TE OGH 2009/6/23 14Os15/09a

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Veröffentlicht am 23.06.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Juni 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig und Dr. T. Solé sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schneider als Schriftführer in der Strafsache gegen Ramazan G***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 3 SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Werner R***** gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 24. Juli 2008, GZ 34 Hv 2/08v-333, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Holzleithner, des Angeklagten Werner R*****, des Verteidigers Dr. Kramer und der Verteidigerin Mag. Zisler zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und es wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Unterbleiben der rechtlichen Unterstellung der dem Schuldspruch B/II zugrunde liegenden Taten auch unter Abs 2 des § 27 SMG und demzufolge im Strafausspruch (mit Ausnahme der Vorhaftanrechnung, der Einziehungserkenntnisse und der Abschöpfung der Bereicherung) aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird in der Sache selbst erkannt:

Werner R***** hat durch die dem Schuldspruch B/II zugrunde liegenden Taten Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall sowie Abs 2 SMG begangen und wird für diese Vergehen und das ihm laut Urteilssatz weiters zur Last liegende Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 3 SMG (A/2) und das ihm laut Urteilssatz weiters zur Last liegende Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG (C) unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 28a Abs 4 SMG zu neun Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

Mit seiner Berufung und seiner aus Z 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde wird der Angeklagte auf die Strafneubemessung verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Dem Angeklagten Werner R***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch den rechtskräftigen Schuldspruch des Mitangeklagten und Freisprüche enthält, wurde Werner R***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 3 SMG (A/2) und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (B/2) und nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG (C) schuldig erkannt.

Danach hat er im Großraum Innsbruck in der Zeit von 2005 bis 19. Juni 2007

A/2 den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr gesetzt, wobei er schon einmal wegen einer Straftat in Bezug auf Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge verurteilt wurde, indem er zumindest 5 kg hochwertiges Kokain (US 17: durchschnittlich 39 % Reinheitsgehalt) und Cannabisprodukte (US 17: durchschnittlich 5 % Reinheitsgehalt) im zweistelligen Kilobereich an den Mitangeklagten und die abgesondert verfolgten Rupert K*****, Peter S***** und Herbert Kl***** im Zuge zahlloser zeitlich knapp aufeinander folgender Teilgeschäfte gewerbsmäßig verkaufte, wobei er die Taten mit Beziehung auf Suchtgifte beging, deren Menge „zumindest das 25-fache der in § 28b SMG angeführten Menge" ausmachte;

B/II den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, nämlich Cannabisprodukte und Kokain, bei Unbekannten für den Eigenbedarf erworben und besessen;

C am und vor dem 19. Juni 2007 Waffen und Munition, nämlich - im Urteil näher bezeichnet - ein Elektroschockgerät, einen Zimmerstutzen, ein Luftdruckgewehr, einen Säbel, zwei Packungen Flobertpatronen und weitere 99 Stück Patronen besessen, obwohl ihm dies gemäß § 12 WaffG verboten ist.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte Werner R***** bekämpft den Schuldspruch mit Nichtigkeitsbeschwerde aus Z 2, 3, 4, 5, 5a, 6, 9 lit a, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO, die aus dem Grunde der Z 10 berechtigt ist.

Die aus Z 2 des § 281 Abs 1 StPO kritisierte Verlesung des Aktenvermerks S 447 ff/XIV trotz Widerspruchs ist nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls nicht erfolgt (S 29/XX). Im Übrigen ist das schriftliche Festhalten einer selbstbelastenden Information eines Zeugen ohne Belehrung nach § 157 Abs 1 Z 1 StPO nicht nichtig (vgl § 159 Abs 3 StPO) und unterliegt nicht dem Umgehungsverbot des § 157 Abs 2 StPO, weshalb eine solche Aussage im nicht gegen den Zeugen geführten Verfahren als Gegenstand der Z 2 oder 3 ausscheidet (Ratz, WK-StPO, § 281 Rz 176).

Soweit sich die Rüge unter Berufung auf das Umgehungsverbot des § 252 Abs 4 StPO gegen die Einvernahme der Polizeibeamten H***** und E***** wendet, ist zu erwidern, dass sich das Urteil nicht auf die Aussagen oder den diesen vorgelegten Aktenvermerk gründet, weshalb die Formverletzung keinen nachteiligen Einfluss für den Angeklagten üben konnte (RIS-Justiz RS0101041, RS0097482).

