TE OGH 2011/7/4 2R187/11g

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Veröffentlicht am 04.07.2011
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Kopf

Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch den Richter Hofrat Dr. Höfle als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Mayrhofer und Dr. Ciresa als weitere Senatsmitglieder in der Unterbringungssache des I*****, derzeit Landeskrankenhaus 6830 Rankweil, über den Rekurs des mit der Führung der Abteilung E 1 des Landeskrankenhauses Rankweil betrauten Arztes Dr. W***** gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 22. Juni 2011, 14  Ub 537/11a-2, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

                            Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Begründung:

Text

Dem Akteninhalt kann entnommen werden, dass gegen den am ***** geborenen rumänischen Staatsangehörigen I***** als Angeklagten beim Landesgericht Feldkirch zu 49 Hv 08/11t ein Strafverfahren wegen §§ 15, 127, 129 Z 1, 146, 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB geführt wird. In der Hauptverhandlung vom 23.3.2011 beantragte die öffentliche Anklägerin die Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens zur Frage der Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten zu den Tatzeitpunkten gemäß § 11 StGB, im Falle der Verneinung der Zurechnungsfähigkeit zu den Voraussetzungen des § 21 Abs 1 StGB und andernfalls des § 21 Abs 2 StGB sowie allenfalls nach § 287 StGB.

Das Landesgericht Feldkirch hat mit Beschluss vom 17.6.2011 im Verfahren 49 Hv 08/11t den in Untersuchungshaft in der Justizanstalt Feldkirch befindlichen I***** gemäß § 50 KAKuG zum Zwecke der Untersuchung und Beobachtung seines Geisteszustandes für die Dauer der Untersuchungshaft, längstens jedoch für die Dauer von drei Monaten, in das Landeskrankenhaus Rankweil/Abteilung Psychiatrie als öffentliche Krankenanstalt für Psychiatrie eingewiesen und dieses verpflichtet, I***** in die Krankenanstalt aufzunehmen, die erforderlichen Untersuchungen und Beobachtungen durchzuführen und die Ergebnisse dem Landesgericht Feldkirch sowie dem bereits bestellten psychiatrischen Sachverständigen Prim. Dr. R***** zur Kenntnis zu bringen.

Der Begründung des Beschlusses kann entnommen werden, dass die Anstaltsleitung der Justizanstalt Feldkirch mit Schreiben vom 16.06.2011 ersucht hatte, den Untersuchungsgefangenen aufgrund der Stellungnahme des Anstaltspsychiaters gemäß § 50 KAKuG in das Landeskrankenhaus Rankweil einzuweisen. Der Untersuchungsgefangene leide an einer schizophrenen Psychose und sei auch schon im Landeskrankenhaus Rankweil in stationärer Behandlung gewesen. Bislang habe er nur mit einer unüblich hohen neuroleptischen Medikation in der Justizanstalt betreut werden können. Zuletzt habe er mehrfach die Einnahme der Medikation verweigert und sich zweimal durch Schnitte im Halsbereich selbst beschädigt. Die Kontrolle solcher Handlungen scheine aufgrund der Psychose sehr fraglich, sodass unter Umständen auch mit einer schweren Verletzung gerechnet werden müsse. Eine stationäre Behandlung sei aktuell dringend nötig. Ausgehend vom Gesundheitszustand des Untersuchungsgefangenen lägen nach Ansicht des Strafgerichtes sohin die Voraussetzungen des § 50 KAKuG vor, da die Untersuchung und Beobachtung seines Gesundheitszustandes dringend erforderlich seien.

Das Landeskrankenhaus Rankweil hat am 21.06.2011 das Bezirksgericht Feldkirch als Unterbringungsgericht von der Unterbringung des I***** ohne Verlangen gemäß § 17 UbG schriftlich verständigt. Dieser Verständigung, ON 1, ist zu entnehmen, dass die Untersuchung zur Unterbringung am 20.06.2011, 22.45 Uhr, erfolgt ist und ergeben hat, dass der Patient an einer akuten Psychose mit produktiver Symptomatik leidet, durch die nötige Medikation sturzgefährdet und nicht dispositionsfähig war und seine Unterbringung wegen Gesundheitsgefährdung bei fehlender Alternative erfolgt ist. Es ist zudem ein Vermerk ersichtlich „Ubg wurde heute aufgehoben“.

Nach seiner Verständigung führte das Erstgericht am 22.6.2011 die Erstanhörung durch, ON 2. Dabei führte der Leiter der zuständigen Abteilung des LKH Rankweil, OA Dr. W*****, ergänzend aus, dass sich der Patient geweigert habe, die orale Medikation einzunehmen, weshalb eine parenterale Medikation erforderlich geworden sei. Hiedurch sei er sturzgefährdet geworden und habe zur Verhinderung erheblicher Sturzverletzungen fixiert werden müssen. Es bestehe die Gefahr, dass derartige Sturzgefährdungsmomente erneut auftreten würden und weiterhin Fixierungsmaßnahmen notwendig seien. Aufgrund der erforderlichen Fixierungsmaßnahmen sei er untergebracht worden, zur Unterbringung gebe es derzeit voraussichtlich keine Alternative.

