TE Vwgh Erkenntnis 2007/9/26 2007/03/0140

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Veröffentlicht am 26.09.2007
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
93 Eisenbahn;

Norm

ABGB §364a;
AVG §8;
EisenbahnG 1957 §33;
EisenbahnG 1957 §34 Abs4;
EisenbahnG 1957 §35 Abs2;
EisenbahnG 1957 §35 Abs3;
EisenbahnG 1957 §35;
EisenbahnG 1957 §36;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2007/03/0142

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerden von

1.

Dipl. Ing. B A, 2. Dipl. Ing. R A, 3. Dr. A B, 4. Dr. H F,

5.

Dr. R F, 6. Dr. H H, 7. Mag. M K, 8. Dipl. Ing. R K, 9. H K,

10.

Ing. K M, 11. L N, 12. Mag. B R (protokolliert zur hg Zl 2007/03/0140), 13. Gemeinnützige Siedlungs-Genossenschaft

A reg. GenmbH, 14. Dipl. Ing. W K, 15. M K, 16. Ing. F S und

              17.              Dr. G W (protokolliert zur hg Zl 2007/03/0142), alle in W, alle vertreten durch Dr. Andreas Manak, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stephansplatz 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 4. Juni 2007, Zl 820.109/0014-IV/Sch2/2007, betreffend Erteilung einer eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung sowie einer Rodungsbewilligung (mitbeteiligte Partei: Ö AG in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Hinsichtlich der Vorgeschichte wird auf das hg Erkenntnis vom 2. Mai 2007, Zl 2004/03/0203, verwiesen: Mit diesem Erkenntnis war der Bescheid der belangten Behörde vom 14. September 2004, mit dem der mitbeteiligten Partei die eisenbahnrechtliche Baubewilligung und die wasserrechtliche Bewilligung für den Bau des dritten Abschnittes ("Verbindungstunnel") der Verbindungsstrecke von West-, Süd- und Donauländebahn ("Lainzer Tunnel") erteilt worden war, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden.

In diesem Erkenntnis hatte der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass die für das Projekt gemeinschaftsrechtlich erforderliche "de facto Prüfung" der Umweltverträglichkeit im Verfahren über die Trassenverordnung erfolgt ist. Hinsichtlich der geltend gemachten Verletzung von Rechten nach dem Eisenbahngesetz (EisbG) legte der Verwaltungsgerichtshof dar, dass die im angefochtenen Bescheid vorgenommene Festlegung von unterschiedlichen "Schutzzonen" ebenso wenig schlüssig begründet worden war wie die Annahmen über die Tragfähigkeit der Gesteinsschichten im Festgesteinsbereich bei Versagen der gesamten Tunnelkonstruktion. Diese wesentlichen Verfahrensmängel waren maßgebend für die Aufhebung des Bescheides.

2. Mit dem nun angefochtenen (Ersatz-)Bescheid der belangten Behörde wurde der mitbeteiligten Partei neuerlich für den dritten Abschnitt ("Verbindungstunnel") des "Lainzer Tunnels" "nach Maßgabe der Ergebnisse der durchgeführten Ortsverhandlungen sowie dem sonstigen Verfahrensergebnis gemäß den Ausführungen in der Begründung und den in der Anlage 1 festgehaltenen und einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides bildenden Unterlagen unter Zugrundelegung der vorgelegten Entwurfsunterlagen sowie unter Einhaltung der nachstehend angeführten Vorschreibungen" die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung und die wasserrechtliche Bewilligung erteilt; als "Rechtsgrundlagen für die Genehmigung" wurden folgende Bestimmungen genannt:

"§ 2 Hochleistungsstreckengesetz

§§ 33, 35 und 36 Eisenbahngesetz, BGBl. Nr. 60/1957 idgF.

§ 99 Abs. 2 Zi. 1 EisbG. BGBl. Nr. 60/1957 idgF.

Hochleistungsstreckenverordnung der Bundesregierung vom 23.2.1990, BGBl. Nr. 107/1990,

Trassenverordnung BGBl. Nr. 824/1993 vom 3.2.1993 Bau-Übertragungsverordnung vom 27.8.1996, BGBl. Nr. 450/1996, § 94 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz Richtlinie 85/337/EWG, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2003/35/EG

§§ 10, 56 und 127 Abs. 1 lit. b) und Abs. 2 des Wasserrechtsgesetzes 1959, BGBl. Nr. 214/1959 idgF."

Die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung gemäß § 36 Abs 1 EisbG beziehe sich insbesondere auf näher genannte "projektsgegenständliche Einzelbaumaßnahmen", die eisenbahnrechtliche Genehmigung gemäß § 36 Abs 1 und 2 EisbG beziehe sich insbesondere auf - näher genannte - Hoch- und Kunstbauten.

Weiters wurde im Spruch des Bescheides ausgeführt, dass sich die im Zusammenhang mit dem eisenbahnrechtlichen Verfahren mitbehandelten und von der Genehmigung mitumfassten wasserrechtlichen Belange gemäß den §§ 10, 56 und 127 Abs 1 lit b und Abs 2 WRG insbesondere auf die durch die "gegenständlichen Baumaßnahmen notwendig werdenden nachstehenden wasserbautechnischen Maßnahmen, nämlich Grundwasserhaltungsmaßnahmen als Bauhilfsmaßnahmen und Entwässerungsmaßnahmen" bezögen.

Die belangte Behörde ordnete im Spruchpunkt 1.I. näher genannte "Vorschreibungen" (Punkte A bis P, Seiten 3 bis 46 des angefochtenen Bescheides) an.

Im Spruchpunkt 1.II. ("Interoperabilität") wurde ausgesprochen, dass es sich bei den genehmigten Eisenbahnanlagen gemäß § 88 Z 1 lit c EisbG in Übereinstimmung mit Art 10 Abs 2 lit c (Kategorie III) der Entscheidung Nr 884/2004/EG vom 29. April 2004 in Verbindung mit der Entscheidung Nr 1692/96/EG jeweils des Europäischen Parlaments und des Rates um eine Strecke des interoperablen österreichischen Anteiles des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems handle (A).

