§ 14 TNSchG 2005

TNSchG 2005 - Naturschutzgesetz 2005 - TNSchG 2005, Tiroler

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Berücksichtigter Stand der Gesetzgebung: 19.04.2024

(1) Diese Bestimmungen dienen der Errichtung und dem Schutz des zusammenhängenden europäischen ökologischen Netzes „Natura 2000“, insbesondere dem Schutz der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und der Europäischen Vogelschutzgebiete. Die zu treffenden Maßnahmen haben den Fortbestand oder erforderlichenfalls die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der natürlichen Lebensraumtypen und Habitate der Arten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet zu gewährleisten.

(2) Die Landesregierung hat den das Land Tirol betreffenden Teil der Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nach Art. 4 Abs. 2 der Habitat-Richtlinie und die nach Art. 4 Abs. 1 oder 2 der Vogelschutz-Richtlinie erklärten oder als solche anerkannten Europäischen Vogelschutzgebiete zusammen mit einer planlichen Darstellung, aus der die Zuordnung der Grundstücke oder Teile davon zu den besonderen Schutzgebieten ersichtlich ist, durch Verordnung zu bestimmen („Natura 2000-Gebiete“).

(3) Die Landesregierung hat für Natura 2000-Gebiete durch Verordnung

a)

die jeweiligen Erhaltungsziele, insbesondere den Schutz oder die Wiederherstellung prioritärer natürlicher Lebensraumtypen und/oder prioritärer Arten und

b)

erforderlichenfalls, unbeschadet der sonstigen Bestimmungen dieses Gesetzes,

1.

die zur Erreichung eines günstigen Erhaltungszustandes notwendigen Regelungen und

2.

die notwendigen Erhaltungsmaßnahmen (Bewirtschaftungspläne)

festzulegen, die den ökologischen Erfordernissen der natürlichen Lebensraumtypen nach Anhang I und der Arten nach Anhang II der Habitat-Richtlinie und der im Anhang I und im Art. 4 Abs. 2 der Vogelschutz-Richtlinie genannten Arten entsprechen. Maßnahmen der üblichen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung gelten insoweit nicht als Beeinträchtigung des günstigen Erhaltungszustandes, als in Bewirtschaftungsplänen nichts anderes bestimmt wird. Die Erlassung eines Bewirtschaftungsplanes durch Verordnung ist nicht erforderlich, wenn die notwendigen Erhaltungsmaßnahmen im Rahmen des Vertragsnaturschutzes nach § 4 Abs. 1 oder auf andere geeignete Weise festgelegt werden können.

(4) Pläne oder Projekte (Vorhaben), die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Natura 2000-Gebietes in Verbindung stehen oder hiefür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen oder Projekten erheblich beeinträchtigen können, bedürfen einer naturschutzrechtlichen Bewilligung (Verträglichkeitsprüfung), soweit im Abs. 13 erster Satz nichts anderes bestimmt ist. Die Behörde hat auf schriftlichen Antrag des Projektwerbers oder Planungsträgers binnen sechs Wochen mit Bescheid festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Verträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Diese Feststellung kann jedoch auch von Amts wegen erfolgen. Der Projektwerber oder Planungsträger hat der Behörde die zur Identifikation des Vorhabens und zur Beurteilung, ob dieses Auswirkungen im Sinn des ersten Satzes auf das Natura 2000-Gebiet haben kann, erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(5) Im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung nach Abs. 4 erster Satz ist die Verträglichkeit des Vorhabens mit den für das Natura 2000-Gebiet festgelegten Erhaltungszielen zu prüfen. Die naturschutzrechtliche Bewilligung ist, unbeschadet einer sonstigen Bewilligungs- oder Anzeigepflicht nach diesem Gesetz, einer Verordnung aufgrund dieses Gesetzes oder nach einem der in der Anlage zu § 48 Abs. 1 genannten Gesetze bzw. einer Bewilligungspflicht nach dem Tiroler Nationalparkgesetz Hohe Tauern, LGBl. Nr. 103/1991, in der geltenden Fassung auf Antrag des Projektwerbers oder desjenigen, dem der Plan zuzurechnen ist, zu erteilen,

a)

wenn das Natura 2000-Gebiet nicht erheblich beeinträchtigt wird oder

b)

wenn es bei Vorliegen einer erheblichen Beeinträchtigung des Natura 2000-Gebietes keine andere zufriedenstellende Lösung gibt und das Vorhaben

1.

aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, oder

2.

im Fall der erheblichen Beeinträchtigung eines prioritären natürlichen Lebensraumtyps und/oder einer prioritären Art aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit oder maßgeblichen günstigen Auswirkungen für die Umwelt oder – nach Stellungnahme der Europäischen Kommission – auch aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses durchzuführen ist.