Die Patientenanwältin Mag. H***** hat vorgebracht, dass die ursprüngliche Unterbringung des Patienten seitens des LKH Rankweil am 20.06.2011 aufgehoben worden sei, da der Patient gemäß § 50 KAKuG zugewiesen wurde. Am selben Tag sei er erneut untergebracht worden, da Fixierungsmaßnahmen durchgeführt worden seien. Der Patient habe angegeben, dass er in die Justizanstalt zurück wolle.

Der Erstrichter verkündete nach der Anhörung den Beschluss, dass die Unterbringung des I***** im LKH Rankweil unzulässig sei, da der Patient gemäß § 50 KAKuG an das LKH Rankweil zugewiesen worden sei und das Unterbringungsgesetz ungeachtet des Umstandes, dass der Patient nach der Unterbringung fixiert und parenteral behandelt worden sei, nicht (unmittelbar) anzuwenden sei.

Gegen diesen Beschluss hat der Abteilungsleiter OA Dr. B***** seinen Rekurs zu Protokoll erklärt, welchem vom Erstrichter aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde. Im Rekurs wird die Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahingehend beantragt, die weitere Unterbringung vorläufig bis zur Entscheidung gemäß § 26 Abs 1 UbG für zulässig zu erklären.

Rechtliche Beurteilung

1. Der Rekurs ist unzulässig.

1.1. Gelangt das Gericht bei der Anhörung des Kranken gemäß § 19 UbG zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen der Unterbringung nicht vorliegen, so hat es diese für unzulässig zu erklären. In diesem Fall ist die Unterbringung sogleich aufzuheben, es sei denn, der Abteilungsleiter erklärt, dass er gegen den Beschluss Rekurs erhebt, und das Gericht erkennt diesem Rekurs sogleich aufschiebende Wirkung zu. Der Rekurs ist jedenfalls innerhalb von drei Tagen auszuführen.

Gemäß § 12 Abs 2 UbG entscheidet das Gericht im Verfahren außer Streitsachen, wobei die besonderen Verfahrensregelungen des UbG als leges speciales vorgehen. Mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 (BGBl I 2010/111) wurde die bis dahin auch im Unterbringungsverfahren gegebene Möglichkeit des Protokollarrekurses gemäß § 47 Abs 1 AußStrG (Kopetzki, Grundriß des Unterbringungsrechts² Rz 426) beseitigt. Die geänderte Bestimmung des § 47 Abs 1 AußStrG ist anzuwenden, wenn das Datum der Entscheidung erster Instanz nach dem 30. April 2011 liegt (Art 15 Z 5 BBG 2011).

Ob und unter welchen Umständen der entgegen der Bestimmung des § 47 Abs 1 AußStrG zu Protokoll genommene Rekurs einer Behandlung durch das Rekursgericht zugänglich wäre, kann allerdings dahingestellt bleiben, da er sich bereits aus einem anderen Grund als unzulässig erweist.

1.2. Nach ständiger Rechtsprechung setzt jedes Rechtsmittel eine Beschwer, also ein Anfechtungsinteresse, voraus (RIS-Justiz RS0041868; Kodek in Rechberger³ Rz 9 vor § 461 mwN aus dem Schrifttum). Dabei unterscheidet man die formelle Beschwer, welche dann vorliegt, wenn die Entscheidung von dem ihr zugrunde liegenden Sachantrag des Rechtsmittelwerbers zu dessen Nachteil abweicht, und die materielle Beschwer. Diese liegt vor, wenn die (materielle oder prozessuale) Rechtsstellung des Rechtsmittelwerbers durch die Entscheidung beeinträchtigt wird, diese also für ihn ungünstig ausfällt. Die formelle Beschwer reicht nicht immer aus. Widerspricht die angefochtene Entscheidung dem vom Rechtsmittelwerber in der Vorinstanz gestellten Antrag, dann ist, wenn die Rechtsstellung des Rechtsmittelwerbers durch die Entscheidung nicht beeinträchtigt wird, sein Rechtsmittel dennoch zurückzuweisen (Kodek aaO Rz 10). Das bloße Interesse des Rechtsmittelwerbers an der Klärung einer Rechtsfrage begründet keine Beschwer. Aufgabe der (Rechtsmittel-) Gerichte ist die Entscheidung über konkrete, an sie herangetragene Fälle, nicht aber die Lösung rein theoretischer Fragen (Kodek aaO Rz 9). Auch im Außerstreitverfahren ist nur derjenige rechtsmittellegitimiert, der durch die bekämpfte Entscheidung (formell oder materiell) beschwert ist.