Im Spruchpunkt 1.II. wurden weiters (B) "gemäß § 100 Abs 1 Z 1 EisbG in Verbindung mit §§ 23 und 4 Abs 7 EisbVO 2003" "zu der Entscheidung 2002/732/EG über die technischen Spezifikationen für die Interoperabilität des Teilsystems 'Infrastruktur' des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems gemäß Art 6 Abs 1 der Richtlinie 96/48/EG, ABl Nr L 245 vom 12. September 2002, S 143 in der Fassung der Berichtigung ABl Nr 275 vom 11. Oktober 2002, S 5", für das bescheidgegenständliche Projekt näher genannte Ausnahmen bewilligt.

Die belangte Behörde ordnete ferner an, dass gemäß § 35 Abs 4 EisbG das Bauvorhaben innerhalb einer Frist von zehn Jahren ab Bescheiddatum auszuführen und der Betrieb zu eröffnen sei, und diese Frist über einen rechtzeitig an die Eisenbahnbehörde gerichteten Antrag verlängert werden könne (Spruchpunkt 1. IV.).

Im Spruchpunkt 1.V. wurde über die im Verfahren erhobenen "schriftlichen Einwendungen, Anträge und sonstigen Vorbringen" dahin entschieden, dass diese zum Teil als unbegründet abgewiesen, zum Teil auf den Zivilrechtsweg verwiesen wurden.

Mit Spruchpunkt 2. ("forstrechtliches Rodungsbewilligungsverfahren") wurde gemäß § 185 Abs 6 in Zusammenhalt mit §§ 17 und 18 des Forstgesetzes 1975 die Rodungsbewilligung für die im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Bauvorhaben beantragten Rodungen unter Einhaltung im Einzelnen angeführter Auflagen erteilt.

3. In der Begründung verwies die belangte Behörde zunächst darauf, dass der Bescheid im dritten Verfahrensgang nach Aufhebung des vorangegangenen Bescheides durch das hg Erkenntnis vom 2. Mai 2007 ergehe, und gab dann (Seiten 52 bis 297) vollinhaltlich die Begründung des aufgehobenen Bescheides vom 14. September 2004 wieder.

Im Anschluss daran legte die belangte Behörde dar, dass sie bei Fortführung des Verfahrens an das genannte Erkenntnis nach Maßgabe der Sach- und Rechtslage gebunden sei. Die mitbeteiligte Partei habe mit Schreiben vom 1. Juni 2007 unter Hinweis auf die Ausführungen in diesem Erkenntnis vorgebracht, dass diesem entweder dadurch Rechnung getragen werden könne, dass die aufgeworfenen Fragen - im Wesentlichen durch weitere Gutachten - beantwortet würden, oder dadurch, dass der Bereich der Schutzzone 2 in jenem Umfang erweitert würde, als dies auf Grund der vom Verwaltungsgerichtshof aufgezeigten Begründungsmängel geboten sei. Im Hinblick auf die Dringlichkeit des gegenständlichen Projekts und die mit einer weiteren Gutachtenserstattung einhergehende Verfahrensverzögerung sehe die mitbeteiligte Partei das verkehrspolitische Interesse an einer raschen Realisierung des Projekts als vorrangig an, weshalb sie das Projekt derart abändere, dass die Schutzzone 2 im gegenständlichen Abschnitt für den gesamten Bereich, der von einer Bebauung betroffen sei, erweitert werde. Damit sei sichergestellt, dass auf Grund dieser Erweiterung der Schutzzone 2 sowohl im Lockergesteinsbereich als auch im Festgesteinsabschnitt, soweit eine Bebauung vorhanden bzw möglich sei, eine einheitliche Schutzzone 2 vorgesehen werde. Ausgenommen von der Schutzzone 2 werde lediglich der unbebaute Bereich des Naturschutzgebietes "Lainzer Tiergarten", weil in diesem Bereich weder eine Bebauung vorhanden sei noch vorgenommen werden dürfe. Während also nach dem bisherigen Verfahren die Schutzzone 2 sich auf die Abschnitte von km 1,355 bis 4,455 und km 7,730 bis 7,886 erstreckt habe, würde nunmehr der Abschnitt km 4,455 bis km 6,750 in die Schutzzone 2 miteinbezogen.

Damit werde - so die mitbeteiligte Partei - gleichzeitig die zweite vom Verwaltungsgerichtshof aufgeworfene offene Frage, nämlich nach dem Versagen von Innen- und Außenschale, geklärt, weil durch die Erweiterung der Schutzzone 2 auf den gesamten bebauten Bereich die Frage der Überdeckung keine Auswirkungen mehr haben könne. In der Schutzzone 2 sei nämlich die Innenschale "jedenfalls brandbeständig im Sinne der offenen LT1-Kurve, also mit einer Brandbeständigkeit von zumindest 180 min auszuführen".

Ferner habe die mitbeteiligte Partei im genannten Schreiben ausgeführt:

"Weiters ist mit der Berücksichtigung der Schutzzone 2 im genannten Abschnitt die Berücksichtung einer Sicherungszeit von 180 min ebenfalls laut Projekt zwingend verbunden.

Mit dieser Vorgangsweise wird auch den Einwendungen der Parteien entsprochen, die eine Sicherungszeit und Brandbeständigkeit >= 180 min gefordert hatten."

