteiligt und kann zu Gesetzesentwürfen Stellungnahmen abgeben. Hierbei wird eine intensive Kooperation mit dem Parlament und der Regierung durchgeführt. Der Ombudsmann ist in ganz Armenien tätig und verfügt über Außenstellen in anderen Landesteilen.

 

(Bericht FFM-Kaukasus, vom Dezember 2007)

 

Der Großteil der Beschwerden von Bürgern an den Ombudsmann betreffen "gerechte Verfahren" und Eigentumsrechte, die einen immer größeren Raum in der Arbeit des Ombudsmanns einnehmen. Eine Vielzahl an Beschwerden richtet sich auch gegen soziale Ungerechtigkeiten. 2007 wurden bis 01.09.2007 3500 Beschwerden eingebracht. Im Jahr 2006 waren es 6500. Der Ombudsmann ist schriftlich und mündlich erreichbar und es wurde ein eigene Hotline eingerichtet, die 24 Stunden besetzt ist über die sich jeder Bürger mit dem Ombudsmann in Verbindung setzen kann. Bei Beschwerden wird grundsätzlich zunächst einmal die Zuständigkeit geprüft und weiters die Beschwerden durch einen Experten untersucht. Die Letztentscheidung wie mit der Beschwerde weiter verfahren wird liegt beim Ombudsmann selbst. Die Behörden in Armenien sind jedenfalls verpflichtet dem Ombudsmann Auskunft zu bestimmten Fällen zu erteilen. Es sind bisher keine Fälle bekannt geworden wonach eine Beschwerde aufgrund Drucks von Außen zurückgezogen wurde.

 

(Bericht FFM-Kaukasus, vom Dezember 2007)

 

Personen, die im Ausland um Asyl angesucht haben, haben in Armenien alleine aufgrund der Asylantragstellung mit keinen Sanktionen zu rechnen. Es gibt jedenfalls keinen entsprechenden Straftatbestand im armenischen Strafgesetzbuch. Für Rückkehrer nach Armenien besteht Unterstützung durch einige Organisationen, die psychologische und rechtliche Konsultationen anbieten. GRINGO ist ein Netzwerk aller Organisationen die Rückkehrer in Armenien unterstützen, welches vom "Danish Refugee Council" betreut wird. Rückkehrer haben sich mehrfach an NGOs gewandt, wobei in erster Linie um soziale Unterstützung angesucht wurde. Probleme mit Behörden wurden keine gemeldet.

 

(Bericht FFM-Kaukasus, vom Dezember 2007)

 

Trotz der existierenden Armut sind keine Fälle bekannt geworden, wonach jemand aufgrund von Hunger gestorben wäre. Es gibt fast ausnahmslos immer eine Möglichkeit die grundlegende Existenz zu sichern, sei es durch den Familienverband oder Unterstützung durch andere Stellen in besonders schwierigen Fällen. Auch Rückkehrer finden zumindest das fürs Überleben notwendigste vor, auch wenn es keine speziellen Notunterkünfte gibt. Viele der Rückkehrer haben darüber hinaus einen nicht unbeträchtlichen Betrag während ihrer Zeit im Ausland angespart. Rückkehrer werden von IOM ebenfalls im Rahmen eines Informationsprojekts bei Existenzgründung unterstützt.

 

(Bericht FFM-Kaukasus, vom Dezember 2007)

 

Die medizinische Versorgung ist in Armenien flächendeckend gewährleistet. Ein Gesetz über die kostenlose medizinische Behandlung im Gesundheitswesen besteht. Das Gesetz regelt den Umfang der kostenlosen ambulanten oder stationären Behandlung bei bestimmten Krankheiten und Medikamenten, sowie zusätzlich für bestimmte sozial bedürftige Gruppen (inkl. Kinder, Flüchtlinge, Invaliden u. a.) und gilt ausschließlich für armenische Staatsangehörige und Flüchtlinge.

 

(Deutsches Auswärtiges Amt, asyl- und abschiebungsrelevante Lage, vom 20.03.2007)

 

Die Behandlung von posttraumatischem Belastungssyndrom (PTBS) und Depressionen ist in

 

Armenien auf gutem Standard gewährleistet und erfolgt kostenlos.

Problematisch ist die Verfügbarkeit der Medikamente: Es sind nicht immer dieselben Präparate vorhanden. Die gängigen Medikamente sind in privaten und staatlichen Apotheken gegen entsprechende Bezahlung erhältlich. Für die Einfuhr von Medikamenten ist eine Genehmigung durch das Gesundheitsministerium erforderlich. Viele Medikamente werden in Armenien in guter Qualität hergestellt und zu einem Bruchteil der in Deutschland geforderten Preise verkauft. Importierte Medikamente, sind überall erhältlich. Diese sind immer noch wesentlich billiger als identische Produkte derselben Hersteller in Deutschland.