Das Verfahren nach dem Unterbringungsgesetz dient nur der bestmöglichen Wahrung der Interessen des Kranken. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs beschränkt sich die verfahrensrechtliche Stellung des Abteilungsleiters im Unterbringungsverfahren daher darauf, die Interessen des Untergebrachten zu verfolgen, wogegen er nicht dazu berufen ist, die Interessen des Krankenhausträgers oder der behandelnden Ärzte zu vertreten (RIS-Justiz RS0076089[T3]; RS0076104 [T3]; RS0007806[T1], zuletzt 6 Ob 185/10i; RS0075986 ua). Das Rekursrecht des Abteilungsleiters dient dazu, den Vollzug einer gerichtlichen Entlassungsentscheidung zu verhindern, wenn der Abteilungsleiter (oder sein Vertreter) aufgrund seines Sachverstandes und der Erfahrung mit dem konkreten Patienten die Unterbringungsvoraussetzungen entgegen der erstinstanzlichen Beurteilung für erfüllt erachtet, und damit als Instrument zur Geltendmachung der durch die Unterbringung zu verfolgenden öffentlichen Interessen der Gefahrenabwehr im gerichtlichen Verfahren (Kopetzki aaO Rz 348, 349).

Eine darüber hinausgehende Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Verhaltens der Beteiligten hat hingegen nicht in diesem Verfahren, sondern allenfalls in dem auch hinsichtlich der zwangsweisen Anhaltung zulässigen Amtshaftungs- oder Strafverfahren zu erfolgen (zuletzt 8 Ob 50/09z). Der Abteilungsleiter ist damit zur Anfechtung einer bloßen Formalentscheidung nicht legitimiert (RIS-Justiz RS0076089, insbesondere 3 Ob 504/92).

Der Abteilungsleiter hat den Rekurs vorliegendenfalls damit begründet, dass die Zuweisung gemäß § 50 KAKuG weder Fixierungsmaßnahmen noch Zwangsbehandlungen umfasse, sodass ungeachtet der Zuweisung nach dieser Gesetzesbestimmung das UbG anzuwenden sei. Die Unterbringungsvoraussetzungen seien gegeben, weshalb die Unterbringung fortzusetzen sei.

Das Erstgericht hat hingegen in der Annahme seiner Unzuständigkeit zur Durchführung des (obligatorischen) Unterbringungsverfahrens eine Sachentscheidung abgelehnt, auch wenn es formal die Unzulässigkeit der Unterbringung ausgesprochen hat. Seine Entscheidung ist damit keine Sachentscheidung, sodass der Abteilungsleiter zur Anfechtung des erstinstanzlichen Beschlusses nicht legitimiert und sein unzulässiges Rechtsmittel daher zurückzuweisen ist.

2. Selbst im Falle seiner Zulässigkeit wäre der Rekurs allerdings auch unbegründet.

2.1. Nach § 3 UbG darf in einer Anstalt nur untergebracht werden, wer 1. an einer psychischen Krankheit leidet und im Zusammenhang damit sein Leben und seine Gesundheit oder das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich und erheblich gefährdet und 2. nicht in anderer Weise, insbesondere außerhalb einer psychiatrischen Anstalt, ausreichend ärztlich behandelt oder betreut werden kann.

§ 46 UbG ordnet an, dass 1. die Vorschriften über die Zulässigkeit von Zwangsmaßnahmen aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder der Strafverfolgung, 2. die strafrechtlichen Vorschriften über die mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahmen bei geistig abnormen und entwöhnungsbedürftigen Rechtsbrechern und 3. die Vorschriften über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahmen „unberührt bleiben“.

Ausnahmsweise können freiheitsentziehende Maßnahmen nach anderen Rechtsvorschriften ebenfalls in psychiatrischen Anstalten vollzogen werden. Das Unterbringungsgesetz ist dann allerdings nicht unmittelbar anwendbar, sondern nur insoweit, als die anderen Gesetze entsprechende Verweisungen auf das UbG enthalten (Kopetzki aaO Rz 26, 796). Eine strafgerichtliche Anhaltung in der psychiatrischen Anstalt ist aufgrund der §§ 429, 438 StPO bzw § 50 KAKuG möglich.

2.2. Gemäß § 50 KAKuG sind die Strafgerichte berechtigt, Personen, die sich in Untersuchungshaft befinden, zum Zwecke der Untersuchung und Beobachtung ihres Geisteszustandes in öffentliche Krankenanstalten für Psychiatrie höchstens für die Dauer der Untersuchungshaft, aber in keinem Fall für mehr als drei Monate einzuweisen. Die Rechtsträger dieser Krankenanstalten sind verpflichtet, die eingewiesenen Personen in die Krankenanstalt aufzunehmen, die erforderlichen Untersuchungen und Beobachtungen durchzuführen und dem Gericht das Ergebnis unverzüglich zur Kenntnis zu bringen. Die von Strafgerichten eingewiesenen Personen müssen in jedem Fall wieder zum Strafgericht überstellt werden. Auf die Bestimmung des § 50 KAKuG hat das Landesgericht Feldkirch im hier zu beurteilenden Fall seinen Beschluss vom 17.6.2011 ausdrücklich gestützt.