Durch diesen Antrag ergebe sich - so die belangte Behörde - eine "wesentliche, eindeutige, unzweifelhafte und einheitliche Anhebung des Sicherheitsniveaus im Bereich des Festgesteinsabschnittes durch die Berücksichtigung der Schutzzone 2 im gesamten Bereich der Bebauung im verfahrensgegenständlichen Abschnitt." Die mitbeteiligte Partei sei nämlich nach ihren "ursprünglichen Überlegungen zur Festlegung der Schutzzonen" davon ausgegangen, dass in den Bereichen, in denen der Tunnel im Lockergestein liege, "bauliche Vorkehrungen in Form einer besonderen Brandbeständigkeit der Innenschale des Tunnels gemäß der offenen LT-1 Kurve zu setzen sind, während dies in Bereichen von Festgestein bei Vorliegen einer Überdeckungsmächtigkeit von mindestens des doppelten Hohlraumdurchmessers infolge der Eigenschaften des Festgesteines nicht erforderlich sei". Demgegenüber sehe die Antragstellerin nunmehr eine einheitliche Schutzzone 2 für die gesamten Lockergesteinsabschnitte und die Festgesteinsabschnitte mit darüber liegender Bebauung vor. Damit werde eine Differenzierung der Schutzzonenzuordnung "unter Abstellung auf die Mächtigkeit und Qualität der Überdeckung des Tunnels" im Bereich der Verbauung nicht mehr vorgenommen. Durch die getroffene Erweiterung der Schutzzone 2 werde für sämtliche vorhandene und allfällige zukünftige Bebauung oberhalb des Tunnels einschließlich öffentlicher Straßen im Sinne der Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes ein ausreichender Schutz herbeigeführt, zumal die Schutzzone 2 im Verfahren bereits gegenständlich sei und gegen diese samt ihren Anforderungen keine begründeten Einwände dargelegt worden seien, vielmehr vom Verwaltungsgerichtshof - in seinem den zweiten Teilabschnitt betreffenden Erkenntnis vom 23. Mai 2007, Zl 2005/03/0094 - "die Beschwerde insbesondere im Hinblick auf die einheitliche Festlegung der Schutzzone 2 für die Bereiche einer Bebauung als unbegründet abgewiesen" worden sei.

Den Parteien seien gemäß den bisherigen Verfahrensergebnissen "hinreichend die Auswirkungen einer Schutzzone 2 und der mit dieser verbundenen Sicherungszeit und Brandbeständigkeit von nicht weniger als 180 min gemäß der offenen LT 1-Kurve notorisch bekannt". Auf Grund dieses Verfahrensergebnisses bestünden keine Hindernisse für die Bescheiderlassung; diese Tatsachen seien bei der Behörde offenkundig und bedürften gemäß § 45 Abs 1 AVG keines weiteren Beweises.

Eine Beschwer für die Parteien und Beteiligten im Verfahren könne sich daraus nicht ergeben, weil die Erweiterung der Schutzzone 2 ausschließlich eine Verbesserung des Schutzes der Anrainer bewirke und die Parteien und Beteiligten bereits mehrfach Gelegenheit zur Äußerung und Erhebung von Einwendungen gehabt hätten; zusätzliche Eingriffe in geschützte Rechte fänden dadurch nicht statt. Davon ausgehend sei der für die Bescheiderlassung maßgebende Sachverhalt gemäß § 56 AVG klar gegeben.

Für die belangte Behörde stehe daher fest, dass durch eine neuerliche Anhörung der Parteien nichts mehr zur Klärung des Sachverhaltes beigetragen werden könne. Auch sei festzuhalten, "dass durch die Übernahme der Schutzzone 2 unter Zugrundelegung der Sicherungszeit von nicht weniger als 180 min den Angaben und Forderungen der Parteien - auf Grundlage des von ihnen vorgelegten Gutachtens Dr. S - gefolgt wird". Deshalb sei "das Verfahren ohne weitere Erhebungen und neuerliche Anhörung der Parteien und Beteiligten durch Erlassung des Bescheides zu schließen" (Bescheid Seite 306).

4. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer die vorliegenden - wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen - Beschwerden.

Sie erachten sich "in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht, dass bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen nach den §§ 32 ff EisbG 1957 aF, insbesondere des § 36 Abs 4 aF, keine eisenbahnrechtliche Baugenehmigung erteilt wird" sowie "in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Durchführung eines ordentlichen Verfahrens, insbesondere gemäß §§ 37 ff AVG" als verletzt.

Weiters brachte die Siebzehntbeschwerdeführerin am 18. September 2007 einen als "Erklärung zu der bereits vorgebrachten Beschwerde gem Art 131 Abs 1 Z 1 B-VG vom 30.07.2007" bezeichneten Schriftsatz ein, in dem sie den Antrag stellte, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Vorauszuschicken ist zunächst, dass sich nach Aufhebung des vorangegangenen Bescheids der belangten Behörde durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 2. Mai 2007 das fortgesetzte Verfahren der belangten Behörde darauf beschränkt hat (ohne weitere Einholung von Gutachten und ohne weitere mündliche Verhandlung), auf Basis des abgeänderten Projektantrages (Erweiterung der Schutzzone 2) neuerlich der mitbeteiligten Partei die beantragten Bewilligungen zu erteilen. Der nunmehr angefochtene Bescheid unterscheidet sich vom vorangegangenen nur dadurch (wie die Beschwerdeführer insofern zutreffend hervorheben), dass die Schutzzone 2 entsprechend der abgeänderten Auflage N.1.d.2 nunmehr von km 1,355 bis km 6,750 sowie von km 7,730 bis 7,886 reicht (anstatt wie bisher von km 1,355 bis 4,455 und von km 7,730 bis 7,886) und damit sämtliche verbauten und verbaubare Bereiche oberhalb des Tunnels umfasst (dies wird von den Beschwerdeführern nicht bestritten).

1.2. Gemäß § 63 Abs 1 VwGG sind die Verwaltungsbehörden in dem Fall, dass der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde gemäß § 131 B-VG stattgegeben hat, verpflichtet, mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofs entsprechenden Rechtszustand herzustellen; bei Erlassung des Ersatzbescheides ist die Behörde an die vom Verwaltungsgerichtshof im aufhebenden Erkenntnis geäußerte Rechtsansicht gebunden; der obsiegende Beschwerdeführer hat ein subjektives Recht auf Beachtung der Bindungswirkung des § 63 Abs 1 VwGG.

2. Tragfähigkeit/Brandbeständigkeit

2.1. Maßgebend für die Aufhebung des Bescheides der belangten Behörde vom 14. September 2004 war im Wesentlichen der Umstand, dass die von der belangten Behörde vorgenommene Differenzierung zwischen der "Schutzzone 2" und der "Schutzzone 3.2" durch Normierung unterschiedlicher Sicherheitsstandards in entscheidenden Bereichen nicht schlüssig begründet worden war (verwiesen wird auf die nähere Darlegung im zitierten Erkenntnis vom 2. Mai 2007, Punkte II.4.1, II.4.4.4, II.5.3 und II.5.4).

