TE Vwgh Erkenntnis 1993/1/26 91/08/0058

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Veröffentlicht am 26.01.1993
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
22/03 Außerstreitverfahren;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
53 Wirtschaftsförderung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

ABGB §26;
ABGB §423;
ABGB §431;
ABGB §437;
ABGB §684;
ABGB §688;
ABGB §737;
ABGB §797;
ABGB §810;
ABGB §819;
AußStrG §145;
BSVG §1 Abs1;
BSVG §2 Abs1 Z1;
BSVG §23 Abs3 lita;
BSVG §23 Abs3 lite;
BSVG §2a;
EStG 1988 §1;
StruktVG 1969 Art3 §8;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 91/08/0137 E 26. Jänner 1993 92/08/0214 E 9. Februar 1993

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde der HM in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 12. März 1991, Zl. 127.776/1-7/90, betreffend Versicherungspflicht nach dem BSVG (mitbeteiligte Partei:

Sozialversicherungsanstalt der Bauern in 1030 Wien, Ghegastraße 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtwidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 16. August 1990 stellte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt der Bauern fest, daß die Beschwerdeführerin vom 1. Dezember 1988 bis 31. Jänner 1990 in der Pensionsversicherung der Bauern nach § 2 Abs. 1 Z. 1, Abs. 2 und 3 BSVG pflichtversichert sei. In der Begründung dieses Bescheides stellte die Mitbeteiligte nach Darlegung der Rechtslage fest, dem Beschluß des Bezirksgerichtes D. vom 31. Jänner 1989 zufolge habe die Beschwerdeführerin die bedingte Erbserklärung zum gesamten Nachlaß (ergänze: nach ihrem am 3. Dezember 1988 verstorbenen Ehegatten Fritz M.) abgegeben und die vorläufige Besorgung und Verwaltung des Nachlasses übernommen. Den Töchtern des Erblassers seien die im Testament vom 22. Februar 1983 verfügten Legate übergeben worden. Der landwirtschaftliche Betrieb mit einem Einheitswert von insgesamt S 4,418.000,-- werde zu 50 % auf Rechnung und Gefahr der Beschwerdeführerin und zu je 25 % auf Rechnung und Gefahr der beiden Töchter geführt.

In ihrem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch brachte die Beschwerdeführerin vor, der Erblasser habe seine Unternehmen, zu denen auch der gegenständliche landwirtschaftliche Betrieb gehöre, zu 50 % an die Beschwerdeführerin und zu je 25 % an seine beiden Töchter "vermacht". Mit Einbringungsvertrag vom 19. (richtig: 16.) Jänner 1990 hätten die Legatare unter anderem auch diesen landwirtschaftlichen Betrieb gemäß Art. III Strukturverbesserungsgesetz (StruktVG) zu Buchwerten gemäß der Einbringungsbilanz zum 31. Juli (offenbar gemeint: 1989) in die X-Gesellschaft m.b.H. (im folgenden: Gesellschaft) eingebracht. Weder die Beschwerdeführerin noch deren Töchter hätten Einkünfte aus den in die Gesellschaft eingebrachten Betrieben bezogen; diese seien ab dem 1. August 1989 ausschließlich auf Rechnung und Gefahr der Gesellschaft geführt worden, der sämtliche Einkünfte aus den Betrieben zugeflossen seien.