2.3. Daneben besteht nach § 429 Abs 4 StPO die Möglichkeit der vorläufigen Anhaltung, wenn hinreichende Gründe für die Annahme vorliegen, dass die Voraussetzungen des § 21 Abs 1 StGB gegeben seien, einer der im § 173 Abs 2 und 6 StPO angeführten Haftgründe vorliegt und der Betroffene nicht ohne Gefahr für sich oder andere auf freiem Fuß bleiben kann oder seine ärztliche Beobachtung erforderlich ist. Zu diesem Zweck ist seine vorläufige Anhaltung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher oder seine Einweisung in eine öffentliche Krankenanstalt für Geisteskrankheiten anzuordnen. Die Krankenanstalten sind verpflichtet, den Betroffenen aufzunehmen und für die erforderliche Sicherung seiner Person zu sorgen. § 71 Abs 2 des Strafvollzugsgesetzes (StVG) gilt sinngemäß (§ 429 Abs 4 letzter Satz StPO).

Liegen hinreichende Gründe für die Annahme, dass die Voraussetzungen der §§ 21 Abs 2 oder 22 StGB gegeben sind, und Haftgründe (§ 173 Abs 2 und 6 StPO) vor, kann der Beschuldigte aber nicht ohne Schwierigkeiten in einer Justizanstalt angehalten werden, so ist mit Beschluss ebenfalls anzuordnen, dass die Untersuchungshaft durch vorläufige Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher oder in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher zu vollziehen ist. Auf den Vollzug der Untersuchungshaft sind in diesem Fall die Bestimmungen über den Vollzug dieser vorbeugenden Maßnahmen dem Sinne nach anzuwenden (§ 438 StPO).

Die vorläufige Anhaltung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher oder in einer öffentlichen Krankenanstalt für Geisteskranke stellt das der ordentlichen Untersuchungshaft entsprechende Sicherungsmittel dar. Sie wird auf Antrag der Staatsanwaltschaft (§ 173 StPO) vom Gericht (§ 174 StPO) verhängt (vgl dazu Murschetz in WK-StPO § 429 StPO Rz 17; Kopetzki aaO Rz 803).

Treffen die Unterbringungsvoraussetzungen des § 3 UbG mit den Anhaltegründen des § 429 Abs 4 StPO zusammen, so geht die strafprozessuale Regelung als spezielle vor (Murschetz aaO Rz 18; Kopetzki aaO 161). Die Anordnung und der Vollzug in der Krankenanstalt sind bei der vorläufigen Anhaltung gemäß § 429 Abs 4 StPO weiterhin nach StPO und StVG zu beurteilen, woraus unter anderem folgt, dass kein Unterbringungsverfahren durchzuführen ist (Kopetzki aaO Rz 804). Im Gegensatz zum Vollzug der Maßnahme nach § 21 StGB finden sich allerdings für diesen Fall auch in der StPO und im StVG keine ausdrücklichen vollzugsrechtlichen Vorschriften: § 429 Abs 5 StPO normiert lediglich, dass auf die vorläufige Anhaltung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher dem Sinn nach die Bestimmungen über den Vollzug der Anhaltung in einer solchen (Justiz-) Anstalt anzuwenden sind. In Bezug auf den Vollzug der vorläufigen Anhaltung in einer Krankenanstalt ist § 429 StPO hingegen lückenhaft. Die Praxis behilft sich mit einer Analogie und unterstellt auch die vorläufige Anhaltung in der Krankenanstalt sinngemäß dem für die endgültige Maßnahme geltenden Vollzugsrecht des § 167a StVG (JABl 1991/48, 83), einschließlich der dort sinngemäß verwiesenen §§ 33 bis 38 UbG (Kopetzki aaO Rz 805).

Nach Murschetz (aaO § 429 Rz 28) ist unter Heranziehung von § 429 Abs 5 zweiter Satz StPO davon auszugehen, dass der Gesetzgeber das für die „endgültige“ Anhaltung geltende Vollzugsregime ganz allgemein für die vorläufige Anhaltung anwendbar erklären wollte. Daraus ergebe sich für die vorläufige Anhaltung in einer öffentlichen psychiatrischen Krankenanstalt, dass der für Unterbringung gemäß § 21 Abs 1 StGB statuierte § 167a StVG heranzuziehen sei. § 167a Abs 2 StVG sieht an Stelle der Zuständigkeit des Unterbringungsgerichtes für die Entscheidung über die Zulässigkeit von Beschränkungen der Bewegungsfreiheit, des Verkehrs mit der Außenwelt sowie von ärztlichen Behandlungsmaßnahmen (§ 162 Abs 2 Z 3 StVG) die Entscheidung des Vollzugsgerichtes vor. Nach Murschetz (aaO Rz 31) fallen Beschränkungen der Bewegungsfreiheit und der ärztlichen Behandlung diesfalls aufgrund der sinngemäßen Anwendung des § 189 Abs 3 StPO iVm § 167a StVG in die Zuständigkeit des Abteilungsleiters oder des von diesem bestellten Anstaltsarztes. Da das in § 162 Abs 3 Z 3 StVG angeführte Vollzugsgericht hier von vornherein ausscheidet, stehe dem Gericht im Ermittlungsverfahren die Zulässigkeitskontrolle zu.

Murschetz weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass der Erlass JABl 1991/48 zur Rechtslage vor der StVG-Novelle 1993 ergangen ist. Da der Erlass von einer anderen Rechtslage auszugehen gehabt habe, sei er in der gegenständlichen Frage allerdings zum – inzwischen überholten – Ergebnis gelangt, dass das UbG hier nicht zur Anwendung komme.