Der weiteren Kritik zuwider ist zwar das Unterbleiben einer Mitteilung über das in Abwesenheit des Angeklagten Vorgekommene mit Nichtigkeit bedroht (§ 250 Abs 2 StPO), nicht aber, dass die Vorsitzende den Beschwerdeführer während der Abhörung eines Zeugen aus dem Verhandlungssaal abtreten ließ. Soweit bloß „oberflächliche und kurz gehaltene Mitteilung" nach abgesonderter Vernehmung des Mitangeklagten (S 461/XVII) ohne bestimmte Bezeichnung der vermissten Information behauptet wird, mangelt es an der prozessförmigen Darstellung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 249). Im Übrigen stand es dem Verteidiger frei, auf ergänzende Information hinzuwirken (RIS-Justiz RS0096178).

Die Reklamation (Z 4) gesetzwidriger Entscheidung über den Antrag vom 29. April 2008 (ON 250) auf gerichtliche Erklärung sachlicher Unzuständigkeit (allein durch die Vorsitzende S 323/XVII) scheitert schon an der erforderlichen Antragstellung in der Hauptverhandlung (einen schriftlichen Antrag bloß aufrecht zu halten [S 323/XVII], genügt nicht; RIS-Justiz RS0099099, RS0099511, RS0099178). Im Übrigen wurde keine Senatsentscheidung begehrt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 318).

Das weitere Entscheidungen des Schöffensenats (S 71, 177/XVIII, 117 f, 121/XIX) in Betreff von Befangenheitsanträgen des Beschwerdeführers (S 69, 175/XVIII, S 115, 119/XIX) kritisierende Vorbringen bildet inhaltlich den Gegenstand einer Besetzungsrüge (Z 1). Denn Befangenheit ist (seit 1. Jänner 2008) ein Fall von Ausgeschlossenheit (vgl § 43 Abs 1 Z 3 StPO); insoweit gibt die Z 1 des § 281 Abs 1 StPO weitergehenden Rechtsschutz. Aus Z 4 relevant sind seither nur noch Anträge zum Nachweis von Ausgeschlossenheit (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 386).

„Befangenheit" (also Ausgeschlossenheit) des Schöffensenats wird geltend gemacht, weil die Vorsitzende über die Zulässigkeit angeblich relevanter Fragen des Verteidigers in der Hauptverhandlung ohne Befassung des Senats „mit Dulden der übrigen Senatsmitglieder" abschlägig entschieden habe. Weiters wird Voreingenommenheit mit der Behauptung eines mit dem hier gegenständlichen Verfahren im Zusammenhang stehenden Ermittlungsverfahrens gegen den Verteidiger und von diesem beauftragte Detektive reklamiert und aus Äußerungen des Staatsanwalts dazu abgeleitet.

Gründe im Sinn der Z 3 des § 43 Abs 1 StPO werden solcherart nicht aufgezeigt, weil es der Vorsitzenden oblag, Fragen der Parteien im Zuge der Vernehmung zurückzuweisen (vgl Danek, WK-StPO § 232 Rz 1). Die Rüge macht demnach gesetzeskonformes Erfüllen von Dienstpflichten zum Vorwurf (vgl Lässig, WK-StPO § 43 Rz 12), wobei im Übrigen gegen die Zurückweisung von Fragen durch die Vorsitzende kein Zwischenerkenntnis des Schöffengerichts beantragt wurde (bloßes „Rügen" des Vorgehens der Vorsitzenden ersetzt eine Antragstellung zur Befassung des Senats nicht; vgl RIS-Justiz RS0117391). Weshalb ein Ermittlungsverfahren gegen den Verteidiger und Anmerkungen des Staatsanwalts dazu Ausgeschlossenheit des Schöffensenats begründen sollten, ist schließlich ebenso wenig nachvollziehbar wie die Behauptung von Ausgeschlossenheit des Senats zufolge amtswegiger Beigebung eines Verteidigers zur Wahrung der Verteidigungsinteressen des Beschwerdeführers zufolge „akuter Belastungsreaktion" des Wahlverteidigers (ON 283).