Mit Bescheid vom 3. Dezember 1990 wies der Landeshauptmann von Niederösterreich den Einspruch der Beschwerdeführerin ab und bestätigte den bekämpften Bescheid.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ab. Begründend führte sie nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage aus, ein land(forst)wirtschaftlicher Betrieb werde ab jenem Zeitpunkt auf Rechnung und Gefahr einer Person geführt, ab dem sie auf Grund ihrer dinglichen oder obligatorischen Rechtsstellung aus den getätigten Geschäften (im Rahmen der Betriebsführung) im Außenverhältnis berechtigt und verpflichtet werde. Während eines Verlassenschaftsverfahrens, und zwar ab dem Tode des Erblassers, werde ein land(forst)wirtschaftlicher Betrieb nicht auf Rechnung und Gefahr der Verlassenschaft, die dazu wegen ihrer beschränkten Rechtssubjektivität nicht in der Lage wäre, geführt, sondern von der Person, die im Verlassenschaftsverfahren als Rechtsnachfolger zu bestimmen sei. Nachdem unbestritten sei, daß die Beschwerdeführerin Erbin des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes sei, sei dieser ab dem Tode des Erblassers mit dem auf sie entfallenden, einen Einheitswert von S 33.000,-- übersteigenden Anteil auf ihre Rechnung und Gefahr geführt worden. Die frühestens mit dem Einbringungsvertrag vom 16. Jänner 1990 erfolgte Übertragung ihrer Rechte habe an der bis zu diesem Zeitpunkt bereits kraft Gesetzes eingetretenen Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 1 BSVG - auch auf der Grundlage der Vorschriften des StruktVG - nichts mehr ändern können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde beantragt. Sie hat - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - keine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 BSVG sind in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung natürliche Personen, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287, führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird, pflichtversichert.

Gemäß § 6 Abs. 3 erster Satz BSVG beginnt die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung mit dem

1. eines Kalendermonates, wenn die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung bis einschließlich zum 15. dieses Monates eintreten, sonst mit dem folgenden Monatsersten.

Im Beschwerdefall ist nicht strittig, daß es sich bei dem in Rede stehenden Unternehmen um einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 5 LAG handelt, dessen Einheitswert S 33.000,-- übersteigt (vgl. § 2 Abs. 2 und 3 BSVG); die Beschwerdeführerin unterliegt somit dann der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 1 BSVG im strittigen Zeitraum, wenn sie in diesem auf ihre Rechnung und Gefahr den landwirtschaftlichen Betrieb führte.

Für die Beantwortung der Frage, auf wessen Rechnung und Gefahr ein land(forst)wirtschaftlicher Betrieb geführt wird, ist maßgeblich, ob jene Person, deren Versicherungs- und/oder Beitragspflicht zu beurteilen ist, aus der Betriebsführung im Außenverhältnis (also im Verhältnis zu Dritten) berechtigt und verpflichtet wird. Wer aus der Betriebsführung in diesem Sinne berechtigt und verpflichtet wird, ist eine Rechtsfrage, die nicht nach bloß tatsächlichen Gesichtspunkten, sondern letztlich nur auf Grund rechtlicher Gegebenheiten beantwortet werden kann. Obwohl es für die Beantwortung der Frage, auf wessen Rechnung und Gefahr ein Betrieb geführt wird, nicht ausreicht, festzustellen, wem das Eigentum an den land(forst)wirtschaftlichen Flächen, auf denen ein Betrieb geführt wird, ist doch entsprechend dem Gegenstand der Betriebsführung schon nach sachenrechtlichen Grundsätzen das Eigentum (Miteigentum) die primär ausschlaggebende rechtliche Gegebenheit für die Zurechnung von Rechten und Pflichten aus der Betriebsführung (vgl. hiezu z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juni 1982, Zl. 81/08/0051, und vom 18. Juni 1991, Zl. 91/08/0197).

Eine sozialversicherungsrechtlich relevante Änderung der sich aus den Eigentumsverhältnissen ergebenden Zurechnung setzt rechtswirksame (und rechtswirksam bleibende) dingliche (z.B. durch Einräumung eines Fruchtgenußrechtes) oder obligatorische Rechtsakte (z.B. durch Abschluß eines Pachtvertrages oder einer besonderen, einem Pachtvertrag nahekommenden Vereinbarung zwischen Miteigentümern) mit der Wirkung voraus, daß statt des Eigentümers (der Miteigentümer) ein Nichteigentümer (bzw. bei Vereinbarungen zwischen Miteigentümern einer der Miteigentümer allein) aus der Führung des Betriebes berechtigt und verpflichtet wird (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 3. Juli 1990, Zl. 88/08/0248, und vom 18. Juni 1991, Zl. 90/08/0197).