Wenn auch in der Begründung des Beschlusses vom 17.06.2011 ausgeführt wird, dass eine stationäre psychiatrische Behandlung des Untersuchungsgefangenen bei bestehender Selbstgefährdung aktuell dringend nötig sei, kann dem Spruch des Beschlusses des Strafgerichtes in der Anordnung eine vorläufige Anhaltung im Sinne des § 429 Abs 4 StPO damit nicht entnommen werden.

2.3. Anders als die Überstellung nach § 50 KAKuG dient die Überstellung nach § 71 StVG der ärztlichen Behandlung eines kranken oder verletzten Strafgefangenen. Kann ein kranker oder verletzter Strafgefangener in der Anstalt nicht sachgemäß behandelt werden oder geht von ihm eine anders nicht abwendbare Gefährdung für die Gesundheit anderer aus, so ist er in die nächste Anstalt zu überstellen, die über Einrichtungen verfügt, die die erforderliche Behandlung oder Absonderung gewährleisten. Kann der Strafgefangene auch in einer anderen Anstalt nicht sachgemäß behandelt werden oder wäre sein Leben durch die Überstellung dorthin gefährdet, so ist er in eine geeignete öffentliche Krankenanstalt zu bringen und dort erforderlichenfalls auch bewachen zu lassen. Die öffentlichen Krankenanstalten sind verpflichtet, den Strafgefangenen aufzunehmen und seine Bewachung zuzulassen ( § 71 Abs 1 und 2 StVG).

§ 71 StVG ist grundsätzlich auf alle Insassen der Justizanstalt anzuwenden (Drexler, StVG² § 71 Rz 5). Nach § 182 Abs 4 StPO sind, soweit dieses Gesetz im Einzelnen nichts anderes bestimmt, die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes über den Vollzug von Freiheitsstrafen, deren Strafzeit 18 Monate nicht übersteigt, dem Sinn nach auch auf den Vollzug der Untersuchungshaft anzuwenden.

§ 71 Abs 3 StVG ordnet für den Fall der Überstellung in eine öffentliche Krankenanstalt für Psychiatrie oder eine psychiatrische Abteilung eines öffentlichen allgemeinen Krankenhauses die Geltung der Bestimmungen des Unterbringungsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung mit folgenden Maßgaben an: 1. Die Überstellung ist ohne das in den §§ 8 und 9 des Unterbringungsgesetzes vorgesehene Verfahren unmittelbar vorzunehmen. 2. Die Aufnahme- und Anhaltepflicht der Krankenanstalten richtet sich nach Abs 2 erster und zweiter Satz. Untergebracht werden im Sinne des Unterbringungsgesetzes darf der Strafgefangene nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 des Unterbringungsgesetzes. 3. Bei Prüfung der Voraussetzungen des § 3 Z 2 des Unterbringungsgesetzes ist darauf Bedacht zu nehmen, dass die ausreichende ärztliche Behandlung oder Betreuung im Sinne dieser Bestimmung im Rahmen und mit den Mitteln des allgemeinen Strafvollzuges gewährleistet sein muss. 4. Der Wirkungskreis des Patientenanwalts umfasst ausschließlich die sich aus der Unterbringung ergebenden Beziehungen des Strafgefangenen zur Krankenanstalt. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage verweisen ausdrücklich auf die vom Unterbringungsgericht zu beachtenden Besonderheiten des Unterbringungsverfahrens.

Im Erlass des Bundesministeriums für Justiz JMZ 440.010/19-II 1/91, JABl 1991/48, betreffend die Einweisungen und Überstellungen von psychisch kranken Untersuchungshäftlingen, Strafgefangenen, entwöhnungsbedürftigen Rechtsbrechern, gefährlichen Rückfallstätern und geistig abnormen Rechtsbrechern in öffentliche Krankenanstalten für Psychiatrie wird darauf hingewiesen, dass psychische kranke Strafgefangene, die in einer (anderen) Justizanstalt nicht sachgemäß behandelt werden können, in eine öffentliche Krankenanstalt für Psychiatrie zu überstellen sind, der Strafgefangene nach erfolgter Überstellung der Aufnahmeuntersuchung nach § 10 UbG zu unterziehen ist, die Voraussetzungen des § 3 Z 2 UbG geprüft werden müssen und abgesehen von den im Gesetz normierten Besonderheiten im Übrigen für untergebrachte psychisch kranke Strafgefangene die Regelungen des UbG, insbesondere gerichtliches Verfahren, Vertretung, ärztliche Behandlung gelten. Nur für psychisch kranke Insassen, die in Justizanstalten behandelt werden, gelten ausschließlich die entsprechenden Bestimmungen des StVG (vgl dazu 6 Ob 220/97i = RIS-Justiz RS0110008 = EvBl 1998/181).