(6) Für die Verträglichkeitsprüfung gilt § 29 Abs. 5 bis 13 sinngemäß. In Bewilligungen nach Abs. 5 lit. b sind jedenfalls jene Ausgleichsmaßnahmen vorzuschreiben, die zur Sicherstellung der globalen Kohärenz von Natura 2000 erforderlich sind. Die Behörde hat die Europäische Kommission im Weg der Landesregierung über die getroffenen Ausgleichsmaßnahmen zu unterrichten.

(7) Dem Antrag auf Durchführung der Verträglichkeitsprüfung sind folgende Unterlagen anzuschließen:

a)

eine Naturverträglichkeitserklärung, die folgende Angaben zu enthalten hat:

1.

Angaben zu Art, Lage und Umfang des Vorhabens samt der erforderlichen Pläne, Skizzen und dergleichen,

2.

eine Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens auf die für das Natura 2000-Gebiet festgelegten Erhaltungsziele oder, sofern solche Erhaltungsziele noch nicht festgelegt sind, auf die im Standarddatenblatt enthaltenen Lebensräume, wild lebenden Pflanzen- und Tierarten bzw. Vögel, sowie Angaben über die bei Bewertung der Auswirkungen angewandte Methode,

3.

bei Vorhaben, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Natura 2000-Gebietes führen, eine Darstellung möglicher Alternativen, einschließlich der sogenannten „Null-Variante“, und einen Vorschlag für Ausgleichsmaßnahmen;

b)

außer bei Plänen, die sich auf Natura 2000-Gebiete beziehen, der Nachweis des Eigentums an den davon betroffenen Grundstücken oder, wenn der Antragsteller nicht Grundeigentümer ist, die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers, es sei denn, dass aufgrund bundes- oder landesrechtlicher Vorschriften eine Enteignung oder die Einräumung von Zwangsrechten zugunsten des Vorhabens möglich ist;

c)

der Nachweis des Eigentums an dem von Ausgleichsmaßnahmen betroffenen Grundstück oder, wenn der Antragsteller nicht Grundeigentümer ist, die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers oder des sonst über das Grundstück Verfügungsberechtigten.

Die Naturverträglichkeitserklärung ist in dreifacher Ausfertigung vorzulegen. Bei Vorhandensein von mehr als einer Standortgemeinde ist dem Antrag für jede weitere Standortgemeinde eine zusätzliche Ausfertigung anzuschließen.

(8) Wird durch ein Vorhaben das Natura 2000-Gebiet erheblich beeinträchtigt, so hat der Antragsteller

a)

das Vorliegen zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nach Abs. 5 lit. b glaubhaft zu machen und auf Verlangen die entsprechenden Unterlagen vorzulegen sowie

b)

im Fall, dass die Naturverträglichkeitserklärung keine Angaben nach Abs. 7 lit. a Z 3 enthielt, diese auf Verlangen vorzulegen.

(9) Die Behörde hat der Standortgemeinde eine Ausfertigung der Naturverträglichkeitserklärung zu übermitteln. Diese ist bei der Behörde und bei der Standortgemeinde mindestens vier Wochen lang zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. Jedermann kann hievon Abschriften selbst anfertigen oder auf eigene Kosten Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen. Soweit die Behörde die die Sache betreffenden Akten elektronisch führt, kann die Akteneinsicht auf Verlangen in jeder technisch möglichen Form gewährt werden. Erforderlichenfalls hat die Behörde der Gemeinde eine ausreichende Anzahl von Kopien oder Ausdrucken der Naturverträglichkeitserklärung zur Verfügung zu stellen. Während der Dauer der öffentlichen Auflage ist das Vorhaben auf der Internetseite des Landes Tirol sowie jeweils an der Amtstafel der Behörde, der Standortgemeinde und der Natura 2000-Gemeinden kundzumachen. Diese Kundmachung hat jedenfalls zu enthalten:

a)

den Gegenstand des Antrages und eine Kurzbeschreibung des Vorhabens,

b)

die Tatsache, dass über das Vorhaben eine Verträglichkeitsprüfung nach Abs. 4 durchzuführen ist, welche Behörde für die Entscheidung zuständig ist und die Art der möglichen Entscheidung,

c)

Ort und Zeit der öffentlichen Auflage der Naturverträglichkeitserklärung,

d)

den Hinweis, dass sich anerkannte Umweltorganisationen nach Abs. 10 am Verfahren der Naturverträglichkeitsprüfung beteiligen können, sowie einen Hinweis auf die Bestimmung des § 43 Abs. 6 zweiter Satz.

(10) Anerkannte Umweltorganisationen im Sinn des § 3 Abs. 11 haben, sofern sie während der Dauer der Kundmachung auf der Internetseite des Landes Tirol nach Abs. 9 sechster Satz die Verfahrensbeteiligung verlangt oder eine schriftliche Stellungnahme eingebracht haben, das Recht auf

a)

Einsichtnahme in den Verwaltungsakt,

b)

Teilnahme an der mündlichen Verhandlung,

c)

Äußerung zum Ergebnis der Beweisaufnahme,

d)

Erstattung von Stellungnahmen betreffend die Einhaltung der für die Verträglichkeitsprüfung geltenden Rechtsvorschriften,

e)

Zustellung des Bescheides im Sinn des Abs. 4 erster Satz.