Ein land(forst)wirtschaftlicher Betrieb wird ab jenem Zeitpunkt auf Rechnung und Gefahr einer Person geführt, ab dem sie auf Grund ihrer dinglichen oder obligatorischen Rechtsstellung aus den getätigten Geschäften (im Rahmen der Betriebsführung) im Außenverhältnis berechtigt und verpflichtet wird (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 19. September 1980, Zl. 2207/77).

Angesichts dieser Rechtslage erweist sich die Auffassung der Beschwerde, der Betrieb sei ab dem 1. August 1989 (offenbar: dem Stichtag der Einbringungsbilanz) auf Rechnung und Gefahr der Gesellschaft geführt worden, als verfehlt. Der Einbringungsvertrag, mit dem das Unternehmen als Sacheinlage in die Gesellschaft eingebracht wurde, wurde am 16. Jänner 1990 abgeschlossen; demgemäß ist von der Vornahme der entsprechenden sachenrechtlichen Verfügungsakte frühestens zu diesem Zeitpunkt auszugehen.

Bei einer Einbringung des Betriebes eines Einzelunternehmers als Sacheinlage in eine GmbH nach Art. III § 8 StruktVG tritt keine privatrechtliche Gesamtrechtsnachfolge ein; die einzelnen Vermögensgegenstände und Rechte gehen durch Einzelübertragung auf die Kapitalgesellschaft über. Zur Übertragung der zum Unternehmen gehörigen Einzelsachen bedarf es der für bewegliche oder unbewegliche Sachen jeweils gesetzlich vorgeschriebenen Rechtsakte (vgl. SZ 49/17; SZ 50/119; OGH EvBl. 1979/239, und HS 14358; Helbich, Umgründungen auf der Grundlage des Strukturverbesserungsgeseztes3, 166, 225, 340, 476). In der Einbringung des Betriebes des Erblassers in eine GmbH liegt somit kein schon in der (hier strittigen) Zeit vor der Vornahme der erforderlichen Verfügungsgeschäfte ("Übertragungsakte") wirksamer Rechtsvorgang, der für die Zurechnung der aus der Betriebsführung erwachsenden Rechte und Pflichten maßgeblich gewesen wäre.

Eine solche "Rückwirkung" folgt entgegen der Auffassung der Beschwerde auch nicht aus Art. III § 8 Abs. 4 und 5 StruktVG. Das StruktVG regelt nur die abgabenrechtliche Stellung der Beteiligten (vgl. z.B. SZ 46/35 und OGH GesRZ 1979, 80); durch Einbringungsvorgänge nach dem StruktVG soll einem mit seinem gesamten Vermögen haftenden Schuldner keineswegs die Möglichkeit eröffnet werden, seine Haftung auf das Vermögen der aufnehmenden Gesellschaft zu beschränken und auf diese abzuwälzen (vgl. z.B. OGH JBl. 1986, 454; Reich-Rohrwig, Zivilrechtliche Fragen bei Einbringung von Unternehmen nach dem StruktVG, in Festschrift Helbich, 153). Auch den von der Beschwerde zitierten Vorschriften betreffend den (höchstens neun Monate vor der Anmeldung der Kapitalgesellschaft bzw. der Kapitalerhöhung liegenden) Stichtag der Einbringungsbilanz und den von Fiktionen Gebrauch machenden Vorschriften betreffend die Ermittlung von Einkommen, Vermögen und Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer des einzubringenden Betriebes und der aufnehmenden Kapitalgesellschaft sowie den Zeitpunkt des Erwerbes der Geschäftsanteile kommt keine über den Bereich des Abgabenrechtes hinausgehende Wirkung auf Rechtsverhältnisse zu Dritten zu. Eine zivilrechtliche Rückwirkung der Einbringung auf den Stichtag der Einbringungsbilanz gibt es somit für Vertragsverhältnisse mit Dritten und mit dinglicher Wirkung nicht (vgl. ebenso Reich-Rohrwig, aaO, 154 f).

