§ 89b UrhG Schutz der Anliegen von Nutzern großer Online-Plattformen

UrhG - Urheberrechtsgesetz

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Berücksichtigter Stand der Gesetzgebung: 26.04.2024

(1) Maßnahmen nach § 89a Abs. 1 dürfen nicht bewirken, dass von Nutzern hochgeladene Werke oder sonstige Schutzgegenstände, bei denen kein Verstoß gegen das Urheberrecht oder verwandte Schutzrechte vorliegt, nicht verfügbar sind, und zwar auch dann, wenn die Nutzung eines Werkes oder sonstigen Schutzgegenstandes im Rahmen einer Ausnahme oder Beschränkung erlaubt ist; sie dürfen auch nicht bewirken, dass einzelne Nutzer identifiziert werden, es sei denn, dies erfolgt im Einklang mit der Richtlinie 2002/58/EG vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation), ABl. Nr. L 201 vom 31.07.2002 S. 37, und der Verordnung (EU) 2016/679 vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. Nr. L 119 vom 04.05.2016 S. 1. Diensteanbieter sind nicht zu einer allgemeinen Überwachung verpflichtet.

(2) Anbieter großer Online-Plattformen haben für Nutzer und Nutzerorganisationen angemessene Informationen über die Funktionsweise der Maßnahmen nach § 89a Abs. 1 leicht auffindbar auf ihrer Website und in ihren Geschäftsbedingungen bereitzustellen.

(3) Maßnahmen nach § 89a Abs. 1 Z 2 dürfen nicht bewirken, dass der Zugang zu einem kleinen Ausschnitt eines Werks oder sonstigen Schutzgegenstands automationsunterstützt gesperrt oder ein solcher Ausschnitt automationsunterstützt entfernt wird. Begehrt ein Rechteinhaber Maßnahmen nach § 89a Abs. 1 Z 2, die gegen die Nutzung eines solchen Ausschnitts gerichtet sind, und stellt er dem Anbieter des Dienstes auch die dafür einschlägigen und notwendigen Informationen bereit, so hat der Anbieter einer großen Online-Plattform solche Nutzungen zu identifizieren und den Rechtinhaber darüber zu informieren, damit dieser vom Anbieter Maßnahmen nach § 89a Abs. 1 Z 3 verlangen kann. Der Anbieter einer großen Online-Plattform kann aber ausnahmsweise automationsunterstützte Maßnahmen auch gegen die Verfügbarkeit kleiner Ausschnitte anwenden, sofern der Rechteinhaber für einen bestimmten Zeitraum ausreichend darlegt, dass ohne solche vorübergehenden Maßnahmen die Gefahr bestünde, dass durch die Nutzung kleiner Ausschnitte die wirtschaftliche Verwertung des Werkes erheblich beeinträchtigt würde, und auf andere Art und Weise Vorsorge dafür getroffen wird, dass erlaubte Nutzungen nicht verhindert werden. Ein kleiner Ausschnitt eines Werks oder sonstigen Schutzgegenstands wird im Sinn dieser Bestimmung genutzt, wenn der Nutzer Werke oder Schutzgegenstände Dritter zu weniger als der Hälfte mit eigenen Inhalten verbindet und die Nutzung dieser Teile 15 Sekunden je eines Films oder Laufbildes, 15 Sekunden einer Tonspur, 160 Zeichen je eines Textes, oder ein Lichtbild oder eine Grafik mit einem Datenvolumen von jeweils 250 Kilobyte nicht übersteigt.

(4) Bringt der Nutzer vor oder beim Hochladen vor, dass diese Nutzung – insbesondere zu Zwecken der Karikatur, der Parodie, des Pastiches, oder für Zitate zu Zwecken wie der Kritik oder der Rezension – erlaubt ist, so hat der Anbieter einer großen Online-Plattform die betroffenen Inhalte zugänglich zu machen und den Rechtinhaber über die Nutzung zu informieren, damit dieser vom Anbieter Maßnahmen nach § 89a Abs. 1 Z 3 verlangen kann, sofern dieses Vorbringen nicht sofort als missbräuchlich zu erkennen ist. Der Anbieter einer großen Online-Plattform hat den Nutzern für ein solches Vorbringen geeignete Online-Formulare samt Anleitungen anzubieten, mit denen Vorsorge gegen eine missbräuchliche Berufung auf eine solche erlaubte Nutzung getroffen werden soll. In das Online-Formular müssen alle für eine Beurteilung der Zulässigkeit der Nutzung und eines etwaigen Missbrauchs erforderlichen Angaben eingetragen werden können.