Die Kritik (Z 4) in Betreff der Entscheidung über den Protokollsberichtigungsantrag (ON 262) scheitert schon daran, dass eine Senatsentscheidung nach (zulässiger) Entscheidung der Vorsitzenden über die gemäß § 271 Abs 1 letzter Satz StPO erfolgte Antragstellung (S 125 ff/XIX) nicht begehrt wurde. Auch das (schriftlich gestellte) Begehren, die Protokollführung durch die Verwendung technischer Einrichtungen zur Bildaufnahme zu unterstützen (§ 271a StPO), wurde in der Hauptverhandlung nicht mündlich gestellt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 309). Der Antrag auf neuerliche Befragung des Mitangeklagten nach Entscheidung über den Antrag nach § 271 Abs 1 letzter Satz StPO ließ schließlich nicht erkennen, inwiefern er einen für die Schuld- oder Subsumtionsfrage erheblichen Umstand betrifft oder sich nur auf die behauptete Richtigkeit des Verlangens, einzelne Punkte im Protokoll festzustellen, bezog. Der Behauptung einer Beschneidung des Fragerechts fehlt erneut die Basis eines Antrags auf Senatsentscheidung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 303).

Den Antrag auf Einholung eines psychiatrischen und psychologischen Gutachtens zur Frage der Aussagetüchtigkeit des Zeugen K***** (S 211/XIX iVm S 255/XVII, S 236 ff/XVIII) wies der Schöffensenat mit der zutreffenden Begründung ab, dass die Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Zeugen grundsätzlich dem Gericht zusteht (§ 258 Abs 2 StPO [S 221/XIX, US 43, 26 f]; eine Hilfestellung durch Sachverständige kommt nur in Ausnahmefällen, etwa bei Entwicklungsstörungen oder geistigen Defekten unmündiger oder jugendlicher Zeugen in Betracht). Im Übrigen wurde im Beweisantrag nicht dargetan, warum anzunehmen sei, dass sich der Zeuge zur begehrten Untersuchung bereit finden werde (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 350).

Auch die Kritik (Z 4, „in eventu nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO [Undeutlichkeit, Unvollständigkeit]") an der Abweisung des Antrags auf (teils) Ausforschung, Ladung und Einvernahme mehrerer Personen zum Nachweis, dass der Mitangeklagte das Suchtgift nicht vom Beschwerdeführer, sondern von anderen Lieferanten bezogen hat (S 211/XIX iVm S 235/XVII), ist unberechtigt. Denn das Gericht ist ohnedies von mehreren Lieferanten ausgegangen (US 12 ff; vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 342). Im Übrigen wurde eine Erkundungsbeweisführung angestrebt, weil nicht dargelegt wurde, inwiefern Zeugen einen Suchtgifterwerb des Mitangeklagten beim Beschwerdeführer generell ausschließen können sollen (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327, 330). Zudem haben die Tatrichter einen Erwerb von 80 bis 100 g Kokain und 70 g Cannabis des Mitangeklagten vom Beschwerdeführer angenommen (US 15), der angesichts der Letzterem sonst angelasteten Suchtgiftmenge für die Subsumtion als Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 3 SMG unbeachtlich ist. Dasselbe gilt für die Behauptung fehlender Würdigung der Angaben des Zeugen K*****, wonach die vom Beschwerdeführer erworbene Kokainmenge auch „1 kg weniger oder mehr" gewesen sein könnte (S 35/XVIII).

Da subjektive Meinungen, Ansichten, Wertungen, Schlussfolgerungen, rechtliche Beurteilungen und ähnliche intellektuelle Vorgänge, wie die persönliche Einschätzung über Beweggründe des Handelns eines anderen, nicht Gegenstand einer Zeugenaussage sein können (vgl RIS-Justiz RS0097540, RS0097573, RS0097545), wurde auch der Antrag auf Ladung und Einvernahme von (teils ohnedies befragten) Personen zum Beweis dafür, dass der Beschwerdeführer vom Mitangeklagten als „sogenannter Blitzableiter" zur Deckung der wahren Hintermänner vorgeschoben wurde (S 211/XIX iVm S 236 ff/XVII), zu Recht abgelehnt. Gleiches gilt für den Antrag auf Ausforschung, Ladung und Einvernahme mehrerer Personen zum Nachweis, dass der Zeuge K***** den P***** lange gekannt und mit diesem Drogengeschäfte abgewickelt habe, noch bevor der Beschwerdeführer verhaftet wurde und dass nicht der Beschwerdeführer sondern der Genannte Lieferant des Zeugen K***** gewesen sei (S 211/XIX iVm S 246 ff/XVII). Denn die angesprochene Dauer der Bekanntschaft ist für die Schuld- und Subsumtionsfrage irrelevant und es fehlt erneut an der erforderlichen Darlegung, weshalb Zeugen Suchtgiftgeschäfte mit dem Beschwerdeführer ausschließen können sollen. Welche Anträge „ungewürdigt und unerledigt" geblieben sein sollen, legt die Rüge nicht konkret dar; das auf S 245 ff/XVII gestützte Vorbringen ist demnach einer sachlichen Auseinandersetzung entzogen.