In der Frage, auf wessen Rechnung und Gefahr der Betrieb in der Zeit vom Todestag des Erblassers bis zum Abschluß des Einbringungsvertrages bzw. der folgenden Übertragungsakte geführt wurde, ist somit für den Standpunkt der Beschwerde aus den Vorschriften des StruktVG nichts zu gewinnen; der Betrieb wurde im zuletzt genannten Zeitraum somit jedenfalls nicht auf Rechnung und Gefahr der Gesellschaft im oben dargelegten Sinn geführt.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt aber auch nicht die Auffassung der belangten Behörde, daß ein land(forst)wirtschaftlicher Betrieb während eines Verlassenschaftsverfahrens nicht auf Rechnung und Gefahr der Verlassenschaft, sondern ab dem Tode des Erblassers von der Person geführt werde, die im Verlassenschaftsverfahren als Rechtsnachfolger zu bestimmen sei. Auch für die Beantwortung der Frage, auf wessen Rechnung und Gefahr ein Betrieb nach dem Tode des Unternehmers geführt werde, ist maßgeblich, wer aus der Betriebsführung auf Grund der rechtlichen Gegebenheiten im Außenverhältnis berechtigt und verpflichtet wird. Entscheidend ist somit, ob auf Grund ihrer dinglichen oder obligatorischen Rechtsstellung der Nachlaß oder der Erbe (allenfalls auch andere Berechtigte) aus den bei der Betriebsführung getätigten Geschäften im Außenverhältnis berechtigt und verpflichtet werden.

Dem Erben kommt vor Rechtskraft der Einantwortung keine dingliche Rechtsposition in Beziehung zu den in den Nachlaß fallenden Vermögensgegenständen zu, auf Grund deren ihm die bei der Betriebsführung erwachsenden Rechte und Pflichten zugerechnet werden könnten. Die herrschende Lehre und einhellige Rechtsprechung stimmen darin überein, daß (im allgemeinen, d.h. sofern keine Sondertatbestände eines Vermögensüberganges außerhalb des Verlassenschaftsverfahrens vorliegen) der Erbe erst mit Rechtskraft der Einantwortung Eigentümer des Nachlasses wird (vgl. z.B. Klang in Klang2, II, 371 f; Spielbüchler in Rummel I2, § 436, Rz 4; Welser in Rummel I2, §§ 797, 798, Rz 5; Kralik-Ehrenzweig,

Erbrecht 323; Koziol-Welser, Grundriß II9 390, Schwimann-Eccher, ABGB III, § 819, Rz 8, 13, 15; SZ 12/70; SZ 37/60; SZ 49/104; SZ 54/99; OGH NZ 1988, 137, und das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Mai 1990, Zl. 90/08/0063). Die mit der Einantwortung eintretende Schuldenhaftung des Erben ist bei der vorliegenden, auf den Zeitraum vor der Einantwortung zu beziehenden Betrachtung nicht von Bedeutung.

Auch die Überlassung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses an den Erben gemäß § 810 ABGB, § 145 AußStrG, verschafft diesem kein eigenes Recht am Vermögen des Nachlasses (und somit keine die Zurechnung der Rechte und Pflichten aus der Betriebsführung begründende Rechtsposition), sondern lediglich die Stellung eines gesetzlichen Vertreters (vgl. z.B. Kralik-Ehrenzweig, aaO, 27 f); daraus folgt, daß die Rechte und Pflichten, die bei der Betriebsführung durch den verwaltenden Erben begründet wurden, dem Nachlaß (als Vertretenen) zuzurechnen sind. Aus der Betriebsführung im oben dargelegten Sinn im Außenverhältnis berechtigt und verpflichtet wird somit (bis zur Rechtskraft der Einantwortung, die den Eintritt der Universalsukzession des Erben zur Folge hat) der ruhende Nachlaß. Dieser unterliegt im Hinblick auf § 1 Abs. 1 zweiter Halbsatz BSVG nicht der Versicherungspflicht.