Im Ersatzbescheid hat die belangte Behörde nicht etwa auf dieser Differenzierung beharrt, sondern sie - im Einklang mit dem diesbezüglichen Antrag der mitbeteiligten Partei - aufgegeben und einheitlich für sämtliche bebauten und bebaubaren Bereiche die Einreihung in die Schutzzone 2 verfügt.

2.2. Die Beschwerdeführer rügen diese Vorgangsweise insofern, als die belangte Behörde, wie "eine genaue Analyse der Auflagen" nach Auffassung der Beschwerdeführer zeige, eine Brandbeständigkeit von zumindest 180 min - in der Schutzzone 2 - gar nicht festgelegt habe. Bei der diesbezüglichen Annahme der belangten Behörde handle es sich um ein "grundlegendes Missverständnis", dem nicht nur die belangte Behörde, sondern "auch die Beschwerdeführer und der Verwaltungsgerichtshof" (im zitierten Erkenntnis vom 2. Mai 2007) unterlegen seien.

Die Beschwerdeführer bringen dazu vor:

-

"Es ist unrichtig, dass in der Schutzzone 2 eine Sicherungszeit von 180 zwingend vorgesehen ist.

-

Es ist unrichtig, dass in der Schutzzone 2 eine Brandbeständigkeit von zumindest 180 min auszuführen ist.

-

Daher ist es auch unrichtig, dass mit der Projektänderung die Einwände der Bf gegen die Festlegung der Schutzzonen und die Dauer der Brandbeständigkeit berücksichtigt seien."

Damit beruhe der angefochtene Bescheid auf einem "überholten Stand der Technik in Sicherheitsfragen", was die Beschwerdeführer unmittelbar berühre.

2.3.1. In diesem Zusammenhang versuchen die Beschwerdeführer darzulegen, dass der angefochtene Bescheid die Brandbeständigkeit (Tragsicherheit, Standfestigkeit) nicht selbständig normiere, insbesondere nicht dadurch, dass eine Brandbeständigkeit von zumindest 180 min Dauer verfügt werde. Vielmehr - so die Beschwerdeführer - werde die Brandbeständigkeit in Abhängigkeit von der Sicherungszeit definiert, nämlich nur während der Sicherungszeit gefordert. Für diese werde von der belangten Behörde aber nur eine Obergrenze festgelegt (180 min), die genaue Festlegung aber der mitbeteiligten Partei bzw der Wiener Feuerwehr überlassen. Diese Verlagerung der Entscheidung über eine zentrale Sicherheitsfrage auf eine Verfahrenspartei sei unzulässig. Geknüpft an dieses Vorbringen machen die Beschwerdeführer Verfahrensmängel (Nichtgewährung rechtlichen Gehörs) geltend.

2.3.2. Mit diesem Vorbringen vermögen die Beschwerdeführer allerdings keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Im zitierten Vorerkenntnis vom 2. Mai 2007 hat der Verwaltungsgerichtshof zu diesem Thema Folgendes ausgeführt:

"Damit wird also angeordnet, dass - in der Schutzzone 2 - das Tunnelbauwerk so auszugestalten ist, dass eine Tragsicherheit von zumindest 180 min gewährleistet ist. Dieses Verständnis haben offenbar auch die Beschwerdeführer, wenn sie einräumen (Schriftsatz OZ 12, S 11), dass dem Erfordernis, der betreffende Tunnelabschnitt müsse 'eine Standsicherheit von mindestens 180 min aufweisen', durch die genannte Auflage Rechnung getragen werde."

(Punkt II.6.1.2 des zitierten Erkenntnisses).

Davon abzurücken bieten die nunmehrigen Beschwerdeausführungen keinen Anlass; die Annahme der Beschwerdeführer hinsichtlich einer wechselseitigen Interdependenz von Sicherungszeit und Brandbeständigkeit und einer daraus resultierenden Unbestimmtheit ist nicht begründet.

Die maßgebenden Vorschreibungen im Auflagenpunkt N.1.d.2 lauten wie folgt:

"d) Besondere Vorschreibungen für den technischen Brandschutz

...

2. Der Erteilung der gegenständlichen Bewilligung werden nachstehende Sicherungszeiten vorausgesetzt

a Für die Schutzzone 2, ...

<= 180 min

b Für die Schutzzone 3.2, ...

keine

Unter der 'Sicherungszeit' ist jener Zeitraum zu verstehen, der im Brandfall für die Sicherung zum Zwecke des Personenschutzes von durch den Brand gefährdeten anderen Eisenbahnanlagen, Bauwerken Dritter und sonstigen Anlagen und Einbauten erforderlich ist und diese setzt sich zusammen aus der Branderkennungszeit, der Anfahr-, Räum- und Sperrzeit und eines entsprechenden zeitlichen Sicherheitszuschlages.

Die Einhaltung der vorausgesetzten (maximalen) Sicherungszeiten ist als Voraussetzung für die Erteilung der eisenbahnrechtlichen Betriebsbewilligung nachzuweisen.