 

(Deutsches Auswärtiges Amt, asyl- und abschiebungsrelevante Lage, vom 20.03.2007)

 

In Armenien sind grundsätzlich alle gängigen Erkrankungen behandelbar. Ausgenommen hiervon sind schwierigere Transplantationen und auch Operationen nach einer Dialysebehandlung sind teils nicht möglich. Für psychologische Krankheiten wie PTSD gibt es in Yerevan ein eigenes Krankenhaus, welches mit Unterstützung des Roten Kreuzes errichtet wurde. Die Krankenhäuser in Yerevan selbst sind vielfach mit modernsten medizinischen Geräten ausgestattet. Es besteht jedoch ein teils erhebliche Gefälle zwischen den Krankenanstalten in Yerevan und jenen in anderen Provinzen des Landes.

 

(Bericht FFM-Kaukasus, vom Dezember 2007)

 

Zum individuellen Vorbringen des Antragstellers wird zusätzlich festgestellt:

 

Am Abend des 20. Mai 2007 kam es im Zentrum der armenischen Stadt U. zu einer Schießerei, an welcher der Sohn des Bürgermeisters G.S. sowie S.R. beteiligt waren.

 

(Vorfall ist notorisch bekannt und allen armenischen Medien zu entnehmen, des weiteren wurde vom Antragsteller ein Vorfallsbericht vorgelegt, an dem nicht gezweifelt wird).

 

Der Sohn des Bürgermeisters G.S. und der Neffe des Bürgermeisters wurden zu einer Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren verurteilt. Die gleiche Strafe bekam S.R.. Der Freund von S. wurde zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

 

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Der Sohn des Bürgermeisters wurde auf mit Gerichtsurteil vom 11.12.2007 auf Bewährung freigelassen.

 

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Das BAA gelangte im Rahmen der Beweiswürdigung zur Erkenntnis, dass durch die BF bzw. die Familie eine aktuelle Bedrohungssituation nicht glaubhaft gemacht worden sei.

 

Spruchpunkt I. wurde im Wesentlichen damit begründet, dass eine Verfolgungsgefahr nicht glaubhaft gemacht werden konnte. Hinsichtlich Spruchpunkt II. wurde im Wesentlichen argumentiert, dass sich aus seinem Vorbringen und der allgemeinen Lage keine reale Gefahr einer Verletzung der hier maßgeblichen Rechtsgüter ergebe. Zu Spruchpunkt III. wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass kein relevantes Privat- und Familienleben in Österreich bestehe und daher durch die Ausweisung kein unzulässiger Eingriff in diese verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte vorliege.

 

3. Gegen diesen Bescheid hat die vertretene Beschwerdeführerin innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der BF und dem ihrer genannten Familienangehörigen.

 

Die belangte Behörde legte im Familienverfahren dar, dass es ihrem Vater nicht gelungen sei, seine als ausreisekausal dargelegten persönlichen Erlebnisse glaubhaft zu machen, da dieses Vorbringen in wesentlichen Punkten widersprüchlich bzw. nicht plausibel war.

 

Unbestritten sei, dass es zu dieser Auseinandersetzung zwischen dem Sohn des Bürgermeisters und dem S.R. gekommen sei, weil dies auch durch Bescheinigungsmittel belegt wurde.

 

Der Vater habe aber nicht plausibel und damit nicht glaubhaft darlegen können, dass der Kontrahent des Bürgermeistersohnes tatsächlich ein Jugendfreund von ihm sei und er deshalb die geschilderten Probleme hatte. So habe er sowohl bei der niederschriftlichen Einvernahme am 8.8.2007 (AS 13) als auch am 20.8.2007 (AS 43) seinen Jugendfreund, der die Auseinandersetzung mit dem Bürgermeistersohn hatte, namentlich immer als M.R. (auch M.) bezeichnet. Erst in der ergänzenden und damit bereits dritten Einvernahme bei der Außenstelle Graz bezeichnete er ihn nunmehr mit dem Familiennamen "S.". Der Vater habe auf Vorhalt diese widersprüchlichen Angaben in Bezug auf seinen angeblichen Jugendfreund nicht plausibel aufklären können. Aus dem Umstand, dass er erst bei dieser ergänzenden Einvernahme bei der Außenstelle Graz einen Vorfallsbericht betreffend der Auseinandersetzung zwischen seinem angeblichen Jugendfreund und dem Sohn des Bürgermeisters vorlegte und dies mit der Auswechslung des Familiennamens zusammen fiel, schloss das BAA, dass er wohl erst beim Durchlesen des Berichtes erkannte, dass er bislang einen falschen Namen in Bezug auf den Jugendfreund angab.

 

Der Asylgerichtshof schließt sich der Ansicht des BAA an und vertritt, dass dies ein ganz wesentlicher und entscheidender Punkt ist, der jedenfalls hinreichend tragfähig ist, um zur Nichtglaubhaftmachung seiner geschilderten persönlichen Erlebnisse zu gelangen. Diese Umstände weisen ganz deutlich darauf hin, dass der Vater sich eine fiktive Rolle in diesem tatsächlichen Geschehen erdachte, wobei er sich offensichtlich hinsichtlich der Namen der Hauptbeteiligten zu wenig informiert hatte und dies wohl erst nachdem er in den Besitz der Bescheinigungsmittel gelangte erkannte.