Daß der ruhende Nachlaß einkommensteuerrechtlich im allgemeinen nicht als Rechtssubjekt angesehen und die Einkünfte, die dem Nachlaß zufließen, dem Erben zugeordnet werden (vgl. z.B. die bei Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar § 1 EStG 1988, Rz 2, zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) ist im vorliegenden Zusammenhang im Hinblick auf die hier gebotene Zurechnung nach (zivil-)rechtlichen Grundsätzen nicht von Bedeutung. Vielmehr ist ausschlaggebend, daß die Rechtssubjektivität des ruhenden Nachlasses, der nach herrschender Meinung als juristische Person angesehen wird (vgl. z.B. Ostheim, Zur Rechtsfähigkeit von Verbänden im Österreichischen bürgerlichen Recht, 27 f; Kralik-Ehrenzweig aaO, 26; Koziol-Welser, aaO, 390) jedenfalls so weit reicht, daß dieser Träger von Rechten und Pflichten sein kann. Der ruhende Nachlaß ist somit, solange die Besitznehmung nicht erfolgte, zivilrechtlich nicht als eine Person mit dem Erben anzusehen (vgl. Kralik-Ehrenzweig, aaO, 27).

Aus der von der belangten Behörde angenommenen Rechtsstellung der Beschwerdeführerin als Erbin kann somit für den vor der Einantwortung endenden Streitzeitraum die Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z. 1 BSVG nicht abgeleitet werden.

Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z. 3 BSVG (hauptberufliche Beschäftigung im land(forst)wirtschaftlichen Betrieb des Ehegatten, sofern keine Betriebsführung auf gemeinsame Rechnung und Gefahr vorliegt und die Person nicht auf Grund dieser Beschäftigung nach § 4 ASVG pflichtversichert ist) wurden im Beschwerdefall im Verwaltungsverfahren nicht festgestellt. Die Beschwerdeführerin gehört auch nicht dem nach § 2 Abs. 5 für die Dauer des Verlassenschaftsverfahrens als pflichtversichert geltenden Personenkreis des § 2 Abs. 1 Z. 2 BSVG (Kinder, Enkel, Wahl- und Stiefkinder, Schwiegerkinder einer in Z. 1 genannten Person) an. Die Feststellung der Versicherungspflicht der Beschwerdeführerin konnte daher auch weder auf § 2 Abs. 1 Z. 3 BSVG noch (auf der Grundlage des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes) auf § 2 Abs. 5 BSVG gestützt werden.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Für das fortgesetzte Verfahren ist zu bemerken, daß die belangte Behörde - ohne hiezu Sachverhaltsfeststellungen zu treffen und die Frage, ob der Beschwerdeführerin in bezug auf den strittigen Betrieb die Rechtsposition einer Erbin oder jene einer Vermächtnisnehmerin zukam - davon ausging, daß die Beschwerdeführerin den Betrieb (bzw. einen Anteil daran) "geerbt" habe, obwohl die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren mehrfach vortrug, sie sei Legatarin und der Erblasser habe ihr einen Anteil am Betrieb "vermacht"; solche Formulierungen finden sich auch im (notariell errichteten) Einbringungsvertrag. Die Beschwerde wendet sich zwar nicht ausdrücklich gegen die Darlegungen im angefochtenen Bescheid, die Beschwerdeführerin habe "geerbt", spricht aber wiederum davon, daß der Erblasser unter anderem der Beschwerdeführerin (die als Legatarin bezeichnet wird), seine Unternehmen "vermacht" habe. Im Hinblick darauf, daß der Erbe seine dingliche Rechtsposition in bezug auf das ererbte Vermögen mit der Einantwortung, der Legatar das Eigentum an den zugewendeten Gegenständen hingegen nach allgemeinen sachenrechtlichen Grundsätzen erlangt (vgl. §§ 437, 684, 688 ABGB), beginnt nach den oben dargelegten Grundsätzen die Versicherungspflicht eines Legatars, dem ein landwirtschaftlicher Betrieb zugewendet wurde, (sofern nicht sonstige, eine Änderung der Zurechnung bewirkende Rechtsakte gesetzt wurden) mit der Übertragung des Unternehmens.

Dieser Zeitpunkt kann sowohl vor als auch nach der Einantwortung des Erben liegen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Stempelgebühren sind im Hinblick auf die sachliche Abgabenfreiheit nach § 44 BSVG nicht zu ersetzen. Ebensowenig gebührt neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand der Ersatz der Umsatzsteuer (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 687 Abs. 3 zitierte Rechtsprechung).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1991080058.X00

Im RIS seit

19.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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