In der vorgenannten Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof auch ausgeführt, dass aus den von ihm im Einzelnen angeführten Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes die Absicht des Gesetzgebers abzuleiten sei, den im Unterbringungsgesetz verankerten Persönlichkeitsschutz auch allen strafgerichtlich Verurteilten zukommen zu lassen, soweit sich nicht aus den Besonderheiten einer solchen Verurteilung zwingende Einschränkungen ergeben. Nur dies könne aus § 46 UbG abgeleitet werden, nicht aber eine mangelnde Zuständigkeit des Unterbringungsgerichtes, wo diese nicht ausdrücklich ausgeschlossen sei. Werde daher ein nach § 21 Abs 2 StGB verurteilter abnormer Rechtsbrecher in eine öffentliche Krankenanstalt für Psychiatrie oder eine psychiatrische Abteilung eines öffentlichen allgemeinen Krankenhauses überstellt, sei das Unterbringungsgericht zur Führung des Unterbringungsverfahrens mit den in § 71 StVG genannten Einschränkungen zuständig.

Auf die zur Behandlung überstellten Strafgefangenen in der psychiatrischen Anstalt ist daher grundsätzlich das UbG anzuwenden (Kopetzki aaO Rz 809 unter Hinweis auf 946 BlgNR 18. GP 26; vgl auch Pkt 2.1.5. JABl 1991/48, 82). Mit dem Begriff der Unterbringung sind im speziellen Kontext des § 71 Abs 3 StVG allerdings nur solche Bewegungseinschränkungen erfasst, die über den schon in der Freiheitsstrafe liegenden Freiheitseingriff hinausgehen (946 BlgNR 18. GP 26), weil alle nach § 71 StVG überstellten Personen in der psychiatrischen Anstalt bereits „Beschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit“ unterworfen sind. Folglich kann das am Unterbringungsbegriff anknüpfende gerichtliche Unterbringungsverfahren hier auch nicht die Zulässigkeit des Freiheitsentzuges insgesamt zum Gegenstand haben, sondern lediglich die Überprüfung weitergehender anstaltsinterner Bewegungsbeschränkungen (Kopetzki aaO Rz 810).

Es gibt demnach in der Krankenanstalt überstellte Strafgefangene, die iSd UbG „untergebracht“ sind, und solche, auf die dies nicht zutrifft. Nach Ansicht Kopetzkis ist das Vollzugsrecht des UbG auf beide Personengruppen anwendbar, weil die Verweisung des § 71 Abs 3 StVG auf das UbG für alle nach § 71 StVG Überstellten gelte und daher das vollzugsrechtliche Regime in beiden Fällen insofern dasselbe sei. Der Unterschied erschöpfe sich darin, dass den „nicht untergebrachten“ Personen gegen allfällige Beschränkungen nur das fakultative Kontrollverfahren nach §§ 33 ff iVm § 38 UbG offen stehe, während bei den „untergebrachten“ Gefangenen immer auch ein amtswegiges Unterbringungsverfahren nach §§ 18 ff UbG durchzuführen sei und überdies noch die Vertretungsbefugnis des Patientenanwalts bestehe. Kopetzki hält – unter Hinweis auf die Entscheidung 6 Ob 229/97i – auch die Auslegung für denkbar, dass bei Verneinen der Unterbringungsvoraussetzungen die Überstellung in die psychiatrische Anstalt insgesamt unzulässig werde (Kopetzki aaO; vgl auch Drexler aaO Rz 1 zu § 10 UbG).

Nach Drexler (aaO § 71 Rz 3) regelt sich das Verhältnis zwischen Strafgefangenem und Krankenanstalt nach dem Unterbringungsgesetz, jenes zwischen Strafgefangenem und Justizanstalt nach dem StVG. Beschränkungen der Freizügigkeit könnten sowohl nach dem UbG von der Krankenanstalt, als auch nach dem StVG vom Anstaltsleiter verfügt und durch das jeweilige Personal durchgesetzt werden. Gerichtliche Entscheidungen nach dem UbG erstreckten sich immer nur auf Maßnahmen der Krankenanstalt, nie jedoch auf Maßnahmen der Strafvollzugsbehörde. § 46 UbG lasse strafvollzugsrechtliche Vorschriften ausdrücklich unberührt.

3. Zu prüfen ist im vorliegenden Fall, ob bei einem gemäß § 50 KAKuG in die Krankenanstalt überstellten Untersuchungshäftling, auf welchen andernfalls die Bestimmung des § 71 StVG grundsätzlich Anwendung fänden, ein (obligatorisches) Unterbringungsverfahren nach §§ 18 ff UbG entbehrlich ist, wovon das Erstgericht ausgeht.

3.1. Für den Fall der Einweisung nach § 50 KAKuG vertritt Kopetzki (aaO Rz 806) die Ansicht, dass eine unmittelbare Anwendung des UbG wegen § 46 Z 1 UbG bei diesen Anhaltungen ausscheide (vgl auch JME 43803/17-V1/91). Schon aus dem uneingeschränkt weitergeltenden Inhalt des § 50 KAKuG ergebe sich, dass für sämtliche Fragen der Einweisung und der Entlassung nur das Strafgericht (nicht das Unterbringungsgericht) zuständig sei; diesem sei die Anhaltung – aber wohl nicht ihr Vollzug – als Teil der Untersuchungshaft anzurechnen. Aus dem Status des Eingewiesenen als Untersuchungshäftling sei weiters abzuleiten, dass auch für die vollzugsrechtliche Stellung nicht das UbG, sondern die Bestimmungen über den Vollzug der Untersuchungshaft maßgeblich seien.