In der Mängelrüge (Z 5) wird versucht, die Ansicht des Schöffensenats zur Zuverlässigkeit der Angaben des Mitangeklagten (US 24) und des Zeugen K***** (US 26 f) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung mit eigenständiger Beweiswürdigung, urteilskonträren Behauptungen und ohne gebotene Bezugnahme auf die Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS-Justiz RS0119370), solchert prozessordnungswidrig, in Zweifel zu setzen. Denn der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit von Zeugen und Mitangeklagten aufgrund des von diesen in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritisch-psychologische Vorgang ist einer Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde als solcher entzogen (RIS-Justiz RS0106588). Dem weiteren Vorbringen zuwider hat der Schöffensenat keineswegs übergangen, dass die Zeugin O***** selbst keine Suchtgiftübergabe gesehen hat, sondern schloss vielmehr aus ihren Angaben, wonach Peter S***** nach Besuchen beim Beschwerdeführer regelmäßig über Kokain verfügte, mängelfrei auf Suchtgiftgeschäfte (US 16). Mutmaßungen zu Ursachen eines - den Beschwerdeführer belastenden - Geständnisses der genannten Zeugin können ebenso wenig Gegenstand einer Mängelrüge sein, wie der Versuch, die Meinung der Tatrichter von der Unwahrheit der Angaben des Zeugen Herbert K***** (US 30) mit dem Argument, die vorliegenden Anhaltspunkte würden nicht „mit der erforderlichen Sicherheit" und „zwangsläufig" die Urteilsannahmen rechtfertigen, in Frage zu stellen. Dass der Zeuge Harun Y***** den Beschwerdeführer zwar nicht auf vom Verteidiger vorgelegten Lichtbildern, dafür aber persönlich in der Hauptverhandlung identifizierte, blieb vom Schöffensenat nicht unberücksichtigt (S 115 ff/XVIII; US 31). Auch soweit die Rüge die Beweiswürdigung betreffend den den Additionseffekt umfassenden Vorsatz des Beschwerdeführers als nicht überzeugend genug reklamiert und bezüglich der Urteilsannahme, wonach bei diesem sichergestelltes Geld aus gewerbsmäßigen Drogengeschäften stammt (US 34 f), Spekulationen zu möglichen anderen Einnahmequellen anstellt, zeigt sie keinen Begründungsmangel auf.

Erneut einen bloß unzulässigen Angriff auf die Beweiswürdigung der Tatrichter bilden Erwägungen gegen die mit der Art der Verpackung und der vorgefundenen Suchtgiftmenge begründete Feststellung, der Beschwerdeführer habe bei ihm sichergestelltes Suchtgift nicht nur für den Eigengebrauch verwenden wollen (US 31 f).

Die Entscheidung über die Abschöpfung der Bereicherung (§ 20 Abs 1 StGB) ist als strafrechtliche Sanktion eigener Art (Fuchs/Tipold in WK2 Vor §§ 20 bis 20c Rz 19a) nicht mit Nichtigkeitsbeschwerde, sondern mit Berufung anfechtbar (Fuchs/Tipold, WK-StPO § 443 Rz 55). Fallaktuell würde jedoch auch eine entsprechende Berufungsargumentation ins Leere gehen, weil das Urteil die vom Beschwerdeführer vermissten Feststellungen zur Herkunft des bei ihm sichergestellten Geldbetrags enthält (US 18 f, 31 f, 34 f).

Soweit das Vorbringen der Mängelrüge gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen K***** zum Vorbringen einer Tatsachenrüge erhoben wird, ist grundsätzlich klarzustellen, dass Z 5a des § 281 Abs 1 StPO nur schlechterdings unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern will. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (vgl RIS-Justiz RS0118780).

Die der tatrichterlichen Ansicht zuwiderlaufende Behauptung, Zeugen und der Mitangeklagte seien nicht glaubwürdig, erweckt keine solcherart erheblichen Bedenken aus den Akten gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrundeliegenden entscheidenden Tatsachen.

Anfechtungsgegenstand der Z 6 des § 281 StPO ist ein zu Unrecht ergangenes Unzuständigkeitsurteil und nicht der in der Rüge behauptete Irrtum des Gerichts über Zuständigkeitsbestimmungen oder eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes durch Anordnung einer Hauptverhandlung vor einem Schöffengericht. Die Behauptung von Verfassungswidrigkeit einer Strafnorm spricht gleichfalls keinen Nichtigkeitsgrund an (RIS-Justiz RS0053859).