3. Soferne nach anderen Auflagepunkten des gegenständlichen Bescheides ein Nachweis bezüglich der Einwirkung der nach der LT1- Kurve oder der offenen LT1-Kurve definierten Brandlast zu erbringen ist, haben auch die Nachweise über die Eignung der verwendeten Brandschutzmaterialien gesondert durch Prüfzeugnisse oder Beurteilungen einer hierfür akkreditierten Prüf- und Überwachungsstelle unter Berücksichtigung der LT-1 Kurve und der offenen LT-1 Kurve zu erfolgen.

a Die LT-1 Kurve wird wie folgt festgelegt:

Branddauer 0-9 min:

Temperatur in der Heißgasschicht (Deckenbereich) Jo Grad C - 1200 Grad C, linear mit der Zeit ansteigend

Branddauer 9-90 min:

Temperatur in der Heißgasschicht (Deckenbereich) 1200 Grad C, zeitlich konstant

Branddauer 90-180 min:

Temperatur in der Heißgasschicht (Deckenbereich) 1200 Grad C - Jo Grad C, linear mit der Zeit abfallend

b Die offene LT-1 Kurve wird wie folgt festgelegt: Branddauer 0-9 min:

Temperatur in der Heißgasschicht (Deckenbereich) Jo0 Grad C - 1200 Grad C, linear mit der Zeit ansteigend

Branddauer 9-180 min:

Temperatur in der Heißgasschicht (Deckenbereich) 1200 Grad C, zeitlich konstant

4. Die Berechungsquerschnitte der maßgeblichen Bauwerksabschnitte sind gesondert einer detaillierten Brandschutzuntersuchung zu unterziehen. Für diese Untersuchung sind die LT-1 Kurve und die offene LT-1 Kurve heranzuziehen. Unter Berücksichtigung der raschen Temperatureinwirkung von ca. 1200 Grad C sind bei den Berechnungen Abplatzerscheinungen zu berücksichtigen.

Die Untersuchungsergebnisse sind im Zuge des Betriebsbewilligungsverfahrens der Behörde vorzulegen.

...

6. Die Tragsicherheit des Tunnelbauwerkes hat für die Schutzzone 2 während der Einwirkung der definierten Brandlast (LT- 1 Kurve und der offenen LT-1 Kurve) auch mit Berücksichtigung der Verkehrslast bzw. anderer Auflasten während der Sicherungszeit (diese setzt sich zusammen aus der Branderkennungszeit, der Anfahr- , Räum- und Sperrzeit und eines entsprechenden zeitlichen Sicherheitszuschlages) größer/gleich 1,0 zu betragen.

Hierüber ist der Behörde im Zuge des Betriebsbewilligungsverfahrens ein entsprechender Nachweis eines hiezu befugten Zivilingenieur samt eines Prüfberichtes gleicher Anforderung vorzulegen."

Aus der Definition der "Sicherungszeit" in N.1.d.2 wird deutlich, dass diese Zeit möglichst kurz ("maximal") zu sein hat, um den Sicherheitserfordernissen zu entsprechen. Damit korreliert die Wendung in der genannten Auflage, es würden "nachstehende Sicherungszeiten vorausgesetzt .... <= 180 min".

Dem gegenüber wird die erforderliche "Tragsicherheit" in Punkt N.1.d.6 angeordnet. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer ist die diesbezügliche zeitliche Festlegung (mindestens 180 min) unabhängig von der mit "<= 180 min", also maximal 180 min, festgelegten Sicherungszeit: Die Zeitdauer, während der "Tragsicherheit" zu gewährleisten ist, wird durch Bezugnahme zur "definierten Brandlast (LT-1 Kurve und der offenen LT-1 Kurve)" festgelegt. Beide Brandlastkurven, sowohl die LT- 1 Kurve als auch die offene LT-1 Kurve, legen eine Branddauer von 180 min fest; sie unterscheiden sich insofern, als unter Zugrundelegung der Annahmen der LT-1 Kurve in der 180. Minute die Temperatur auf ?o Grad C Grad abgefallen ist, während unter Zugrundelegung der Annahmen der offenen LT-1 Kurve die Brandtemperatur auch noch in der 180. Minute bei 1200 Grad liegt. Soll nun - so die Auflage N.1.d.6 - die Tragsicherheit des Tunnelbauwerks während der Einwirkung der definierten Brandlast "größer/gleich 1,0" betragen, also zu 100 % gewährleistet sein, bedeutet dies, dass jedenfalls während der ersten 180 min des Brandgeschehens (Brandszenario sowohl nach der LT-1 Kurve als auch nach der offenen LT-1 Kurve) Brandbeständigkeit gegeben sein muss. Der weitere Passus in der genannten Auflage "auch mit Berücksichtigung der Verkehrslast bzw. anderer Auflasten während der Sicherungszeit" nimmt offenkundig darauf Bezug, dass während der Sicherungszeit der im Brandfall gefährdete Bereich zu sichern ist ("Räum- und Sperrzeit"; vgl N.1.d.2), wobei für diesen Zeitraum zusätzliche "Auflasten" zu berücksichtigen sind, solange der gefährdete Bereich noch nicht (vollständig) geräumt werden konnte.

Das von den Beschwerdeführern unterlegte Verständnis würde dazu führen, dass die notwendige Tragsicherheit durch Bezugnahme auf zwei unterschiedliche zeitliche Parameter ("Brandlast" von zumindest 180 min; "Sicherungszeit" von maximal 180 min) definiert würde und damit unbestimmt wäre. Es würde aber auch der aus dem Kontext der Auflagen N.1.d hervorleuchtenden Zielrichtung widersprechen, die Sicherungszeit möglichst kurz, die Brandbeständigkeit möglichst lang zu halten.

Sollten tatsächlich Zweifel am Bedeutungsinhalt der im Spruch des angefochtenen Bescheides enthaltenen Auflagen bestehen, so erscheinen sie mit Blick auf die diesbezügliche Begründung des angefochtenen Bescheides jedenfalls ausgeräumt:

Die belangte Behörde legte dar (Seite 194 ff des Bescheides), dass im Verwaltungsverfahren gegen die für die Brandbemessung maßgebende Festlegung der Brandlastkurve von Seiten der Beschwerdeführer, unterstützt durch den Privatsachverständigen Dr. S, eingewendet worden war, dass die in der LT-1 Kurve angenommene Vollbrandphase von 90 min zu kurz sei, die Bemessung vielmehr mit einer Vollbrandphase von 180 min zu erfolgen habe. Der (von der belangten Behörde bestellte) Sachverständige Dr. G habe dem "insoweit Rechnung getragen", als er für den Fall, dass die erforderliche Sicherungszeit 90 min überschreite, eine Verlängerung der Brandbemessungszeitdauer in Form der "modifizierten LT-1 Kurve" zugrunde gelegt habe. Die modifizierte LT-1 Kurve unterscheide sich von der LT-1 Kurve wie folgt:

"LT-1 Kurve

 

0 bis 9 Minuten:

Temperatur in der Heissgasschicht 1.200 Grad C, linear mit der Zeit ansteigend

9 Minuten bis 90 Minuten

1.200 Grad C zeitlich konstant

90 bis 180 Minuten

1.200 Grad C auf Umgebungstemperatur linear mit der Zeit abfallend"

"modifizierte LT-1 Kurve:

 

0 bis 9 Minuten:

Temperatur in der Heissgasschicht 1.200 Grad C, linear mit der Zeit ansteigend

9 Minuten bis zum Ende Sicherungszeit

1.200 Grad C zeitlich konstant

Sicherungszeit bis 180 Minuten

1.200 Grad C auf Umgebungstemperatur linear mit der Zeit abfallend"

Der Unterschied der offenen LT-1 Kurve zu den beiden "oben

beschriebenen LT-1 Kurven" ergebe sich wie folgt:

"offene LT-1 Kurve:

0 bis 9 Minuten:

Temperatur in der Heissgasschicht 1.200 Grad C, linear mit der Zeit ansteigend

9 Minuten bis 180 Minuten

1200 Grad C, zeitlich konstant"

Im weiteren gab die belangte Behörde die Ausführungen des Privatsachverständigen Dr. S wieder und folgerte (Bescheid, S 196): "Auf Grund dieses dargestellten Verfahrensergebnisses sah sich die Behörde veranlasst, bei der Formulierung der Auflagen betreffend Festlegung der Brandlastkurven sowohl die LT- 1 Kurve als auch die offene LT-1 Kurve in den Bescheid zu übernehmen. Hierbei konnte sich die Behörde insbesondere auf die Angaben der Projektwerberin und die dazu in Übereinstimmung stehenden gutachterlichen Stellungnahmen von Dr. M und Dr. S stützen."

Die belangte Behörde hat also gerade nicht die vom Sachverständigen Dr. G erstellte "modifizierte LT-1 Kurve", die in der Tat auf das "Ende der Sicherungszeit" abgestellt hat, übernommen, sondern die - von der Sicherungszeit unabhängige - offene LT-1 Kurve.

In weiterer Folge legte die belangte Behörde dar, dass die Berücksichtigung der Brandlastkurven und der Sicherungszeiten nur in der Schutzzone 2 des Tunnelabschnittes erforderlich sei, weil "für die Bereiche, in denen oberhalb des Tunnels schützenswerte Bereiche liegen (Bebauungen, öffentliche Straßen, andere Eisenbahnanlagen, Einbauten Dritter etc), eine ausreichende Zeitspanne für eine Räumung bzw Sicherung dieser Bereiche gegeben sein" müsse. Im Ermittlungsverfahren habe sich ergeben, dass nicht geklärt werden könne, ob die im ursprünglichen Projekt unterstellte Sicherungszeit von 90 min in allen Tunnelabschnitten ausnahmslos gewährleistet werden könne. Im Hinblick auf die "im Bescheid vorausgesetzte und vorgeschriebene Sicherungszeit von 180 min" sei auch die Stellungnahme der MA 68 von Bedeutung, als diese eine "Interventionszeit von ca 10 bis 15 min für den Normalfall angegeben" habe.

Bei Beurteilung der Ausführungen des Sachverständigen Dr. S führt die belangte Behörde weiter aus (Bescheid Seite 243):

"Im Hinblick auf die bautechnischen Ausführungen im Gutachten wird festgehalten, dass gemäß dem genehmigten Projekt nach der LT- 1 Kurve bzw der offenen LT-1 Kurve die an anderer Stelle des Bescheides festgelegten Sicherungszeiten zu 90 min bzw 180 min gewährleistet sind. Sohin ist den Ausführungen des Sachverständigen, dass die Tragsicherheit der Konstruktion eine Brandwiderstandszeit von 180 min aufweisen müsse, im Rahmen des gegenständlichen Projektes Rechnung getragen."

Auch bei der Auseinandersetzung mit dem Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Dr. S vom 23. Juni 2003 (LTU 02/03) geht die belangte Behörde in der Begründung des Bescheides (Bescheid Seite 246) davon aus, dass "in der Zwischenzeit gemäß dem Projekt nicht nur die LT-1 Kurve nachgewiesen wird, vielmehr wird im Projekt auch neben der LT-1 Kurve die offene LT-1 Kurve nachgewiesen. Beide Brandbemessungskurven wurden auch der gegenständlichen Genehmigung zu Grunde gelegt, sie sind den Auflagen zu entnehmen."

Dass die belangte Behörde sich nicht mit den Ausführungen des von ihr beigezogenen Sachverständigen Dr. G begnügt hat, zeigt sich also insbesondere darin, dass sie - in Stattgebung der Kritik an der LT-1 Kurve - nicht die vom Sachverständigen Dr. G daraufhin kreierte "modifizierte LT-1 Kurve" (welche die Sicherungszeit in die Brandlastdauer einbezogen hat) der Brandbemessung zu Grunde gelegt hat, sondern die "offene LT-1 Kurve". Auch die "Genesis" dieser Auflage, im gegebenen Zusammenhang also die Übernahme der Forderungen des Privatsachverständigen Dr. S durch die Behörde, spricht gegen die von den Beschwerdeführern unternommene Auslegung. Bei diesem Ergebnis kann die Wendung auf Seite 306 des angefochtenen Bescheides, es sei "festzuhalten, dass durch die Übernahme der Schutzzone 2 unter Zugrundelegung der Sicherungszeit von nicht weniger als 180 min den Angaben und Forderungen der Parteien ... gefolgt wird" (Hervorhebungen nicht im Original), im Lichte der sonstigen Ausführungen des angefochtenen Bescheides, nur als offensichtliches Vergreifen im Ausdruck angesehen werden, zumal nach den eindeutigen Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht der normative Inhalt der Schutzzonenfestlegung geändert, sondern nur der räumliche Anwendungsbereich der Schutzzone 2 erweitert werden sollte.