Stellungnahmen nach lit. d müssen bis zum Ende der mündlichen Verhandlung, wenn eine solche aber nicht stattfindet, innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der behördlichen Aufforderung zur Äußerung zum Ergebnis der Beweisaufnahme erstattet werden.

(11) In ihrer Entscheidung hat die Behörde auch das nach Abs. 10 erstattete Vorbringen anerkannter Umweltorganisationen angemessen zu berücksichtigen. Der Bescheid über die Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung im Sinn des Abs. 4 erster Satz ist bei der Behörde für die Dauer von mindestens vier Wochen zur allgemeinen Einsicht aufzulegen. Die Auflage ist während der Auflagefrist auf der Internetseite des Landes Tirol kundzumachen.

(12) Für Pläne im Sinn des Abs. 4 erster Satz darf die aufsichtsbehördliche Genehmigung nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz 2016 erst nach Vorliegen der naturschutzrechtlichen Bewilligung nach Abs. 4 erster Satz erteilt werden. § 71 Abs. 4 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 ist nicht anzuwenden.

(13) Verordnungen von Landesbehörden, die als Pläne im Sinn des Abs. 4 erster Satz anzusehen sind, dürfen erst dann erlassen werden, wenn die Behörde die Verträglichkeit der geplanten Verordnung mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen geprüft hat und wenn das Natura 2000-Gebiet nicht erheblich beeinträchtigt wird. Abs. 5 und Abs. 6 zweiter Satz gelten sinngemäß.

(14) Eingriffe, Nutzungen und sonstige Handlungen, die zu einer Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und Habitate der Arten der Natura 2000-Gebiete führen können, sind zu unterlassen. Dasselbe gilt für Störungen jener Arten, die die Grundlage für die Ausweisung eines Gebietes als Natura 2000-Gebiet bilden, sofern sie sich auf die Ziele der Habitat-Richtlinie erheblich auswirken können. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat solche Handlungen und Störungen mit Bescheid zu untersagen. Sofern sie bereits zu Verschlechterungen geführt haben, hat sie demjenigen, der dies veranlasst hat, oder, wenn dieser nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand festgestellt werden kann, dem Grundeigentümer oder dem sonst über das Grundstück Verfügungsberechtigten mit Bescheid die zur Wiederherstellung des früheren Zustandes erforderlichen Maßnahmen auf seine Kosten aufzutragen; ist die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht möglich oder kann der frühere Zustand nicht oder nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand festgestellt werden, so ist dieser zu verpflichten, den geschaffenen Zustand auf seine Kosten so zu ändern, dass den Interessen nach Abs. 1 bestmöglich entsprochen wird.

(15) Bei Gefahr im Verzug können durch Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt

a)

die weitere Ausführung der Eingriffe, Nutzungen und sonstigen Handlungen nach Abs. 14 eingestellt und

b)

die unerlässlichen Sicherungsmaßnahmen durchgeführt werden.

(16) Die auf Natura 2000-Gebiete anzuwendenden Bestimmungen dieses Gesetzes gelten bis zur Festlegung der Erhaltungsziele nach Abs. 3 lit. a für die nach Abs. 2 bestimmten Natura 2000-Gebiete und sinngemäß für jene Gebiete, die von der Landesregierung der Europäischen Kommission zur Aufnahme in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung namhaft gemacht wurden, mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Erhaltungsziele der Schutz der in den Standarddatenblättern enthaltenen Lebensräume und der wild lebenden Pflanzen- und Tierarten bzw. Vögel tritt und in den der Europäischen Kommission namhaft gemachten und noch nicht in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommenen Gebieten jedenfalls keine Vorhaben bewilligt werden dürfen, durch die die ökologischen Merkmale dieser Gebiete erheblich beeinträchtigt werden, was insbesondere dann der Fall ist, wenn ein Eingriff die Fläche eines Gebiets wesentlich verringert, zum Aussterben von in diesem Gebiet vorkommenden prioritären Arten führt oder aber die Zerstörung des Gebiets oder die Beseitigung seiner für die Namhaftmachung repräsentativen Merkmale zur Folge hat. Die Bezeichnung der der Europäischen Kommission namhaft gemachten Gebiete ist zusammen mit einer planlichen Darstellung, aus der die Zuordnung der Grundstücke oder Teile davon zu den vorgeschlagenen Gebieten ersichtlich ist, im Verordnungsblatt für Tirol zu verlautbaren. Die Standarddatenblätter sind auf der Internetseite des Landes zu veröffentlichen.

(17) Die Landesregierung hat den Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen zu überwachen und zu dokumentieren. Die prioritären natürlichen Lebensraumtypen, die prioritären Arten und die Arten nach Anhang I der Vogelschutz-Richtlinie sind dabei besonders zu berücksichtigen.

In Kraft seit 01.01.2022 bis 31.12.9999
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