Die gegen den Schuldspruch C gerichtete Rechtsrüge (Z 9 lit a) missachtet mit der Bestreitung der inneren Tatseite unter Berufung auf die Angaben des Beschwerdeführers prozessordnungswidrig den in den tatsächlichen Urteilsannahmen (wonach er es ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, Waffen und Munition rechtswidrig zu besitzen; US 18) gelegenen Bezugspunkt. Soweit in diesem Kontext „hilfsweise" der Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO, „alternativ § 281 Abs 1 Z 5a StPO" begründungslos geltend gemacht wird, fehlt es an deutlicher und bestimmter Bezeichnung angeblich Nichtigkeit begründender Umstände.

Hingegen wird in der Subsumtionsrüge (Z 10) mit Recht das Unterbleiben der Subsumtion der unter Urteilspunkt B/II angeführten Taten auch unter § 27 Abs 2 SMG reklamiert. Den Feststellungen zufolge hat der Beschwerdeführer von 2005 bis zu seiner Festnahme am 19. Juni 2007 wiederholt nicht mehr feststellbare Mengen Cannabisprodukte und Kokain bei namentlich nicht bekannten Personen für den Eigenbedarf getrennt von den zum Weiterverkauf erworbenen Suchtgiften erworben und besessen (US 17). Bei dieser Feststellungsbasis kommt ihm die (auch gegenüber der Bestimmung des § 27 Abs 1 SMG aF günstigere; RIS-Justiz RS0124177) Privilegierung des § 27 Abs 2 SMG zugute.

Bei der damit notwendig gewordenen Strafneubemessung war mildernd die teilweise geständige Verantwortung und die verzögerte Dauer des Verfahrens (soweit sie ohne Zutun des Beschwerdeführers eintrat), als erschwerend das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit Vergehen, die mehrfache Qualifikation, der lange Tatzeitraum von über zweieinhalb Jahren, die einschlägige - eine Strafschärfung bei Rückfall nach § 39 Abs 1 StGB an sich ermöglichende - Vorstrafenbelastung auch wegen Suchtmitteldelinqenz (mehrjährige Freiheitsstrafen) zu werten. Bei Abwägung dieser Umstände und im Hinblick auf das Alter des Beschwerdeführers entspricht unter Berücksichtigung der hier in Rede stehenden Suchtgiftquanten eine zehnjährige Freiheitsstrafe an sich dem Unrechts- und Schuldgehalt der Taten. Angesichts des Umstands, dass im gegenständlichen Strafverfahren eine Verletzung der §§ 9 Abs 2 und 177 Abs 1 StPO stattgefunden hat (vgl 14 Os 65/08b-9), sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, dem Vorliegen des Milderungsgrundes des § 34 Abs 2 StGB durch eine Reduktion der Freiheitsstrafe um sechs Monate Rechnung zu tragen (vgl die Urteile des EGMR in den Fällen Dzelili, Beschwerde Nr 65.745/01, und Donner, Beschwerde Nr 32.407/04).

Mit seiner aus Z 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde und seiner Berufung war der Beschwerdeführer auf die Strafneubemessung zu verweisen. Soweit die Berufung (inhaltlich Z 11 erster Fall) das Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 StGB im Hinblick auf eine Entlassungsbestätigung der Justizanstalt Aachen (betrifft Punkt 35 der Strafregisterauskunft) und der Behauptung bestreitet, eine vom Appellationsgericht Brescia am 24. September 1991 (rechtskräftig am 28. September 1991) verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren und sechs Monaten wäre „nicht erst mit 28. März 1996 vollzogen" worden (vgl Punkt 27 der Strafregisterauskunft), übersieht sie, dass selbst bei Heranziehen des Datums der Entlassungsbestätigung (5. Februar 2001) die Frist des § 39 Abs 2 erster Satz StGB bis zur folgenden Tat offen war und dass der Beschwerdeführer im Verfahren AZ HV 104/95 des Landesgerichts Innsbruck mit Urteil vom 29. November 1995 (rechtskräftig am 14. März 1996) unter anderem wegen einer Tat, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruht (Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB; RIS-Justiz RS0091972), zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, die bis zum 23. April 1997 vollzogen wurde.

Der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht gründet sich auf § 390a StPO.

Textnummer

E91474

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0140OS00015.09A.0623.000

Im RIS seit

23.07.2009

Zuletzt aktualisiert am

11.08.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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