(5) Anbieter großer Online-Plattformen haben ein Beschwerdeverfahren einzurichten, das ihren Nutzern die Möglichkeit gibt, begründet gegen eine unberechtigte Sperre des Zugangs zu den von ihnen hochgeladenen Werken oder sonstigen Schutzgegenständen oder gegen die unberechtigte Entfernung der von ihnen hochgeladenen Werke oder sonstigen Schutzgegenstände wirksam und zügig vorzugehen. Wirksam und zügig im Sinn dieser Bestimmung bedeutet, dass

1.

die Nutzer mittels leicht auffindbarer, ständig verfügbarer und einfach handhabbarer Funktionalitäten auf der Online-Plattform ihre Beschwerden einbringen können,

2.

Beschwerden unverzüglich zu bearbeiten sind,

3.

Stellungnahmen der Beschwerdegegner unverzüglich einzuholen sind und die Nutzer über die Stellungnahmen der Beschwerdegegner unverzüglich informiert werden,

4.

Entscheidungen darüber einer von Menschen durchgeführten Überprüfung zu unterziehen sind sowie die Nutzer über das Ergebnis der Überprüfung unverzüglich informiert werden und

5.

Verfahren in der Regel innerhalb von zwei Wochen ab Beschwerdeeinbringung abgeschlossen werden können.

(6) Hat ein Nutzer im Beschwerdeverfahren begründet vorgebracht, dass er ein Werk oder einen sonstigen Schutzgegenstand erlaubterweise hochgeladen hat oder dass dem Beschwerdegegner die behaupteten Rechte nicht zustehen, so ist der Beschwerdegegner zu einer unverzüglichen Stellungnahme aufzufordern. Verlangt dieser weiterhin die Sperre des Zugangs zu dem Werk oder sonstigen Schutzgegenstand oder die Entfernung dieses Werkes oder sonstigen Schutzgegenstandes, so hat er dies in angemessener Weise zu begründen. Nimmt der Beschwerdegegner nicht unverzüglich oder offenbar unzureichend Stellung, so ist das Werk oder der sonstige Schutzgegenstand unbeschadet des Rechtes des Rechteinhabers, gegen den Nutzer gerichtlich vorzugehen, zugänglich zu machen.

(7) Nutzer können sich bei Beschwerden über die Unzulänglichkeit oder das Fehlen von Informationen (Abs. 2), des Online-Formulars (Abs. 4) oder des Beschwerdeverfahrens (Abs. 5) an die Beschwerdestelle wenden. Im Fall von Streitigkeiten zwischen Rechteinhabern, Plattformen und ihren Nutzern oder Nutzerorganisationen über die Anwendung von Maßnahmen nach § 89a Abs. 1 kann die Beschwerdestelle von diesen natürlichen oder juristischen Personen angerufen werden, wobei sich Nutzer vor der Beschwerdestelle durch Nutzerorganisationen vertreten lassen können. Für die Anrufung der Beschwerdestelle ist Voraussetzung, dass sich der Nutzer oder in den Fällen des zweiten Satzes eine dort genannte Person zuvor an den Diensteanbieter gewandt hat und entweder von diesem keine Antwort erhalten hat oder die Streitteile keine Beilegung der Streitigkeit erreichen konnten. Die Beschwerdestelle hat eine einvernehmliche Lösung durch Erarbeitung eines Lösungsvorschlags herbeizuführen oder dem Nutzer, der Nutzerorganisation und dem Diensteanbieter ihre Ansicht zum herangetragenen Fall mitzuteilen.

(8) Die Beschwerdestelle hat Richtlinien für die Durchführung dieses Verfahrens festzulegen, wobei insbesondere der jeweiligen Sachlage angepasste Fristen für die Beendigung des Verfahrens zu bestimmen sind. Die Richtlinien haben sich an den Grundsätzen des § 6 Abs. 2 und Abs. 6 Z 1, § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Z 1 und 2 und Abs. 2 des Alternative Streitbeilegung-Gesetzes – AStG, BGBl. I Nr. 105/2015, zu orientieren und sind in geeigneter Form zu veröffentlichen.

(9) Die Beschwerdestelle hat über die anhängig gemachten Fälle jährlich einen Bericht zu erstellen, der im Rahmen des Tätigkeitsberichts nach § 19 Abs. 2 des KommAustria-Gesetzes – KOG, BGBl. I Nr. 32/2001, zu veröffentlichen ist. Darüber hinaus hat die Beschwerdestelle der Aufsichtsbehörde (§ 89c) monatlich eine Zusammenfassung über Anzahl, Art und Inhalt der von ihr erledigten und der neuen Beschwerdefälle zur Verfügung zu stellen.

In Kraft seit 01.03.2022 bis 31.12.9999
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