Gegenteilig sei die Ansicht des BMJ im Erlass JABl 1991/48, 83, wonach in diesen Fällen wegen der Ähnlichkeit mit der vorläufigen Anhaltung nach § 429 Abs 4 StPO – in dem durch den Einweisungszweck vorgegebenen Rahmen - deren Regelung sinngemäß gelten soll (Pkt 2.5.).

3.2. Der Anwendungsbereich des UbG knüpft am Unterbringungsbegriff an. Die in § 2 UBG normierte Legaldefinition der „Unterbringung“ stellt zum einen auf bestimmte Einrichtungen, nämlich „Krankenanstalten und Abteilungen für Psychiatrie“ (anstaltsbezogenes Merkmal), zum anderen auf bestimmte Freiheitsbeschränkungen in diesen Einrichtungen, nämlich die „Anhaltung in einem geschlossenen Bereich“ oder „sonstige Beschränkungen der Bewegungsfreiheit“ (personenbezogenes Merkmal) ab (Kopetzki aaO Rz 20). (Nur) für den im Sinne des § 2 UbG „untergebrachten“ Patienten gelten die Regelungen des UbG über die Ausgestaltung der Unterbringung, erst durch die Definition der Unterbringung in § 2 UbG werden jene freiheitsentziehenden Maßnahmen näher umschrieben, zu deren Vornahme die Anstalten vom Gesetz ermächtigt werden (Kopetzki aaO Rz 22, 23).

Nach § 2 UbG liegt eine Unterbringung immer dann – aber auch nur dann – vor, wenn der Kranke Beschränkungen der körperlichen Bewegungsfreiheit unterworfen ist, was dann gegeben ist, wenn es einer Person unmöglich gemacht wird, ihren Aufenthalt nach ihrem freien Willen zu verändern. Die Verhängung anderer Beschränkungen erfüllt als solche nicht den Tatbestand der Unterbringung. Da aber sämtliche freiheitsbeschränkenden Maßnahmen des UbG ausschließlich gegenüber untergebrachten (= in ihrer Bewegungsfreiheit beschränkten) Patienten zulässig sind, dürfen auch andere Beschränkungen nur dann vorgenommen werden, wenn der Patient zugleich in seiner Bewegungsfreiheit beschränkt (und somit „untergebracht“) wird (Kopetzki aaO Rz 49 mwN).

Schwierigkeiten bereitet die Zweckwidmung „geschlossener Bereiche“ bei strafrechtlich eingewiesenen Personen. Bei wörtlicher Auslegung des § 38a Abs 3 KAKuG dürften diese nur dann in geschlossenen Bereichen angehalten werden, wenn auf sie das UbG „Anwendung findet“. Dies trifft zwar teilweise auf Einweisungen nach §§ 71, 158 Abs 4 StVG und § 429 Abs 4 StPO zu, nicht jedoch auf die Einweisung nach § 50 KAKuG. Da § 50 KAKuG aber ausdrücklich in Geltung gelassen wurde (BGBl 1990/157 Z 5) und die Durchführung dieser freiheitsentziehenden Maßnahme eine Anhaltung in ständig versperrten Arealen voraussetzt, wird man die Zweckwidmung des § 38a Abs 3 KAKuG bei systematischer und teleologischer Interpretation um die Vollziehung des § 50 KAKuG erweitern müssen (Kopetzki aaO Rz 47).

3.3. § 2 UbG unterscheidet also zwei alternative Unterbringungstatbestände, nämlich die „Anhaltung in einem geschlossenen Bereich“ und die „sonstigen Beschränkungen der Bewegungsfreiheit“ (RIS-Justiz RS0109085). Unterliegt ein Patient den (in § 33 UbG näher geregelten) Bewegungsbeschränkungen, dann ist er im Sinne des UbG ebenfalls „untergebracht“ (RIS-Justiz RS0075831; RS0075836; Kopetzki aaO Rz 41, 50, 325). Weitergehende Beschränkungen im Sinne des § 33 Abs 3 UbG sind aber durch die gerichtliche Zulässigkeitserklärung der Unterbringung als solche nicht gedeckt (RIS-Justiz RS0105731, RS0105728).

Im vorliegenden Fall wurde mit Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch vom 17.06.2011 die Einweisung des Untersuchungshäftlings zum Zwecke seiner Untersuchung und Beobachtung im Sinne des § 50 KaKuG angeordnet. Entsprechend den Überlegungen Kopetzkis, denen sich das Rekursgericht anschließt, wurde damit über die Frage der Einweisung bereits aufgrund von von § 3 UbG verschiedenen materiellen Voraussetzungen durch das Strafgericht entschieden, welchem § 50 KAKuG die Kompetenz hiezu einräumt. Eine nachprüfende Kontrolle dieser Entscheidung des Strafgerichtes durch das Unterbringungsgericht ist nicht vorgesehen. Der geforderte Rechtsschutz für den Betroffenen (vgl 6 Ob 220/97i) wird durch die Anfechtungsmöglichkeiten im Strafverfahren ausreichend gewahrt.