Damit ist festzuhalten, dass mit der erwähnten Auflage die belangte Behörde eine Brandbeständigkeit des Tunnelbauwerks von zumindest 180 min normiert hat. Dass dieser Zeitrahmen nicht ausreichend wäre, wird von den Beschwerdeführern nicht vorgebracht.

Soweit sich die Beschwerdeführer - allgemein gehalten - darauf stützen, die belangte Behörde habe den Stand der Technik vor "fast drei Jahren" zugrundegelegt, haben sie keine Verletzung konkreter subjektiv-öffentlicher Rechte aufgezeigt. Dies gilt auch für ihren Hinweis auf die bauliche Ausgestaltung des - einen anderen Bereich betreffenden - "Wienerwald-Tunnels", der in zwei eingleisigen Röhren ohne Gegenverkehr geführt werde (vgl das hg Erkenntnis vom 23. Mai 2007, Zl 2005/03/0094, mwN).

2.4.1. Die Beschwerdeführer wenden sich weiters dagegen, dass das Ausmaß des "Sicherheitszuschlags" (die Sicherungszeit setze sich entsprechend N.1.d.2 aus "Branderkennungs-, Anfahr-, Räum- und Sperrzeit und einem entsprechenden zeitlichen Sicherheitszuschlag" zusammen) unbekannt und daher ins Belieben des Projektbetreibers, also der mitbeteiligten Partei, gestellt sei. Diese Ungenauigkeit schlage auf die Bemessung der Brandbeständigkeit durch.

2.4.2. Dass dies nicht zutrifft, weil eine Brandbeständigkeit von zumindest 180 min normiert wurde, ist bereits oben dargelegt worden. Abgesehen davon ist die fehlende zeitliche Eingrenzung des "Sicherheitszuschlages" deshalb unbedenklich, weil das Gesamtausmaß der Sicherungszeit, das auch durch den erwähnten Zuschlag nicht überschritten werden darf, mit maximal 180 min festgelegt wurde. Zu verweisen bleibt darauf, dass auch das zeitliche Ausmaß der übrigen Einzelparameter der Sicherungszeit nicht näher begrenzt ist; die Summe der dafür notwendigen Zeit darf aber nach der Auflage N.1.d.2 nicht mehr als 180 min betragen ("<= 180 min").

2.5. Soweit die Beschwerdeführer schließlich rügen, die Anordnung in der Auflage N.1.d.6, wonach die LT-1 Kurve und die offene LT-1 Kurve für die Tragfähigkeit maßgebend sei, lasse im Dunkeln, wann welche Kurve maßgebend sei, ist auch dieses Vorbringen nicht zielführend. Zunächst ist darauf zu verweisen, dass - wie schon oben dargestellt - der Zeithorizont sowohl der LT- 1- als auch der offenen LT-1 Kurve von 0 bis 180 min reicht, also eine Zeitspanne von 180 min umfasst. Wenn nun die belangte Behörde anordnete, dass die LT-1 Kurve und die offene LT-1 Kurve zu berücksichtigen seien (so nicht nur in N.1.d.6, sondern auch in N.1.d.3, 4 und 5), ist damit jedenfalls eine Brandbeständigkeit von 180 min gewährleistet.

3. Elektromagnetische Grenzwerte/55 bzw 110 kV-Leitungen

3.1. Die Beschwerdeführer bemängeln weiter, dass ihnen kein rechtliches Gehör betreffend die Festlegung elektromagnetischer Grenzwerte gewährt worden sei. Während sämtliche im Verfahren erstatteten Gutachten von einer (bei den ÖBB üblichen) Bahnstromversorgung mit lediglich 15 kV ausgegangen seien, solle laut dem bekämpften Bescheid die Bahnstromversorgung des Verbindungstunnels über mehrere zweischleifige Hochspannungsleitungen mit 55 bzw 110 kV erfolgen, welche in Kabelschächten im Tunnel angeordnet würden. Diese Bahnstromversorgung sei nicht Gegenstand des Einreichprojekts der mitbeteiligten Partei und der sachverständigen Begutachtungen im eisenbahnrechtlichen Genehmigungsverfahren gewesen. Es bedürfe keiner weitwendigen Begründung, dass die elektromagnetischen Auswirkungen von 110 kV-Hochspannungsleitungen andere seien als jene von normalen 15-kV-Oberleitungen, die im Übrigen zum Betrieb der Eisenbahn zusätzlich erforderlich wären.

3.2. Zu diesem Vorbringen ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl das - den zweiten Abschnitt des "Lainzer Tunnels" betreffende - Erkenntnis vom 23. Mai 2007, Zl 2005/03/0094, und das Erkenntnis vom 30. Juni 2006, Zl 2002/03/0213, mwN) durch Einwendungen betreffend Immissionen, wozu auch Einwirkungen durch elektromagnetische Felder gehören, keine nach dem EisbG gewährleisteten subjektiven öffentlichen Rechte geltend gemacht werden. Demnach zeigen diese Beschwerdeausführungen keine Verletzung im geltend gemachten Recht (vgl die unter I.4. zitierten Beschwerdepunkte) auf.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass - entgegen der Annahme der Beschwerdeführer - mit dem angefochtenen Bescheid noch keine Genehmigung der Verlegung von 55- oder 110 kV-Leitungen erfolgte. Ausgehend von Auflagepunkt D ("Vorschreibungen für das Fachgebiet Elektrotechnik") ist das "Fahrleitungsdetailprojekt" (D.2.a.3) sowie das "Detailprojekt der Bahnstromversorgungsleitungen" (D.2.a.4) vielmehr gesondert zur Genehmigung vorzulegen, wobei (lediglich) die "erforderlichen bautechnischen Maßnahmen ... bereits vorzusehen" seien. Demgemäß wird auch in der Bescheidbegründung (Seite 181) ausgeführt, dass die Ausrüstung des Tunnels mit den erforderlichen Kabelschächten projektgemäß vorgesehen sei, die "Genehmigung der Stromversorgungsanlagen selbst" aber einem gesonderten Bewilligungsverfahren vorbehalten bleibe.