 

Sein Erklärungsversuch beim BAA für die Auswechslung des Familiennamens im Zuge des Verfahrens ist nicht plausibel. Auf Vorhalt dieser widersprüchlichen Angaben gab er an, dass es sich bei M.R. (auch M.) um einen "anderen Schulkollegen" (AS 93) handeln würde. Das was er heute (in der Niederschrift am 28.11.2007) sagen würde, entspreche der Wahrheit. In Traiskirchen sei er "ein wenig durcheinander" gewesen.

 

Angesichts des Umstandes, dass es sich bei einer Person, die man als Jugendfreund bezeichnet, der allgemeinen Lebenserfahrung nach nicht um irgend eine flüchtige Bekanntschaft handelt, deren Name man leicht vergessen bzw. verwechseln könnte, scheint der Erklärungsversuch nicht nachvollziehbar. Dies insbesondere unter Berücksichtigung dessen, dass er in weiterer Folge sogar angab, dass sie nicht nur Jugendfreunde gewesen seien, sondern auch noch als Erwachsene "enge Freunde" (AS 93) waren. Auch unter Berücksichtigung dessen, dass er vorgibt, dass er von Freunden des Bürgermeistersohnes und der Polizei mehrmals nach diesem Jugendfreund bzw. engen Freund befragt worden sei, wobei davon ausgegangen werden kann, dass auch diese den Freund namentlich erwähnten und ihm dieser Name daher besonders in Erinnerung sein müsste.

 

Der Vater brachte aber nicht bloß vor, dass es sich um eine Verwechslung des Familiennamens handeln würde, sondern, dass er sich sogar in der Person des gegenständlichen und als ursächlich für seine Probleme bezeichneten Mannes, den er sogar als "engen Freund" bezeichnet, geirrt habe, was ein noch deutlicheres Indiz für ein fehlerhaftes gedankliches Konstrukt und kein persönliches Realerlebnis zur Begründung seines Asylantrages darstellt.

 

Auch sein Erklärungsversuch, dass er in Traiskirchen "ein wenig durcheinander" gewesen sein soll und es deshalb zu diesen unterschiedlichen Angaben gekommen sei, ist nicht nachvollziehbar. Weder die Niederschrift am 8.8.2007 noch jene am 20.8.2007 lassen dem Inhalt nach darauf schließen, dass er ein wenig durcheinander gewesen sei. Den Niederschriften ist auch zu entnehmen, dass sie ihm rückübersetzt wurden, wodurch er eine Kontrolle des von ihm Gesagten hatte. Diesbezügliche Beanstandungen sind dem Protokoll nicht zu entnehmen und der Vater brachte auch nicht vor, dass er solche geäußert hätte, diese aber nicht niedergeschrieben wurden. Zwar führte er bei der Niederschrift am 20.8.2007 auf Befragung an, dass er Kopfschmerzen habe, aber er bezeichnete sich als körperlich und geistig in der Lage die Einvernahme durchzuführen. Er gab auch hier an, dass er bei der Erstbefragung alles richtig angegeben habe. Dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt (AS 117) ist auch zu entnehmen, dass das BAA zur Erkenntnis gelangte, dass der Vater die deutsche Sprache gut beherrsche und schloss daraus, dass er sich wohl schon zuvor längere Zeit im deutschsprachigen Raum aufgehalten haben muss, weshalb Anfragen an die deutsche und schweizer Asylbehörde getätigt wurden, die aber negativ verliefen. Auf Grund dieser Kenntnisse der deutschen Sprache kann davon ausgegangen werden, dass der Vater nicht nur durch die Rückübersetzung Kontrolle über das von ihm Gesagte und Protokollierte hatte, sondern wohl auch die Übersetzung des Dolmetschers für den Organwalter des BAA verstehen und mitverfolgen konnte, was insbesondere dort leicht ist, wo es um Namen geht.

 

Die Beurteilung der Frage, ob Widersprüche in den Angaben einer Partei auf deren Verwirrung zurückzuführen sind oder an ihrer Glaubwürdigkeit zweifeln lassen, fällt in den Kernbereich der freien Beweiswürdigung (VwGH 21.10.1999, 99/20/0414). Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den gegenständlichen Niederschriften nicht der Eindruck, dass er "etwas durcheinander" war und es deshalb in den zwei Einvernahmen zu Beginn des Verfahrens, die sogar in nicht ganz zweiwöchigem Abstand geführt wurden, zu einer Auswechslung einer Sympathieperson des Vaters kam. Vielmehr geht der AsylGH so wie schon das BAA davon aus, dass diese Widersprüche an der Glaubwürdigkeit des Vaters und seiner dargelegten persönlichen Ereignisse zweifeln lassen.