Die gerichtliche Überprüfung vollzugsinterner Akte gemäß §§ 33 ff, 38 UbG ist von der Überprüfung der Zulässigkeit der Unterbringung gemäß §§ 18 ff UbG zu unterscheiden (Kopetzki aaO Rz 723). Soweit sich im Zusammenhang mit der medizinischen Behandlung des Untersuchungshäftlings die Notwendigkeit von Fixierungsmaßnahmen ergibt, handelt es sich um eine Maßnahme im Sinne des § 33 Abs 3 UbG (RIS-Justiz RS0075878), die der fakultativen, also nur auf Verlangen des Kranken oder seines Vertreters, Kontrolle unterliegt.

Eine solche Überprüfung war allerdings nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens (nach §§ 18 ff UbG), sondern ausschließlich die Prüfung der Zulässigkeit der „Anhaltung“, sodass das Erstgericht zu Recht seine Zuständigkeit verneint hat.

4. Zu klären bleibt damit lediglich noch, welchem Gericht die allfällige Zulässigkeitskontrolle über derartige Bewegungsbeschränkungen zukommt.

4.1. In diesem Zusammenhang vertritt Ratz (in WK² Vor §§ 21–25 StGB Rz 20) unter Berufung auf EvBl 1998/181 die Ansicht, dass bei Überstellung eines Beschuldigten (§ 438 zweiter Satz StPO iVm § 167 Abs 1 StVG) oder eines nach § 21 Abs 2 StGB Untergebrachten in eine öffentliche Krankenanstalt für Psychiatrie oder eine psychiatrische Abteilung eines öffentlichen allgemeinen Krankenhauses das Unterbringungsgericht zuständig ist. Gleiches gelte für § 22 (§ 438 zweiter Satz StPO, § 170 erster Satz StVG) und § 23 (§183 Abs 1 StPO), nicht aber im Fall der Unterbringung nach § 21 Abs 1 und der vorläufigen Anhaltung oder Einweisung nach § 429 Abs 4 StPO. Im Falle des § 50 KAKuG richte sich die Zulässigkeit allfälliger psychiatrischer Behandlung von Untersuchungsgefangenen nach § 183 Abs 1 StPO iVm § 71 Abs 3 StVG (Ratz aaO Rz 21), was im Ergebnis wohl zur Zuständigkeit des Unterbringungsgericht führt.

Drexler (aaO § 71 Rz 5) differenziert bei geistig abnormen Rechtsbrechern nach § 21 Abs 1 StGB einerseits zwischen einer vorübergehenden Spitalspflege iSd § 71 Abs 2 StVG und dem Vollzug der Maßnahme nach § 167a StVG in einer öffentlichen Krankenanstalt. Im letzteren Fall würde sich die Unterbringung ausschließlich nach § 167a StVG und nicht nach § 71 StVG richten. Werde ein geistig abnormer Rechtsbrecher (§ 21 Abs 2 StGB) nach § 71 StVG in eine öffentliche Krankenanstalt für Psychiatrie überstellt, sei das Unterbringungsgericht (nicht das Vollzugsgericht) im Rahmen des Unterbringungsverfahrens mit den in § 71 StVG genannten Einschränkungen zuständig. Eine derartige Differenzierung ist im gegenständlichen Fall (noch) nicht möglich.

Vorliegendenfalls ist der Patient, der nach § 50 KAKuG vom Strafgericht in die Krankenanstalt eingewiesen wurde, demnach als Untersuchungsgefangener in Spitalspflege im Sinne des § 71 Abs 2 StVG anzusehen, sodass - der Ansicht von Ratz folgend - die Zulässigkeitskontrolle für vollzugsinterne Akte gemäß §§ 33 ff, 38 UbG dem Unterbringungsgericht obliegt.

Dies entspricht auch durchaus der Intention der Entscheidung 6 Ob 220/97i, da derart der im Unterbringungsgesetz verankerte Persönlichkeitsschutz des Untersuchungsgefangenen umfassend gewahrt wird. Eine gegenteilige ausdrückliche gesetzlichen Regelung, die dem Strafgericht in diesem Fall vor dem Unterbringungsgericht die Zuständigkeit einräumt, fehlt.

4.2. Im Ergebnis ist demnach im Fall des § 50 KAKuG für die Entscheidung über die Einweisung in die psychiatrische Anstalt das Strafgericht, für die Zulässigkeitsprüfung allfälliger vollzugsinterner Akte gemäß §§ 33 ff, 38 UbG hingegen das Unterbringungsgericht zuständig.

5. Der Revisionsrekurs ist gemäß § 20 Abs 3 UbG jedenfalls unzulässig (RIS-Justiz RS0075964).

Textnummer

EFE0100004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00929:2011:00200R00187.11G.0704.000

Im RIS seit

04.08.2011

Zuletzt aktualisiert am

04.08.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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