4. Trassenverlauf

4.1. Die Beschwerdeführer bemängeln schließlich, dass die belangte Behörde keine sachliche Begründung für den gewählten Trassenverlauf gegeben habe, dieser sei daher willkürlich. Bei "sachlicher Erörterung des Trassenverlaufs" hätte sich herausgestellt, dass die gewählte Trasse nicht optimal und vom eisenbahntechnischen Standpunkt aus nicht bewilligungsfähig sei. Bei anderer Trassenwahl wären die Beschwerdeführer vom Bauprojekt nicht betroffen gewesen.

4.2. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid (Seite 83) die bei der Trassenauswahl berücksichtigten Kriterien aufgelistet, nämlich "Lärm, Erschütterungen an der Oberfläche, Erschütterungen entlang der Tunnelstrecke, Einlösung von Gebäuden, Servitute, Stadtbild, Grünraum, betroffene Straßen, Bautätigkeit im Grünen sowie Bautätigkeit im verbauten Gebiet". Die Definition dieser Kriterien sei "unter Mitwirkung sämtlicher Bürgerinitiativen und "Katalogisierung der im ersten Anhörungsverfahren ... erhobenen Einwendungen" erfolgt. Auch ihre "Gewichtung zueinander" sei "mit sämtlichen Bürgerinitiativen ... gemeinsam erarbeitet und auch formuliert", die so erarbeiteten Kriterien in "Messgrößen (nach Längen, Gebäudeanzahl usw.) umgesetzt" worden. Danach sei die gewählte Variante "HA-WEI-Tief mit Maxing" als optimal bewertet worden.

Mit dem allgemein gehaltenen Vorwurf, die belangte Behörde habe es unterlassen, die "Bewertungsmethode im Bewilligungsverfahren offen zu legen", treten die Beschwerdeführer den diesbezüglichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid (S. 83) nicht konkret entgegen. Die Beschwerdeführer bringen auch nicht etwa vor, dass entgegen den Ausführungen im angefochtenen Bescheid die diesbezüglichen Unterlagen im Kundmachungsverfahren nicht vollständig gewesen sein.

Die Beschwerdeführer bemängeln in diesem Zusammenhang weiter, dass die endgültige Trasse bei Trassen-km 3,5 einen "äußerst engen Bogen mit Radius 1.200 m" aufweise, welcher "Trassenknick" nicht Gegenstand der Variantenuntersuchung gewesen sei, ohne den sie vom Projekt nicht betroffen wären und der sogar den eigenen Planungsvorschriften der mitbeteiligten Partei widerspreche. Nach diesen sei nämlich unter Zugrundelegung einer Geschwindigkeit von 160 km/h (wie im gegenständlichen Bereich) ein Kurvenmindestradius von 2.500 m vorgeschrieben, der tatsächlich gewählte Radius daher unzulässig.

Im angefochtenen Bescheid wird - nach Wiedergabe von Ausführungen der Sachverständigen Dipl.Ing. K und Dipl.Ing. G zur Identität der dem Trassenverordnungsverfahren und dem eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahren zu Grunde liegenden Projekte - festgestellt (Bescheid Seite 75), dass die Verschwenkungen der Gleisführung im Bereich Schlöglgasse und Speisinger Bogen unter Berücksichtigung des Befundes des eisenbahntechnischen Sachverständigen im eisenbahnrechtlichen Verfahren und unter Berücksichtigung der Beanstandungen der Anrainer durchgeführt wurden; die Projektidentität werde davon nicht berührt. Die Identität der dem Trassenverordnungsverfahren und dem eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahren zu Grunde liegenden Projekte sei "auf Grund der identen Art der Anlage, der identen Funktion der Streckenverbindung, geringfügiger Anpassung des Trassenverlaufs sowie der Beibehaltung wesentlicher Merkmale der Ausführung" gegeben. Die "Änderungen und Ergänzungen zufolge der weitergeführten Bearbeitung" seien im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit von geringer Bedeutung, unbedeutend oder von positiver Auswirkung.

Im Weiteren (Bescheid Seiten 83ff) legte die belangte Behörde dar, dass schon die im Variantenvergleich als optimal eingestufte Trassenvariante "HA-Wei tief mit Maxing" im Bereich zwischen dem Speisinger Bogen und dem Wiental "noch einen Spielraum" für die endgültige Lage der Trasse gelassen habe. Dieser Trassenspielraum im wegen der Bebauung und der relativ seichten Tunnellage "kritischen Bereich" sei vom erschütterungstechnischen Sachverständigen Dr. St "als technisch notwendig zur weiteren Bearbeitung empfohlen" worden, wobei - nach Durchführung eines Vorprogramms und Bodenaufschließungen - die "Variante ... optimiert und das Optimierungsergebnis den Bürgerinitiativen im November 1992 nachgewiesen" sowie "sämtliche zugrundeliegende Protokolle ebenfalls den Bürgerinitiativen übersandt" worden seien.

Zu Unrecht werfen daher die Beschwerdeführer der belangten Behörde vor, es fehle jede Begründung für die Wahl der nun projektgegenständlichen Variante. Welche eigenen Rechte der Beschwerdeführer schließlich dadurch verletzt wären, dass auf der gewählten Trasse im Bereich von Trassenkm 3,5 ein Kurvenradius von 1200 m geplant sei, was die ansonsten zu Grunde gelegte Geschwindigkeit von 160 km/h unzulässig mache, wird von den Beschwerdeführern nicht dargelegt.

5. Schon der Inhalt der Beschwerden lässt daher erkennen, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt. Daran vermag der von der Siebzehntbeschwerdeführerin eingebrachte Schriftsatz angesichts der vorgenannten Ausführungen nichts zu ändern. Die Beschwerden waren daher gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Eine Entscheidung des Berichters über den im eben erwähnten Schriftsatz gestellten Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, erübrigt sich daher.

Wien, am 26. September 2007

Schlagworte

öffentlicher Verkehr Eisenbahnen Seilbahnen LifteOrganisationsrecht Justiz - Verwaltung Verweisung auf den Zivilrechtsweg VwRallg5/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007030140.X00

Im RIS seit

10.10.2007

Zuletzt aktualisiert am

27.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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