 

Soweit das BAA die Nichtglaubhaftmachung auch noch auf einen Widerspruch hinsichtlich der Datumsangabe des Vorfalles der beiden Kontrahenten stützt, kann dies grds. nicht als unschlüssig erachtet werden, jedoch korrigierte der Vater auf Vorhalt dieses sofort und es wird hier tatsächlich der Eindruck erweckt dass er sich lediglich versprochen hatte bzw. es sich hier um einen Irrtum handelte. Der Asylgerichtshof schließt sich daher diesem Argument nicht an, was jedoch die oa. Beweiswüdigung hinsichtlich der Auswechslung der Person des Freundes keinesfalls unschlüssig macht.

 

Auch das vom BAA im Rahmen einer Eventualbegründung herangezogene Argument, dass unter der Annahme, dass der Vater tatsächlich mit dem Kontrahenten des Bürgermeistersohnes befreundet gewesen wäre, die von ihm ins Spiel gebrachten Personen deshalb kein Interesse an ihm mehr haben würden, weil dieser schon verurteilt - aber noch flüchtig - sei, kann nicht als schlüssig erachtet werden, da es der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, dass auch verurteilte Personen, die die (Haft)Strafe noch nicht verbüßt haben und flüchtig sind, gesucht werden bzw. versucht wird den Aufenthaltsort ausfindig zu machen. Wie bereits oben ausgeführt, führt auch dies nicht zur Unschlüssigkeit der anderen beweiswürdigenden Argumente, denen sich der AsylGH anschließt.

 

Soweit das BAA argumentiert, dass der Vater nicht in der Lage war konkrete und detaillierte Angaben über seine angeblichen eigenen Erlebnisse zu machen und es bei vagen und allgemein gehaltenen Angaben beließ, so unterlässt es das BAA hier konkret darzustellen, wie sie zu dieser Annahme gelangt, in dem sie einen konkreten Bezug zum Sachverhalt darstellt, weshalb diese Argumentation so für den AsylGH nicht nachvollziehbar ist und sich der erkennende Senat auch dieser nicht anzuschließen vermag.

 

Dessen ungeachtet ist aber die Auswechslung der Person des Freundes, der ursächlich für die Probleme des Vaters sein soll, derart gravierend, dass dieses Argument alleine hinreichend tragfähig ist, um die Nichtglaubhaftmachung der ausreisekausal dargelegten persönlichen Erlebnisse zu stützen, weshalb sich der erkennende Senat der diesbezüglichen Beweiswürdigung auch anschließt. Aus den weiteren ergänzenden Argumenten des BAA zur Nichtglaubhaftmachung, denen sich das Gericht im hier dargestellten Ausmaß nicht anschließt, ergibt sich aber keinesfalls die Unschlüssigkeit der die Beweiswürdigung tragfähigen Gründe.

 

Die vom BAA vorgenommene Beweiswürdigung ist - soweit sich der Asylgerichshof dieser im dargestellten Ausmaß anschließt - im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig. Sie steht auch im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

 

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

 

Aus Sicht des Asylgerichtshofes ist unter Heranziehung dieser, von der höchstgerichtlichen Judikatur festgelegten, Prämissen für den Vorgang der freien Beweiswürdigung dem Bundesasylamt nicht entgegenzutreten, wenn es die als ausreisekausal dargestellten persönlichen Erlebnisse des Vaters bzw. der Familie im Ergebnis als nicht glaubhaft qualifiziert.

 

Im Übrigen wird diesem beweiswürdigenden und hinreichend tragfähigen Argument des BAA in der Beschwerde auch nicht substantiiert entgegen getreten, weshalb der Asylgerichtshof nicht veranlasst war das Ermittlungsverfahren zu wiederholen bzw. zu ergänzen (vgl. zB. VwGH 20.1.1993, 92/01/0950; 14.12.1995, 95/19/1046; 30.1.2000, 2000/20/0356; 23.11.2006, 2005/20/0551 ua.).

 

In der Beschwerde wird im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und argumentiert es sei glaubwürdig. Dem die Beweiswürdigung tragfähigen Argument betreffend der Auswechslung der problemauslösenden Person wird nicht substantiiert entgegen getreten, womit dieses de facto unbekämpft blieb. Die Behauptung, dass sich das BAA nicht ausreichend mit der Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführer auseinandergesetzt habe ist unter Berücksichtigung aller Umstände auch nicht nachvollziehbar. Der Vorwurf, dass sich die belangte Behörde nicht hinreichend damit auseinandergesetzt habt, ob die vorgebrachte Verfolgung unter die GFK subsumiert werden könne, geht auch ins Leere, zumal ein nicht als glaubhaft erachteter Sachverhalt nicht geeignet ist eine wohlbegründete Furcht vor asylrelevanter Verfolgung auszulösen.

 

Soweit in der Beschwerde auch argumentiert wird, dass die belangte Behörde keine Feststellungen zu dem Umstand getroffen habe, dass die Beschwerdeführer vorgebracht haben, dass die armenische Behörde ihre Reisepässe entzogen hätten, wird damit der entscheidungsrelevanten Beweiswürdigung des BAA nicht substantiiert entgegen getreten, denn die belangte Behörde hat nachvollziehbar und ausdrücklich dargelegt, dass der Vater seine "eigenen Erlebnisse" im Zusammenhang mit dem bescheinigten Vorfall, die er als ausreisekausal bezeichnete, nicht glaubhaft machen konnte, womit auch das "Erlebnis" in Bezug auf die, übrigens im gesamten Verfahren auch bescheinigungslos gebliebene, Behauptung der Einziehung des Reisepasses durch die Polizei mit umfasst ist.

 

Im Ergebnis ist es mit der Beschwerde weder gelungen eine wesentliche Unschlüssigkeit der maßgeblichen erstinstanzlichen Beweiswürdigung aufzuzeigen, noch ist er dieser im Rahmen der Anfechtungsbegründung in substantiierter Form entgegengetreten. Hiezu wäre es erforderlich gewesen, dass der Beschwerdeführer entweder in begründeter Form eine maßgebliche Unrichtigkeit der entscheidenden erstinstanzlichen Beweiswürdigung dargetan oder Argumente vorgebracht hätte, die einerseits zu einer anderen Gewichtung oder Bewertung der verfahrensgegenständlichen Beweismittel führen würden oder aus denen andererseits im Rahmen der allgemeinen Denklogik eine Prävalenz des von ihm dargestellten Geschehnisablaufes gegenüber jenem von der Erstbehörde angenommenen hervorleuchtet, was im Ergebnis zu einer anders gelagerten Wahrscheinlichkeitsbeurteilung des der weiteren rechtlichen Würdigung zugrunde zu legenden historisch-empirischen Sachverhaltes führen würde.

 

Der Asylgerichtshof ist aber auch aus einem weiteren Widerspruch in den Aussagen des Vaters der Ansicht, dass die als ausreisekausal dargestellten persönlichen Erlebnisse zweifelsfrei nicht den Tatsachen entsprechen.

 

So machte er unterschiedliche Angaben zu den zwei "unbekannten" Verfolgern, mit denen er persönlich Kontakt gehabt haben soll. Im Rahmen der Erstbefragung waren es noch "unbekannte Personen", die ihn nach R. gefragt hätten. Bei der anschließenden Ersteinvernahme bezeichnete er sie als "Freunde des Sohnes des Bürgermeisters". Nachgefragt, woher er wisse, dass es seine Freunde waren, gab er an, dass er dies deshalb "angenommen" habe, weil sie ihn nach dessen Aufenthalt gefragt hätten. Bei der Einvernahme am 28.11.2007 bei der Außenstelle Graz begründete er diese Erkenntnis damit, dass er sie "vom Gesicht her" kannte.

 

Die Zulässigkeit für den Asylgerichtshof über die Beweiswürdigung der Erstbehörde hinaus ergänzende Schlüsse aus den bisherigen Ermittlungen zu ziehen, ergibt sich aus § 41 Abs 7, 2. Fall, AsylG 2005, wonach von einer mündlichen Verhandlung auch dann abgesehen werden kann, wenn sich aus "den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht". Um der Begründungspflicht, resultierend aus § 60 AVG, wonach der Bescheid [das Erkenntnis] erkennen lassen muss, aus welchen Erwägungen die Behörde [der Asylgerichtshof] zu dieser Ansicht gelangt ist, zu entsprechen, bedarf es aber einer (nachvollziehbaren) Darstellung der dafür maßgeblichen gedanklichen Vorgänge.

 

Der Gesetzgeber verwendet hier mit "zweifelsfrei" eine andere Diktion wie im § 6 Abs 1 Z 4 AsylG 1997 idFd Asylgesetz-Novelle 2003, wonach ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzuweisen ist, wenn das "......Bedrohungsszenario offensichtlich den Tatsachen nicht entspricht". Schon aus dem anders gewählten Wortlaut leuchtet es ein, dass der Gesetzgeber hier im § 41 Abs 7 2. Fall AsylG 2005 idgF - womit eine Erweiterung der Möglichkeit der Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung geschaffen werden sollte - mit "zweifelsfrei" auf Grund des anderen Wortsinnes eine andere Wertung anlegen wollte, als mit der "Offensichtlichkeit", ansonsten es keiner Änderung der Diktion bedurft hätte. Daraus resultiert aber auch, dass sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Offensichtlichkeit (vgl. Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 1997 Praxiskommentar, S 100ff mwN auf die Judikatur des VwGH) im zitierten § 6 AsylG 1997 nicht ohne weiteres auf diese neue Bestimmung übertragen lässt. Dem Wortsinn nach ist unter "zweifelsfrei" die "Freiheit von (innerer) Unsicherheit, Ungewissheit, mangelndem Glauben oder innerem Schwanken gegenüber einem (möglichen) Sachverhalt oder einer Behauptung" zu verstehen. Zu dieser Überzeugung hat der Richter (das Gericht) auf Basis der "bisherigen Ermittlungen" zu gelangen.

 

Hier ergeben sich derartige Fakten aus den eigenen Angaben des Vaters im Rahmen des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens. Der Asylgerichtshof ist nicht verhalten, den Asylwerber zu Widersprüchen in Ansehung seines Asylantrages zu befragen, weil keine Verpflichtung besteht, ihm im Wege eines behördlichen Vorhalts zur Kenntnis zu bringen, dass Widersprüche in seinen eigenen Aussagen vorhanden seien, die im Rahmen der gem § 45 Abs 2 AVG vorzunehmenden Beweiswürdigung zu seinem Nachteil von Bedeutung sein könnten, und ihm aus diesem Grunde eine Stellungnahme hiezu zu ermöglichen (VwGH 4.11.1992, 92/01/0560; vgl. ua. auch VwGH 27.6.1985, 85/18/0219; 3.4.1998, 95/19/1734; 30.1.1998, 95/19/1713 wonach keine Verpflichtung besteht, den vom Antragsteller selbst vorgebrachten Sachverhalt zu Gehör zu bringen [siehe auch Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, Rz 29 zu § 45 mwN]). Die Behörde bzw. das Gericht ist auch nicht verpflichtet, dem Antragsteller Gelegenheit zur Stellungnahme hinsichtlich einer vorgenommenen Beweiswürdigung zu geben [Hinweis E 23. April 1982, 398/80] (VwGH25.11.2004, 2004/03/0139; Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, Rz 25 zu § 45 mwN). Wenn die Behörde bzw. das Gericht aufgrund der vorliegenden Widersprüche zur Auffassung gelangte, dass dem Asylwerber die Glaubhaftmachung (seiner Fluchtgründe) nicht gelungen ist, so handelt es sich um einen Akt der freien Beweiswürdigung (VwGH 4.11.1992, 92/01/0560).

 

Den vom Bundesasylamt herangezogenen Berichten zur Situation im Herkunftsstaat wurde - sofern sie hier überhaupt Relevanz entfalten - in der Beschwerde nicht konkret und substantiiert entgegen getreten. Eine maßgebliche Änderung der entscheidungsrelevanten Lage in Armenien ist weder notorisch noch entspricht dies dem Amtswissen, weshalb die dargestellte Situation - sofern sie entscheidungsrelevant ist - noch als aktuell anzusehen ist.

 

Der AsylGH schließt sich der Argumentation des BAA an, dass es daher auch nicht glaubhaft sei, dass die von der Mutter geschilderten eigenen Erlebnisse, die auf den Problemen des Ehegatten resultieren sollen, der Wahrheit entsprechen. Der erkennende Senat ist auch hier in einer Zusammenschau im Rahmen des gegenständlichen Familienverfahren der Ansicht, dass die als ausreisekausal dargestellten persönlichen Erlebnisse zweifelsfrei nicht den Tatsachen entsprechen.

 

Abgesehen von diesen Gründen, wurden für die Kinder keine eigenen Motive für die Ausreise bzw. Rückkehrbefürchtungen dargetan.

 

2. Gemäß § 61 (1) AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. [.....]

 

(2) [.....]

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

[......]

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof gem. § 23 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG idgF hat der Asylgerichtshof [Berufungsbehörde], sofern die Beschwerde [Berufung] nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er [sie] ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) seine [ihre] Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Im gegenständlichen Fall liegt ein Familienverfahren mit ihren genannten Familienangehörigen vor. Die maßgebliche Bestimmung des § 34 AsylG 2005 lautet:

 

34. (1) Stellt ein Familienangehöriger (§ 2 Z 22) von

 

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

 

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

 

3. einem Asylwerber

 

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

 

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Familienangehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.

 

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines im Bundesgebiet befindlichen Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, es sei denn, dass

 

1. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Angehörigen in einem anderen Staat möglich ist oder

 

2. dem Asylwerber der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

 

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.

 

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Asylgerichtshof.

 

Zu Spruchpunkt I.:

 

1.) Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Der Antrag auf Internationalen Schutz ist gem. § 3 Abs 3 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

 

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist eine Person, die aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder die sich als Staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes müssen konkrete, den Asylwerber selbst betreffende Umstände behauptet und bescheinigt werden, aus denen die von der zitierten Konventionsbestimmung geforderte Furcht rechtlich ableitbar ist (vgl zB vom 8. 11. 1989, 89/01/0287 bis 0291 und vom 19. 9 1990, 90/01/0113). Der Hinweis eines Asylwerbers auf einen allgemeinen Bericht genügt dafür ebenso wenig wie der Hinweis auf die allgemeine Lage, zB. einer Volksgruppe, in seinem Herkunftsstaat (vgl VwGH 29. 11. 1989, 89/01/0362; 5. 12. 1990, 90/01/0202; 5. 6. 1991, 90/01/0198; 19. 9 1990, 90/01/0113).

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

 

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Asylgerichtshofes die dargestellten Voraussetzungen für die Zuerkennung von Asyl, nämlich eine "glaubhafte" Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat aus einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK angeführten Grund nicht gegeben.

 

Wie sich aus der Beweiswürdigung ergibt, ist es nicht gelungen eine solche glaubhaft zu machen, weshalb diese vorgetragenen und als nicht glaubhaft erachteten ausreisekausalen persönlichen Erlebnisse der Familie gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (vgl. VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380). Auch aus der allgemeinen Lage lässt sich unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände konkret für die Beschwerdeführerin kein Status einer Asylberechtigten ableiten.

 

Da auch die Beschwerden ihrer Familienangehörigen mit Erkenntnis des heutigen Tages in allen Spruchpunkten abzuweisen war, sich daher aus deren Verfahren im Rahmen des Familienverfahrens kein Anspruch auf Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten iSd § 34 AsylG 2005 ableiten lässt, war unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände daher zu Recht insgesamt kein Status eines Asylberechtigten zu gewähren, die Entscheidung des BAA im Ergebnis zu bestätigen und die Beschwerde somit hinsichtlich Spruchpunkt I. abzuweisen.

 

Zu Spruchpunkt II.:

 

Gem. § 8 Abs 1 AsylG 2005 hat die Behörde einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z1), wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine "reale Gefahr" einer Verletzung von Art 2 EMRK (Recht auf Leben), Art 3 EMRK (Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung) oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 (Abschaffung der Todesstrafe) zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung nach § 7 zu verbinden (Abs 2 leg cit). Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

 

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. VwGH 99/20/0573 v. 19.2.2004 mwN auf die Judikatur des EGMR)

 

§ 8 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies ist dahin gehend zu verstehen, dass damit grds. derjenige Staat zu bezeichnen ist, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Kann dieser nicht festgestellt werden, ist der Antrag auf internationalen Schutz bzgl. des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen (Abs 6 leg cit).

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). So auch der EGMR in stRsp, welcher anführt, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt - so weit als möglich - Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( zB EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005).

 

Im gegenständlichen Fall ist es der Familie nicht gelungen ihre vorgebrachte Bedrohung bzw. Verfolgungsgefahr im dargestellten Ausmaß glaubhaft zu machen, weshalb sich daraus auch kein zu berücksichtigender Sachverhalt ergibt, der gemäß § 8 Abs 1 AsylG zur Unzulässigkeit der Abschiebung, Zurückschiebung oder Zurückweisung in den Herkunftsstaat führen könnte.

 

Unter Berücksichtigung der individuellen Situation der Beschwerdeführerin ist festzuhalten, dass hinsichtlich der Lebensbedingungen von einer lebensbedrohenden Notlage in ihrem Herkunftsstaat, welche bei einer Rückkehr die reale Gefahr einer unmenschlichen Behandlung iSd Art 3 EMRK indizieren würde, aus Sicht des Asylgerichtshofes nicht gesprochen werden kann.

 

Auf Grund des Familienverfahren teilt die Familie aufenthaltsrechtlich ein gemeinsames Schicksal, weshalb auch von einer gemeinsamen Rückkehr mit ihren anderen Familienangehörigen ausgegangen werden kann. Der der Aktenlage nach ebenfalls unter keinen entscheidungsrelevanten Krankheiten leidende Vater war vor seiner Ausreise in der Lage seine Existenz und die jener seiner Familienangehörigen zu sichern. Er war auch in verschiedenen Bereichen berufstätig. Es kam nicht hervor, dass er bei einer Rückkehr nicht mehr am Erwerbsleben teilnehmen könnte. Zudem brachte er beim BAA auch vor, dass er in Armenien noch Familienangehörige hat. Dass sie bzw. ihre Familie bei einer Rückkehr auf Grund der Lebensbedingungen real Gefahr laufen würde, in eine aussichtslose Lage zu geraten, brachten ihre Eltern nicht konkret vor und kann auch amtswegig nicht festgestellt werden.

 

Ergänzend ist anzuführen, dass gemäß § 67 AsylG 2005 zB. auch eine finanzielle Rückkehrhilfe (über diese wird im erstinstanzlichen Verfahren schon informiert) als Startkapital für die Fortsetzung des bisherigen Lebens in Armenien gewährt werden kann. Im Rahmen der Rückkehrhilfe wird dabei der Neubeginn zu Hause unterstützt, Kontakt zu Hilfsorganisationen im Heimatland vermittelt, finanzielle Unterstützung geleistet und beim Zugang zu Wohn-, Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten geholfen

(http://www.caritas.at/hilfe-einrichtungen/fluechtlinge/beratung-und-vertretung/rueckkehrhilfe/).

 

Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ergibt sich somit kein "reales Risiko", dass es derzeit durch die Rückführung der Beschwerdeführerin in ihren Herkunftsstaat zu einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde.

 

Es kam im Verfahren nicht hervor, dass konkret für die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückverbringung in seinen Herkunftsstaat die reale Gefahr bestünde, als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt zu sein.

 

Da auch die Beschwerden ihrer Familienangehörigen mit Erkenntnis des heutigen Tages in allen Spruchpunkten abzuweisen war, sich daher aus deren Verfahren im Rahmen des Familienverfahrens kein Anspruch auf Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten iSd § 34 AsylG 2005 ableiten lässt, war unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände daher zu Recht insgesamt kein Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren, die Entscheidung des BAA im Ergebnis zu bestätigen und die Beschwerde somit hinsichtlich Spruchpunkt II. abzuweisen.

 

Zu Spruchpunkt III.:

 

Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn

 

(...)

 

Z 2. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

(...)

 

Gemäß § 10 Abs 2 AsylG ist eine Ausweisung nach Abs 1 leg cit unzulässig, wenn dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder diese eine Verletzung von Art 8 EMRK darstellen würde.

 

Der Gesetzgeber wollte durch diese - im Gegensatz zur fremdenpolizeilichen Ausweisung keinem Ermessen zugängliche - zwingende asylrechtliche Ausweisung eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Asylwerber, die bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung sich im Bundesgebiet aufhalten durften, verhindern (vgl. VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479).

 

Der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz war abzuweisen und auch der Status eines subsidiär Schutzberechtigten war nicht zuzuerkennen. Ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht liegt zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vor. Der Beschwerdeführer hält sich daher nach Erlassung dieses Erkenntnisses nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

 

Bei Erlassung einer Ausweisung kann ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und/oder Familienleben vorliegen (Art. 8 Abs 1 EMRK). Ein unverhältnismäßiger Eingriff würde eine Ausweisung unzulässig machen.

 

Das Recht auf Achtung des Familienlebens iSd Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (EGMR Kroon, VfGH 28.06.2003, G 78/00).

 

Der Begriff des Familienlebens ist jedoch nicht nur auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere "de facto Beziehungen" ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, X ua).

 

Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR im Fall Cruz Varas gegen Schweden). In diesen Fällen ist nach der Judikatur des EGMR der Eingriff in das Privatleben gegebenenfalls separat zu prüfen (Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 856 mwN).

 

Nach der Rechtssprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (zB. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u. a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

 

Das BAA legte im Rahmen ihrer Entscheidung dar, dass die BF. mit ihren Familienangehörigen hier in Österreich zusammen lebt. Diese seien aber so wie sie Asylwerber und ebenso von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bedroht, weshalb durch eine Ausweisung in diesem Fall in Entsprechung der maßgeblichen Judikatur keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben darstellt. Dem wurde in der Beschwerde nicht konkret und substantiiert entgegen getreten. Ein anderweitiger und in ihrer persönlichen Sphäre liegender Sachverhalt kam im Beschwerdeverfahren nicht hervor, weshalb sich der Asylgerichtshof dieser Argumentation anschließt.

 

Die BF lebt seit etwas mehr als einem Jahr mit ihren Familienangehörigen in Österreich. Besondere Umstände, die auf eine entscheidende Integration hinweisen würden, wurden im Verfahren nicht vorgebracht. Sie wurde, so wie auch ihre Familienangehörigen ihren Angaben nach in Armenien sozialisiert und sie kann auch nicht von dort entwurzelt betrachtet werden. Mangels hinreichender privater Anknüpfungspunkte zu Österreich kann insbesondere durch den erst kurzen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht von einem relevanten Privatleben iSd Art 8 EMRK gesprochen werden, weshalb die Ausweisung auch keinen relevanten Eingriff in dieses Grundrecht darstellt.

 

Selbst wenn man hier ein relevantes und zu berücksichtigendes Privatleben annehmen würde, so käme es im Ergebnis zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung, wie die nachfolgenden Ausführungen im Rahmen einer Eventualbegründung zeigen:

 

Ob ein Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Privatleben durch die asylrechtliche Ausweisung iSd Art 8 Abs 2 EMRK notwendig ist, bedarf einer Abwägung der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden.

 

Art 8 Abs 2 EMRK lautet:

 

"Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."

 

Hinsichtlich der Abwägung der öffentlichen Interessen mit jenen des Beschwerdeführers ist der Verfassungsgerichtshof der Auffassung, dass Asylwerber und sonstige Fremde nicht schlechthin gleichzusetzen sind. Asylwerber hätten idR ohne Geltendmachung von Asylgründen keine rechtliche Möglichkeit, legal nach Österreich einzureisen. Soweit die Einreise nicht ohnehin unter Umgehung der Grenzkontrolle oder mit einem Touristenvisum stattgefunden hat, ist Asylwerbern der Aufenthalt bloß erlaubt, weil sie einen Asylantrag gestellt und Asylgründe geltend gemacht haben. Sie dürfen zwar bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung weder zurückgewiesen, zurückgeschoben noch abgeschoben werden, ein über diesen faktischen Abschiebeschutz hinausgehendes Aufenthaltsrecht erlangen Asylwerber jedoch lediglich bei Zulassung ihres Asylverfahrens sowie bis zum rechtskräftigen Abschluss oder bis zur Einstellung des Verfahrens. Der Gesetzgeber beabsichtigt durch die zwingend vorgesehene Ausweisung von Asylwerbern eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern. Es kann dem Gesetzgeber nicht entgegen getreten werden, wenn er auf Grund dieser Besonderheit Asylwerber und andere Fremde unterschiedlich behandelt (VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua).

 

Der Europäische Gerichtshof fü

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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